Fazua, TQ, Specialized & Co5 leichte E-Bike-Motoren im Test

Florentin Vesenbeckh

 · 12.12.2022

Die Light-Klasse der E-Bike-Motoren im ausführlichen Check in Labor und Praxis.
Foto: Georg Grieshaber
Leichte E-Bike-Antriebe im Vergleich: Der große EMTB-Motorentest in Bildern

Leicht, leise, unauffällig: Mit diesen Merkmalen wollen Light-E-MTBs den Markt erobern. Neue Motoren, wie der Fazua Ride 60 und der TQ HPR 50, bringen Schwung in die Kategorie. Wir haben die spannendsten E-Bike-Antriebe in Labor und Praxis getestet.

Wo liegt aktuell der Nabel der E-MTB-Welt? Genau, in Deutschland. Genauer genommen in Bayern. Denn zwei Motorenhersteller aus dem Freistaat wirbeln den E-Bike-Markt gehörig durcheinander. TQ und Fazua. Stichwort: Light-E-MTB. Allen voran Bikes mit dem neuen Ride 60 von Fazua füllen die News-Portale. Auch TQ und Trek haben bei der Markteinführung des HPR 50 mit vollmundigen Versprechen ordentlich Aufmerksamkeit erregt. Und jetzt kommen mehr und mehr E-Bikes mit dem kleinen Flüstermotor hinterher. Zum Beispiel das superleichte Scott Lumen, der Down-Country-Flitzer von BMC oder das All-Mountain bzw. Enduro-Duo von Simplon. Doch was macht die neuen Antriebe aus? Und was können sie besser als ihre Vorgänger? Für unseren Test haben wir fünf leichte E-Bike-Motoren einem ausführlichen Prozedere in Labor und Praxis unterzogen, um die Stärken, Schwächen und Charaktere möglichst detailliert und objektiv herauszuarbeiten.

6 Motoren, 6 Artikel: Die Antriebe im Detail

Die E-Bike-Motoren im Test

In unserem Testfeld treffen Newcomer auf bewährte Motoren. Specia­lized mit seinem SL 1.1 und der EP8 RS (Shimano/Orbea) haben in den vergangenen Jahren das Light-Segment am E-Bike-Markt etabliert. Der große Herausforderer ist Fazuas Neuling Ride 60. Mit Forestal aus Andorra und Maxon aus der Schweiz haben wir zudem zwei kleine, innovative Marken im Test, die dem Segment ihre ganz eigenen Noten hinzufügen. Leider konnten wir den HPR 50 von TQ nicht in den direkten Vergleich der Light-Antriebe mit aufnehmen. Der bayerische Motorenhersteller und sein Entwicklungspartner Trek wollten explizit nicht an unserem umfangreichen Testprogramm, insbesondere den Labormessungen, teilnehmen. So stand uns zum Zeitpunkt unseres Vergleichstests kein Bike mit dem TQ-Motor zur Verfügung. Dennoch: Wir kennen auch den HPR 50 bereits sehr gut und ordnen den Leisetreter im Rahmen dieses Tests ebenfalls mit ein. >> hier geht´s zum Testartikel! Auch vom BH 2EXMag hatten wir ein Testbike vergeblich angefragt. Einen ausführlichen Eindruck des Antriebs der Spanier gibt´s hier! Alle Kandidaten unseres E-Bike-Motorentests und erste Messwerte sowie Testdaten gibt’s in der Bildergalerie:

Forestal schickt mit dem F60-S1 einen kompakten und leichten Antrieb ins Rennen. Entwickelt wurde der Motor gemeinsam mit Bafang. Gewicht: 2,03 kg (EMTB-Labormessung), Drehmoment: 60 Nm (Herstellerangabe).
Foto: Markus Greber
Die Motoren im Größenvergleich.  Maxon, Fazua und Forestal (oben, v.l.n.r.), sowie Shimano/Orbea und Specialized (unten, v.l.n.r.). Während Forestal, Specialized und Shiman0/Orbea auf klassische Bauformen setzen, stecken die E-Motoren bei Fazua und Maxon im länglichen Fortsatz räumlich getrennt vom Getriebe. Im Bike integriert wirken Maxon und Fazua dadurch besonders schlank. Foto: Georg Grieshaber
Die Motoren im Größenvergleich. Maxon, Fazua und Forestal (oben, v.l.n.r.), sowie Shimano/Orbea und Specialized (unten, v.l.n.r.). Während Forestal, Specialized und Shiman0/Orbea auf klassische Bauformen setzen, stecken die E-Motoren bei Fazua und Maxon im länglichen Fortsatz räumlich getrennt vom Getriebe. Im Bike integriert wirken Maxon und Fazua dadurch besonders schlank.

Das Konzept Light-E-MTB

Doch was steckt eigentlich hinter dem Light-Konzept bei E-Bikes? Alle Systeme haben das Streben nach leichteren E-Mountainbikes gemein. Das gelingt über zwei Ansätze. Erstens: Die E-Bike-Motoren liefern weniger Leistung und können dadurch leichter gebaut werden. Zweitens: Da weniger Leistung auch weniger Strom frisst, setzen die Systeme zudem auf kleinere Akkus. Kleinere Batterien wiederum erlauben schlankere Rahmen, insbesondere Unterrohre. In Summe spart das im Vergleich zu einem Bosch-System mit 750er-Akku zwischen zwei und vier Kilo.

Mit spielerischer Leichtigkeit durch die Landschaft gleiten. Das ist das Ziel der Light-E-MTBs. Foto: Skyshot/Greber
Mit spielerischer Leichtigkeit durch die Landschaft gleiten. Das ist das Ziel der Light-E-MTBs.

Die Hersteller gehen bei diesen Sparmaßnahmen unterschiedlich drastisch vor. Selten waren die Differenzen in einem Motorentest so deutlich. Batterien zwischen 250 und 540 Wattstunden und obendrein große Schwankungen bei Leistung und Gewicht. So finden sich im Test Antriebe, die durchaus klassischen E-MTBs Konkurrenz machen können. Am anderen Ende liegen minimalistische Ansätze, die eher Biker ansprechen, die sich ein klassisches Mountainbike mit eingebautem Rückenwind wünschen. Welcher Motor der Beste ist, hängt bei der Light-Klasse also mehr denn je vom Einsatzbereich und den persönlichen Vorstellungen ab. Der Gewichtsunterschied zum dicken Bosch-Antrieb (2 bis 4 Kilo) zeigt allerdings auch: Um wirklich leichte Bikes zu bauen, müssen die Hersteller weitere Sparmaßnahmen treffen und damit Kompromisse eingehen. So setzen die meisten Light-Bikes auf leichtere Laufräder und leichtere, aber auch weniger robuste Reifen. Zudem kommen mehr Anbauteile aus Carbon zum Einsatz, was den Preis in die Höhe treibt.

Die Akkus der leichten E-Bike-Antriebe

Drastischer Sparkurs oder beachtliche Reichweite? Hier fahren die Hersteller sehr unterschiedliche Konzepte. Maxon verbaut mit 250 Wattstunden den kleinsten Akku, Orbea mit 540 Wattstunden den größten. In diesen beiden Fällen passen die Energieträger zum Gesamtkonzept. Denn die Schweizer von Maxon haben ein sehr minimalistisches System, das auch von der Motorleistung im niedrigen Bereich liegt. Weniger Leistung frisst weniger Strom, so kommt man auch mit kleinerem Akku über die Runden. Der EP8 RS im Orbea ist hingegen relativ kräftig, dazu passt der größere Akku. So mausert sich der E-Bike-Antrieb vom Minimal-Spezialisten zum ausdauernden Allrounder. Doch das Gewicht des E-Bike-Motors fällt deutlich höher aus, wie unser Vergleich im nächsten Abschnitt deutlich zeigt. Unsere Testbikes und deren Akkugrößen haben wir in der folgenden Bildergalerie zusammengefasst:

Forestal betreibt seine Light-E-MTBs mit einem fest verbauten Akku mit 360 Wattstunden. Forestal Siryon Halo: 170 mm / 29 Zoll / 18,8 kg
Foto: Markus Greber
  • Fazua Ride 60: Akku mit 430 Wh (je nach Bike-Modell fest verbaut oder entnehmbar), optionaler Range Extender mit 250 Wh
  • Forestal F60-S1: Akku mit 360 Wh, fest verbaut, optionaler Range Extender soll kommen
  • Maxon Bikedrive Air: Akku mit 250 Wh, fest verbaut, 360er-Akku soll 2023 folgen, ebenso ein optionaler Range Extender
  • Orbea/Shimano EP8 RS: Je nach Bike-Modell Akku mit 540 oder 360 Wh, fest verbaut, optionaler Range Extender mit 250 Wh
  • Specialized SL 1.1: Akku mit 320 Wh, fest verbaut, optionaler Range Extender mit 160 Wh
  • TQ HPR 50: Akku mit 360 Wh (je nach Bike-Modell fest verbaut oder entnehmbar), optionaler Range Extender mit 160 Wh

Gewichte im Vergleich: Das wiegen die leichten E-Bike Motoren

Wir haben alle E-Bike-Motoren und Akkus ausgebaut und gewogen. Das macht unsere Werte perfekt vergleichbar. Um die Gewichte in Relation zu setzen, haben wir die Werte eines Bosch Performance CX Smartsystem mit aufgeführt. Der Vergleich zeigt: Das Systemgewicht ist am meisten von der Akku-Kapazität abhängig. Maxon setzt sich mit Mini-Batterie an die Spitze. Die Gewichte der E-Bike-Motoren liegen sehr nahe beieinander, einzig Orbeas EP8 RS ist deutlich schwerer als die Konkurrenz. Boschs Smart-System mit Powertube 750 liegt 1,9 bis 3,9 Kilo über den Light-Systemen.

  • Maxon Bikedrive Air: Motor 2,02 kg | Akku 1,43 kg (242 Wh) | System: 3,45 kg
  • TQ HPR 50: Motor: 1,89 kg | Akku: 1,85 kg (360 Wh) | System: 3,74 kg
  • Specialized SL 1.1: Motor: 1,95 kg | Akku: 1,84 kg (320 Wh) | System: 3,79 kg
  • Forestal F60-S1: Motor: 2,03 kg | Akku: 1,9 kg (360 Wh) | System: 3,93 kg
  • Fazua Ride 60: Motor: 2,02 kg | Akku: 2,22 kg (432 Wh)| System: 4,24 kg
  • Orbea EP8 RS: Motor: 2,65 kg | Akku: 2,78 kg (540 Wh) | System: 5,43 kg
  • Bosch Perf. CX: Motor: 2,96 kg | Akku: 4,35 kg (750 Wh) | System: 7,31 kg

Das Fahrgefühl: Die Motoren im Vergleich

Der stärkste Antrieb im Test vermittelt am meisten das Fahrgefühl eines Power-E-Bikes. Was erst mal selbstverständlich erscheint, ist bei genauerem Hinsehen gar nicht so simpel. Der F60-S1 von Fores­tal ist stärker als die Konkurrenz, ja. Doch für sein eher stoisches, plakatives Fahrgefühl ist noch mehr die Art der Kraftentfaltung verantwortlich. In der höchsten Unterstützungsstufe schiebt der Motor sehr gleichförmig an, wenig beeinflusst vom Fahrer-Input. Nimmt man Druck vom Pedal, reagiert der Motor darauf nur sehr zögerlich und schiebt in manchen Situationen sogar unbeirrt weiter. Das hilft im Anstieg über manche Schlüsselstelle, verhindert aber ein geschmeidiges Fahrgefühl und feinfühliges Dosieren.

Wurzelstufen können kommen! Der Forestal-Motor schiebt kräftig und mit viel Nachlauf über Hindernisse. Powerbike-Feeling.  Foto: Skyshot/Greber
Wurzelstufen können kommen! Der Forestal-Motor schiebt kräftig und mit viel Nachlauf über Hindernisse. Powerbike-Feeling.

Dass man viel Leistung auch dezenter freisetzen kann, beweist Fazua. Mit nur etwas weniger Maximal-Power ist das Fahrgefühl deutlich harmonischer. Sehr feinfühlig und schnell reagiert das System auf veränderten Pedaldruck des Fahrers, so lässt sich der Schub exzellent modulieren. Grundsätzlich ist die Kraftentfaltung deutlich mehr an den Input des Bikers gekoppelt. Selbst in der Grundeinstellung des Rocket-Modus schiebt der Ride 60 erst mit voller Kraft, wenn auch der Fahrer Gas gibt. Das resultiert in einem sportlich-spritzigen Fahrgefühl bei starker Dosierbarkeit. Tritt man locker in der Ebene, hat man das Gefühl eines angenehmen Rückenwindes. Geht es zur Sache, unterstützt der Ride 60 dann erstaunlich kräftig. Beim Einsetzen des Motorschubs hat unser Fazua-Test-Bike allerdings noch eine deutliche Ungereimtheit, eine Art Power-Loch. Laut Fazua soll dieses Problem mit dem nächsten Software-Update behoben sein.

Mit dem geschmeidigen Maxon-Motor muss man in Steilstücken kräftig treten. Der Ride60 von Fazua setzt deutlich mehr Power frei. Foto: Skyshot/Greber
Mit dem geschmeidigen Maxon-Motor muss man in Steilstücken kräftig treten. Der Ride60 von Fazua setzt deutlich mehr Power frei.

Um bei Orbeas EP8 RS ein ansatzweise Fazua-ähnliches Fahrgefühl zu bekommen, muss man in den dezenteren Trail-Modus wechseln. Im Boost ist der Schub sehr gleichförmig und dadurch etwas unnatürlich. Am dezentesten im ganzen Testfeld geht der schwächere Bikedrive Air von Maxon zu Werke. Das Einsetzen der Motor-Power läuft fast unmerklich, so ist die Unterstützung natürlich und nie aufdringlich. Die sportliche Note des Schweizer Aggregats wird dadurch verstärkt, dass die volle Unterstützung erst bei hoher Trittfrequenz anliegt – das absolute Gegenteil von Shuttle-Feeling für Faule! Specializeds SL 1.1 spielt in einer ganz ähnlichen Leis­tungsklasse. Im Vergleich zum Maxon ist die Kraftentfaltung aber gleichförmiger und nicht so feinfühlig. Doch in Summe hat man auch beim SL-Aggregat eher den Eindruck, mit etwas Rückenwind zu fahren.

Weit oben auf der Natürlichkeitsskala würden wir den HPR50 von TQ einordnen. Das direkte Eingreifen seines Getriebes macht das Fahrgefühl super geschmeidig. Ohne jegliches Klacken setzt der Motorschub ein und aus. Die Kraftentfaltung ist eher dezent, denn aufdringlich. Weniger Shuttle-Feeling, mehr Rückenwind. Der direkte Verglich mit allen Konkurrenten blieb uns leider verwehrt.

Laut oder leise? Die Geräuschkulisse im Vergleich

Natürliches Fahrgefühl oder dezente Unterstützung sind klassische Schlagworte für Light-Motoren. Die Wahrnehmung dieser Faktoren hängt unweigerlich mit dem Antriebsgeräusch zusammen, was diesen Faktor für die Mini-Antriebe besonders relevant macht. Der Sieger in dieser Kategorie ist schnell ausgemacht: Fazua. Kein anderer Motor ist so leise und dezent. Zwar begleitet ein ständiges Säuseln die Fahrt, doch das ist in seiner Lautstärke so abgeschwächt, dass es nur wenig auffällt. Der Abstand zu den Verfolgern ist recht groß. Der EP8 RS und Maxons Bikedrive Air streiten sich um Platz zwei. Das genaue Ranking ist Geschmackssache. Der Bikedrive Air klingt gleichmäßig, eher hochfrequent und turbinenartig. Das sonore Brummen des EP8 RS beschrei­ben die meisten Tester tendenziell als etwas angenehmer, doch auf Kadenzänderungen reagiert der Motor mit deutlichen Sound-Schwankungen, was das Geräusch mehr herausstechen lässt. Schade: In der Abfahrt rasselt das Getriebe des EP8 RS, wie beim großen Bruder, permanent. Auch der Maxon macht beim Überrollen von Hindernissen Lärm. Zwar erst bei gröberen Schlägen, dafür umso markanter. Das liegt an seiner speziellen Freilaufkonstruktion.

Den Blick zum Tretlager kennt wohl jeder Mountainbiker inzwischen gut. Bei den leisesten Light-Motoren können Wanderer leicht in Verwunderung geraten. Beim Forestal (rechts) ist die E-Bike-Geräuschkulisse aber unverkennbar. Foto: Skyshot/Greber
Den Blick zum Tretlager kennt wohl jeder Mountainbiker inzwischen gut. Bei den leisesten Light-Motoren können Wanderer leicht in Verwunderung geraten. Beim Forestal (rechts) ist die E-Bike-Geräuschkulisse aber unverkennbar.

Das lauteste Antriebsgeräusch haben Forestal und Specialized. Beide tönen noch mal deutlich unangenehmer und lauter als Maxon und der EP8 RS. Sie liegen grob auf dem Niveau klassischer Shimano- und Bosch-Antriebe. Der SL 1.1 klingt in den meisten Fahrsituationen gleich. So ist sein knatschiger Ton gleichmäßig präsent und unangenehm. Das maschinelle Geräusch des F60-S1 bleibt bei niedrigen Kadenzen etwas dezen­ter, dafür heult er bei Antritten noch deutlicher auf. Extrem leise ist übrigens auch der TQ HPR 50. Leider konnten wir ihn nie im direkten Vergleich mit dem Ride 60 von Fazua fahren. Im Fernduell sehen wir den HPR 50 leicht vorne.

Über 25 km/h: Der innere Widerstand der E-Bike Motoren

Dank geringerem Gewicht und weniger massiven Reifen spielen Light-E-MTBs ihre Stärken besonders in Flachpassagen aus, wo sie auch problemlos über 25 km/h, also ohne Motorunterstützung, getreten werden können. Wer flache Überführungsetappen ohne Motorschub zurücklegt, erhöht zudem seine Reichweite. Viel diskutiert ist in diesem Zusammenhang der innere Widerstand der E-Bike Motoren. Wir haben jeden Antrieb ohne Motorschub an 20 verschiedenen Betriebspunkten auf dem Prüfstand analysiert und die Werte verglichen. Als Referenz haben wir einen Bosch Performance CX mitlaufen lassen. Tatsächlich wies der Power-Motor im Schnitt gut zehn Watt mehr Verluste auf als die besten Light-Antriebe. Bei unseren fünf leichten Prüflingen gab es allerdings kaum relevante Unterschiede. Fazua, Maxon, Specialized und EP8 RS laufen mit vergleichbar niedrigem inneren Widerstand. Lediglich der F60-S1 von Forestal landete mit rund fünf Watt mehr Widerstand zwischen den beiden Welten. Achtung: In der Praxis machen unterschiedliche Reifen, Karkassen, Gummimischungen oder Luftdrücke gegebenenfalls einen größeren Unterschied als die inneren Widerstände der Motoren aus!

Entscheidend für das Fahrgefühl ist zudem, wie der Motor an der Unterstützungsgrenze ein- und auskoppelt. Am wenigsten wahrnehmbar ist das bei Fazua und Maxon, gefolgt vom EP8 RS. Bei Specialized und Forestal bekommt der Fahrer ein klares akustisches Feedback, ob der Motor gerade schiebt oder nicht. Beim Pendeln rund um die Abschaltgrenze kann das störend sein.

Die Kraftentfaltung: Wie stark sind die Light-Motoren fürs E-Bike?

Unser Labortest bestätigt die Eindrücke aus der Praxis: Selbst die stärksten Light-Motoren liegen mit ihrer maximalen Leistung spürbar hinter der Power-Klasse zurück. Doch mit etwas Einsatz können die Piloten eines Fores­tal, Fazua und Orbea durchaus in Gruppen mit dicken E-MTBs mithalten. Mit Maxon und Specialized wird das schon schwieriger, sobald Power-Biker den Eco- oder Tour-Modus verlassen. Im Gelände ebenfalls deutlich spürbar ist der Drehmomentunterschied zwischen Specialized/Maxon und den stärkeren Light-Kandidaten. Beim Anfahren oder in Gegenanstiegen, wenn ein zu schwerer Gang eingelegt ist, bieten die zwei minimalistischen Kandidaten kaum Unterstützung.

Die maximale Leistung der leichten E-Bike-Antriebe zeigt deutliche Unterschiede. Maxon und Specialized fallen minimalistisch aus, Forestal, Fazua und Orbea deutlich stärker. Im speziellen, nur kurzzeitig abrufbaren Boost-Modus (hellrot, 454 Watt) liefert Fazua klar den Höchstwert. Foto: EMTB Magazin
Die maximale Leistung der leichten E-Bike-Antriebe zeigt deutliche Unterschiede. Maxon und Specialized fallen minimalistisch aus, Forestal, Fazua und Orbea deutlich stärker. Im speziellen, nur kurzzeitig abrufbaren Boost-Modus (hellrot, 454 Watt) liefert Fazua klar den Höchstwert.
Forestal überrascht mit extremem Drehmoment auf Bosch-Niveau! Fazua und Orbea liegen auch beim maximalen Drehmoment deutlich vor Maxon und Specialized. Foto: EMTB Magazin
Forestal überrascht mit extremem Drehmoment auf Bosch-Niveau! Fazua und Orbea liegen auch beim maximalen Drehmoment deutlich vor Maxon und Specialized.

Neben den Maximalwerten spielt auch der Verlauf der Motorleistung über die Kadenz eine große Rolle für die Performance im Gelände. Sport­liche E-Biker wünschen sich einen Antrieb, der auch bei hoher Trittfrequenz noch voll anschiebt. Das erzeugt ein spritziges Fahrgefühl und erleichtert technische Schlüsselstellen. Je früher bei einem Antrieb bereits eine hohe Leistung anliegt, desto kräftiger schiebt der Motor über Steilstücke und Absätze. Wie gut das gelingt, zeigt die folgende Grafik. In den Einzelartikeln zu allen Motoren bilden wir zudem die Leistungs- und Drehmomentkurven jedes einzelnen Motors ab.

Die Grafik zeigt den Leistungsverlauf über verschiedenen Trittfrequenzen im Vergleich. Der Boost-Modus von Fazua (gestrichelt) macht sich erst ab einer Kadenz von rund 45 bemerkbar. Auffällig sind die frühen Leistungseinbußen bei Forestal. Foto: EMTB Magazin
Die Grafik zeigt den Leistungsverlauf über verschiedenen Trittfrequenzen im Vergleich. Der Boost-Modus von Fazua (gestrichelt) macht sich erst ab einer Kadenz von rund 45 bemerkbar. Auffällig sind die frühen Leistungseinbußen bei Forestal.

Entscheidend für das Fahrgefühl ist auch, wie sich die Unterstützung im Verhältnis zum Fahrer-Input ändert. Diesen Faktor kann man bei den allermeisten Antrieben über die Feineinstellung in der App anpassen, weshalb wir auf die Darstellung einzelner Messwerte verzichtet haben. Im Grund-Setup auf höchster U-Stufe schieben EP8 RS, Specialized SL 1.1 und Forestal F60-S1 schon bei geringem Tretimpuls voll an. Fazua, Maxon und auch Boschs Performance CX fordern mehr Leistung vom Fahrer, um den vollen Schub freizusetzen. Das bringt ein sportlicheres Fahren mit weniger Shuttle-Feeling. Wer sich bei seinem Antrieb einen anderen Charakter wünscht, sollte sich intensiver mit diesen App-Einstellungen beschäftigen.

Die Schiebehilfe

Abgesehen vom Maxon Bikedrive Air bieten auch die Light-Antriebe eine Schiebehilfe. Bei rund 19 Kilo Bike-Gewicht macht das auch absolut Sinn. Maxon kann dieses Feature aufgrund seiner besonderen Freilauftechnik nicht liefern. Bei Specialized funktioniert die Schiebehilfe am intuitivsten mit nur einem Knopfdruck, und der Schub ist kräftig. Die Ergonomie am Fazua-Hebel (nach innen drücken) ist gut, doch die Schiebefunktion aktuell noch viel zu langsam. Mit dem nächsten Software-Update soll dieser Bug behoben sein. Gleiches gilt für Forestal. Auch hier schiebt der Motor deutlich zu langsam, wenn auch sehr kräftig. Orbeas EP8 RS erledigt den Hilfsschub in bekannter Shimano-Manier zuverlässig.

So haben wir die leichten E-Bike-Motoren getestet

Labortests sind ein Stück unserer Kern-Kompetenz. Wir sind der Meinung, dass sie unerlässlich sind, um die subjektiven Erkenntnisse aus der Praxis mit objektiven Daten zu unterfüttern. Sie helfen uns, Produkte nicht einfach nur auszuprobieren, sondern zu erforschen, zu analysieren, in ihr Innerstes zu blicken. Selten ist für den Leser zu erkennen, welcher Aufwand hinter solchen Tests steckt. Neben unzähligen Stunden im Praxiseinsatz haben wir daher alle leichten E-Bike-Motoren auch auf einem Rollenprüfstand im Prüflabor von PT Labs vermessen. Unsere Testeindrücke können wir so mit objektiven Leistungsdaten untermauern. Wir veröffentlichen erstmals objektiv vergleichbare Messdaten zur neuen Light-Klasse bei E-MTBs!

Erforschen statt erspüren: Der Rollenprüfstand im Prüflabor von PT Labs gibt uns die Möglichkeit, exakt vergleichbare Daten der Antriebe zu ermitteln.Foto: Adrian Kaether
Erforschen statt erspüren: Der Rollenprüfstand im Prüflabor von PT Labs gibt uns die Möglichkeit, exakt vergleichbare Daten der Antriebe zu ermitteln.

Neben den Maximalwerten für Leistung und Drehmoment haben wir auf dem Prüfstand auch die Reaktion der Antriebe auf den Fahrerinput analysiert. Und welcher E-Bike-Motor zieht auch bei höchsten Trittfrequenzen noch voll mit? Und wer hat Schwächen bei niedriger Kadenz? Für jeden einzelnen Antrieb spuckte der Motoren-Prüfstand des Schweinfurther Prüflabors 14.000 Datenpunkte aus, die wir gemeinsam mit Labor-Chef Veit Müller auszuwerten hatten.

Der Check in der Werkstatt: Alle E-Bike-Motoren und Akkus wurden ausgebaut, umfangreich gecheckt und mussten an der Waage zum Gewichtsvergleich antreten.Foto: Georg Grieshaber
Der Check in der Werkstatt: Alle E-Bike-Motoren und Akkus wurden ausgebaut, umfangreich gecheckt und mussten an der Waage zum Gewichtsvergleich antreten.

Außerdem haben wir alle Antriebe selbstverständlich komplett ausgebaut, gecheckt und gewogen. Für die Tests in Praxis und Labor haben wir alle E-Bikes mit den gleichen Schwalbe-Reifen (Magic Mary/Big Betty, Supertrail, Soft, 29 x 2,4 Zoll) und identischem Luftdruck aus­gestattet. Bei unseren Messfahrten mit hochwertiger Messtechnik von Garmin (Rally XC 200 Wattmesspedale, Edge-Computer) haben wir das Systemgewicht exakt angeglichen, um die leichten E-Bike-Antriebe unabhängig von den Rädern, in denen sie verbaut sind, zu betrachten.

Fahrgefühl, Ansprechverhalten, Ein- und Aussetzen der Motorpower: Vielen entscheidenden Faktoren kommt man nur mit ausführlichen Fahrtests auf die Schliche. Wir haben alle Antriebe im direkten Vergleich und auf ausgedehnten Touren getestet. Foto: Skyshot/Greber
Fahrgefühl, Ansprechverhalten, Ein- und Aussetzen der Motorpower: Vielen entscheidenden Faktoren kommt man nur mit ausführlichen Fahrtests auf die Schliche. Wir haben alle Antriebe im direkten Vergleich und auf ausgedehnten Touren getestet.

Die Einzelbetrachtung der 6 leichten E-Bike-Motoren