Jan Timmermann
· 09.09.2022
Für das BIKE PROJECT: EUROPE wollen wir ein Mountainbike aus Teilen bauen, die in der EU gefertigt wurden. Auch im Bereich Cockpit ist das gar nicht so einfach. Unsere Liste zeigt, welche Hersteller von Vorbauten, Lenkern, Steuersätzen und Griffen wirklich in der EU produzieren und für welche Lösung wir uns entschieden haben.
Es gibt sie, die Hersteller von Lenkern, Vorbauten, Steuersätzen und Griffen in der EU – man muss sie nur finden. Dabei unterscheidet sich die Vielfalt europäischer Hersteller stark nach dem Aufbau der Teile. Wir haben uns für das BIKE PROJECT: EUROPE auf die Suche gemacht.
Lenker bestehen in der Regel aus einem einzelnen Stück Aluminium oder Carbon. Bei Griffen können es neben zwei Stück Gummi noch Metall- und Kunststoffteile, Schrauben und Barends sein.
Vorbauten setzen sich meist aus einem Corpus, einer Frontplatte und sechs Schrauben zusammen. In einem Steuersatz stecken neben den Schalen und den Kugeln der Lager weitere Kleinteile aus Kunststoff oder Metall, Schmierstoffe und Dichtungen.
All diese Kleinteile müssen Hersteller entweder selbst produzieren oder – wie in den meisten Fällen – bei Zulieferfirmen einkaufen. Dabei wird zugunsten der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit oft scharf kalkuliert. Zwar sind Cockpit-Teile nicht ganz so kleinteilig wie Federelemente oder Bremsen, ihre Einzelteile stammen trotzdem zu großen Teilen aus Fernost.
Auch wenn sie in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union zusammengesetzt werden, bestehen Cockpit-Komponenten deshalb oft aus chinesischen oder taiwanesischen Teilen – nicht so gut für das BIKE PROJECT: EUROPE. Unternehmen wie die Firma Jäger produzieren zwar auch Schrauben speziell fürs Mountainbike in der EU, allerdings liegen die produzierten Stückzahlen deutlich unter und die Preise so über der asiatischen Konkurrenz.
Ähnlich wie bei Rahmen, Gabeln oder Laufrädern werden auch viele europäische Cockpit-Teile in Kleinserie produziert. Oft handelt es sich um exklusive Tuning-Produkte mit hohem Preisschild und niedrigem Gewicht.
Firmen wie Tune, OAK, Reset Racing, Sixpack, Intend, Three Rock Components und SB One fertigen Alu-Vorbauten beziehungsweise Steuersätze in Deutschland. Auch 77designz fräsen ihre Vorbauten im eigenen Land. Die Carbonlenker sind jedoch „Made in Canada“ und stammen von We Are One Composites.
Acros lässt seine Carbonlenker bei Bike Ahead in der Nähe von Würzburg produzieren. Acros-Steuersätze sind „Assembled in Germany“, die Einzelteile kommen jedoch nicht aus Europa. Bike Ahead hat auch eigene Carbonlenker im Angebot.
Beast baut Lenker und Vorbauten aus Kohlefasern in Dresden, Schmolke tut dies in Konstanz am Bodensee, MCFK in Leipzig und ax-lightness in der Nähe von Göttingen. In Spanien fertigen Darimo und Gemini exklusive Leichtbauparts aus Carbon. Aus Italien kommen Vorbauten und Tuningteile von Extralite und Carbon-Ti.
Bei den Griffen ist die europäische Auswahl extrem klein. Frozen produzieren in kleiner Stückzahl in Dresden und Nevi fertigen in Ostdeutschland edle Griffe aus Birkenrinde. Ergon haben mit dem GXR kürzlich den ersten vollständig in Deutschland hergestellten Griff vorgestellt. Er kommt ohne Klemmung aus und besteht so lediglich aus zwei Teilen pro Griff, wodurch die inländische Produktion wirtschaftlich möglich wird. Beim Griffgummi setzen die Ergonomie-Experten bereits länger auf „Made in Germany“, verschiffen dieses jedoch zur Produktion der eigentlichen Griffe bislang nach Asien.
Unsere Liste ist nicht abschließend und wir freuen uns über Ihre Ergänzungen. Sie wissen, wo in der EU weitere Cockpit-Teile produziert werden? Dann schreiben Sie uns eine Mail an: eu-projekt@bike-magazin.de
Hersteller / Firmensitz / Produktionsstandort / Bemerkungen
Wie bei allen Bike-Teilen kommen auch die Rohmaterialien fürs Cockpit aus vielen unterschiedlichen Ländern. Eisenerz aus Australien für Stahlschrauben, Bauxit aus China für Aluminiumvorbauten und Kohlenstoffasern aus Japan für Carbonlenker sind Gang und Gäbe.
Oft sind einzelne Produktionsschritte wie Fräsen und Eloxieren räumlich voneinander getrennt und werden von unterschiedlichen Dienstleistern bewerkstelligt. Je kleinteiliger das Bauteil, desto schwieriger sind die Lieferketten nachzuvollziehen.
Zwar fräsen Firmen wie Unite oder Hope unter anderem Vorbauten in Großbritannien und damit im geografischen Europa, jedoch nicht in der EU. Die Schweizer von Da Pilten bauen Custom-Teile wie Steuersätze zur Geometrieanpassung, und auch Ceetec fertigt dort allerlei Anbauteile wie etwa Griffe. Doch die Eidgenossen sind nicht Teil des europäischen Staatenverbundes und damit nach den Spielregeln des BIKE PROJECT: EUROPE ausgeschlossen.
Newmen fertigt zwar Naben in Deutschland, Vorbauten und Lenker kommen jedoch größtenteils aus China. Auch bei Syntace wird neben den Naben nur das Spaceforce-Vorbaumodell in Deutschland produziert.
Im Steuerrohr des Alutech Fanes 6.1 Rahmens dreht sich ein Acros Steuersatz. Die Fibre-Lagerschalen kommen aus Deutschland und der Steuersatz wird im deutschen Renningen zusammengesetzt. Kugellager, Zentrierringe, Dichtungen etc. stammen jedoch aus Taiwan und China.
Der Acros-Carbonlenker wurde bei Bike Ahead in Deutschland produziert und der Grace-FR-Vorbau von Intend entstand auf einer fünfachsigen CNC-Fräse im oberbayerischen Rosenheim. Seriengriffe, die mit dem Drehgriff der Pinion-Schaltung am Projektbike kompatibel wären, werden nur außerhalb der Europäischen Union produziert. Ergon versorgt das Bike deshalb mit einem gekürzten Seriengriff.