Marc Strucken
· 01.07.2022
Neben dem Alutech-Rahmen unseres Projektbikes beim BIKE PROJECT: EUROPE gibt es weitere Fahrradhersteller, die auf eine europäische Produktion setzen.
Das Ziel des BIKE PROJECT: EUROPE ist es, ein Mountainbike nur aus in der EU gefertigten Teilen zusammenzustellen. Alles beginnt mit dem Herzstück jeden Bikes: dem Rahmen. Dieser muss mit seinen Standards und Einbaumaßen zu allen übrigen Teilen passen und natürlich in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union gebaut werden. Die überwältigende Mehrheit aller Fahrradrahmen wird in Asien produziert. Auch in Europa gibt es einige namenhafte Hersteller. Auffallend viele davon in Deutschland. Doch auch, wenn eine Marke vielleicht ihren Sitz in einem EU-Land hat, ist es oftmals aber gar nicht so einfach herauszufinden, ob die Produktion tatsächlich ebenfalls in der EU stattfindet. Wir geben einen Überblick über die Rahmen, die derzeit in der EU gefertigt werden.
Unsere Liste ist nicht abschließend und wir freuen uns über Ihre Ergänzungen. Sie wissen, wo in der EU weitere Mountainbike-Rahmen produziert werden? Dann schreiben Sie uns eine Mail an: eu-projekt@bike-magazin.de
Unternehmen / Sitz / Produktion / Bemerkungen
Bevor europäische Rahmenbauer das Schweißgerät anwerfen oder mit dem Auslegen eines Carbonrahmens beginnen können, müssen viele Hürden überwunden werden. Die meisten Rohmaterialien, wie Carbonfasern, Alu-Rohre, und viele Frästeile werden in Fernost produziert. Auch Kleinteile, wie Kabelhalter, Lager oder Schaltaugen, kommen meist aus dem nicht-europäischen Ausland. Ob und wann all diese Teile zu einem Mountainbike-Rahmen zusammengesetzt werden können, ist abhängig von der Liefersituation. Hinzu kommt, dass Rahmenbau noch immer zu großen Teilen Handarbeit ist. Europäische Sozialgesetze und ein höheres Lohnniveau als in Fernost machen Arbeitskraft teuer. Fachkräfte, wie erfahrene Alu-Schweißer, sind auf dem Arbeitsmarkt heiß begehrt. Anders als in der EU hat sich in Ländern wie Taiwan über viele Jahre hinweg eine große Industrie mit viel Know-How etabliert. Auch höhere Umweltstandards treiben die Kosten für die Rahmenfertigung in der EU nach oben. Kleine Schmieden, wie Gasventinove (IT) oder Zonenschein (DE, Insolvenz nach Hochwasser-Katastrophe), sind über die Jahre von der Bildfläche verschwunden. UNNO hat die Produktion ihrer neusten Rahmengeneration aus Preisgründen von Barcelona nach Asien verlegt.
Bekannte Firmen, wie Liteville, Kavenz, RAAW, Thömus, Falkenjagd, Rennstahl oder Sour, haben ihren Sitz zwar in der EU, lassen ihre Rahmen jedoch in Asien produzieren. Im Zuge aktueller Lieferengpässe bei Teilen aus Asien haben vor allem kleinere Rahmenbauer das Nachsehen und werden erst spät oder gar nicht beliefert. Jürgen Schlender von Alutech hat sich deshalb dazu entschieden, Alu-Rahmen ab sofort wieder im norddeutschen Ascheffel zu schweißen. Last setzt, ebenso wie Stoll, auf die Expertise von All Ahead Composites und sie lassen ihre Carbonrahmen bei Würzburg produzieren. Andere Hersteller könnten diesen Beispielen folgen. Eine europäische Massenfertigung von Mountainbike-Rahmen, die mit den asiatischen Kapazitäten vergleichbar wäre, gibt es bislang aber noch nicht. Die meisten europäischen Rahmenbauer fertigen derzeit Klein- und Kleinstserien im eigenen Haus.
Unter anderem in Portugal entwickeln sich derzeit vielversprechende Ansätze für eine europäische Rahmenproduktion mit hohen Stückzahlen. In der nagelneuen Fabrik von Carbon Team könnten in den nächsten Jahren bis zu 55000 Rahmen jährlich gefertigt werden. Derzeit sind es nur rund 20 Stück pro Tag. Das Know-How steuert nicht zuletzt Carbon-Experte Christoph Gemperlein (All Ahead Composites) bei. Vor allem eine weitgehende Automatisierung der Produktion könnte die europäische Rahmenproduktion in Zukunft wettbewerbsfähig machen. So tüftelt auch Ghost an einer automatisierten Produktion mit Thermoplast in Belgien. Schlüsseltechnologien, wie dem 3D-Druck, kommen dabei eine entscheidende Rolle zu. So wurde beispielsweise der Aluminium-Rahmen unseres BIKE PROJECT: RIDE GREEN Bikes von der Firma Canyon in Deutschland 3D-gedruckt.