BIKE Project EuropeEchte Handarbeit beim Rahmenschweißer Alutech

Marc Strucken

, Henri Lesewitz

 · 11.07.2022

BIKE Project Europe: Echte Handarbeit beim Rahmenschweißer AlutechFoto: Henri Lesewitz
Echte Handarbeit beim Rahmenschweißer Alutech | ch

Wenn ein deutscher Bikeproduzent seine Rahmen aus wirtschaftlichen Gründen wieder selbst schweißt, dann ist er der perfekte Kandidat für unser BIKE Project: Europe. Wir haben Jürgen Schlender von Alutech bei der Arbeit an unserem Bike "made in Europe" zugeschaut.

Das BIKE PROJECT: EUROPE nimmt buchstäblich Formen an. Was wir als großen Feldversuch, eine Art Machbarkeitsstudie an unseren Redaktionstischen angelegt haben, wird mit dem Rahmen für unser Mountainbike-Projekt jetzt in einem ersten Schritt Realität. BIKE-Chefredakteur Herni Lesewitz hat die Geburtsstätte unseres "made in Europe"-Bikes besucht: die Kult-Rahmenschmiede Alutech in Schleswig-Holstein.

Warum gerade Alutech unseren Rahmen produziert, liegt in der Geschichte dieser Firma mit Sitz in Aschaffel nahe der Ostseeküste. Nachdem MTB-Enthusiast Jürgen den zum Verkauf stehenden Laden 2001 übernahm, baute er die Marke Alutech nach und nach zur Kultschmiede auf. Wie branchenüblich, wurde die Produktion nach ein paar Jahren nach Taiwan ausgelagert. Wegen erheblicher Lieferschwierigkeiten zog Schlender 2021 die Reißleine: Seither schweißt der Chef alle Rahmen wieder selbst. Seine Modellpalette reicht von Gravel bis Downhill. Das erfolg­reichste Modell ist das Enduro-Fully Fanes, das auch für unser Europa-Bike die Basis stellt. Und so ist dieser in den letzte Monaten im Rahmen des BIKE Project: Europe entstanden.

Unser Europa-Mountainbike besteht aus 23 Rohren und 55 Frästeilen. Vor der Pandemie und ihren Lieferschwierigkeiten, bekam Jürgen Schlender fertige Rahmen nach 60 Tagen aus Taiwan geliefert. Als es dann hieß, die Wartezeiten lägen bei 1,5 Jahren (!) allein für die Rohware und noch ein weiteres Jahr bis diese geschweißt seien, nahm Schlender wieder die Elektrode in die Hand und schweißte selbst. | t.Foto: Henri Lesewitz
Unser Europa-Mountainbike besteht aus 23 Rohren und 55 Frästeilen. Vor der Pandemie und ihren Lieferschwierigkeiten, bekam Jürgen Schlender fertige Rahmen nach 60 Tagen aus Taiwan geliefert. Als es dann hieß, die Wartezeiten lägen bei 1,5 Jahren (!) allein für die Rohware und noch ein weiteres Jahr bis diese geschweißt seien, nahm Schlender wieder die Elektrode in die Hand und schweißte selbst. | t.
Die CNC-Frästeile komme immer noch aus Taiwan, Alutech sucht aber schon nach europäischen Alternativen. Ohnehin ist eine 100-prozentig europäische Produktion schon beim Rahmen nicht drin. Auch die Lager für das BIKE PROJECT: Europe, die Alutech verbaut, stammen von Enduro Bearings in den USA. Tatsächlich wären aber im hochwertigen Segment auch europäische Lager auf dem Markt, wie zum Beispiel die von SKF. | F.Foto: Henri Lesewitz
Die CNC-Frästeile komme immer noch aus Taiwan, Alutech sucht aber schon nach europäischen Alternativen. Ohnehin ist eine 100-prozentig europäische Produktion schon beim Rahmen nicht drin. Auch die Lager für das BIKE PROJECT: Europe, die Alutech verbaut, stammen von Enduro Bearings in den USA. Tatsächlich wären aber im hochwertigen Segment auch europäische Lager auf dem Markt, wie zum Beispiel die von SKF. | F.
Jürgen Schlender ist ein Handwerker im allerbesten Sinne. Der Alutech-Chef ist gelernter Schneider und arbeitete schon bei Joop und Jil Sander. Daher nutzt er - eher unüblich bei der Rahmenproduktion - Schablonen für den Zuschnitt der Rohre. Und auch den Zuschnitt selbst macht er frei Hand mit der elektrischen Handsäge. | e.Foto: Henri Lesewitz
Jürgen Schlender ist ein Handwerker im allerbesten Sinne. Der Alutech-Chef ist gelernter Schneider und arbeitete schon bei Joop und Jil Sander. Daher nutzt er - eher unüblich bei der Rahmenproduktion - Schablonen für den Zuschnitt der Rohre. Und auch den Zuschnitt selbst macht er frei Hand mit der elektrischen Handsäge. | e.
Der Rahmen für unser BIKE Project Europe ruht geheftet in der Rahmenlehre. Zu sehen ist hier das Tretlager, das für den Pinion-Antrieb vorbereitet ist und daher etwa wuchtiger aussieht als normal. Klar ist damit schon eines: Pinion kommt aus Baden-Württemberg und passt somit gut in unseren Plan eines "all-european"-Bikes. Aber schon beim Innenleben des Pinion-Getriebes, müssen wieder <a href="https://www.bike-magazin.de/a/4876959" target="_blank" rel="noopener noreferrer nofollow">Teile von außerhalb Europas verbaut</a>  werden. | n.Foto: Henri Lesewitz
Der Rahmen für unser BIKE Project Europe ruht geheftet in der Rahmenlehre. Zu sehen ist hier das Tretlager, das für den Pinion-Antrieb vorbereitet ist und daher etwa wuchtiger aussieht als normal. Klar ist damit schon eines: Pinion kommt aus Baden-Württemberg und passt somit gut in unseren Plan eines "all-european"-Bikes. Aber schon beim Innenleben des Pinion-Getriebes, müssen wieder Teile von außerhalb Europas verbaut werden. | n.
So entsteht langsam ein Bild: wuchtiges Lenklager, massives Unterrohr und ein sexy Schwung im Sattelrohr. Noch ist hier nichts fix, die Rohren werden zunächst nur aneinander angepasst. | t.Foto: Henri Lesewitz
So entsteht langsam ein Bild: wuchtiges Lenklager, massives Unterrohr und ein sexy Schwung im Sattelrohr. Noch ist hier nichts fix, die Rohren werden zunächst nur aneinander angepasst. | t.
Jürgen Schlender bringt auf der Rahmenlehre alles Stellung. Später soll unsere 29er-Mountainbike 160 Millimeter Federweg hinten haben. Der Hinterbau ist ist auf 27,5 Zoll ausgelegt (MX oder Mullet genannt), weil Alutech so auf Carbonstreben verzichten kann, die wiederum aus Fernost importiert werden müssen. So schweißt auch diese Streben der Chef persönlich. | h.Foto: Henri Lesewitz
Jürgen Schlender bringt auf der Rahmenlehre alles Stellung. Später soll unsere 29er-Mountainbike 160 Millimeter Federweg hinten haben. Der Hinterbau ist ist auf 27,5 Zoll ausgelegt (MX oder Mullet genannt), weil Alutech so auf Carbonstreben verzichten kann, die wiederum aus Fernost importiert werden müssen. So schweißt auch diese Streben der Chef persönlich. | h.
Und das ist er im Portrait: Jürgen Schlender, Inhaber von Alutech und Bike-Liebhaber vor dem Herrn! Neben seinen Jobs war er immer auch selbst aktiv im Bike-Sport. Und die Legende will, dass er die Firma Alutech kaufte und noch im Auto sein erstes Bike zeichnete: die Wildsau! | u!Foto: Henri Lesewitz
Und das ist er im Portrait: Jürgen Schlender, Inhaber von Alutech und Bike-Liebhaber vor dem Herrn! Neben seinen Jobs war er immer auch selbst aktiv im Bike-Sport. Und die Legende will, dass er die Firma Alutech kaufte und noch im Auto sein erstes Bike zeichnete: die Wildsau! | u!
Ein massiver Downhiller ist die Wildsau. Als Trophäe hängt sie jetzt neben diversen Startnummern und Andenken in seinem Büro. Bekannt und berüchtigt wurde sein eigenes Wettkampf-Bike als "die Kuh". Jürgen hatte es mit Kuhfell (echtes?) überzogen und ballerte damit die Hänge herunter. | r.Foto: Henri Lesewitz
Ein massiver Downhiller ist die Wildsau. Als Trophäe hängt sie jetzt neben diversen Startnummern und Andenken in seinem Büro. Bekannt und berüchtigt wurde sein eigenes Wettkampf-Bike als "die Kuh". Jürgen hatte es mit Kuhfell (echtes?) überzogen und ballerte damit die Hänge herunter. | r.
Aber nicht nur der Rahmen des Wildsau ziert das Alutech-Headquarter. Auch diese fast schon historische Fräse trägt den Eberkopf mit Stolz. Das Gerät ist aber keineswegs ein Ausstellungsstück in Aschaffel, dem Sitz der Firma. Die Fräse ist aktiver Teil des Maschinenparks und an der Produktion des Fanes-Rahmen beteiligt. | t.Foto: Henri Lesewitz
Aber nicht nur der Rahmen des Wildsau ziert das Alutech-Headquarter. Auch diese fast schon historische Fräse trägt den Eberkopf mit Stolz. Das Gerät ist aber keineswegs ein Ausstellungsstück in Aschaffel, dem Sitz der Firma. Die Fräse ist aktiver Teil des Maschinenparks und an der Produktion des Fanes-Rahmen beteiligt. | t.
Tatsächlich ausschließlich aus historischen Gründen sind diese Brake-Booster von Alutech zu bewundern. Mit ihnen verdiente der Firmengründer Andreas Zimmermann unter anderem ab 1993 sein Geld. Bis er die Rechte an der Marke Alutech 2001 an Jürgen Schlender verkaufte. | e.Foto: Henri Lesewitz
Tatsächlich ausschließlich aus historischen Gründen sind diese Brake-Booster von Alutech zu bewundern. Mit ihnen verdiente der Firmengründer Andreas Zimmermann unter anderem ab 1993 sein Geld. Bis er die Rechte an der Marke Alutech 2001 an Jürgen Schlender verkaufte. | e.
Heute hat Alutech zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zusammen alles bauen, was Alutech anbietet. Vom Trail Hardtail "Cheaptrick", über den Downhiller "Sennes" und das Gravelbike "Punk", bis zu eben jenes "Fanes" Enduro-Bike, das die Schleswig-Holsteiner auch als "eFanes" mit Shimano EP8 Motor anbieten. Und jede Menge Custom-Aufbauten, wovon <a href="https://alutech-cycles.com/cms/bike-galerie/" target="_blank" rel="noopener noreferrer nofollow">seine Online-Galerie</a> zeugt. | t.Foto: Henri Lesewitz
Heute hat Alutech zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zusammen alles bauen, was Alutech anbietet. Vom Trail Hardtail "Cheaptrick", über den Downhiller "Sennes" und das Gravelbike "Punk", bis zu eben jenes "Fanes" Enduro-Bike, das die Schleswig-Holsteiner auch als "eFanes" mit Shimano EP8 Motor anbieten. Und jede Menge Custom-Aufbauten, wovon seine Online-Galerie zeugt. | t.
Aber wir schweifen ab! Hier geht’s nun ans Schweißen. Jürgen hat sich mittlerweile unseren Rahmen vorbereitet und zieht die ersten Schweißnähte für das BIKE Project: Europe. Insgesamt fast 75 Teile müssen im Prozess zueinander finden. Lager und andere Kleinteile sind noch nicht eingerechnet. | t.Foto: Henri Lesewitz
Aber wir schweifen ab! Hier geht’s nun ans Schweißen. Jürgen hat sich mittlerweile unseren Rahmen vorbereitet und zieht die ersten Schweißnähte für das BIKE Project: Europe. Insgesamt fast 75 Teile müssen im Prozess zueinander finden. Lager und andere Kleinteile sind noch nicht eingerechnet. | t.
Beim <a href="https://www.bike-magazin.de/mtb_news/events_rennen/willingen-bike-festival-highlights-2022-tag-2" target="_blank" rel="noopener noreferrer nofollow">BIKE-Festival Willigen</a>  dann der große Moment! Jürgen Schlender setzt die letzten Schuppen vor Publikum und verheiratet das Pinion-Getriebe mit dem Alutech-Fanes-Rahmen. | n.Foto: Henri Lesewitz
Beim BIKE-Festival Willigen dann der große Moment! Jürgen Schlender setzt die letzten Schuppen vor Publikum und verheiratet das Pinion-Getriebe mit dem Alutech-Fanes-Rahmen. | n.
Der Macher und sein Werk. Schlender päsentiert den schon jetzt wunderschönen Rahmen - samt Pinion-Getriebe und 160-Millimeter-Stahlfeder-Dämpfer von Formula (dazu mehr in den nächsten Artikeln zum BIKE Project: Europe). Fertig ist der Rahmen unseres BIKE-Project-Europe Bikes aber noch nicht. | t.Foto: Henri Lesewitz
Der Macher und sein Werk. Schlender päsentiert den schon jetzt wunderschönen Rahmen - samt Pinion-Getriebe und 160-Millimeter-Stahlfeder-Dämpfer von Formula (dazu mehr in den nächsten Artikeln zum BIKE Project: Europe). Fertig ist der Rahmen unseres BIKE-Project-Europe Bikes aber noch nicht. | t.
In den nächsten Schritten muss unser Rahmen - wie alle Rahmen aus der Alutech-Produktion - verschiedene weiter Prozeduren durchlaufen. Denn bevor der Rahmen einsatzbereit ist, muss er noch ausgehärtet werden. Das passiert in einem aufwändigen Prozess, den Alutech bei einer Partnerfirma in Bulgarien durchführen lässt. | t.Foto: Henri Lesewitz
In den nächsten Schritten muss unser Rahmen - wie alle Rahmen aus der Alutech-Produktion - verschiedene weiter Prozeduren durchlaufen. Denn bevor der Rahmen einsatzbereit ist, muss er noch ausgehärtet werden. Das passiert in einem aufwändigen Prozess, den Alutech bei einer Partnerfirma in Bulgarien durchführen lässt. | t.
Ob das Wellness für einen Mountainbike-Rahmen ist, wissen wir nicht. Aber nach dem Härten wird der Rahmen in sechs verschiedenen Bädern noch gereinigt. Und weil unsere Special-Fanes-Version nicht nur mit blankem Aluminium blitzen soll, hat sich Alutech noch eine Custom-Lackierung überlegt. | t.Foto: Henri Lesewitz
Ob das Wellness für einen Mountainbike-Rahmen ist, wissen wir nicht. Aber nach dem Härten wird der Rahmen in sechs verschiedenen Bädern noch gereinigt. Und weil unsere Special-Fanes-Version nicht nur mit blankem Aluminium blitzen soll, hat sich Alutech noch eine Custom-Lackierung überlegt. | t.
Nach dem Polieren und Lackieren sieht der Rahmen für das BIKE Project: Europe nun so aus. Leuchtend grüne Decals und am Unterrohr der Modellname - das ist das erste Ergebnis und Mitbringsel von unserem Hausbesuch beim deutschen Bikeproduzenten Alutech. | h.
Nach dem Polieren und Lackieren sieht der Rahmen für das BIKE Project: Europe nun so aus. Leuchtend grüne Decals und am Unterrohr der Modellname - das ist das erste Ergebnis und Mitbringsel von unserem Hausbesuch beim deutschen Bikeproduzenten Alutech. | h.

Im nächsten Schritt besuchen wir die Getriebespezialisten Pinion im baden-württembergischen Denkendorf, wo der Antrieb für unser Bike "made in Europe" entstanden ist.