Bosch Performance SXBoschs neuer E-Bike-Motor für Light-Bikes im Test

Das ist er: Der Bosch Performance Line SX ist der erste Light-Motor des schwäbischen Antriebsspezialisten.
Foto: Georg Grieshaber
Ein E-Bike-Motor mit nur gut zwei Kilo, aber satten 600 Watt Spitzenleistung und bis zu 55 Newtonmeter Drehmoment? Auf dem Papier ist der Bosch Performance Line SX ein echter Leistungssportler. Kann der erste Light-Antrieb von Bosch auch in Labor und Praxis überzeugen? Wir konnten den Antrieb bereits ausführlich testen.

Update Januar 2024: Mittlerweile konnten wir bereits fünf verschiedene Bikes mit dem neuen Light Motor Bosch Performance SX testen und umfangreiche Praxis-Erfahrungen in verschiedensten Fahrsituationen sammeln. Ihr kennt den Bosch Performance SX noch gar nicht oder sucht grundlegende Infos zu Fahrverhalten oder Leistung im Labor? Dann scrollt hier weiter.


Light E-MTBs sind schon seit Jahren das Trend-Thema der Branche. Fazua zeigte mit dem Evation damals den ersten passenden Antrieb, Specialized machte die Kategorie mit dem Levo SL groß, Shimanos EP8 steckt in Light-Bikes von Orbea bis Rotwild und jüngst hauchten die neuen Antriebe Ride 60 von Fazua und HPR 50 von TQ den Light-Bikes neues Leben ein. Allerdings: Ausgerechnet Motorengigant Bosch blieb bisher außen vor.

Nun endlich präsentieren die Schwaben ihren ersten Light-Antrieb und der hat es richtig in sich. Mit bis zu 600 Watt Spitzenleistung soll der E-Bike-Motor zumindest kurzzeitig so viel Power liefern, wie der große Bosch Performance Line CX, dabei aber deutlich leichter sein. Damit würde er andere Light-Antriebe in Sachen Leistung deutlich übertrumpfen. Und auch mit Fahrgefühl und Geräuschkulisse will der Performance Line SX punkten. Damit das gelingen kann, ohne dass der Antrieb überhitzt oder sofort der Akku leer ist, setzt Bosch auf ein weiteres Trend-Thema: Künstliche Intelligenz.

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Der Bosch Performance Line SX: Die Fakten im Überblick

  • Dauerlast: 40 Newtonmeter / 450 Watt Motorleistung (Herstellerangabe)
  • Kurzzeitige Spitzenwerte: Bis zu 55 Newtonmeter / 600 Watt Motorleistung (Herstellerangabe)
  • Gewicht Motor: 2,07 kg (EMTB-Messwert)
  • Neuer Akku: Compact Tube 400 Wh, 2075 Gramm (EMTB-Messwert)
  • Range-Extender Power More 250: 250 Wh
  • Q-Faktor: 172 mm (EMTB-Messwert)
  • Teil des Smarten Systems
  • Kompatibel mit allen entsprechenden Akkus, Bedienelementen und Features
Zum Vergleich: Extrem kompakt ist der neue Bosch SX (rechts) nicht, dafür aber deutlich leichter und auch schmaler als der klassische Performance CX.Foto: Jens Weller/HerstellerZum Vergleich: Extrem kompakt ist der neue Bosch SX (rechts) nicht, dafür aber deutlich leichter und auch schmaler als der klassische Performance CX.

Schlaues Kerlchen – so funktioniert der Bosch Performance Line SX Motor

Dreht sich die Welt gerade wirklich in einem Tempo, dass man – unabhängig vom Alter – nicht mehr so richtig mitkommt? Vor wenigen Monaten ploppte das Thema Künstliche Intelligenz auf. Kaum haben wir uns innerlich damit abgefunden, dass die KI irgendwann mal auch im eigenen Leben ankommt, schiebt Bosch seinen neuen Light-Motor Performance SX durch die Tür. Und bei der Funktionsweise wird klar: Da steckt KI drin! Mit seinen 2,07 Kilo Gewicht und den in unserem Labortest gemessenen 508 Watt Maximalleistung setzt der Bosch SX erst mal eine neue Benchmark. Bosch gibt sogar 600 Watt Peak-Power an. So viel Leistung pro Kilo gab es noch nie. Aber wie soll so ein kompaktes Motörchen, noch dazu mit kleinem Akku, mit solch einer Power umgehen? Genau hier kommt die KI ins Spiel.

Die Software hat bei Bosch einen eigenen, lernfähigen Willen. Voraussetzung für die Abgabe der vollen Power ist, dass die KI die durchschnittliche Fahrerleistung, die anliegende aktuelle Kraft auf dem Pedal und die Kadenz so interpretiert, dass sie das Go für den kurzzeitigen Turbo gibt. Beim Fazua Ride 60 wie auch dem TQ HPR50 im Rotwild R.X 275 drückt man ein Turbo-Knöpfchen, um mit extra Schub versorgt zu werden. Nicht so beim Mini-Bosch. Der SX entscheidet selbst, ob dem Fahrer normale Light-Power oder richtiger Turboschub freigegeben wird.

Volle Leistung oder nur moderater Schub. Die KI im neuen Bosch Performance SX nimmt dem Fahrer die Entscheidung ab. Das soll einem das Drücken eines Boost-Knopfes in kniffligen Fahrsituationen ersparen.Foto: Markus GreberVolle Leistung oder nur moderater Schub. Die KI im neuen Bosch Performance SX nimmt dem Fahrer die Entscheidung ab. Das soll einem das Drücken eines Boost-Knopfes in kniffligen Fahrsituationen ersparen.

Bosch Performance Line SX: Power nur wenn sie wirklich gebraucht wird

Die Idee: Nur wenn es der Fahrer wirklich braucht, bekommt er auch richtig Power – und das, ohne dass man sich in vielleicht kniffeliger Fahrsituation mit der Bedienung eines Boost-Schalters beschäftigen müsste. Um die richtige Entscheidung zu treffen, detektiert die Software permanent Drehmoment und Trittfrequenz des Fahrers. Nur, wenn beide Parameter über einen Durchschnittswert schnellen, wird der Turbo gezündet. In der Praxis passiert das unmerklich – quasi wie ein erweiterter E-MTB-Modus. Gibst du viel, gibt auch der Motor viel. Das Neue dabei: Der Motor adaptiert sich an die Kraft und Fahrweise des Piloten. So können nicht nur Supersportler mit Schurter-Beinen die maximale Leistung abrufen. Außerdem wird verhindert, dass ebensolche Kraftprotze dauerhaft Vollschub fahren und den Akku im Zeitraffer leersaugen – und vielleicht auch den Motor überfordern. Das bedeutet auch: Je nach durchschnittlicher Fahrweise auf der Tour, locker oder Vollgas, kann der Antrieb unterschiedlich auf einen kräftigen Antritt des Fahrers reagieren. Soweit die Theorie.

Leise und gut modulierbar: So fährt sich der neue Bosch E-Bike-Motor SX auf dem Trail

Und die Praxis? In flachem Gelände ist der E-Bike-Motor bei geringer Krafteingabe recht leise und schiebt nur sanft voran. Das Fahrgeräusch liegt dabei deutlich unter dem Niveau des Bosch Performance Line CX, so leise wie Klassenprimus TQ ist der Mini-Bosch aber nicht. Wird das Gelände steiler und der Fahrer-Input stärker, steigert sich das Geräusch zu einem hörbaren, aber nicht unangenehmen Brummen, die Unterstützungskraft nimmt deutlich zu. Ausgesprochen gut gefiel uns, wie schnell die Kraft beim Losfahren anliegt und wie sanft und unmerklich der Bosch SX-Antrieb ein- und ausfadet. Der Elektromotor hängt richtig gut am Fuß und lässt sich exzellent modulieren. In dieser Hinsicht setzt Bosch mit dem SX neue Maßstäbe.

Extrem sportliche Auslegung, hohe Spitzenleistung aber erst bei hoher Drehzahl und dazu ein exzellentes Ansprechverhalten: In der Praxis zeigt Boschs neuer SX Charakter. Trotzdem: Nicht jedem dürfte der neue Antrieb gefallen.Foto: Markus GreberExtrem sportliche Auslegung, hohe Spitzenleistung aber erst bei hoher Drehzahl und dazu ein exzellentes Ansprechverhalten: In der Praxis zeigt Boschs neuer SX Charakter. Trotzdem: Nicht jedem dürfte der neue Antrieb gefallen.

Bei hohen Kadenzen (jenseits 90 RPM) ist der Motor definitiv kraftvoller, sowohl als der Fazua Ride 60 (auch mit Boost!) als auch der Shimano EP8 RS – die bisherigen Kraftprotze unter den Light-Antrieben. Allerdings liegt die Spitzenleistung nur kurzzeitig an. Dass der Motor die Leistung wieder stufenweise drosselt, ist schon nach Sekunden spürbar. Und in manchen Situationen fühlt man sich auch ganz von der KI im Stich gelassen. Denn in wirklich steilen, technischen Anstiegen, wo keine hohen Trittfrequenzen möglich sind, kommt nur wenig Schub. Egal, wie fest man reintritt. Leider sind nicht zuletzt das die Momente, in denen man sich Power wünscht. Das E-Bike bei niedriger Kadenz noch über eine Stufe oder eine Wurzel zu drücken, fällt so manchmal schwerer als mit drehmomentstärkeren Antrieben.

Dass hier nicht ein Schwachpunkt in der Software, sondern schlicht der Charakter der Leistungsentfaltung ursächlich ist, zeigt unsere Laboranalyse weiter unten. Denn in Sachen Drehmoment ist der Bosch Performance Line SX eher mäßig bestückt. Offensichtlich, auch ohne Labortest: Auf Trail-Abfahrten klappert der kleine Bosch SX. Wie bei seiner üppigen Power hat er sich offenbar auch in diesem Punkt ein Beispiel an seinem großen Bruder Performance Line CX genommen. Schade eigentlich.


Unser Test-Bike

Für den Test des Performance Line SX stellte uns Bosch einen Prototypen eines deutschen Bike-Herstellers zur Verfügung. Offizielle Infos und ein Release gibt es zu diesem 150-mm-Bike noch nicht. Was wir sagen können: Im Vollcarbonrahmen ist ein Compact Tube 400 fest verbaut. Die Waage im EMTB-Labor blieb bei 18,3 Kilo stehen – und das bei sehr hochwertiger und robuster All-Mountain-Ausstattung. Fahrspaß? Absolut vorhanden!

Für den Test stellte uns Bosch einen Prototypen eines größeren deutschen Herstellers zur Verfügung. Mit fest verbautem Akku und hochwertigen, soliden Komponenten bringt es das Bike auf 18,3 Kilogramm.
Foto: Markus Greber

Leistung erst bei hoher Kadenz: Der Bosch SX Motor auf dem Prüfstand

Die besondere Charakteristik des Bosch SX Motors stellt unser Labor-Team vor eine besondere Herausforderung. Denn ein konstanter Betrieb, wie er auf dem Prüfstand üblich ist, entlockt dem schlauen Kerlchen mit seiner intelligenten Software nur sehr zahme Werte. Das zeigen die durchgezogenen Linien im ersten Diagramm.

Viel Leistung oben heraus, unten herum aber wenig Bums und Drehmoment. Der Bosch SX auf dem Prüfstand.Foto: EMTB TestabteilungViel Leistung oben heraus, unten herum aber wenig Bums und Drehmoment. Der Bosch SX auf dem Prüfstand.

Maximal 39 Newtonmeter und eine Leistung von gut 300 Watt bei 80er-Trittfrequenz. Diese Werte spiegeln wider, was der Motor im konstanten, moderaten Fahrbetrieb abliefert. Um die KI anzuregen, haben wir den neuen SX E-Bike-Motor auf dem Rollenprüfstand im Labor von PT Labs bewusst dynamisch angesteuert und sind so seinen maximalen Werten näher gekommen. 50 Newtonmeter und 508 Watt standen nach unseren Messläufen auf der Uhr. Bosch selbst gibt an, dass die maximalen Werte noch höher liegen sollen. Das Drehmoment bei 55 Newtonmetern, die Leistung exakt auf Niveau des Performance Line CX Antriebs, was in unserem Prüfverfahren rund 565 Watt bedeuten würde.

Auf dem Rollenprüfstand des Prüflabors PT Labs haben wir dem Bosch SX auf den Zahn gefühlt. Hier konnten wir auch schon alle wichtigen Vergleichspartner von Boschs CX bis hin zu Fazua testen.Foto: Adrian KaetherAuf dem Rollenprüfstand des Prüflabors PT Labs haben wir dem Bosch SX auf den Zahn gefühlt. Hier konnten wir auch schon alle wichtigen Vergleichspartner von Boschs CX bis hin zu Fazua testen.

Dass die Software in der Praxis auf einen explosiven Antritt mit noch mehr Leistung reagiert, ist durchaus möglich. Die gestrichelten Linien im Diagramm oben würden dann noch etwas höher liegen. Allerdings sind diese Spitzenwerte nur in gewissen Situationen und nicht dauerhaft abrufbar. Die Software kennt dabei nicht nur die beiden Zustände A oder B. Vielmehr wird der Bereich zwischen den Linien dynamisch angewählt – abhängig davon, wie die KI den aktuellen Fahrer-Input im Verhältnis zu dessen Durchschnittswerten interpretiert. In der Fahrpraxis ist das nicht spürbar, sodass ein sehr dynamisches und nie abruptes Fahrgefühl entsteht. Die Motorleistung bleibt immer exzellent modulierbar.

Beste Spitzenleistung, aber wenig Drehmoment: Der neue Bosch Motor im Konkurrenzvergleich

Und auch die zweite Besonderheit des Performance Line SX zeigt sich auf dem Prüfstand deutlich. Die maximale Leistung von über 500 Watt stellt zwar alle anderen Light-Motoren in den Schatten. Allerdings ist es wichtig zu verstehen, dass dieser Wert erst bei sehr hohen Trittfrequenzen so richtig zum Tragen kommt. Bei niedriger Kadenz und im konstanten Betrieb gibt der SX Bosch Motor durch das vergleichsweise geringe Drehmoment weniger Schub. Insbesondere Fazua Ride 60 und Shimano EP8 RS liefern spür- und messbar mehr Drehmoment.

Die höchste Spitzenleistung bietet der neue Bosch SX, beim Drehmoment und damit auch bei der Leistung bei niedriger Kadenz (unter 70 U/min) stehen Fazua und auch EP8 RS besser da. *EMTB-Messwert.Foto: EMTB-TestabteilungDie höchste Spitzenleistung bietet der neue Bosch SX, beim Drehmoment und damit auch bei der Leistung bei niedriger Kadenz (unter 70 U/min) stehen Fazua und auch EP8 RS besser da. *EMTB-Messwert.Der Bosch SX gibt seine Leistung sehr linear ab. Die Spitzenwerte erreicht er erst bei sehr schnellem Kurbeln, untenrum spielt Fazua den Vorteil beim Drehmoment aus. Der EP8 RS in Orbeas Rise (hier nicht aufgetragen) liegt bei niedriger Drehzahl fast gleichauf mit Fazua-Kurve ohne Boost und damit ebenfalls leicht über dem Bosch.Der Bosch SX gibt seine Leistung sehr linear ab. Die Spitzenwerte erreicht er erst bei sehr schnellem Kurbeln, untenrum spielt Fazua den Vorteil beim Drehmoment aus. Der EP8 RS in Orbeas Rise (hier nicht aufgetragen) liegt bei niedriger Drehzahl fast gleichauf mit Fazua-Kurve ohne Boost und damit ebenfalls leicht über dem Bosch.

Die Konkurrenten des Bosch SX im ausführlichen Test:

Vom Prüfstand in die Praxis: Punktgewinn für Fazua bei langsamem Tritt

Neben den Prüfstandswerten sagt das auch das Praxisempfinden all unserer Testfahrer klar und deutlich. Das Diagramm oben verdeutlicht das. Im konstanten Betrieb kann der Bosch Performance Line SX den Fazua Ride 60 (ohne Boost-Funktion) erst bei einer Kadenz oberhalb 90 überflügeln. Bei langsamerem Tritt liegt der Fazua deutlich über SX-Niveau. Selbst bei dynamischem Fahrer-Input kommt der kleine Bosch nicht an die Werte des Ride 60 heran. In der Praxis macht sich das immer dann deutlich bemerkbar, wenn die Fahrsituation keine hohe Trittfrequenz zulässt. In technischen Anstiegen ist das häufig der Fall. Dann schiebt Boschs neuer SX-Antrieb nur mäßig über Kanten und Hindernisse – trotz Rekordwert bei der Maximalleistung.

Update Januar 2024: Lautstärke, Power und Reichweite im Langzeit-Check

Fünf Bikes konnten wir in Summe schon mit dem Bosch Performance SX in verschiedenen Fahrsituationen testen. Darunter tourenorientierte E-Mountainbikes wie KTMs Macina Scarp SX, Allrounder wie das neue Centurion No Pogo SL und federwegsstarke Enduros wie das neue Ryvon LT von Conway. Dabei bewährten sich viele erste Eindrücke, die wir zu Anfang mit dem neuen Light-Motor von Bosch sammeln konnten.

Die besondere Stärke des Bosch SX, auch im Langzeit-Betrieb, ist seine Dynamik. Wenn die Fahrsituation passt, beeindruckt der Antriebs-Zwerg aus Reutlingen mit erstaunlicher Leistung und zaubert dem Fahrer mit seiner spritzigen Beschleunigung ein dickes Grinsen ins Gesicht. Auch wenn er die maximale Power nicht dauerhaft freisetzt, bewegt sich der Bosch damit in einer anderen Liga als die Minimalisten im Light-Segment wie TQ und Specialized. Touren mit konventionellen E-MTBs der 85-Newtonmeter-Klasse zusammen zu fahren ist bei entsprechender Fitness mit dem Bosch SX daher selten ein Problem. Seine Natur als E-MTB-Motor versucht der Bosch dabei nie zu verbergen. Die extrem dynamische Kraftentfaltung ist absolut gelungen, das Schlagwort “dezente Unterstützung” würde einem dafür aber nicht in den Sinn kommen.

Zumal der Performance SX zwar leiser ist als Boschs Powermotor CX, im Antriebsgeräusch aber keinesfalls unhörbar. Der SX reagiert dabei besonders stark auf die Fahrsituation. Bei wenig Unterstützung ist der leichte Bosch oft recht leise und es gibt teils echte Aha-Momente. Ruft man seine hohe Power jedoch ab, ist der Sound aber nicht sehr dezent. Ungewöhnlich: Auf längeren Touren und in längeren Anstiegen wird der Antrieb im Laufe der Zeit teils lauter. Dann ist er selbst bei moderater Unterstützung deutlich hörbar. Wer sich ernsthaft für den SX interessiert, sollte sich beim Sound also keinesfalls nur auf einen Parkplatz-Test beim Händler verlassen. In Summe würden wir den SX bei der Lautstärke im Mittelfeld der Light-Kategorie einordnen. Leiser als der klassische CX ist er, an den ebenfalls kräftigen Fazua kommt er aber nicht heran. Und der Flüster-TQ spielt ohnehin in einer anderen Geräuschliga. Das Klappern bergab hat Bosch gegenüber dem CX zwar etwas eindämmen können, deutlich hörbar blieb es aber bei allen Modellen des Performance SX, die wir bislang getestet haben.

KTM Macina Scarp SX Prime: Das Leichtgewicht fährt sich sehr komfortabel, auf Wunsch aber auch richtig spritzig.Foto: Max FuchsKTM Macina Scarp SX Prime: Das Leichtgewicht fährt sich sehr komfortabel, auf Wunsch aber auch richtig spritzig.

Wenig Drehmoment, Reichweite im Light-Mittelfeld

Dass der Bosch SX in puncto Drehmoment keine Offenbarung ist, hat sich ebenfalls bestätigt. Nur bei hoher Trittfrequenz kann er den Trumpf der hohen Spitzenleistung wirklich ausspielen. Wenn es darum geht, mit niedriger Kadenz in technischen Anstiegen über Hindernisse zu drücken, sind Motoren wie der Fazua Ride 60 dagegen besser aufgestellt. Auch bei der Leistung bei niedrigem Fahrer-Input hat der Konkurrent aus Ottobrunn gegenüber dem SX leicht die Nase vorne. In der Touren-Praxis macht das keinen großen Unterschied, messbar ist die Differenz aber schon, wie zum Beispiel unser Reichweiten-Test zeigt. Der Fazua ist hier bei identischen Testbedingungen - 90 Kilo Fahrergewicht, 80er Trittfrequenz, 150 Watt Tretleistung - im Schnitt mit gut 12, statt mit 11km/h unterwegs.

Bei der Reichweite ist der Bosch Performance SX mit seinem 400 Wattstunden Akku gut aufgestellt und erklettert im oben erwähnten Standard-Testszenario an einem steilen Asphalt-Anstieg 1000 bis 1100 Höhenmeter. Allerdings: Zwischensprints sind hier nicht eingebaut. Wer den SX zu Spitzenleistungen treibt, muss in der Praxis also mit weniger Reichweite rechnen. Fazuas Ride 60 liegt mit klar über 1200 Höhenmetern, vor dem SX und fährt bei voller Unterstützung auch schneller. Specializeds SL 1.2 Antrieb brachte in unserem Test auch mit kleinem 320-Wattstunden-Akku fast dieselbe Reichhöhe wie der SX mit 400 Wattstunden, allerdings bei niedrigerem Power-Output. TQs HPR50 ist mit 360 Wattstunden im Akku meist das Schlusslicht in Sachen Reichweite und auch Geschwindigkeit. Zur Übersicht haben wir unten einige der relevantesten Vergleichs-Antriebe mit ihren durchschnittlichen Reichweiten aufgeführt.

Boschs Performance Line SX spielt mit zwei Kilo Gewicht voll in der Light-Klasse. Bei hoher Trittfrequenz schiebt er aber richtig stark an und hat mehr Power als andere Light-Motoren.Foto: Adrian KaetherBoschs Performance Line SX spielt mit zwei Kilo Gewicht voll in der Light-Klasse. Bei hoher Trittfrequenz schiebt er aber richtig stark an und hat mehr Power als andere Light-Motoren.

Reichweiten im Vergleich

  • Bosch SX: 1060 Höhenmeter bei ca. 11 km/h
  • Fazua Ride 60: 1280 Höhenmeter bei ca. 12 km/h
  • Specialized SL 1.2: 1020 Höhenmeter bei 10,1 km/h
  • TQ HPR 50: 930 Höhenmeter bei 9 bis 10 km/h
  • Bosch CX: 1950 Höhenmeter bei ca. 14 km/h

Fazit Christian Schleker, Testautor EMTB

Bosch hat mit dem SX einen Motor mit eigenem Charakter geschaffen. So spritzig und kraftvoll war ein Light-Motor noch nie. Die KI-gesteuerte Superpower hat aber logische Grenzen. Durch das mäßige Drehmoment ist bei niedriger Kadenz nicht mehr viel von ihr zu spüren – dann können andere Light-Antriebe mehr. Die Lautstärke ist auf Augenhöhe mit der Konkurrenz, das Fahrgefühl herausragend. Leider klappert der SX bergab.

Stärken:

  • spritzig-dynamisches Fahrgefühl
  • extreme Spitzenleistung
  • hoher Spaßfaktor
  • tolle Modulation

Schwächen:

  • könnte kompakter sein
  • Drehmoment und Leistung bei niedriger Trittfrequenz
  • Lautstärke in manchen Fahrsituationen, klappert bergab

Chris Schleker ist EMTB-Testautor und Light-E-MTB-Fan der ersten Stunde.Foto: Wolfgang WatzkeChris Schleker ist EMTB-Testautor und Light-E-MTB-Fan der ersten Stunde.

Fahrperformance statt Beauty-Contest: Bosch-CEO Claus Fleischer im Interview

EMTB: Jetzt hat auch Bosch mit dem Performance Line SX einen Light-Motor. Wie wichtig ist das Segment der Minimal-Assist-Bikes für Bosch?

Claus Fleischer: Dieses Segment halten wir für sehr wichtig, da es wie kein anderes die Vorteile aus zwei Welten vereint: Ein besonders natürliches Fahrgefühl auf leichten E-Bikes mit Geometrien und der Optik nah an konventionellen Bikes, gepaart mit der Möglichkeit, den maximalen Fahrspaß eines “Full-Power”- E-Bikes zu erleben. Hinzu kommt: E-Biken und E-Mountainbiken wird immer spezifischer und individueller. Die klassischen E-Bike-Systeme und damit auch E-Bikes wurden aufgrund von höheren Akkukapazitäten und mehr Leistung immer schwerer. Das bedeutet auch, dass sich leichtere E-Bikes nur durch eine Reduzierung der Maximalleistung realisieren lassen. Wir haben nun die Bosch-typische Qualität, Zuverlässigkeit und Fahrperformance auf diese relevante Kategorie übertragen. Niedriges Gewicht trifft auf hohen Fahrspaß: Das ist die Performance Line SX!

Bosch-CEO Claus Fleischer ist selbst begeisterter E-Mountainbiker und hat sich schon an Challenges wie der Transalp auf der legendären Heckmair-Route mit dem E-MTB versucht.Foto: Markus GreberBosch-CEO Claus Fleischer ist selbst begeisterter E-Mountainbiker und hat sich schon an Challenges wie der Transalp auf der legendären Heckmair-Route mit dem E-MTB versucht.

Was kann der neue Bosch Motor, was andere Light-Antriebe nicht können?

Die SX ist ein kleines Powerpaket. Aus nur zwei Kilogramm können wir feinsten Fahrspaß mit mehr als 400 Watt und bis zu 600 Watt Maximalleistung herausholen. Darüber hinaus setzt die SX Maßstäbe in Sachen Ansprechverhalten und natürliches Fahrgefühl. Sie dürfte damit eine der kraftvollsten Drive Units in diesem noch jungen Marktsegment sein und zeichnet sich gerade mit den dynamischen Modi Tour+, EMTB und Sprint durch ein besonderes Fahrgefühl aus.

Der Bauraum ist im Vergleich zu anderen Light-Antrieben eher groß. Was steckt dahinter?

Mit rund zwei Kilogramm ist die SX die leichteste und kleinste Drive Unit im Bosch Produktportfolio. Uns war es wichtig, bei der SX eine optimale Balance aus Leistung, Geräusch und thermischem Derating zu erzielen, und damit die Kunden zu begeistern. Der “Beauty Contest im 2 kg Segment” geht vielleicht an andere Systeme; die spürbare Fahrperformance ist uns wichtiger.

Eine weitere Besonderheit ist die intelligente Motorsteuerung, die die maximale Leistung nur in speziellen Situationen abgibt. Was genau ist die Idee dahinter?

Bei der Entwicklung der SX haben wir uns mit dem Spannungsdreieck Fahrperformance, optimiertes Derating-Verhalten und maximale Reichweite mit kleinem Akku auseinandergesetzt. Die Lösung hierfür war für uns eine neuartige Software, die Fahrer*innen das maximale Drehmoment beziehungsweise die maximale Leistung immer genau dann zur Verfügung stellt, wenn es auch wirklich gebraucht wird.

Das Antriebsgeräusch ist deutlich angenehmer und leiser als beim Performance Line CX. Wie habt ihr das erreicht?

Wir haben uns, passend zur Leistung der SX, gezielt für eine andere Motor-Magnetkreis-Auslegung und ein dazu passendes Getriebekonzept entschieden, was die wahrnehmbaren Geräusche des Antriebs deutlich reduziert. Zudem haben wir uns verstärkt mit der Gestaltung des Getriebes und insbesondere der Zahngeometrie und Zahnoberflächen beschäftigt. Das hat dazu geführt, dass wir mittlerweile Geräuscheinflüsse aus dem Getriebe nahezu eliminieren konnten.

In unseren Fahrtests klapperte der Motor auf Trail-Abfahrten. Was macht es so schwierig, dieses Problem, das auch viele andere Motoren haben, abzustellen?

Grundsätzlich handelt es sich hierbei um eine durch die Kette angeregte Schwingung, welche in bestimmten Fahrsituationen, beispielsweise auf einem Wurzelteppich, zu Getriebegeräuschen führen kann. Mit der SX ist es uns gelungen, dieses Geräusch bereits deutlich zu reduzieren und wir arbeiten daran, dieses in der Zukunft gänzlich abzustellen.

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