Max Fuchs
· 21.12.2020
Im Modelljahr 2021 steht Rotwild mit einem neuen All Mountain E-Bike in den Startlöchern. Dank dem kleinen Akku mit 375 Wattstunden wiegt der E-MTB-Neuling nur 18,3 Kilo. Vorhang auf für das Rotwild R.X 375!
Wow – was für ein Teil! Der gold schimmernde Schriftzug auf dem Unterrohr springt sofort ins Auge: Rotwild R.X 375 Ultra. So heißt die neue Trailrakete. 150-Millimeter-Federweg, Shimano EP8-Antrieb und 29-Zoll-Laufräder bei einem Gesamtgewicht von gerade einmal 18,3 Kilo in Größe M. Die Kinnlade gibt sich der Schwerkraft hin. Das Hirn hadert mit einer akuten Überdosis an Glückshormonen und Fragezeichen zugleich. Ist das überhaupt noch ein echtes E-MTB? Reicht die mäßige Akkukapazität? Tritt das neue Rotwild R.X 375 Ultra in die Fußstapfen des Minimal-Assist-Bikes Specialized Levo SL? Tatsächlich reiht sich der jüngste Wurf aus Dieburg zwischen den beiden Extremen ein. Das R.X 375 will weder ein Voll-Power-E-MTB noch ein entkräftetes Minimal-Assist-Bike sein. Denn zur Antriebsunterstützung stellt der Motor uneingeschränkt 85 Newtonmeter bereit. Den Strom zieht er jedoch aus dem eigens entwickelten Akku mit nur 375 Wattstunden Kapazität.
Einen detaillierten Fahrbericht mit allen Fakten und Laborwerten zum Rotwild R.X 375 findet Ihr als PDF unten im Download-Bereich.
Die Vortriebsunterstützung am neuen Rotwild R.X 375 fällt in den Verantwortungsbereich des ebenfalls frisch vorgestellten Shimano EP8-Motor. Das geringe Gewicht, gepaart mit dem schlanken Design des Motors sind die Grundvoraussetzungen für die schmale Rahmenkonstruktion. Mit 85 Newtonmeter maximalem Drehmoment schiebt der EP8 das R.X 375 samt Fahrer durchs Gelände. Die Energie stellt ein BMZ-Akku mit 375 Wattstunden bereit. Das ist wenig. Jedoch schlägt Rotwild diesen Weg bewusst ein. In der Zeit von immer größeren E-MTB-Akkus und damit auch größeren und schwereren Bikes, will Rotwild bewusst Kunden ansprechen, die auf das natürliche Fahrgefühl und die Leichtfüßigkeit eines normalen Mountainbikes nicht verzichten wollen. Unter dieser Zielgruppe vermuten die Entwickler auch sportlich ambitionierte Biker, die die Anstrengung nicht scheuen, sich von der Motorunterstützung aber ein Plus an Fahrspaß und einen größeren Aktionsradius erhoffen. „Den klassischen E-MTB-Kunden, der jeden Anstieg so schnell wie möglich ohne Anstrengung hochtrekern will, haben wir bei diesem Modell nicht berücksichtigt“, sagt Rotwild-Verkaufsmanager Stephan Koch. Und genau dafür gibt´s bei Rotwild ja auch die 750er-Serie mit Brose-Motor und doppelter Akkukapazität.
Mit Hilfe der Shimano E-Tube-Project App lassen sich drahtlos die einzelnen Unterstützungsstufen individuell anpassen. Dabei können in jedem Modus jeweils die prozentuale Unterstützung, das maximale Drehmoment sowie die Beschleunigung stufenweise individualisert werden. Dieser Funktion soll am R.X 375 zentrale Bedeutung zukommen. Denn wer alle Regler auf Vollgas dreht, dem wird mit dem kleinen Akku schnell der Saft ausgehen. Es sei denn, man packt sich einen Zweitakku in den Rucksack, was dank minimaler Größe und Gewicht, sowie dem supersimplen Schnellverschluss so entspannt funktioniert wie bei keinem zweiten E-MTB.
Um die 19-Kilo-Marke zu knacken, unterzieht Rotwild das R.X 375 einer konsequenten Diät. Die größte Gewichtsersparnis fällt dabei auf den Antrieb zurück. Allein der neue Shimano EP8-Motor spart gegenüber der Konkurrenz von Brose und Bosch über 400 Gramm. Hinzu kommt der 2029 Gramm leichte Akku. Zum Vergleich: Der Inntube-Akku von Shimano mit 630 Wattstunden bringt dagegen stolze 3511 Gramm auf die Waage. Für 11499 Euro spendieren die Produkt-Manager dem Ultra-Modell zusätzlich Laufräder sowie Kurbelarme und einen Lenker aus Carbon. Leider fällt auch die Bereifung der drastischen Gewichtsoptimierung zum Opfer. Denn der 2,35-Zoll breite Nobby Nic mit eher leichter Superground-Karkasse kann die Trail-Stärke des Bikes nicht ganz mitgehen.
Die Geometrie fällt moderat aus. So sollen auch Einsteiger ohne ausgefeilte Fahrtechnik das Bike problemlos im Gelände bewegen können. Demnach misst der Lenkwinkel angenehme 66,5 Grad und der Reach beträgt 475 Millimeter in Größe L. Der relativ steile Sitzwinkel macht sich durch eine kompakte Sitzposition und gute Klettereigenschaften bemerkbar. Auch bei den Kettenstreben gehen die Ingenieure den sicheren Weg. 450 Millimeter sind lang genug, um auch steile Rampen zu erklimmen, ohne dabei aktiv gegen das steigende Vorderrad ankämpfen zu müssen. Aber auch noch kurz genug, um den Spieltrieb des Bikes nicht komplett der Laufruhe zu opfern.
Vom neuen R.X 375 bietet Rotwild drei Ausstattungsvarianten an. Los geht´s bei 6999 Euro für die Core-Variante. Das Einstiegs-Modell schaltet auf einer Shimano XT-Gruppe und ebnet mit einem Performance-Fahrwerk von Fox den Trail. Dahinter reiht sich das 8499 Euro teure R.X 375 Pro ein. Die Ausstattung hebt sich lediglich durch die integrierte Vario-Stütze von Eightpins und die hochwertigeren DT Swiss HX 1501-Laufräder ab. Das obere Ende der Preisspanne markiert das von uns getestete Ultra-Modell mit Carbon-Laufrädern von DT Swiss, einer kompletten Shimano XTR-Gruppe und Fox Factory-Fahrwerk. Preis: 11499 Euro. Alle Modelle setzten dabei auf denselben Vollcarbon-Rahmen.
Nach den ersten Metern auf dem R.X 375 komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Krass, das Ding fährt sich ja selbst ohne Motorunterstützung wie ein normales Mountainbike!“ Klar, mit 18,4 Kilo Gesamtgewicht fühlt sich das Bike zwar nicht an wie ein Marathon-Fully, mit den Vortriebseigenschaften eines schweren Enduro-Bikes kann es das Rotwild jedoch allemal aufnehmen. Wer also ein E-MTB mit natürlicher Fahrcharakteristik sucht, ist hier an der richtigen Adresse. Schaltet man den Motor hinzu, geht der Spaß so richtig los. Gegenüber den Vollgas-E-Bikes mit dicken Akkus zieht das R.X 375 nicht den Kürzeren. Nur bei langen Touren mit vielen Höhenmetern zwingt einen die geringe Akku-Kapazität in den Stromsparmodus. Das abrupte Trägheitsgefühl oberhalb der 25 km/h-Grenze bleibt dafür aus. So kommt man auch auf welligen, schnellen Trails auf seine Kosten.
Einen detaillierten Fahrbericht mit allen Fakten und Laborwerten findet Ihr als PDF unten im Download-Bereich.
Das Rotwild R.X 750 hat vor einem Jahr für viel Aufsehen gesorgt. Dicker Akku mit 750 Wattstunden, durchzugsstarker Brose-Motor, edles Finish und viel Carbon. Für 2021 gibt's am Topmodell R.X 750 Ultra einige Detailverbesserungen, die das Gewicht weiter senken sollen. Der Rahmen wird aus einer hochwertigeren Carbon-Faser gefertigt, außerdem ist auch die Umlenkwippe aus diesem Material gefertigt. Das soll 300 Gramm sparen. Bei der 375er-Serie setzen alle Modelle auf diese Hightech-Fasern, beim 750er nur das Ultra. Der Carbon-Akku ist bei den Ausstattungsvarianten Ultra und Pro serienmäßig. Über die gesamte Modellpalette hinweg setzt Rotwild 2021 auf Schwalbe-Reifen.