Hardtails von 1199 bis 1799 Euro9 sportliche Einsteiger-Hardtails im Test

Peter Nilges

 · 26.04.2023

Wir haben neun sportliche Hardtails für Trail-Fans und Race-Einsteiger getestet.
Foto: Max Fuchs

Fullys haben den Hardtails heute größtenteils den Rang abgelaufen. Doch wer zum ersten Mal Gelände unter die Reifen nimmt oder kein Vermögen ausgeben will, ist mit der Urform des MTBs noch immer gut beraten. Anhand von 9 Einsteiger-Hardtails haben wir überprüft, was dieser Bike-Gattung das Fortbestehen sichert.

BIKE testet – Inhalt

Diese 9 Hardtails finden Sie im Test:

(Per Klick geht’s zur Einzelbewertung)


Testreport Hardtails

“Und, haben diese Bikes überhaupt noch eine Daseinsberechtigung?” Dimis Frage kommt so provokant wie unvermittelt und erwischt uns gerade, als wir die getesteten Hardtails zurück ins Testlabor schieben. Als Chefredakteur der FREERIDE beschäftigt sich Dimitri schon lange nicht mehr mit Federwegen unterhalb von 140 Millimetern, geschweige denn mit MTBs, die keinen Dämpfer besitzen. Nicht mal zum Pendeln ins Büro steigt er auf ein Hardtail, sondern spult seine 40 Tageskilometer auf dem Enduro ab. Ich frage mich: Was ist nur aus der Faszination Hardtail geworden und ist es wirklich nur noch der Preis, mit dem die Einsteiger-Bikes in diesem Testfeld überzeugen können?

Preiswerte Bikes für Einsteiger

Mit Preisen von 1199 bis 1799 Euro sind die neun Hardtails im Test erfreulich bezahlbar, statt extravagant und unvernünftig. Alle neun Bikes richten sich an Einsteiger und wurden mit spitzem Bleistift kalkuliert. Da von diesen Rädern hohe Stückzahlen produziert und verkauft werden, sind es oftmals wenige Cent, die über die Spezifikation der Anbauteile entscheiden. Bei einem Preisunterschied von maximal 450 bzw. 600 Euro (das Stevens Sentiero für 1799 Euro diente als Referenz-Bike) muss man daher immer das Preis-Leistungs-Verhältnis und auch den Vertriebsweg im Auge behalten. Es ist klar, dass eine Fachhandelsmarke bei identischem Preis nicht das gleiche Ausstattungsniveau wie ein Versender liefern kann.

Auch der Händler als Ansprech- und Servicepartner vor Ort muss von irgendetwas leben und kümmert sich um kleinere wie größere Belange. Das verursacht selbstverständlich Kosten. Mit Drag, Whyte und Canyon sind drei Versender mit im Test, wobei Drag und Whyte zusätzlich auch über ausgewählte Fachhändler verkaufen. Lediglich Canyon bietet seine Bikes ausschließlich online an. Bei einem Preis von 1449 Euro lassen die Koblenzer ihre Muskeln spielen. Die verbauten Komponenten am Grand Canyon stechen geradezu heraus. Eine bessere Ausstattung findet sich an keinem der Bikes – nicht mal am Referenz-Bike von Stevens.

Erste Ausflüge ins Gelände sind mit den Hardtails aus unserem Test allemal möglich.Foto: Max Fuchs
Erste Ausflüge ins Gelände sind mit den Hardtails aus unserem Test allemal möglich.

Warum ein Hardtail immer noch sinnvoll ist

Doch zurück auf die Suche nach der Faszination Hardtail. Was zeichnet ein Hardtail überhaupt aus? Was spricht für dieses einzigartige Fahrgefühl? Ein Hardtail lebt in erster Linie vom geringen Gewicht und dem ungefilterten Vortrieb. Wer jemals auf einem sündteuren Carbon-Hardtail mit nur 8,5 Kilo gesessen hat, weiß, wovon ich rede. Jede noch so kleine Kraftanstrengung wird verlustfrei in Vortrieb verwandelt. Das Bike lässt sich mit spielerischer Leichtigkeit über den Trail dirigieren und verschmilzt mit dem Fahrer zu einer Einheit. Mit durchschnittlich 13,5 Kilo ohne Pedale ist unser Testfeld allerdings weit von diesem Idealwert entfernt, wodurch ein Großteil der theoretisch möglichen Faszination buchstäblich im Antritt verpufft. Lediglich Cube schafft es, sich mit dem zwei Kilo leichteren Reaction positiv von der Konkurrenz abzusetzen und vermittelt ein Gefühl von Spritzigkeit. Für den Rest des Feldes bleibt immerhin der kleine Trost, dass Fullys in dieser Preisklasse nochmals mindestens ein bis zwei Kilo mehr auf die Waage bringen.

Doch auch wenn der Antritt eines Einsteiger-Hardtails nicht auf Rennradniveau liegen kann, bleibt zumindest die hohe Effizienz dieser Radgattung: Ein Hardtail kennt weder Antriebseinflüsse, noch die Notwendigkeit, einen Dämpfer blockieren zu müssen, egal, wie hart der Fahrer in die Pedale hämmert. Das gilt vor allem auf ebenen Untergründen, wo ein gefedertes Heck ohnehin keine Vorteile bringt.

Hardtails sind robust und wartungsarm

Ein weiteres nicht ganz unerhebliches Ass ziehen die Hardtails durch ihre schlichte Konstruktion aus dem Rahmen. Zwar zählen Defekte am Dämpfer mittlerweile eher zur Seltenheit, sich lösende Schrauben am Hinterbau, Lagerspiel oder -defekte gehören aber sehr wohl zum Alltag eines Fully-Fahrers. Spätestens nach längerem Gebrauch in Kombination mit Nässe und Schmutz sind die Lager fällig und erfordern einen Austausch. Weniger Teile und simple Technik sprechen also klar für das Hardtail als robusten Begleiter.

Dimitris anfängliche Frage nach der Daseinsberechtigung von Einsteiger-Hardtails lässt sich also definitiv mit einem Ja beantworten – auch wenn beim Fahrerlebnis, gemessen am Fully, noch viel Luft nach oben bleibt.

FAZIT von Peter Nilges, BIKE-Testleiter:

Die Zeiten, in denen man für 1000 Euro ein Hardtail mit kompletter Shimano-XT-Ausstattung kaufen konnte, sind längst vorbei. Steigende Produktionskosten und Inflation schrauben die Ausstattung runter und die Gewichte hoch. Geländetauglicher Fahrspaß beginnt daher meist erst um 1500 Euro. Dafür ist die Auswahl an Hardtails und die möglichen Einsatzbereiche deutlich gewachsen. Unter den sportlichen Hardtails hat das Cube mit seinem leichten Carbon-Rahmen die Nase vorne, Giant liefert die beste Trail-Performance. Auch das Canyon platziert sich mit seiner Top-Ausstattung weit vorne und schafft den Spagat aus Sport und Trail.
Peter Nilges, BIKE-TestleiterFoto: Max Fuchs
Peter Nilges, BIKE-Testleiter

Details - das ist uns beim Hardtail-Test aufgefallen

Fehlende Steckachsen: Schnellspanner sucht man mittlerweile an hochwertigen Bikes vergeblich. In unserer Testgruppe findet man sie vereinzelt wie an der Rockshox-Judy-Gabel im BH oder an Vorder- und Hinterrad im Whyte.
Foto: Georg Grieshaber

Drei wichtige Punkte für den Kauf eines Einsteiger-Hardtails

1 Einsatzbereich: Sport oder Trail?

Ist der Entschluss gefasst, ein Hardtail zu kaufen, stellt sich als erstes die Frage: Was will ich damit überhaupt machen? Steht der reine Ausdauer- und Fitnessaspekt mit Reserven abseits der Straße im Vordergrund, oder liegt der Fokus auf echtem Geländeeinsatz mit fordernden Trails? Im ersten Falle empfiehlt sich ein sportliches Cross Country-Bike. Wer im Gelände an der Fahrtechnik feilen will, landet mindestens beim Trail-Hardtail.

2 Ausrüstung rund ums Bike

Wer bei Null startet, muss noch etwas Budget (200 – 300 Euro) für essenzielle Ausrüstung einplanen. Helm, Brille, Handschuhe und idealerweise MTB-Schuhe sind genauso notwendig wie ein Ersatzschlauch, Mini-Tool, Mini-Pumpe und oftmals nicht im Lieferumfang enthaltene Pedale.

3 Sparen aufs Fully

Ist das Budget auf 1500 Euro begrenzt, führt bei der Neuanschaffung kein Weg am Hardtail vorbei. Wer allerdings noch unschlüssig ist, ob nicht vielleicht doch ein Fully die bessere Wahl wäre, muss tiefer in die Tasche greifen oder gebraucht kaufen. Empfehlenswerte Trailfullys, wie etwa das Vitus Mythique (BIKE 4/23), starten bei knapp unter 2000 Euro. Dafür ermöglicht das Fully einen kompromisslosen wie komfortablen Geländeeinsatz.

Vergleichsweise günstig, wartungsarm und leichter als ein Fully. Es gibt viele Punkte, die für ein Hardtail sprechen.Foto: Max Fuchs
Vergleichsweise günstig, wartungsarm und leichter als ein Fully. Es gibt viele Punkte, die für ein Hardtail sprechen.

Die Bewertungen der Einsteiger-Hardtails im Detail

Das 1799 Euro teure Stevens Sentiero dient als Referenz. Geringes Gewicht und beste Uphill-Performance führen das Cube Reaction C:62 an die Spitze bei den sportlichen Hardtails. Das Giant Fathom sichert sich die Trail-Krone in unserem Test der Einsteiegr-Hardtails.

Punktetabelle Einsteiger-HardtailsFoto: BIKE-Testabteilung
Punktetabelle Einsteiger-Hardtails

Steifigkeiten

Steifigkeiten: Die absolute Rahmensteifigkeit ist bei allen ausreichend. Der leichte Carbon-Rahmen von Cube setzt sich im STW-Wert eindrucksvoll an die Spitze.Foto: BIKE-Testabteilung
Steifigkeiten: Die absolute Rahmensteifigkeit ist bei allen ausreichend. Der leichte Carbon-Rahmen von Cube setzt sich im STW-Wert eindrucksvoll an die Spitze.

Laufradträgheit

Laufradträgheit: Die Laufräder in Cube und Stevens sind mit schmalen Cross-Country-Reifen bestückt 
und lassen sich am besten beschleunigen.Foto: BIKE-Testabteilung
Laufradträgheit: Die Laufräder in Cube und Stevens sind mit schmalen Cross-Country-Reifen bestückt und lassen sich am besten beschleunigen.

Gewichte der Bikes und Komponenten

Gewichte¹: Mit Carbon-Rahmen und den leichten Laufrädern ist das Cube konkurrenzlos leicht. Durchschnittlich liegen die Bikes bei knapp 14 Kilo. Breezer reißt nach oben aus.Foto: BIKE-Testabteilung
Gewichte¹: Mit Carbon-Rahmen und den leichten Laufrädern ist das Cube konkurrenzlos leicht. Durchschnittlich liegen die Bikes bei knapp 14 Kilo. Breezer reißt nach oben aus.

¹BIKE-Messwerte. ²Das BIKE-Urteil gibt die Labormesswerte (BIKE-Labormessung) und den subjektiven Eindruck der Testfahrer wieder. Das BIKE-Urteil ist preisunabhängig. BIKE-Urteile: super (250–205 P.), sehr gut (204,75–180 P.), gut (179,75–155 P.), befriedigend (154,75–130 P.), mit Schwächen (129,75–105 P.), ungenügend (104,75–0 P.). Bewertung nach den Kriterien für ■ XC-Hardtails, bzw. ■ Trailhardtails. Die Faktorisierung ändert sich je nach Kategorie.

Steifigkeit: Grau: Stiffness-to-Weight (STW), der Quotient aus Steifigkeit und Rahmengewicht weiß: absolute Steifigkeit in Newton pro mm Auslenkung. Die Messungen wurden auf einem Prüfstand des Zedler-Instituts ermittelt.

Trägheitsmoment Laufräder: je niedriger der Wert, desto besser lassen sich die Laufräder beschleunigen.

¹Gewicht: BIKE-Messwerte, ²mit Pedalen (350 g), ³ohne Dämpfer, mit Steckachse hinten, 4mit Reifen, Kassette und Bremsscheiben.