3 Top-Tipps fürs Einbremsen von BremsbelägenSo holst du das meiste aus Scheibenbremsen

Sebastian Brust

 · 01.08.2025

3 Top-Tipps fürs Einbremsen von Bremsbelägen: So holst du das meiste aus ScheibenbremsenFoto: Daniel Simon
BIKE hilft: Bremsbeläge richtig einbremsen
Unstete Bremsleistung, störende Geräusche oder schneller Verschleiß bei der MTB-Scheibenbremse lassen sich oft einfach beheben: durch richtiges Einbremsen der Bremsbeläge. Hier sind die drei besten Tipps dazu.

Wer sich bei seiner MTB-Scheibenbremse mit organischen Bremsbelägen über plötzlichen Total­ausfall (Fading) wundert, hat vermutlich mit dem Phänomen des Ausgasens zu tun. Nicht ausgehärtete Bindemittel in organischen Belägen gasen bei Temperaturen um etwa 200 Grad aus. Die Bremswirkung fällt dann trotz steigender Bedienkräfte deutlich ab, begleitet von einem beißenden Geruch.

Was wie eine Überhitzung durch Überlastung wirkt, gehört jedoch zum Einbremsprozess der Bremsbeläge einer hydraulischen Scheibenbremse am Bike. Erst nach dem Ausgasen ist der Belag endgültig ausgehärtet, wird temperaturresistent und verschleiß­fest.

Der nicht vollständig eingebremste, “weiche” Belag kann dagegen innerhalb weniger Abfahrtskilometer komplett verschleißen. Um übermäßigem Verschleiß und dem plötzlich einsetzenden, sogenannten Initial-Fading vorzubeugen, muss man neue Bremsbeläge – und übrigens auch neue Scheiben – richtig einbremsen. Wir zeigen mit drei detaillierten Tipps, wie das geht:

Die wichtigsten Tipps zum Einbremsen der Bremsbeläge bei Scheibenbremsen

Vorbehandlung durch den Hersteller

Okay, das hier ist kein Tipp für zu Hause, aber wir wollen es trotzdem erwähnen: Im Fertigungsprozess lässt sich das Ausgasen organischer Beläge auch durch das starke Erhitzen der Beläge vom Hersteller produzieren. Der Bearbeitungsschritt heißt “Flämmen” oder “Scorchen”. Dabei werden die Beläge der Scheibenbremse über mehrere Minuten hohen Temperaturen (400 °C) ausgesetzt. Nur wenige Hersteller geben explizit an, dass ihre Scheibenbremsbeläge so vorbehandelt werden, zum Beispiel BBB oder vor Jahren der ehemalige Bremsenhersteller Brake Force One.

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Den ersten Schritt des Einbremsens von Bremsbelägen übernehmen teilweise bereits die Hersteller, indem sie die Disc-Beläge über 400 Grad erhitzen. Das schafft auch unser Bremsenprüfstand im BIKE-Testlabor.Foto: Robert KühnenDen ersten Schritt des Einbremsens von Bremsbelägen übernehmen teilweise bereits die Hersteller, indem sie die Disc-Beläge über 400 Grad erhitzen. Das schafft auch unser Bremsenprüfstand im BIKE-Testlabor.

1. Scheiben & Beläge einschleifen

Beläge und Bremsscheiben müssen zunächst eingeschliffen werden. Das ist wichtig, damit die mikroskopisch kleinen Unebenheiten der jeweiligen Oberflächen ausgeglichen werden. Ansonsten reiben nur die Spitzen dieses Mini-Gebirges aufeinander, was zu extrem hoher lokal begrenzter Hitzeentwicklung führt.

Die Folge: Beläge werden thermisch überlastet und können verglasen (insbesondere Sintermetall-Beläge), Scheiben können verziehen. Wir beginnen daher mit einer ganz sanften Schleiffahrt in Schrittgeschwindigkeit. Lassen Sie dabei zuerst die MTB-Scheibenbremse bei langsamer Fahrt oder geringem Gefälle 200 bis 300 Meter leicht schleifen.

2. Moderate Bremsungen aus 30 km/h

Den Einbremsprozess der Scheibenbremse geben die Bremsenhersteller meist so oder so ähnlich an: mindestens 30 moderate Bremsungen aus mittlerer Geschwindigkeit (ca. 30 km/h) fast bis zum Stillstand. Fast bis zum Stillstand deshalb, damit sich keine Anhäufungen von Bremsbelag auf der Reibfläche bilden, die später ungewünschte Vibationen (Ursache für Geräusche) hervorrufen können.

Man sollte während dieses Schrittes eine Zunahme der Bremswirkung spüren. Erhöht sich die Bremspower der Scheibenbremse nicht mehr merklich, ist dieser Schritt angeschlossen. Die meisten Biker halten ihre Bremse jetzt für eingebremst. Es fehlt aber noch ein wichtiger Schritt.

3. Richtig heiß bremsen auf einer langen Abfahrt

Zum Abschluss des Einbremsens von Scheibenbremsen am Mountainbike sollte man – bei organischen Belägen – das Ausgasen provozieren. Dazu auf einer langen, steilen Abfahrt die Bremse (einzeln!) so lange schleifen lassen (also: richtig heiß bremsen), bis das Initial-Fading beginnt, die Bremswirkung also deutlich nachlässt. Ganz Hartgesottene bleiben jetzt sogar so lange auf der MTB-Bremse, bis die Verzögerungswirkung wieder zurückkommt.

Erst dann ist der Belag optimal eingebremst, verschleißfest und standfest. Sinter-metallische Bremsbeläge und auch die meisten sogenannten semi-metallischen Belagmischungen bei Scheibenbremsen benötigen diesen Schritt in der Regel nicht zum Ausgasen, da sie keine oder nur sehr geringe Anteile flüchtiger Lösemittel enthalten. Allerdings müssen auch sie hohen Temperaturen ausgesetzt werden, damit sich die nötige Reibschicht nachhaltig ausbilden kann.

Zum Abschluss des Einbremsens von Scheibenbremsen am Mountainbike sollte man – bei organischen Belägen – das Ausgasen provozieren. In der Praxis: Bei einer langen Abfahrt lange schleifen lassen.Foto: Wolfgang WatzkeZum Abschluss des Einbremsens von Scheibenbremsen am Mountainbike sollte man – bei organischen Belägen – das Ausgasen provozieren. In der Praxis: Bei einer langen Abfahrt lange schleifen lassen.

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