Adrian Kaether
· 31.12.2022
Radon ist und bleibt der Ausstattungskracher im Test von fünf E-All-Mountains bis 6300 Euro. Das hat Tradition: Schon als das erste Render Ende 2019 vorgestellt wurde, sorgte das Render für eine Preis-Leistungs-Überraschung. Drei Jahre später glänzt das Bike immer noch mit tollen Parts, Geometrie und Hinterbau müssen sich aber anderen Kandidaten geschlagen geben.
Auf einen Schlag verabschiedete 2019 der Bonner Versender Radon den klassischen Aufsetz-Akku und integrierte den damals frisch vorgestellten Bosch CX-Motor mit 625er Akku in einen Hauptrahmen aus Carbon zu einem noch dazu guten Preis. Ein Konzept, das bis heute Geltung hat. Ebenfalls sehr nahe dran am Ur-Render ist die Geometrie, auch wenn das Bike aus Bonn seit letztem Jahr mit neuem Smart System von Bosch und 750er statt 625er Akku am Start steht.
Die Sitzposition auf dem Radon All-Mountain E-Bike ist, positiv ausgedrückt, sportlich. Der eher flache Sitzwinkel und die tiefe Front erinnern an klassische Touren-Fullys. Der Fahrer sitzt deutlich gestreckt und bergauf etwas hecklastig. Gern schiebt man deswegen den Sattel für steile Anstiege ganz nach vorne, das bringt zumindest etwas mehr Druck auf die Front und hindert das Vorderrad am frühzeitigen steigen. Leider ist das Fahrwerk im Render 10.0 trotz High-End-Dämpfer das unkomfortabelste im Testfeld. Der geringe Federweg wird hier spürbar, das Fahrwerk verhärtet unter Kettenzug etwas. Für die Traktion bergauf nicht ideal.
Die Ausstattung ist dagegen top. Boschs Smart-System mit dickem 750er Akku und Kiox-Display, Fox-Factory-Fahrwerk, Dämpfer mit Ausgleichsbehälter, kräftige Magura-MT5-Bremsen, leichte aber dennoch stabile Laufräder aus Newmens Gravity-Serie. Bei anderen Herstellern legt man dafür gut und gerne ein bis zwei Tausender mehr hin.
Im Zusammenspiel mit dem flachen Lenkwinkel und den guten Reifen bringt die gelungene Ausstattung dem Render 10.0 einige Punkte bergab. Leider kann der Hinterbau mit nur 140 Millimetern Hub der langen 160er Gabel nicht ganz folgen. Das macht das Bike etwas unharmonisch. Eine 150er-Gabel würde dem Bike besser stehen und wegen steilerem Sitz- und Lenkwinkel auch im Uphill Vorteile bringen.
Das verhältnismäßig niedrige Gewicht von 24,3 Kilogramm, die tiefe Front, das straffe Heck und die guten Laufräder bringen dem Render ein spritzig-sportliches Fahrgefühl, wirklich handlich ist das Radon wegen langer Kettenstreben und langem Radstand aber nicht. Leider klappert es bergab etwas, die allgemeine Verarbeitung ist aber gelungen und bewegt sich mittlerweile in der oberen Hälfte des Testfeldes. Das ist ein klarer Fortschritt gegenüber den ersten E-MTBs des Bonner Versenders.
Auch das neuere Radon Render mit Boschs Smart System ist ein betont sportliches Bike. Der Fahrer sitzt gestreckter als bei den Konkurrenten die hecklastige Sitzposition und der straffe Hinterbau sind etwas speziell. Sowohl bergab als auch bergauf muss das Radon mit dem flachen Lenkwinkel mit viel Druck auf der Front gefahren werden. Speziell bergab für aktive Fahrer trotzdem ein starkes Bike mit hoher Laufruhe. Radon-typisch: Die herausragende Ausstattung. Mit kürzerer 150er-Gabel wär’s noch etwas harmonischer.
Das EMTB-Urteil gibt den subjektiven Eindruck der Tester, die Ergebnisse der Reichhöhenmessung und der Labortests wieder. Das EMTB-Urteil ist Preisunabhängig. EMTB-Urteile: super (ab 9,0), sehr gut (ab 8,0), gut (ab 7,0), befriedigend (ab 6,0), mit Schwächen (ab 5,0), darunter ungenügend.
1: Die Reichhöhe wurde bei standardisierten Messverfahren an einem Asphaltanstieg mit 12,2 Prozent Steigung ermittelt. Höchste Unterstützungsstufe, 150 Watt Tretleistung des Fahrers. Fahrergewicht inkl. Ausrüstung 90 Kilogramm. In Klammern die Höhenmeter im deutlich gedrosselten Notlauf-Modus. Die Durschnittschgeschwindigkeit bezieht sich auf die Fahrt bei voller Unterstützung.
2: Ermittelt auf den Prüfständen im EMTB-Testlabor. Gewicht ohne Pedale, Akku-Gewicht ggf. inkl. verschraubtem Cover.
3: Herstellerangabe.
4: Stufentest, gemessen mit 36 Zentimeter erhöhtem Hinterrad.