Innenverlegte Züge tauschen am MTBNie mehr Kabelsalat

Jan Timmermann

 · 30.12.2025

Solange alles funktioniert sind innen verlegte Züge super. Damit der Tausch nicht zur Geduldsprobe wird, geben wir wertvolle Tipps.
Foto: Georg Grieshaber
​Mechaniker, die gerade innenverlegte Leitungen wechseln, sehen oft aus wie verzweifelte Marionettenspieler. Schaltzüge und Bremsleitungen, die im Rahmen verschwinden, sind zwar optisch schick, können beim Schrauben aber gewaltig nerven. Wir verraten die wichtigsten Tipps um Kabelsalat zu vermeiden.

​Ein Mountainbike muss nicht nur gut funktionieren, sondern auch gut aussehen. Deshalb verstecken die meisten Bike-Hersteller die Leitungen und Züge inzwischen im Innern des Rahmens. Die cleane Optik hat aber ihren Preis. Kaum eine Entwicklung dürfte Schrauber weltweit mehr Geduld gekostet haben als der Siegeszug der Systemintegration. Früher oder später muss an fast jedem Bike die Hinterradbremse getauscht oder ein Schaltzug erneuert werden. Zum Beispiel, wenn Schmutz ins System eingedrungen ist und die Schaltqualität darunter leidet. Spätestens dann ist System und Kreativität gefragt, um sich nicht an winzigen Öffnungen abzuarbeiten.

​Ein Trend, der sich immer mehr durchsetzt, ist die Zugverlegung durch den Steuersatz. Dabei werden alle Leitungen von Bremse, Schaltung und Dropper-Post durch das eigentliche Steuersatzlager ins Rahmeninnere geführt. Das ist Fluch und Segen zugleich. Rahmenhersteller müssen keine zusätzlichen Löcher in den Rahmen konstruieren und können ohne Mehraufwand gleichzeitig leicht und steif bauen. Doch Schrauber haben mit dem Nadelöhr nicht nur mehr Arbeit, sondern müssen zum Tausch der Lager auch alle Leitungen öffnen, ins Ersatzteil einfädeln und neu einstellen, beziehungsweise entlüften.

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Über  Leitungen, die durch den Steuersatz laufen, haben vermutlich schon viele Mechaniker geflucht. Optisch ist die Systemintegration eine saubere Sache.Foto: Georg GrieshaberÜber Leitungen, die durch den Steuersatz laufen, haben vermutlich schon viele Mechaniker geflucht. Optisch ist die Systemintegration eine saubere Sache.

Tipps für eine stressfreie Zugverlegung

​Damit der Wechsel von Zügen nicht zur Geduldsprobe wird, sollten sich Biker darüber klarwerden, wo und wie die Teile überhaupt verlegt sind. Manchmal werden sie punktuell durch Kabelbinder oder Schellen geklemmt. Merke: Kleinteile keinesfalls im Rahmen verlieren! Biker, die sich Stress beim Schrauben ersparen wollen, achten bereits beim Rahmenkauf auf eine durchgehend einlaminierte Zugführung.

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Bevor du die alten Leitungen einfach aus dem Rahmen zupfst, solltest du dir überlegen, ob sie dir nicht dabei helfen können die neuen zu führen. Willst du beispielsweise nur den Innenzug deiner mechanischen Schaltung tauschen, kann der Außenzug - vorausgesetzt er ist noch in Ordnung – im Rahmen verbleiben und der Seilzug einfach durchgeschoben werden. Das Prinzip funktioniert in vielen Fällen aber auch anders herum. So lässt sich ein alter Innenzug nutzen um einen neuen Außenzug überzuschieben und kann anschließend seinerseits leicht ausgetauscht werden. Je nach Zugführung kann auch eine Bremsleitung die "Führungsrolle" übernehmen. Dann nämlich, wenn sich die neue Leitung mittels eines speziellen Verbinders oder in Einzelfällen auch mit einem Stück stabilem Klebeband an der alten fixieren lässt. In der Regel ist Ziehen dann leichter als Schieben.

Die wichtigste Frage bei der internen Zugverlegung: Wo geht’s eigentlich lang?Foto: ScottDie wichtigste Frage bei der internen Zugverlegung: Wo geht’s eigentlich lang?

​Versteckspiel

Besonders, wenn es keine bestehende Leitung als Hilfestellung gibt, vereinfachen große Öffnungen im Chassis die Zugverlegung. Bei den meisten Rahmen lassen sich die Abdeckungen der Zugausgänge entnehmen, um mehr Platz für das Durchfädeln der Leitungen zu haben. Nur nicht vergessen sie wieder einzusetzen! Manche Bikes verfügen über spezielle Serviceklappen oder Zugänge durchs Unterrohr-Staufach, beziehungsweise Akku-Fach. Oft müssen zwecks Zugänglichkeit jedoch Kurbel und Tretlager demontiert werden.

Bei manchen Fullys ist es zielführend, den Dämpfer an einer Seite auszuhängen, um Platz für den Übergang zwischen Hauptrahmen und Hinterbau zu gewinnen. Entscheidend kann auch die Richtung sein. Oft ist die Führung von vorne nach hinten etwas einfacher. Wenn es beim Durchfädeln hakt, die Ursache aber nicht klar ist, hilft das Gegenlicht einer Taschenlampe und die Bewegung des Zuges, dessen Ende durch eine Öffnung zu erspähen. In Härtefällen kann sich die Anschaffung einer kleinen Handy-Endoskopkamera (ab 15 Euro) lohnen.

Inserts aus Gummi oder Kunststoff können aus dem Rahmen gelöst werden, um mehr Platz für die Leitungen zu schaffen. Schaltzüge bestehen aus einer Außenhülle und einem Innenzug.Foto: Georg GrieshaberInserts aus Gummi oder Kunststoff können aus dem Rahmen gelöst werden, um mehr Platz für die Leitungen zu schaffen. Schaltzüge bestehen aus einer Außenhülle und einem Innenzug.

Feintuning​

Die Länge der Züge sollte so gewählt werden, dass sich das Cockpit problemfrei in beide Richtungen drehen lässt. Markierungen lassen sich mit einem hellen Marker oder Klebeband setzen. Seilzüge sollten optimalerweise in großen Radien verlegt werden, um geschmeidig zu laufen. Zu große Radien steiger jedoch das Risiko von Klappern und Hängenbleiben. Vorsicht: Außenhüllen nur kürzen, wenn gerade kein Innenzug in ihnen steckt. Außerdem stets einen scharfen Leitungsschneider verwenden, um die Schnittstelle nicht zu quetschen. Zur Not lässt sich diese mit Handkraft und einem Zweier-Inbus wieder hinbiegen.​

Geschafft? Super! Jetzt bloß die Züge nicht zurückschnalzen lassen und sie für weitere Arbeiten am Bike vorübergehend mit Klebeband sichern. Beim Zusammensetzen die Endkappen nicht vergessen und Seilzüge mit einer Quetschhülse vor dem Aufzwirbeln schützen. Sortieren und zusammenlegen lassen sich Züge, Leitungen und Kabel durch spezielle Plastik-Klipps, kleine Kabelbinder oder mit schwarzem Isolierband. Besonders schick: ein Schrumpfschlauch, welcher sich mithilfe eines Heißluftföhns um mehrere Leitungen schmiegt.

Züge kommen ab Werk selten in der richtigen Länge und müssen beim Austausch gekürzt werden.Foto: Georg GrieshaberZüge kommen ab Werk selten in der richtigen Länge und müssen beim Austausch gekürzt werden.

Mit diesen Helferlein klappt’s

​Drahtschlinge

Mit wenigen Handgriffen lässt sich ein Stück Draht oder eine alte Speiche zurechtbiegen, um damit Züge aus dem Rahmeninneren zu befördern. Tipp: Zugende bis kurz vor die Öffnung schieben, dann die Schlinge einführen und die Leitung damit "herausfischen". Als Hausmittel unschlagbar günstig.

Do it yourself: Aus Draht oder einer alten Speiche lassen sich Werkzeuge basteln, um innenverlegte Züge am Mountainbike zu erreichen.Foto: Georg GrieshaberDo it yourself: Aus Draht oder einer alten Speiche lassen sich Werkzeuge basteln, um innenverlegte Züge am Mountainbike zu erreichen.

Park Tool IR-1.3 Profiwerkzeug

Mit diesem Set lässt sich jede interne Zugverlegung knacken. Verschiedene Kabel mit Magnet-, Schraub-, Steck- und Klemmverbindungen geleiten die Züge durchs Chassis. Mit 103 Euro ( >> hier erhältlich) schmerzhaft teuer, aber lohnenswert für Härtefälle und Vielschrauber.

Dieses Profi-Set von Park Tool nimmt es mit jeder integrierten Zugführung auf, kostet aber auch ein gewisses Sümmchen.Foto: Park ToolDieses Profi-Set von Park Tool nimmt es mit jeder integrierten Zugführung auf, kostet aber auch ein gewisses Sümmchen.

Leitungsverbinder

​Durch dieses kleine, unscheinbare Teil können Hydraulikleitungen miteinander verbunden werden, um sie durch den Rahmen zu ziehen. Einfach an beiden Enden eine Leitung einschrauben, durchziehen, demontieren, fertig. z. B. Rockshox Reverb Stealth Barb Connector, 4 Euro >> hier erhältlich.

Zwischen Alt- und Neuteil geschraubt kann ein solcher Zugverbinder helfen Hydraulikleitungen durch den Rahmen zu verlegen.Foto: RockshoxZwischen Alt- und Neuteil geschraubt kann ein solcher Zugverbinder helfen Hydraulikleitungen durch den Rahmen zu verlegen.

Staubsauger

​Leichte Innenzüge, Liner oder auch ein Wollfaden lassen sich manchmal mittels Unterdruck aus dem Chassis ziehen, sprich etwa mit einem Staubsauger ansaugen. Dazu muss die entsprechende Rahmenöffnung jedoch groß und das Gerät stark sein. Anschließend als Führungshilfe verwenden.

Einen Staubsauger hat jeder zuhause. Was die wenigsten wissen: Er kann auch beim Verlegen von Zügen am Mountainbike helfen.Foto: Aleksandr ElesinEinen Staubsauger hat jeder zuhause. Was die wenigsten wissen: Er kann auch beim Verlegen von Zügen am Mountainbike helfen.

Verhüterli

​Um Scheuerstellen im Lack zu vermeiden – gerade, wenn Züge in engem Radius verlaufen oder sich bewegen – helfen Gummiteile, wie der Jagwire 5G (4 Stück für 7,50 Euro). Alternativ lässt sich auf den Rahmen eine Schutzfolie aufkleben.

An kritischen Stellen kann ein solches kleines Gummi-Teil Scheuerstellen im Lack verhindern.Foto: JagwireAn kritischen Stellen kann ein solches kleines Gummi-Teil Scheuerstellen im Lack verhindern.

Klapperfrei

​Ohne integrierte Führungen neigen Züge im Rahmen zum Klappern. Abhilfe kann ein sogenannter "Liner" aus Schaumstoff schaffen (z. B. Capgo OL, 12 Euro), der über die Leitung gestülpt mit ins Rahmeninnere geht.

Ein Schaumstoff-Liner kann verhindern, dass Züge im Rahmen klappern.Foto: CapgoEin Schaumstoff-Liner kann verhindern, dass Züge im Rahmen klappern.

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