BIKE Redaktion
· 28.01.2023
Wer bremst, verliert? Im Gegenteil: Wer die Bremsen mit Köpfchen einsetzt, ist mit dem Fahrrad sogar schneller. Ein Blick auf die wichtigsten Bauteile von MTB-Scheibenbremsen hilft, an der richtigen Stelle anzusetzen, wenn die Leistung nicht passt.
Bremsscheiben sind eine einfache Möglichkeit, die Bremsen zu tunen. Kleine Scheiben mit 160 Millimetern Durchmesser kommen mittlerweile fast nur noch am Hinterbau von Racehardtails zum Einsatz. Mit Durchmessern von 180 Millimetern ist der Durchschnitts-Biker gut bedient.
Gravity-Fans wählen für mehr Reserven auf Abfahrten 200 Millimeter Durchmesser oder mehr. Auch das Material und die Dicke der Scheibe haben Einfluss auf die Bremskraft. Zweiteilige Modelle wie die Icetech von Shimano leiten mit Alu-Bauteilen die Hitze besser ab. Hundertprozentigen Schutz vor Fading bei Überhitzung bieten aber auch sie nicht, zuletzt im Vergleichstest MTB-Scheibenbremsen hier >>
Im Bremssattel sitzen die Bremskolben, die von beiden Seiten Druck auf die Bremsbeläge und die Scheibe ausüben. Mittlerweile haben sich Vier-Kolben-Systeme durchgesetzt. Sie arbeiten materialschonender, verteilen den Druck auf eine größere Fläche und erzeugen im Grenzbereich meist höhere Bremskräfte. Auch die Standfestigkeit der Bremse gegen Überhitzung ist bei Vier-Kolben-Modellen in der Regel höher. Die Bremsflüssigkeit dient als Medium, um den Druck vom Geberkolben am Bremshebel auf den Nehmerkolben am Bremssattel (Bremszange) zu übertragen.
Reibung erzeugt Hitze. Deshalb bestehen Bremsbeläge aus temperaturstabilen Materialien. Bei organischen Belägen kommen spezielle Kunstharzmischungen zum Einsatz. Gesinterte Bremsbeläge bestehen aus Metall. Je höher der Reibwert der Beläge, desto kraftvoller packen sie zu. Manche Nachrüstbeläge können die Leistung der Bremsanlage verbessern.
Fingerübungen stehen nicht nur bei Klavierschülern auf dem Plan. Mit dem Bremsgriff lässt sich die Bremskraft modulieren und mehr oder weniger fein dosieren. Der Griff übersetzt die Fingerkraft zunächst mechanisch über den Hebelarm des Griffs und dann hydraulisch: Im Inneren sitzt die Hochdruckpumpe, ein kleiner Geberkolben, der den Bremsdruck erzeugt und via Druckleitung zum Bremssattel schickt. Im Griff integriert ist ein kleiner Behälter mit einem Ausgleichsvolumen, das Bremsflüssigkeit freigibt, wenn sich die Beläge abschleifen und die Kolben weiter ausfahren. Zum Bremsen reicht ein Finger, bei kraftvollen Bremsmanövern und länger andauernden Bremsungen in steilem Gelände kann man auch mal mit zwei Fingern zupacken. Alle übrigen Finger sollten stets den Lenker fest im Griff haben!
Die Bremse quietscht oder zieht nicht mehr richtig? Keine Panik, oft lassen sich die Ursachen mit ein paar Handgriffen beseitigen. Die besten Tipps für mehr Brems-Power.
Problem: Beim Ziehen am Bremshebel quietscht die Bremse nervtötend.
Lösung: Grund dafür sind meist verunreinigte Bremsbeläge. Weitere Begleiterscheinung ist meist eine schlechtere Bremsleistung. Bei kleineren Verunreinigungen hilft es, die Bremse neu einzubremsen oder die Beläge mit feinem Sandpapier abzuschleifen. Hinterher beseitigt man Staub und Schmutzreste mit einem speziellen Bremsenreiniger. Am besten damit auch gleich noch die Bremsscheibe säubern.
Problem: Mit neuer Bremsflüssigkeit funktioniert die Bremse schlechter als zuvor.
Lösung: Vorsicht! Falsche Bremsflüssigkeit zerstört die Dichtungen der Bremse. Manche Bremsen arbeiten mit Mineralöl. Vorteil: längere Wartungsintervalle. Bei anderen Bremsenmodellen kommt DOT-Bremsflüssigkeit zum Einsatz. Sie muss im Schnitt einmal jährlich erneuert werden. DOT und Mineralöl unterscheiden sich in ihren chemischen Eigenschaften. Unbedingt vor dem Wechsel die erforderliche Bremsflüssigkeit checken.
Problem: Die Bremsen greifen erst, wenn der Bremshebel bis zum Lenker durchgezogen ist.
Lösung: Ein später oder schwammiger Druckpunkt kann mehrere Gründe haben:
1. Die Bremsbeläge sind verschlissen. Dann reicht das Öl im hydraulischen Behälter nicht mehr aus, um genügend Druck im System zu erzeugen. Sind die Beläge bis zur Verschleißmarkierung auf der Trägerplatte runtergebremst, hilft nur noch ein Belagswechsel.
2. Die Weite der Bremshebel ist zu eng eingestellt (siehe Punkt 4). In diesem Fall die Griffweite mit der Einstellschraube vergrößern.
3. Luft im System der Bremse. Um die Bremse zu entlüften, sind Spezialwerkzeuge nötig. Da die Bremse ein sicherheitsrelevantes Bauteil ist, raten wir, das Entlüften im Bikeshop vornehmen zu lassen.
Problem: Falsch montierte Bremshebel verringern die Bremsleistung und schmälern den Komfort beim Fahren.
Lösung: Oft sitzen die Bremsen zu weit außen. Die Befestigungsschraube lockern und die Hebel so weit nach innen am Lenker schieben, bis man den äußeren Teil des Hebels mit dem Zeigefinger greift. So hat man einen besseren Hebel, kann kraftvoller und dosierter bremsen. Die Neigung der Bremse so einstellen, dass Arm und Hand in etwa eine Achse bilden und kein übermäßiger Druck das Handgelenk belastet. Die Griffweite mit der Rändelschraube an der Bremse in etwa so einstellen, dass am Druckpunkt der Bremshebel parallel zum Lenker steht.
Problem: Ohne am Bremshebel zu ziehen, schleifen die Bremsbeläge leicht an der Scheibe. Dauerndes Schleifen kommt meist von einem verzogenen Bremssattel. Unregelmäßige Schleifgeräusche an der Bremse können an einer verbogenen Bremsscheibe liegen.
Lösung: Durch Überhitzung oder Schäden beim Transport kann die Bremsscheibe verbiegen. Mit einem speziellen Richtwerkzeug, in das der Rand der Scheibe eingeklemmt wird, lässt sich diese wieder gerade ausrichten. Achtung, dabei die Scheibe nicht mit fettigen oder öligen Fingern berühren. Zur Sicherheit hinterher die Scheibe mit Bremsenreiniger säubern.
Schleift die Bremse dauerhaft, läuft die Bremsscheibe nicht mittig durch den Bremssattel. Richten Sie dann den Bremssattel neu aus. Wie das geht, lesen Sie hier: