Florentin Vesenbeckh
· 20.04.2023
Die deutsche Schmiede Storck ist bekannt für superleichte Bikes. Klarer Fall für unseren Test leichter E-Bikes. Entwickler-Urgestein Markus Storck setzt das klassische E-Mountainbike mit Shimano-Motor e.drenalin.2 GTS auf Diät. Kann das Power-Bike so mit den Light-E-MTBs mithalten?
Auf der Eurobike 2022 zeigte Storck ein Bike mit dem Leicht-Antrieb Fazua Ride 60. Doch der Neuling war noch nicht in Serienproduktion. Kurzerhand setzte Markus Storck sein klassisches, ohnehin sehr leichtes E-MTB weiter auf Diät. Dicker Shimano-Motor, 500 Wattstunden, abgespeckte 34er-Gabel, Nobby-Nic-Reifen. Mit diesem Paket schrumpfte Storck das Gewicht des e.drenalin GTS. Das Resultat: 20,3 Kilo, volle Motor-Power und 500 Wattstunden im schnell tauschbaren Akku. Und das für vergleichsweise faire 8500 Euro.
Dabei bleibt gewichtstechnisch sogar noch mehr Luft nach unten: Im Heck sitzt ein Dämpfer mit Ausgleichsbehälter, die Reifen setzen auf die robustere Supertrail-Karkasse statt auf echte Leichtbau-Ware. Unter 20 Kilo wären also locker drin. Ist ein solches Bike vielleicht das bessere leichte E-MTB, als ein Rad mit kastriertem Motor und Mini-Akku? Eine spannende Frage – und nicht ganz unberechtigt!
Wir haben das Bike in den Vergleichstest mit den spannendsten E-MTBs der Light-Klasse 2023 geworfen. Mit dabei auch Kandidaten mit den (mittlerweile serienreifen) neuen Antrieben Fazua Ride 60 und TQ HPR 50.
Auf dem Trail überzeugt das e.drenalin.2 GTS von Storck mit hohem Fahrkomfort, wenn man über den harten Sattel hinwegsieht. Bei gemäßigter Fahrweise schluckt das Fahrwerk auch kleine Schläge sensibel. Außerdem fühlt sich das Bike super spritzig und leichtfüßig an, trotz des etwas höheren Gesamtgewichts. Den sehr leichten Laufrädern sei Dank.
Beim Handling des Bikes und beim Beschleunigen kommen hier genau die Gefühle auf, die wir an leichten E-MTBs lieben. Auf Touren und leichten Trails kann das e.drenalin.2 GTS mit diesem Charakter voll punkten. Hier spielt auch der verhältnismäßig große Akku mit 500 Wattstunden seine Stärke aus. Auch längere Touren sind so möglich. Zudem ist die Batterie leicht zu wechseln, was längst nicht bei allen E-MTBs der Light-Klasse der Fall ist. In unserem aufwändigen Reichweitentest setzte das Storck e.drenalin.2 GTS mit dem Shinano-Motor die Bestmarke unter den leichten Bikes.
Auf ruppigeren Abfahrten ist das e.drenalin weniger in seinem Element. Hier rächt sich die Radikal-Diät. Die 140er-Gabel mit den dünneren 24-Millimeter-Rohren kann mit dem schluckfreudigeren Heck nicht mithalten und bremst die Abfahrtseuphorie. Außerdem verändert die kürzere Gabel die Geometrie, was sich in schnellen Passagen negativ bemerkbar macht.
Gleiches gilt für den Nobby Nic mit harter Gummimischung an der Front, der im Vergleich weniger Grip bietet. Das sind Abstriche, die die anderen Light-Kandidaten nicht machen müssen. Denn sie rollen fast ausnahmslos mit dickeren Gabeln, mehr Federweg und griffigeren Reifen auf den Trail - bei niedrigerem Gesamtgewicht. Die konservative Geometrie mit superkurzem Radstand generiert nur wenig Fahrstabilität. Die andere Seite der Medaille: Das Bike bleibt angenehm handlich.
Die Pfunde, die Storck beim Antrieb drauflegt, spart es auf Kosten der Downhill-Fähigkeiten. In anspruchsvollen Abfahrten hat uns das klassisch ausgelegte e.drenalin.2 GTS deutlich besser gefallen. Für ernste Trail-Ambitionen würden wir das Mehrgewicht für eine 150er-Gabel und einen griffigeren Vorderreifen unbedingt in Kauf nehmen, denn das Chassis kann deutlich mehr. Im Online-Konfigurator von Storck können verschiedenen Optionen gewählt werden - übrigens auch ein 630er-Akku.
Voll punkten kann das Storck in unserem Vergleich der leichten E-Bikes hingegen mit kräftigem Motor und langen Kettenstreben in steilen und anspruchsvollen Uphills. Hier klettert man vergleichsweise mühelos hinauf. Das Vorderrad bekommt ausreichend Druck und führt das Bike souverän hinauf, auch wenn es richtig steil wird. Limitierender Faktor ist die viel zu dicke Übersetzung. Insbesondere für den Bergeinsatz mit gedrosselter Power, also im Eco-Modus, ist das große 38er-Kettenblatt unpassend.
Schade: die Geräuschentwicklung. Das Bike ist laut. Bergauf wie bergab tönt der EP8 aufdringlicher als im Rotwild R.X 375, das wir ebenfalls im Vergleich der Light-E-MTBs getestet haben. Bei großen Schlägen klappert auch der Akku im Unterrohr. Und optisch kommt das Storck deutlich wuchtiger daher als die Light-Spezialisten.
Vorsicht ist bei der Größenwahl des e.drenalin.2 GTS geboten. Denn das Bike gibt es nur in den drei Rahmengrößen S, M und L - die recht deutlich auseinanderliegen. In unserem Vergleichstest war das Bike das einzige in Größe M. Aus Erfahrung wissen wir, dass der L-Rahmen im Vergleich zu den meisten anderen Bikes in Large sehr groß ausfällt und fast schon als XL durchgeht. Unser Testbike in Medium (Reach 465 Millimeter!) gehörte im Vergleich zwar zu den kleineren, fiel im Reigen der L-Bikes aber keinesfalls aus dem Rahmen. Wir empfehlen vor dem Kauf eine ausführliche Probefahrt, denn die gewohnte Größe kann bei diesem Bike zum falschen Ergebnis führen.
Das Storck e.drenalin GTS mit starkem Shimano-Motor punktet als komfortabler und spritziger Tourer mit viel Reichweite und Wechsel-Akku. Nachteile der Diät: Die 140-Millimeter-Gabel und mäßig griffige Reifen bremsen die Abfahrtsstärke ein.
¹ Die Werte wurden bei standardisierten Fahrten an einem Asphaltanstieg mit einer durchschnittlichen Steigung von 8,4 Prozent ermittelt. Tretleistung des Fahrers 175 Watt, Fahrergewicht inkl. Ausrüstung 90 kg. Die Unterstützungsstufe wurde für diesen Vergleichstest so angepasst, dass alle Bikes die annähernd gleiche Geschwindigkeit fahren, siehe Durchschnittsgeschwindigkeit in Klammern. Die Motorleistung lag dabei bei rund 250 Watt. In Klammern die Höhenmeter im deutlich gedrosselten Notlauf-Modus. Alle Details zu unserem Reichweitentest gibt´s hier im Link!
² Ermittelt auf den Prüfständen im EMTB-Testlabor, Gewicht ohne Pedale. Akku-Gewicht ggf. inkl. verschraubtem Cover.
³ Herstellerangabe
⁴ Stufentest, gemessen mit 36 Zentimeter erhöhtem Hinterrad
⁵ Das Urteil gibt den subjektiven Eindruck der Tester und die Ergebnisse der Reichhöhenmessung und der Labortests wieder. Das EMTB-Urteil ist preisunabhängig. EMTB-Urteile: super (ab 9,0), sehr gut (ab 8,0), gut (ab 7,0), befriedigend (ab 6,0), mit Schwächen (ab 5,0), darunter ungenügend.