Shimano EP801 im TestMehr Power für den Shimano E-Bike-Motor

Adrian Kaether

 · 21.06.2023

Nur optisch unverändert: Der EP801 bekommt mehr Funktionen und auch mehr Leistung, wie unser Labortest zeigt.
Foto: Josh Welz
Schon auf der Eurobike 2022 zeigte Shimano seinen neuen E-Bike-Motor EP801. Lange war unklar: was kann der Neuling überhaupt besser? Wir haben einen der ersten Serienmotoren in Praxis und Labor getestet - mit erstaunlichem Ergebnis.

Auf der Eurobike 2022 präsentierte Shimano der Weltöffentlichkeit den neuen EP801. Optisch kaum vom Vorgänger zu unterscheiden, sollte das Update vor allem mehr Konnektivität bringen und Features wie die automatischen Schaltfunktionen Free- und Autoshift möglich machen. Dazu hat sich im Inneren eine Menge getan: Eine komplett überholte Elektronik soll den Antrieb für die Zukunft neu aufstellen und über einen Can-Bus eine direkte Kommunikation mit dem Akku erlauben. Alte Akkus können daher nicht mehr mit dem neuen Antrieb genutzt werden.



Viele Fragen blieben aber lange offen. Ist der Neuling stärker geworden? Klappert der Motor noch? Wegen des neuen Innenlebens wurde über mehr Leistung gemutmaßt, Shimano selbst gab hierzu aber nur recht kryptisch Auskunft. Typisch japanisches Understatement, wie wir jetzt wissen. Denn nun steht uns das erste Test-Bike mit einem Serienmodell des Shimano EP801 Motors zur Verfügung und das überrascht in der Praxis mit unerwartet starkem Schub. Wo es mit dem EP8 noch schwerfiel, mit Bosch-Bikes in vollem Galopp mitzuhalten, fährt unser Testbike von Liteville mit dem neuen EP801 E-Bike-Motor jetzt recht locker nebenher.

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80 Watt mehr als der Vorgänger: Der Shimano EP801 E-Bike-Motor auf dem Prüfstand

Nur eine gefühlte Wahrheit? Wir wollten es genau wissen und haben den Shimano EP801 Antrieb auf dem Rollenprüfstand des Prüflabors PT Labs zum direkten Vergleich gegen den Vorgänger EP8 und den Bosch Performance Line CX gebeten. Das Ergebnis: Mit bis zu 544 Watt am Hinterrad sticht der EP801 E-Motor seinen Vorgänger im relevanten Kadenzbereich von 60 bis 110 Kurbelumdrehungen pro Minute deutlich aus. Das ist ein spürbares Plus von 80 Watt gegenüber dem Vorgänger, die Leistung liegt jetzt nah an der von Boschs Performance Line CX.

Auf dem Prüfstand übertrumpft der EP801 den EP8 deutlich. In dieser Grafik nicht zu sehen: Die volle Motorleistung gibt der EP801 wie der Vorgänger schon ab etwa 100 Watt ab. Bei Bosch muss man für die volle Motorleistung 180 Watt treten.Foto: EMTB TestabteilungAuf dem Prüfstand übertrumpft der EP801 den EP8 deutlich. In dieser Grafik nicht zu sehen: Die volle Motorleistung gibt der EP801 wie der Vorgänger schon ab etwa 100 Watt ab. Bei Bosch muss man für die volle Motorleistung 180 Watt treten.

Der Vorteil des Shimano-Motors: Wie der Vorgänger gibt auch der neue E-Motor die volle Leistung schon bei niedriger Pedalkraft frei. Rund 100 Watt reichen aus, um das Maximum aus dem Antrieb herauszuholen. Bei Bosch muss man dafür mindestens 180 Watt treten. In der Praxis heißt das: Wer nur locker die Beine fallen lässt, der dürfte mit dem Shimano-Motor deutlich schneller unterwegs sein. Selbst in unserem standardisierten Reichweiten-Test, wo mit 150 Watt getreten wird, hat der neue Shimano EP801 gegenüber dem Bosch noch die Nase vorne (siehe unten).

Auf dem Rollenprüfstand des Prüflabors PT Labs konnten wir dem EP801 auf den Zahn fühlen. 544 Watt standen am Ende auf der Uhr. Das Leistungsplus gegenüber dem Vorgänger ist auch in der Praxis spürbar.Foto: Adrian KaetherAuf dem Rollenprüfstand des Prüflabors PT Labs konnten wir dem EP801 auf den Zahn fühlen. 544 Watt standen am Ende auf der Uhr. Das Leistungsplus gegenüber dem Vorgänger ist auch in der Praxis spürbar.

Echte 84 Newtonmeter auf der Messwelle sind ebenfalls stattlich. Das Fahrgefühl des EP801 gleicht dem Vorgänger. Die Leistung wird dosiert und gleichmäßig abgegeben, der Motor hängt gut am Fuß und tut sich – dank gestiegenem Punch – in technischen Schlüsselstellen oder beim Anfahren jetzt auch etwas leichter. Die Geräuschkulisse gleicht stark der des Vorgängers und leider klappert auch der neue Shimano EP801 bergab hörbar. Verbreiteten Spekulationen, dass dieses Phänomen mit dem EP801 der Vergangenheit angehört, müssen wir, so leid es uns tut, widersprechen. Shimano-Bikes rappeln also künftig auf dem Trail weiter mit Bosch-E-MTBs um die Wette.

Reichweite: So weit kommt man mit dem neuen Shimano EP801 E-Antrieb

Dass die gesteigerte Leistung auch mit einem klaren Verlust der Effizienz einhergeht, konnten wir bei den ersten Tests zum Glück nicht feststellen. In unserem Standard-Reichweitentest bei 89 Kilogramm Fahrergewicht und 150 Watt Tretleistung auf unserer Asphalt-Teststrecke mit durchschnittlich 12 Prozent Steigung spulte unser Testbike, das brandneue Liteville 301 CE MK2, mit dem Shimano EP801 und einem 725-Wattstunden-Akku von BMZ 1672 Höhenmeter bei maximaler Unterstützung ab. Ein normaler Wert für ein Shimano-Bike mit dieser Akkugröße. Zumal die Ladearbeit von nur 712 Wattstunden dafür spricht, dass der Akku nicht ganz die vollen 725 Wattstunden liefert.

Bemerkenswert: Passend zu unseren Ergebnissen vom Prüfstandstest marschierte das Liteville mit EP801-Antrieb sehr zügig vorwärts und spulte die Teststrecke mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 15,6 km/h ab. E-Bikes mit Shimanos altem EP8 oder Boschs Performance Line CX liegen bei gleichen Test-Parametern üblicherweise bei etwas über 14 km/h. Das zeigt klar, dass auch im Prüfprozedere mit 150 Watt Fahrerleistung der EP801 E-Motor noch mess- und spürbar mehr Leistung auf die Welle drückt, als die beiden anderen Antriebe.

Neue Displays, genauerer Akkustand: Die Details zum Shimano EP801

Shimano hat für die neue Generation auch eine Reihe von Produkten neu aufgelegt, in puncto Design bleibt aber vieles beim Alten. So gibt es die sehr sportlichen, eher minimalistischen Shifter und Displays, die wir vom EP8 kennen, weiterhin.

Das vom EP8 bekannte EM800 Display wird es weiterhin geben. Clean und sportlich, dafür bietet es nur kompakte Informationen.
Foto: Max Fuchs
Die Displays für den EP801 im Überblick

Neu hinzugekommen sind die eigentlich für den günstigeren Shimano EP6 gedachten EN600-Parts. Sie könnten aber auch für Nutzer des EP801 interessant sein. So bietet die EN600 Funktionen wie einen dezidierten Licht-, sowie einen Ein-Aus-Schalter, außerdem zeigt sie per farbiger LEDs grob den Akkustand und die U-Stufe an, kann also auch einzeln ohne Display genutzt werden. Das geht mit der EM800-Remote nicht. Noch aufgeräumter wird’s mit dem Ein-Aus-Schalter EW-SW-310. Der findet auf dem Oberrohr Platz, da auch hier farbige LEDs Akkustand und Unterstützungs-Stufe anzeigen, kann er ganz ohne Remote und Display auskommen. Das EN600-Display bietet statt einem bis zu vier Informationsfelder. Besonders praktisch: Die Anzeige des Akkustandes hat jetzt 10 statt 5 Balken. Gerade auf langen Touren lässt sich so besser mit dem Akku haushalten.

Volle Freiheit - bis zu 15 Unterstützungsstufen

Die E-Tube-App bleibt wie beim Vorgänger, nur dass sich hier ggf. auch die neuen Funktionen wie Free- und Auto-Shift einstellen lassen. Allerdings hat Shimano hier schon im letzten Jahr ein großes Update gebracht. Statt jeweils drei 3 U-Stufen in zwei Profilen lassen sich hier im zweiten Profil nun bis zu 15 U-Stufen freischalten und individuell feintunen. So kann die Unterstützung besonders fein geregelt werden. Auch die Logik der App selbst und die der Feineinstellung der Unterstützung wurde seit dem Update noch einmal verbessert.

Bis zu 15 U-Stufen lassen sich in Shimanos E-Tube-App mittlerweile freischalten.
Foto: Hersteller

Fazit Adrian Kaether, Redakteur EMTB

Mit dem EP801 hebt Shimano den leichtesten Mittelmotor seiner Klasse auf ein neues Level. Als EP801 ist der Shimano nun auch in Sachen Leistung konkurrenzfähig. Gerade, wer nicht so kräftig tritt und viel Leistung untenrum schätzt, findet hier den passenden Partner. Die Can-Bus-Kommunikation und Features, wie Free- und Autoshift, gibt’s als Schmankerl noch obendrauf. An der Geräuschkulisse und insbesondere dem Klappern bergab hat sich aber leider nichts geändert.
Adrian Kaether, Redakteur EMTB.Foto: Georg GrieshaberAdrian Kaether, Redakteur EMTB.

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