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Am Anfang war der Schnürsenkel, dann kam der Klett, auf den die Ratsche folgte. Mittlerweile werden Race-Schuhe fast unisono per Drehverschluss angepasst. Im Laufe der Jahre haben die steifen Treter einen enormen Wandel durchlebt.
Die Anforderungen hingegen sind weitestgehend gleich geblieben: Race-Schuhe sollen die Kraft des Fahrers möglichst verlustfrei aufs Pedal bringen. Idealerweise verfügen sie auch noch über genügend Laufkomfort, um Schiebe- oder Tragepassagen beim Marathon oder der Transalp zu meistern. Bei widrigen Bedingungen ist Trittsicherheit auch im Cross Country nötig.
Während viele Schuhe den ersten Punkt noch recht ordentlich erfüllen, fallen die Laufqualitäten zum Teil extrem unterschiedlich aus. Von den 14 von uns getesteten Modellen schlagen sich nur fünf wirklich trittsicher und mit tadellosem Halt im Gelände. Bei vier Tretern sollten Sie sogar besser ihre Fahrtechnik schulen, um nicht bei nassen Bedingungen aus dem Pedal zu müssen.
Wirklich gewaltige Unterschiede gibt es auch bei der Passform, dem Hauptkriterium beim Kauf eines MTB-Schuhs. Da jeder Fuß sehr individuell beschaffen ist, heißt das für Sie: unbedingt anprobieren. Das Feld “Passform” in den Testbriefen gibt klare Hinweise auf den Schnitt des Schuhs. Damit können Sie den möglichen Kandidatenkreis besser eingrenzen. Vor allem Fahrer mit schlanken Füßen stoßen bei den gängigen, oftmals weiten Passformen schnell an die Grenzen, weil sich der Fuß nicht ausreichend im Schuh fixieren lässt. Und dann helfen weder Schnürsenkel noch Drehverschlüsse.
Race-Schuhe sollte man keinesfalls rein nach der Optik kaufen! Es gibt viel wichtigere Details, die ein guter Schuh erfüllen sollte.
Die Steifigkeit der Sohle bestimmt maßgeblich darüber, wie gut der Fahrer seine Kraft aufs Pedal bringt. Um zu überprüfen, wie hoch die jeweilige Steifigkeit ausfällt, ermittelten wir die Durchbiegung der Sohle bei einer Last von 20 Kilogramm. Je höher der erreichte Wert in Newton pro Millimeter, desto höher fällt die gemessene Steifigkeit aus.
Die Sohlensteifigkeit fließt über den Punkt “Kraftübertragung” mit in das Urteil ein. Die beiden Modelle von Cube und Sidi, die auf eine einfache Nylonsohle setzen, verformen sich unter Last am stärksten. Die faserverstärkten Sohlen liegen deutlich höher. Im Vergleich zu einem Highend-Schuh (Referenz Specialized S-Works Recon, im Diagramm unten mit grünen Balken; hier im Test) mit einer Sohle aus Carbon-Gewebe, bleibt jedoch noch Luft nach oben.
Genau wie Laufräder, Pedale oder Kurbeln zählen auch die Schuhe zur rotierenden Masse im Gesamtsystem Fahrrad. An diesen Stellen macht sich ein niedriges Gewicht am stärksten bemerkbar. Der leichteste Schuh in unserem Test kommt von DMT und wiegt in Größe 44 gerade einmal 646 Gramm. Auch Testsieger Shimano und Fizik bleiben unter 700 Gramm. Der schwerste Schuh kommt von Vaude und belastet die Waage mit 810 Gramm.
FAZIT: Bei einem Preis von 150 Euro ist der Cube Peak Pro der günstigste Schuh in diesem Test und verfügt über eine faserverstärkte Nylonsohle mit einer griffigen Gummierung. Beim Verschluss setzt Cube auf einen einzelnen Atop-Drehverschluss, mit dem der komplette Fuß fixiert werden muss. Durch den sehr breiten, voluminösen Schnitt des Schuhs gelingt die ausreichende Fixierung nur bei entsprechend breiten Füßen. Der Fersenhalt beim Gehen könnte trotz angerauten Fersenmaterials besser sein. Die Steifigkeit der Sohle fällt gering aus.
Bewertung:
FAZIT: Der DMT KM30 geht eigene Wege und setzt auf einen flexiblen Strickstrumpf als Obermaterial, was ordentlich Gewicht spart. Durch die starke Gummierung der Ferse und die enge Öffnung gelingt der Einstieg nur sehr fummelig. Da der Schuh der italienischen Marke für einen breiten Fuß geschnitten ist und viel Platz im Zehenbereich bietet, reicht die Fixierung mit nur einem Boa-Rädchen oftmals nicht aus. Vor allem in Schiebepassagen entsteht durch die steife Carbon-Sohle Schlupf. Die Zunge könnte stärker gepolstert sein, die Profilblöcke sind wenig griffig.
Bewertung:
FAZIT: Der Fizik Vento Overcurve X3 besitzt einen breiten Schnitt und eine recht geräumige Zehenbox. Bei schlanken Füßen stößt man mit dem einen Boa-Verschluss an die Grenzen der Anpassbarkeit. Vor allem bei steilen Schiebepassagen entsteht Schlupf an der Ferse. Durch die vorgeformte Sohle kann der Fuß gut abrollen. Das harte Profil und die fehlende Gummierung unter dem Mittelfuß bieten wenig Grip. Im Pedal sorgt die ordentlich steife Sohle für eine gute Kraftübertragung. Zudem zählt der Fizik zu den leichtesten Modellen im Test.
Bewertung:
FAZIT: Die großflächige Zunge und der Fersenbereich sind beim Garne G.Dare dick gepolstert, wodurch der Fuß bei warmen Temperaturen schnell schwitzt. Während der Zehenbereich eher schmal ausfällt, könnte die Ferse kompakter sitzen und in steilen Laufpassagen besseren Halt bieten. Durch das harte und hohe Profil gibt es griffigere und standsicherere Modelle in diesem Test. Da das montierte Cleat nicht so tief in der Sohle sitzt, stützen sich die Stollen auch nicht optimal auf dem Pedalkörper ab. Der Zehen- und Fersenschutz fällt vorbildlich aus.
Bewertung:
FAZIT: Mit 249,90 Euro ist der Giant Charge Elite MTB einer der teuersten Race-Schuhe im Vergleich und kommt mit dem typischen Giant-Kanal in der Sohle, der Steifigkeit und geringes Gewicht vereinen soll. Die griffige, aber wenig konturierte Gummierung verschenkt Potenzial, das schmale Profil macht den Schuh leicht kippelig. Abrollverhalten und Fersenhalt sind jedoch sehr gut. Durch das tief sitzende Cleat liegt die Sohle stramm auf dem Pedalkörper für eine gute Kraftübertragung. Die Innensohle mit auswechselbarer Längsgewölbeunterstützung gefällt.
Bewertung:
FAZIT: Der teure Giro Sector bringt alles mit, was ein Race-Schuh können muss und lässt sich dank seinem schmalen Schnitt auch an schlanken Füßen optimal fixieren. Zudem besitzt die mit Carbon-Fasern verstärkte Kunststoffsohle eine gute Steifigkeit, was ordentlich Druck aufs Pedal bringt. Auch abseits der Pedale kann der Giro mit seiner griffigen Gummisohle und einem sehr guten Abrollverhalten überzeugen. Trittsicher und ohne Fersenschlupf meistert der Sector auch steile Schiebepassagen. Sogar bis Größe 50 erhältlich.
Bewertung:
FAZIT: Der Mavic Crossmax Elite liegt deutlich unter der 200-Euro-Marke und ist damit einer der günstigsten Schuhe im Vergleich. Die Passform fällt eher breit aus und bietet vor allem im Vorfußbereich viel Volumen. Schmale Füße finden im Mavic-Schuh zu wenig Halt und lassen sich nur unzureichend fixieren. Die CFK-Sohle besitzt eine gute Steifigkeit, die Profilblöcke fallen allerdings sehr hart aus und erzeugen nur wenig Grip und Laufkomfort. Durch die geringe Profilbreite an der Ferse ist der Mavic zudem sehr kippelig, mit nur 705 Gramm aber ein Leichtgewicht.
Bewertung:
FAZIT: Dank der steifen Carbon-Sohle und des zugfesten Obermaterials bringt der Northwave Rebel 3 viel Kraft aufs Pedal. Durch den anatomisch geformten Oberschuh lassen sich auch schlanke Füße gut fixieren, so ist der Halt im Schuh auf dem Pedal wie zu Fuß ausgezeichnet. Lediglich die Zehenbox fällt etwas voluminös aus. Mittels der beiden Northwave-Drehverschlüsse lässt sich der Schuh gut anpassen. Allerdings erfordern die Verschlüsse einen höheren Kraftaufwand im Vergleich zu Boa. Die Profilblöcke dürften griffiger und an der Ferse breiter sein.
Bewertung:
FAZIT: Mit seiner breiten und griffigen Gummisohle erzielt der Scott Vertec Besturteile beim Gehen, was ihn zu einem trittsicheren Begleiter in unwegsamem Gelände macht. Nur beim Abrollen auf hartem Untergrund stören die entfernbaren Kunstoffstollen. Mittels der beiden Boa-Verschlüsse sitzt der Schuh sehr fest ohne Fersenschlupf, lediglich die Zehenbox fällt geräumig aus. Auch die anatomische Einlegesohle sticht positiv heraus und bietet eine gute Unterstützung für den Fuß. Kritik gibt es fürs hohe Gewicht und den geringen Zehenschutz.
Bewertung:
FAZIT: Der klare Testsieger in diesem Vergleich leistet sich keinerlei Schwächen und liefert alles, was Racer brauchen. Der Shimano XC7 besitzt die steifste Sohle, bringt wenig auf die Waage und hinterlässt auch in Schiebepassagen mit viel Grip und Standsicherheit eine erstklassige Figur. Zudem überzeugte uns die sehr gute Anpassbarkeit des Schuhs mittels zweier Boa-Verschlüsse sowie der sichere Fersenhalt. Durch die ineinandergreifenden Seitenteile und den weit vorne platzierten Verschluss lassen sich auch schmale Füße optimal fixieren.
Bewertung:
FAZIT: In der getesteten Mega-Ausführung fällt der Sidi MTB Eagle 10 vier Millimeter breiter als die Standardversion aus, was zusätzliches Volumen für breite Füße bietet. Dennoch fällt der Verstellbereich sehr groß aus, was eine gute Anpassparkeit an viele Fußformen bedeutet. Vor allem der Fersenhalt ist selbst bei schmalen Füßen vorbildlich. Aufgrund des zu harten Kunstoffprofils und der zu geringen Abstützbreite läuft es sich mit dem Sidi wie auf rohen Eiern. Zudem dämpft die Sohle extrem schlecht. Die Nylonsohle bietet nur wenig Steifigkeit. Ein Zehenschutz fehlt.
Bewertung:
FAZIT: Der Specialized Recon 3.0 verfügt über das gröbste Profil im Testfeld und eine sehr griffige Gummisohle. Abrollverhalten und Grip sind sehr gut. Auch beim Verschluss sticht der Specialized mit zweimal Boa und einem zusätzlichen Klettverschluss heraus. Durch die sehr breite Passform reicht die dreifache Fixierung dennoch nicht aus, um für jede Fußform optimalen Halt zu gewährleisten. In steilen Schiebepassagen könnte die Ferse besser sitzen. Die Sohlensteifigkeit liegt im Mittelfeld, die Zehenkappe bietet nur wenig Schutz vor Steinen.
Bewertung:
FAZIT: Beim Suplest Mountain Sport setzt der Schweizer Hersteller auf einen günstigen Schuh mit nur einem Drehverschluss in Kombination mit einer sehr griffigen und flach bauenden Gummisohle. Der breiter geschnittene Schuh trägt sich sehr bequem und bietet hohen Laufkomfort. In steilem Gelände könnte der Fersenhalt trotz der gummierten Fersenkappe jedoch besser sein. Zusätzlich wäre eine zweite Weitenverstellung für eine bessere Fixierung des Fußes wünschenswert. Die Sohlensteifigkeit liegt im Durchschnitt.
Bewertung:
FAZIT: Auch der Vaude MTB Kuro Tech liegt unterhalb der 200-Euro-Grenze und kommt mit einer einfachen Ausstattung. Im Vergleich zum überwiegenden Rest des Feldes wurde der Vaude schmal geschnitten und bietet somit auch schlanken Füßen einen sehr kompakten Halt, egal, ob im Pedal oder auf Laufpassagen. Auch der Grip und die Standsicherheit im Gelände sind sehr gut. Kritik gibt es lediglich für die einfache Verstellung. So fällt es schwer, den Fuß gezielt zu fixieren oder zu entlasten. Der Schuh liegt nicht direkt am Pedalkörper auf.
Bewertung:
Ein Race-Schuh sollte eng und so kurz wie möglich sitzen, ohne dabei zu drücken.
BIKE: Was ist das Hauptkriterium beim Kauf eines Race-Schuhs?
Oliver Elsenbach: Das mit Abstand Wichtigste ist, dass der Schuh richtig passt. Für einen Race-Schuh bedeutet das: so eng und so kurz wie möglich, ohne dabei zu drücken. Der Fuß sollte optimal im Schuh fixiert werden. Auch das Gesamtgewicht und die Steifigkeit der Sohle sollten passen. Also lautet die Faustformel: je leichter und steifer, desto besser.
Welche Fehler sollte man demnach bei der Auswahl eines Race-Schuhs vermeiden?
Oftmals werden Race-Schuhe zu groß gekauft. Doch im Gegensatz zu Laufschuhen, wo durch die starke Flexibilität der Sohle ein Daumen nach vorne Platz sein sollte, ist bei steifen Radschuhen viel weniger Platz nötig. Manche Fahrer mit breiten Füßen kaufen einfach ein bis zwei Nummern größer, was bereits zu Problemen bei der korrekten Cleat-Einstellung führen kann.
Die Passform eines Schuhs ist sehr individuell und von der Fußform abhängig. Was sollte man bei der Anprobe unbedingt beachten?
Die Breite des Vorfußes entscheidet in der Regel über einen guten Sitz im Schuh. Wenn ein Schuh bereits bei der Anprobe im Laden zwickt, heißt es: sofort weg damit. Hier sind auf Dauer sonst Druckstellen vorprogrammiert.
Der Markt an Einlegesohlen zum Nachrüsten wird immer größer. Welche Eigenschaften kann man mit ihnen beeinflussen?
Eine gute Einlegesohle hat zwar kaum einen Einfluss auf die Passform des Fußes im Schuh, dafür hilft sie, den Fuß so zu fixieren, dass er bei Belastung weniger tordiert. Eine steife Carbon-Einlage sorgt also letztendlich für mehr Leistung und hilft, Verletzungen und Überlastungen zu vermeiden.
¹ BIKE-Messwerte
² Das BIKE-Urteil ist preisunabhängig: super (ab 56 Punkten), sehr gut (ab 44 Punkte), gut (ab 36 Punkte), befriedigend (ab 26 Punkte)