Stefan Frey
· 31.10.2024
Es gibt Schraubverbindungen, die sind sensibler als andere. Die Klemmung zwischen Carbon-Lenker und Carbon-Vorbau etwa. Aber auch die Steckachsen an Gabel und Hinterbau sollten mit dem korrekten Drehmoment beaufschlagt werden. Und zieht man die Sattelklemme zu fest an, kann das die Funktion der Teleskopstütze negativ beeinträchtigen.
Zu Hause in der Werkstatt lässt sich das exakte Drehmoment easy mit dem Drehmomentschlüssel einstellen - unseren aktuellen Test von Drehmomentschlüsseln findet ihr übrigens hier. Doch was ist, wenn man unterwegs einen Platten hat und das Laufrad ausbauen muss? Oder wenn der Sattel zu tief sitzt und die Höhe angepasst werden muss? Habt ihr unterwegs immer das passende Werkzeug am Start? Falls nicht, dann kann euch dieser Kniff helfen.
Das richtige Drehmoment haben nicht mal die Profischrauber aus unserem Labor im Gefühl. Wie soll man dann als Laie auf Tour eine Schraube mit einem winzigen Minitool korrekt festziehen? Ganz einfach: Zuerst werden die entsprechenden Schrauben an z. B. Steckachse, Sattelklemme oder Vorbau in der Werkstatt (zu Hause) mit dem Drehmomentschlüssel entsprechend der Angabe beaufschlagt.
Anschließend versieht man die Schraube und das angrenzende Material mit einer kleinen Markierung. Am besten funktioniert das mit einem dünnen, wasserfesten Stift. Die Farbe ist dabei natürlich egal und reine Geschmackssache. Wir haben uns nur wegen der besseren Sichtbarkeit auf dem Bild für einen weißen Stift entschieden.
Muss man auf der Tour das Laufrad wegen eines Plattens ausbauen oder will man einfach den Vorbau etwas anpassen, kann man anschließend selbst mit einem Minitool das Drehmoment wieder annähernd korrekt einstellen. Etwas Gefühl und gesunden Menschenverstand sollte man trotz der Markierung walten lassen, um die Schraube nicht heillos zu überdrehen. Und nach der Tour empfiehlt es sich, das Drehmoment mit dem passenden Werkzeug nachzujustieren.
Ihr wollt euer schickes Bike nicht mit Markierungen verschandeln, nur um auf Tour das richtige Drehmoment einstellen zu können? Dann können wir euch ein paar handliche Drehmomentschlüssel für unterwegs empfehlen, die auch im Rucksack oder Hipbag locker Platz finden.
Birzman liefert ein handliches Tool mit Schleppzeiger für unterwegs. Die seitliche Anzeige fällt etwas klein aus und ist nur schwer korrekt abzulesen. Im Test lagen die Werte teilweise deutlich unterhalb der Toleranz. Auch die Anwendung per Fingerhebel ist nicht ganz einfach. Wer sich am Gehäuse des Drehmomentschlüssels abstützt, verfälscht schnell die Werte.
Im Lieferumfang befinden sich sechs Bits und eine Verlängerung. Die Kunststoffbox ist kein wirklich schönes Aufbewahrungsmittel, hier wäre eine Softbox für Rucksack oder Trikottasche wünschenswert. Die Mechanik der Ratsche arbeitet aber einwandfrei.
Im schicken Softcase des Lezyne Pocket Torque Drive verbergen sich sechs Bits für die wichtigsten Verschraubungen am Bike. Das Drehmoment wird über einen separaten Schlüssel eingestellt. Die Skala ist an sich gut lesbar, der passende Wert trotzdem nur schwer einzustellen.
Passt die Einstellung, liefert der Lezyne-Drehmomentschlüssel dafür solide Werte. Mit seinem aufsteckbaren T-Griff liegt das Werkzeug gut in der Hand. Ohne Verlängerung erreicht man mit dem torpedoartigen Tool versteckte Schrauben allerdings nur schwer. Die eingebaute Rutschkupplung macht ein Überdrehen quasi unmöglich. Nicht zum Öffnen von Verschraubungen geeignet.
Der kleine Silca-Drehmomentschlüssel für unterwegs überzeugt mit seiner überragenden Verarbeitung. Ratschengriff, Drehmomentaufsatz, Verlängerung und Bits ruhen im gewachsten Etui. Alle Verbindungen werden magnetisch fixiert. Auch wenn die Werte am Schleppzeiger etwas schwer ablesbar sind, erreicht man mit dem Tool von Silca sehr präzise Drehmomente.
Und das Handling des Silca T-Ratchet + TI-Torque Kit ist wirklich ein Genuss. Ohne den Drehmomentaufsatz lässt sich das Tool außerdem ganz einfach als Ratsche nutzen, mit der die meisten Arbeiten am Fahrrad erledigt werden können. In der aktuellsten Version wurde auch die Anzeige etwas vergrößert.
Auch wenn der Topeak Drehmomentschlüssel nicht ganz so schmuck daherkommt wie der Silca, ist er dank Kettennieter doch das komplettere Tool und mit seinem flachen Etui noch etwas kompakter. Die Skala am Drehmomentaufsatz ist zudem besser ablesbar und liefert absolut überzeugende Werte ab.
Dank der Verlängerung sind auch versteckte Schrauben gut zu erreichen. Mit einem T-Griff wie beim Silca würde das Handling noch minimal besser ausfallen. Dafür gibt auch die Mechanik keinerlei Anlass für Kritik. Wer unterwegs Wert auf korrekt angezogene Schrauben legt und dafür ein preiswertes Tool sucht, wird hier fündig.
¹BIKE-Messwerte
²Das BIKE-Urteil ist preisunabhängig: super (ab 55 Punkten), sehr gut (54 bis 45 Punkte), gut (44 bis 40 Punkte), befriedigend (39 und weniger Punkte)