Stefan Loibl
· 12.11.2020
„Sub8 German Edition“ lautet das neueste Tuning-Projekt des Schweden Gustav Gullholm. Dahinter verbirgt sich ein Ferrari-rotes Scott Spark unter acht Kilo mit vielen Teilen deutscher Tuning-Schmieden.
Eigentlich hätte das neueste Tuning-Projekt des Schweden Gustav Gullhom, genannt „Dangerholm“, auf der Eurobike 2020 ausgestellt werden. Doch daraus wurde nichts, die Corona-bedingte Absage machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Dabei hatte der Profi-Tuner dieses Mal ein ganz besonderes Motto verfolgt. Er wollte ein Scott Spark RC SL Race-Fully unter die 8-Kilo-Marke drücken und dabei soweit möglich Leichtbau-Teile von deutschen Tuning-Schmieden einsetzen. Der Titel des Projekts: Sub8 German Edition. Herausgekommen ist ein Leichtbau-29er im Ferrari-Farbton "Rosso Corsa", das mit Pedalen, Flaschenhalter, Garmin-Befestigung und praxistauglicher Bereifung gerade einmal 7997 Gramm wiegt. Wir haben bei Dangerholm nachgefragt, was hinter seinem neuesten Tuning-MTB steckt. Hier seine Erklärungen zu den wichtigsten Eckpunkten seines besonderen Aufbaus:
Obwohl seit seiner Veröffentlichung bereits mehrere Jahre vergangen sind, ist der Rahmen des Scott Spark SL mit HMX SL-Carbon-Layup immer noch eines der leichtesten Racefully-Chassis auf dem Markt. Ich habe mehrere dieser Bikes aufgebaut und weiß, dass ich dem Rahmen auch bei härterer Gangart vertrauen kann. Ich wollte, dass das Bike eine traditionelle und cleane Race-Optik bekommt. Also habe ich mich für einen vom Motorsport inspiriertes Farbdesign entschieden. Ein ungewöhnliches, kleines Detail sind die alten PowerCordz-Kunstfaserkabel, die ich für die Fernbedienungen verwende und die mit kleinen Knoten befestigt sind.
Die Haltbarkeit und das geringe Gewicht haben mich vom kompletten Schmolke-Kit überzeugt. Aber mindestens genauso wichtig war die Ästhetik. Der Vorbau mit kantigem Profil verleiht dem Cockpit ein kraftvolleres Aussehen. Das traditionelle, minimalistische Design des Sattelstützenkopfs und der schlanke Sattel sind Teil dessen, was dieses Bike schnell aussehen lässt, selbst wenn es nur stillsteht. Während UD-Carbon seit vielen Jahren im Trend liegt, bevorzuge ich persönlich den 1K-Gewebe-Look. Die Garmin-Halterung von CarbonWorks ist beispielsweise eines dieser Details für Fahrradliebhaber. Während man auch eine Kunststoffhalterung und Kabelbinder verwenden könnte, passt dieses kleine, CNC-gefräste Kunstwerk perfekt zum Rest des Bikes. Zudem ist es natürlich auch superleicht.
Seit meinem ersten Paar bin ich ein Fan von Trickstuff. Da dies die leichtesten Scheibenbremsen auf dem Markt sind, war schnell klar, was an dieses Bike kommt. Zudem können sie in Sachen Bremspower mit deutlich schwereren Stoppern mithalten. Die neuen Carbon-Hebel passen perfekt zum Lenker und ich mag das Aussehen des gefrästen Bremssattels mit seinem neuen Design. Die letzte Herausforderung bestand darin, das Ganze mit Hopp Carbon Parts-Klemmschellen zu kombinieren. Die Schrauben für die Scheiben und die Bremssättel stammen von Extralite und sind die leichtesten Titanschrauben, die man für die Nutzung an der Bremse bekommt. Die Bremsscheiben sind tatsächlich dieselben, die ich vor einigen Jahren bei meinem Scale als leichtestem 29er-Bike der Welt verwendet habe. Ich habe noch keine anderen gefunden, die so leicht sind.
Als Kurbeln setze ich auf die THM Clavicula M3. Die sind nicht nur sehr leicht, sondern passen auch perfekt zu den übrigen Teilen. Als ich sie zum ersten Mal live sah, hat mir folgendes imponiert: wie schön die linke Kurbelschnittstelle ist und wie sie an der Spindel befestigt ist. Das Garbaruk-Kettenblatt ist ziemlich leicht und wurde speziell für dieses Kurbelmodell hergestellt, um einen integrierten Look zu erzielen. Während Zwöffach-Antriebe heute Standard und im Allgemeinen eine gute Sache sind, denke ich nicht, dass 12 Gänge für jede Strecke oder jede Art von Biken absolut notwendig sind. Zudem ist 12fach ein bisschen schwerer als 11fach, was meiner Meinung nach auch optisch am besten aussieht. Das Schaltwerk ist kompakter und die Kassette sieht angemessener aus. Aber um eine größere Übersetzung zu haben, habe ich mich für eine Garbaruk-Kassette mit 10-46 Zähnen entschieden.
Beim Schaltwerk gehe ich auf ein Sram XX1 mit fast vollständigem Hopp Carbon-Teilesatz und Schaltwerksröllchen von Extralite. Sogar die Stifte, die das Parallelogramm zusammenhalten, bestehen aus Carbon. Ich habe auch ein wenig an der Schaltseilumlekung gearbeitet. So ist mein Schaltwerk etwa 65 Gramm leichter als das Original. Das Schaltseil selbst besteht aus Titan und kommt von KCNC. Ich benutze eine Kette von PYC, die etwas leichter die Modelle als KMC und Yaban ist.
Die Pedale sind die Xpedo M-Force 8 Ti. Das Gefühl beim Einklicken ist nicht dasselbe, aber es ähnelt dem eines traditionellen Shimano SPD-Pedals. Aber das Xpedo-Modell ist fast 100 Gramm leichter als ein Satz XTR Race-Pedale.
Um ein Komplettbike unter acht Kilo zu bauen, war natürlich die Wahl der Laufräder entscheidend. Nicht nur, um mein gestecktes Zielgewicht zu erreichen, sondern auch, um das Gewicht der rotierenden Masse zu reduzieren und das schnelle und reaktionsfreudige Gefühl zu erreichen, das so ein Bike haben soll. Den Ansatz von PiRope mit seinen Vectran-Textilfaserspeichen fand ich seit der Veröffentlichung interessant. Nun war es Zeit, einen Satz auszuprobieren. Die Bike Ahead Composites-Felge mit einer Innenbreite von 24 Millimeter ist gerade breit genug und gleichzeitig extrem leicht. Dadurch wiegt mein Laufradsatz gerade einmal 1020,9 Gramm. Während die PiRope-Faserspeichen auch in Schwarz erhältlich sind, finde ich das natürliche Seilfinish absolut schön und würde nichts anderes in Betracht ziehen.
In der Vergangenheit wurden viele superleichte Bikes oft mit fast unfahrbaren Reifen ausgestattet, um Gewicht einzusparen. Mein Bike ist aber wirklich gebaut, um gefahren zu werden. Daher brauchte es von Anfang an gute Reifen. Da ich mit Schwalbe Racing Ralph und Racing Ray an anderen Bikes sehr zufrieden war, verwende ich hier eine 2,25-Zoll-Version. Ich habe sie tubeless mit Syncros-Dichtmilch aufgebaut.
Wir haben mit Dangerholm gesprochen, wie er auf die Idee kam, warum er zu welchen Komponenten gegriffen hat und wie viel Zeit er in das Ferrari-rote Scott Spark investiert hat.
BIKE: Was hat den Ausschlag gegeben, ein Tuning-Projekt weitesgehend mit Teilen von deutschen Firmen zu bauen?
Gustav Gullholm: Deutsche High-End-Hersteller von Bike-Parts fühlen sich für mich wirklich wie eine Kultur für sich an. In vielerlei Hinsicht hatten und werden sie in meinen Augen immer einen ganz besonderen Platz haben. Es gibt viele Unternehmen, die sehr innovativ sind und an vorderster Front entwickeln. Das erinnert mich etwas an alte Zeiten, als wild aussehende oder extreme Komponenten von legendären und zwielichtigen Marken ihren ganz eigenen Reiz hatten. Heute wird man übers Internet bombardiert und sieht eine Menge Bikes und Teile, aber nur wenige davon fühlen sich exotisch und wirklich besonders an. Dennoch schaffen es mehrere deutsche Unternehmen, diesen Geist zu bewahren. Als Bike-Nerd und Enthusiast im Herzen schätze ich das natürlich sehr. Für mich war es eine große Sache, als ich vor einigen Jahren meine erste Schmolke-Sattelstütze gekauft habe. Es war "nur" eine Sattelstütze, aber es war wie ein wahr gewordener Traum eines kleinen Bike-Nerds. Deshalb wollte ich dieses Gefühl in die Anmutung des Komplettbikes einbringen. Einerseits sollte es auf einen Blick fast normal aussehen, aber bei näherer Betrachtung sollten Gleichgesinnte viele kleine, coole Dinge finden.
Du bist bekannt für deine spziellen Bastel- und Detaillösungen. Welche hast du dieses Mal umgesetzt?
Obwohl ich einige Anpassungen vorgenommen habe, war dieses Bike wirklich ein Projekt, um die perfekte Spezifikationsliste zu erstellen. Einige meiner anderen superleichten Tuning-Mountainbikes haben eine „Raw-Carbon-Oberfläche“ oder individuell laminierte, einteilige Sattel- oder Cockpit-Kombinationen und vieles mehr. Doch bei diesem Rad wollte ich, dass das Bike etwas traditioneller aussieht. Das bedeutete: weniger Modifikationen, mehr Suchen nach den optimalen Komponenten. Natürlich habe ich die "Rosso Corsa"-Lackierung selbst gemacht und sie ist etwas leichter als das Original. Ich habe ein wenig Material am unteren rechten Gabelbein entfernt, wo normalerweise eine nicht sehr hübsch aussehende Schraube und Platte zu finden sind, die den Gewindeachseneinsatz an Ort und Stelle halten. Zudem habe ich einige zusätzliche Mühen in die Bearbeitung des Schaltwerks gesteckt.
Wie viele Stunden Arbeit hast du an diesem Bike gearbeitet?
Ich weiß nicht, ob es gut oder schlecht ist, aber ich schaue nicht wirklich auf die Uhr. Es hängt auch ein bisschen davon ab, wie man zählt. Es hängt so viel mehr Arbeit dran, als plötzlich eine Schachtel mit Fahrradteilen zu bekommen und sie ans Bike zu schrauben. Kleine Details wie das sorgfältige Schleifen eines Carbon-Teils, um ihm das passende Finish zu verleihen, lassen die Stunden vergehen. Das Entfernen der ursprünglichen Lackierung und das Neu-Lackieren ist definitiv die zeitaufwändigste Sache. Alles in allem habe ich wahrscheinlich mehr als 100 Stunden reingesteckt.