Ludwig Döhl
· 19.12.2022
Funktioniert eine Sram-Schaltung mit einer Shimano-Kassette? Müssen es bei Ketten oder Kassetten immer Original Shimano- oder Sram-Teile sein? Wir haben überprüft, welche Verschleißteile sich ohne Probleme miteinander kombinieren lassen.
Ketten, Kassetten und Kettenblätter gehören zu den Verschleißteilen Nummer eins am Mountainbike. Entsprechend groß ist das Angebot. Sram und Shimano dominieren den Antriebsmarkt bei Mountainbike-Schaltungen, während Drittanbieter mit Alternativen geschickt Nischen bei einzelnen Schaltungskomponenten zu besetzen versuchen. Aber welches Teil passt jetzt an welches Mountainbike, wenn Ersatz fällig wird? Und muss es bei Ketten, Kassetten oder Kettenblättern immer das Original von Shimano oder Sram sein?
Bis vor Kurzem war die Antwort einfach. In der Ära von 9fach- und 10fach MTB-Schaltungen dominierte der universelle HG-Standard am Freilauf. Innerhalb einer Gang-Gruppe waren die Ritzelabstände der jeweiligen Kassetten gleich sowie die Innen- und Außenmaße der Ketten identisch. Selbst innerhalb der 11fach-Generation konnte man noch getrost ein Sram-Schaltwerk (z.B. XX1) mit einer Kassette und Kette von Shimano aus der 11fach-Welt (z.B. Shimano XT) kreuzen.
Spätestens seit der Einführung der aktuellen 12fach MTB-Schaltungen wird jedoch der HG-Standard mehr und mehr durch die herstellereigenen XD-(Sram) und Micro-Spline-Varianten (Shimano) verdrängt. Wer ein aktuelle 1x12 Eagle-Schaltung von Sram verbaut hat, kann also gar keine Shimano-Kassette mehr montieren, ohne nicht auch das Hinterrad oder zumindest den Freilauf zu tauschen. Kassetten mit besonderen Steighilfen und diversen Bandbreiten, Einfach-Kettenblätter mit den unterschiedlichsten Zahnprofilen und zusätzliche Montagestandards (wie beispielsweise Boost) verkomplizieren die Suche nach dem passenden Ersatzteil zusätzlich. Und dann muss auch noch die Kettenlinie stimmen.
Eigentlich war es klar, dass die Konkurrenzsituation zwischen Shimano und Sram und eine immer ausgefeiltere Technik bei den Schaltungen dazu führen wird, dass die Zwölffach-Systeme aus Japan und USA nicht mehr kompatibel sind. Schade ist es dennoch. Bei Bremsen funktionieren noch deutlich mehr Kombinationen. Allerdings muss man sich in diesem sicherheitsrelevanten Bereich fragen, ob man hier wirklich wild Teile mischen will, nur weil es möglich ist.
Kettenblätter wirken harmlos, können einen aber zur Weißglut bringen. Nur, wenn die Parameter Montagestandard, Zahnprofil und Kettenlinie passen, funktioniert der Antrieb vernünftig. Wer hier murkst, bekommt spätestens bei schlammigen Verhältnissen Probleme mit seinem Antrieb.
Dennoch bleibt die Frage: Lässt sich ein Zwölffach-Antrieb von Sram mit einer Zwölffach-Kassette von Shimano fahren? Zum Beispiel dann, wenn man einen zweiten, bereits mit Kassette ausgestatteten Laufradsatz zu Hause hat. Vielfahrer haben auch noch eine ganz andere Motivation beim Kombinieren von Ersatzteilen: Shimano-Kassetten sind meist etwas günstiger als das vergleichbare Produkt von Sram. Ein Beispiel: Eine Sram-GX-Eagle-Kassette bietet einer der führenden Online-Shops für 160 Euro an. Eine Shimano-XT-Zwölffach-Kassette kostet im selben Shop 145 Euro. Doch funktioniert die Sache wirklich?
Wir haben uns alle denkbaren Kombinationen in den Bereichen Schaltung und Bremsen in der Praxis angesehen und sind zum Schluss gekommen: Vor allem bei aktuellen Zwölffach-Schaltungen sind kaum Verbindungen und Mixturen aus Sram- und Shimano-Teilen möglich. Das Baukastenprinzip ist damit passé. Was zum Glück immer noch geht: Man kann die unterschiedlichen Gruppen eines Herstellers untereinander mischen.
Gut zu wissen
Sowohl Shimano als auch Sram haben Schaltgruppen in unterschiedlichen Preisklassen. Alle aktuellen Schaltgruppen eines Herstellers sind untereinander immer kompatibel. Man kann also alle Zwölffach-Bauteile von Shimano untereinander kombinieren. Genauso, wie man alle Eagle-Komponenten von Sram mischen kann. Was jedoch bei keinem Hersteller funktioniert, ist, Bauteile von älteren Zehn- oder Elffach-Antrieben mit einem aktuellen Zwölffach-Ensemble zu kombinieren.
Wir haben überprüft, welche Verschleißteile sich miteinander kombinieren lassen, ohne dass die Funktion des Antriebs beeinträchtigt wird. Dabei beleuchten wir mehr als die verschiedenen Kassetten, Kettenblätter und Ketten von Shimano und Sram.
Wir zeigen auch, worauf es bei Schaltwerk und Schalthebel ankommt und enttarnen die Tricks der Zubehör-Drittanbieter, um aktuelle und ältere Kurbeln und Antriebe von Sram und Shimano mixen zu können. Denn wer kein Original-Ersatzteil von Sram oder Shimano für den eigenen Antriebsstrang findet oder kaufen will, hat durchaus Alternativen.
Die Kassette hat eine Schnittstellenfunktion zwischen Hinterrad und Antrieb. Dementsprechend muss man beim Tausch einer Kassette also auch zwei Schnittstellen berücksichtigen. Zum einen muss das Ritzelpaket auf den vorhandenen Freilauf passen. Zum anderen müssen die Ritzel der Kassette mit dem verbauten Antrieb harmonieren. Bis zur Zehnfach-Generation war alles mit allem kompatibel. Ab dem Zeitalter der 11fach-Antriebe wird es aufgrund des Sram-spezifischen XD-Freilaufs ohnehin schwierig, eine antriebsfremde Kassette zu verbauen. Rein von den Abständen der Ritzel ist das bei 11fach-Schaltungen aber möglich.
Beim Versuch, eine Shimano Zwölffach-Kassette mit einer Sram Eagle-Schaltung einwandfrei zum Laufen zu bekommen, scheitern selbst erfahrene Schrauber, denn bei 12fach-Schaltungen sind die Abstände zwischen den Ritzeln von Sram- und Shimano-Kassetten nicht exakt gleich. Der Antrieb mit dieser Kombination funktioniert zwar einigermaßen, verursacht aber bei manchen Gängen fiese Geräusche. So mancher Schaltvorgang verlangt auch nach etwas Nachdruck am Hebel. Die Kombination ist also absolut nicht zu empfehlen.
Seit 2021 gibt es für Sram-Eagle-Antriebe auch eine Kassette mit einem 52er-Ritzel anstelle eines 50er-Kletterritzels. Wer beim Nachrüsten überlegt, so eine 10-52 Kassette mit 520 Prozent Bandbreite zu verbauen, sollte erst checken, ob das montierte Sram-Schaltwerk diese Kassette auch packt. Der Hersteller selbst spricht keine generelle Freigabe für die Kombination älterer Eagle-Schaltwerke (das Parallelogramm ist bei diesen Schaltwerken etwas kürzer) und Kassetten mit 52er-Ritzel aus. Unsere Erfahrung hat aber gezeigt, dass es in manchen Fällen dennoch klappt. Der Erfolg dieser Kombi hängt von der Position des Schaltauges ab, welches bei jedem Fahrrad individuell ist. Wer wirklich sichergehen will, dass sich die neue 52er-Kassette auch gut schalten lässt, braucht ein Eagle-Schaltwerk, dessen Käfig mit dem Schriftzug „520 %“ gekennzeichnet ist.
Sie bieten universelle Nachrüstkassetten für alle 1x12-Antriebe an. Die E13-Helix-R12-Kassette geht bei den Abständen zwischen den Ritzeln einen Kompromiss ein, um sowohl mit Shimano- und Sram-Antrieben kompatibel zu bleiben und ist damit eine gute Option, wenn man ein Laufrad mit Sram-XD-Freilauf mit einer Shimano-Zwölffach-Schaltung paaren will.
Mit der Einführung der Einfach-Antriebe von Sram hat sich auch das Zahnprofil der Kettenblätter stark verändert. Während Sram bei seinen ersten 1x11-Antrieben auf ein Profil mit abwechselnd dicken und dünnen Zähnen (Narrow-Wide) gesetzt hat, um die Kette besser auf dem Kettenblatt zu halten, überraschte Shimano nur wenig später mit einem erstaunlich kantigen Zahn-Design in einheitlicher Breite.
Wie bei den Ketten und Kassetten kann man auch hier sagen: Bis zur 11fach-Generation der MTB-Schaltungen waren eigentlich alle Kombinationen möglich. Seit der Einführung des 12fach-Standards kann man Sram-Kettenblätter nicht mehr mit Shimano-Ketten fahren, oder andersrum.
Man kann jedoch alle Kurbeln mit Kettenblättern von Drittanbietern kombinieren und so jede Kurbel mit jedem Antrieb kreuzen. Die US-Firma OneUp Components hat zum Beispiel Kettenblätter im Angebot, die auf Elffach-Shimano-Kurbeln mit asymmetrischem Lochkreis passen, jedoch ein Zahnprofil speziell für Sram-Zwölffach-Ketten haben. Anders herum gibt es auch Kettenblätter, (z. B. von Alugear, Woolftooth), die auf den Direct-Mount-Standard von Sram-Kurbeln passen und für die Nutzung von Shimano-Zwölffach-Ketten empfohlen werden. Die Kettenblätter und Kurbeln von e-Thirteen sind pauschal für alle Zwölffach-Antriebe freigegeben. Mit diesem Trick kann man also aktuelle und ältere Kurbeln und Antriebe von Sram und Shimano kombinieren.
Neben dem Montagestandard an der Kurbel und dem passenden Zahnprofil muss man beim Tausch des Kettenblatts darauf achten, dass man die richtige Kettenlinie für das jeweilige Bike erwischt. Bikes mit Boost-Hinterbau brauchen ein Kettenblatt mit 3-mm-Offset. Bikes mit geringerem Einbaumaß für das Hinterrad brauchen mindestens sechs Millimeter Offset, um die Kettenlinie zu halten.
Bei Neun-, Zehn- oder Elffach-Antrieben muss man sich über die Kompatibilität von Ketten keine Gedanken machen. Die Schaltungen vergangener Tage habe so viel Freiraum zwischen den Ritzeln, dass hier alles kombinierbar ist. Die Außen- und Innenbreiten der originalen Shimano- und Sram-Ketten sind in diesen Baureihen zudem identisch.
Beim Zwölffach-Antrieb wird die Sache kompliziert. Denn Zwölffach-Shimano-Ketten haben eine 0,15 Millimeter geringere Innenbreite als die von Sram. Dieser Unterschied kann vor allem im Bereich der Kettenblätter Probleme verursachen. Drittanbieter wie KMC haben Universalketten im Programm, die sowohl für Sram- als auch für Shimano-Antriebe freigegeben sind. Der Unterschied der Originalketten lässt aber darauf schließen, dass man mit einem Universalprodukt einen Kompromiss eingeht, der vermutlich erst bei Verschleiß zu Tage tritt. Im Neuzustand funktionieren die Ketten perfekt. Auch die Kettenschlösser sind ab der Zwölffach-Generation nicht mehr kompatibel.
Wer kein Original-Ersatzschaltwerk von Sram oder Shimano für den eigenen Antriebsstrang findet oder kaufen will, hat folgende Alternativen: Die 2020 vorgestellten Zwölffach-Schaltungen vom taiwanesischen Hersteller TRP sind kompatibel mit allen Zwölffach-Shimano-Gruppen. Man kann also einen noch intakten Shimano-Schalthebel mit einem TRP-Zwölffach-Schaltwerk kreuzen, ohne an Funktionalität einzubüßen. Wer ein Ersatzschaltwerk (oder einen Hebel) für einen Elffach-Shimano-Antrieb braucht, wird bei den US-Amerikanern von Box Components fündig. Für Sram gibt es keine Ersatzteile von Drittanbietern. Generell gilt: Die Einheit aus Schalthebel und Schaltwerk muss zusammenpassen. Ein Sram-Schaltwerk lässt sich nicht mit einem Shimano-Schalthebel kreuzen und umgekehrt.
Wer sich steile Abfahrten runterstürzt, vertraut sein Leben der am Mountainbike verbauten Scheibenbremse an. Kann man hier Teilen von Drittanbietern vertrauen?
Wer eine neue Bremsscheibe verbaut, muss Folgendes beachten: Die neue Scheibe muss sich auf dem bestehenden Laufrad montieren lassen. Die Bremsscheibe braucht den richtigen Scheibendurchmesser. Und die Bremsscheibe benötigt die richtige Materialstärke. Nur, wenn diese drei Parameter mit dem Laufrad und der montierten Bremsanlage übereinstimmen, sind die Bremsscheiben kompatibel mit dem aktuellen Bike.
Bei der Montage am Laufrad gilt: Bremsscheiben mit Sechsloch-Aufnahme können mit einem Adapter auf Laufräder mit einer Centerlock-Verzahnung montiert werden. Centerlock-Scheiben hingegen sind nicht mit Laufrädern mit Sechsloch-Aufnahme kompatibel.
Beim Bremsscheibendurchmesser ist darauf zu achten, dass man exakt denselben Durchmesser, so, wie standardmäßig am Rad verbaut, nachrüstet. Generell gibt es die Scheibendurchmesser 140, 160, 180, 200 und 220 Millimeter. Allerdings variieren manche Hersteller bei diesen Maßen minimal. Die größte Bremsscheibe von Shimano und Trickstuff hat z. B. einen Durchmesser von 203 Millimetern und passt damit nur mit Beilagscheiben auf Bremsanlagen, die auf 200 Millimeter ausgelegt sind (Sram).
Bei der Wandstärke ist die Sache leichter. In der Regel haben alle Bremsscheiben eine Materialstärke von 1,8 bis 2,0 Millimetern und passen damit in alle gängigen Bremsanlagen. Es gibt jedoch spezielle E-Bike- oder Downhill-Bremsanlagen, die nach einer Bremsscheibe mit 2,3 Millimetern Stärke verlangen. Das ist jedoch die Ausnahme.
Um die Bremsanlagen auf die verschiedenen Scheibendurchmesser anzupassen, arbeiten die Hersteller mit entsprechenden Adaptern für ihre jeweiligen Bremsen. Prinzipiell erfüllen alle Adapter die gleiche Funktion, sie sind aber in manchen Fällen nicht kompatibel. Denn Bremsen mit einem voluminösen Bremssattel (Magura) brauchen oft einen passenden Adapter mit einer speziellen Ausbuchtung. Außerdem sind bei manchen Adaptern auch konische Unterlegscheiben und längere Schrauben nötig. Auch wenn es in Einzelfällen anders geht, empfehlen wir immer, zum originalen Bremsadapter des Bremsenherstellers zu greifen. Mit Hilfe von Adaptern lassen sich alle Bremsmontagestandards (IS-2000, Post-, Flat-Mount) an Rahmen oder Federgabel mit allen Bremsen kombinieren.
Es gibt Firmen, wie zum Beispiel Koolstop, Trickstuff oder SwissStop, die sich auf die Produktion von Bremsbelägen für alle erdenklichen Bremsanlagen konzentrieren. Es ist in der Praxis also durchaus üblich, Bremsbeläge von solchen Drittanbietern zu verbauen. Solange die Form des Bremsbelags in die entsprechende Bremsanlage passt, beziehungsweise der Drittanbieter seine Bremsbeläge für ein spezielles Modell empfiehlt, sind diese Produkte meist unbedenklich. In vergangenen Tests von BIKE hat sich sogar gezeigt, dass Bremsbeläge von Drittanbietern mehr Bremsleistung als originale Bremsbeläge erzeugen. Die generelle Funktion von Bremsen ist dabei sowohl mit Sintermetall als auch mit organischen Bremsbelägen gegeben.
Der Zubehörmarkt ist voll mit Mineralölen und Bremsflüssigkeiten. Wer seine Bremse selbst entlüftet, kann zu einem originalen Produkt des Herstellers oder zu einem Produkt eines Drittanbieters greifen. Vor allem bei DOT-Bremsflüssigkeiten (Sram, Hayes), die auch in Autos verwendet werden, haben die Produkte von Drittanbietern eine standardisierte Viskosität und Qualität und erfüllen den eigentlichen Zweck, für den sie empfohlen werden. Bei Mineralölen (Shimano, Magura, Trickstuff, TRP) gibt es keine klare Norm für die Zusammensetzung des Betriebsmittels. Auch wenn eine Shimano-Bremse mit Trickstuffs Bionol funktioniert, gibt Trickstuff „aus rechtlichen Gründen“ keine offizielle Freigabe dafür. Probleme treten in der Regel nur auf, wenn es zu einem Garantiefall mit dem entsprechenden Bauteil kommt. Denn, wenn eine Bremse (oder auch eine Federgabel) nicht mit dem originalen Betriebsmittel verwendet wird, erlischt in der Regel der Garantieanspruch. Allerdings passiert dies häufig auch, wenn man als ungeschulter Endverbraucher den Service mit Originalteilen selbst durchführt. Wer sich unsicher ist bei der Wahl des Ersatzbremsmediums, kann auch beim Hersteller der Bremse nach eventuellen Freigaben für Zubehörprodukte nachfragen.