Federweg ist nicht alles, wie Giants Trance seit seiner Neuvorstellung vor einigen Jahren immer wieder unter Beweis gestellt hat. Denn es kommt auch darauf an, was man aus dem Federweg macht. Und genau da glänzte das Trance bisher. Eines der ersten Trailbikes, das einen kurzen Hub im Heck (115 Millimeter) mit einer trotzdem überzeugenden Abfahrtsstärke auf anspruchsvollen Strecken verbinden konnte.
Nun rollt die neue Version des Giant-Trailbikes mit Staufach im Rahmen und überarbeiteter Geometrie, aber ähnlichem Mini-Enduro-Konzept an den Start. Nominelle 120 Millimeter Hub soll der bewährte Maestro-Hinterbau nun freigeben, die Giant nach wie vor mit einer 130-Millimeter-Federgabel kombiniert.
In Sachen Gewicht rückt das Giant Trance damit noch näher an das All Mountain Trance X heran. Zu nah vielleicht, denn zumindest beim Gewicht trifft das 13,5 Kilogramm schwere Trance Advanced Pro 1 die Mitte zwischen dem Trance X (13,7 Kilo)und dem 11,3 Kilogramm leichten, neuen Racefully Anthem nur schlecht. Zum Vergleich: Das letzte Trance, das wir in BIKE 4/21 testen konnten, brachte für wohlgemerkt deutlich günstigere 3999 Euro nur 13,1 Kilogramm auf die Waage. Allein der neue Rahmen ist mit Flipchip und Staufach für ein Mehrgewicht von 300 Gramm verantwortlich. Das Elektro-Fahrwerk und die breiten Reifen sorgen für zusätzliche Pfunde.
Speziell in Sachen Nutzwert lässt das neue Trance den Vorgänger aber weit hinter sich zurück. Entsperrt durch einen simplen Drehknopf finden im Staufach im Unterrohr Werkzeug und ein Schlauch Platz. Wie bei der Konkurrenz (beispielsweise Orbea) soll eine eigens für das Staufach hergestellte Tasche vermeiden, dass das Materials im Rahmen klappert.
Den Flipchip zur Geometrieverstellung in der Dämpferwippe erbt das Trance von den Modellen mit mehr Federweg. Um 0,7 Grad lassen sich Lenk- und Sitzwinkel so auf die persönliche Vorliebe anpassen. Schön gemacht sind auch die extrem langen Vario-Sattelstützen, die sich schnell und ohne Werkzeug um 30 Millimeter im Hub verstellen lassen. So kommt jeder Fahrer in den Genuss des maximalen Verstellwegs, ohne eine zu hohe Sitzhöhe fürchten zu müssen.
Zusätzlich zur langen Teleskop-Stütze (200 Millimeter bei Rahmengröße L) unterstreichen 2,5 Zoll breite Maxxis-Reifen den Downhill-Anspruch des Trance. Eine überarbeitete Geometrie mit etwas längerem Reach, flacherem Lenk- und einem zwei Grad steileren Sitzwinkel soll das Bike ausgewogener machen. Die beiden Topmodelle stehen für maximale Effizienz mit Fox‘ überarbeitetem Live-Valve-Fahrwerk beim Händler – im Vergleich zum konventionellen Fahrwerk ist das Live-Valve-System jedoch auch gut ein halbes Kilogramm schwerer.
Insgesamt zwei Alu- und drei Carbon-Versionen von Giants Bestseller wird es in Deutschland geben. Das Topmodell Trance Advanced Pro 0 kostet mit exklusiver Ausstattung satte 11699 Euro. Unser Testbike, das Advanced Pro 1, gibt’s dann für schon etwas fairere 6499 Euro. Bei ebenfalls noch starker Ausstattung mit Live-Valve-Fahrwerk, Carbon-Laufrädern und voller XT-Gruppe. Das günstigste Carbon-Modell wird 4799 Euro kosten, die Preise für die Aluminium-Bikes beginnen bei 2799 Euro. Für 3299 Euro steht die bessere der beiden Alu-Ausstattungen mit Fox-Performance-Fahrwerk und solider Shimano SLX-Gruppe beim Giant-Händler. Die ersten Räder sollen Anfang 2022 ausgeliefert werden.
Ein steilerer Sitzwinkel, ein längerer Reach und Fox‘ Live-Valve-Fahrwerk. Kann das neue Giant Trance damit das etwas behäbige Handling des Vorgängermodells bergauf hinter sich lassen? Tatsächlich fällt es auf dem neuen Trance deutlich leichter auch technische Passagen bergauf zu meistern. Die leichten Carbon-Laufräder unseres Testbikes Trance Advanced Pro 1 können aber nur zum Teil über die schwere Bereifung und das für ein Trailbike dieser Preisklasse hohe Gesamtgewicht hinwegtäuschen. Immerhin: Der Hinterbau wippt auch bei abgeschaltetem Live-Valve wenig und generiert viel Traktion. Im winterlichen Matsch kommt eher der Hinterreifen an seine Grenzen.
Etwas untypisch für diese Federwegsklasse: Erst bergab ist das Giant Trance richtig in seinem Element. Dabei darf es ruhig auch steil, schnell und ruppig zugehen, denn erst dann spielen Fahrwerk und Geometrie ihre Vorteile aus. Wer nur mit moderater Geschwindigkeit über flache und zahme Trails rollt, kann das Bike zwar leicht in die Luft ziehen, tut sich ansonsten aber schwer, das Potenzial des neuen Trance überhaupt auszunutzen.
Das neue Trance spricht damit eindeutig schnelle Piloten an, die bergab sauber ihre Linien treffen und ein lebendiges sowie sportliches Bike für schweres Gelände suchen. Als komfortables Touren-All-Mountain oder für weniger versierte Fahrer dürfte das minimal schwerere Trance X die bessere Figur machen. Wer weniger anspruchsvolle Trails oder lange Marathon-Runden fährt, ist mit einem modernen Racer wie dem neuen Anthem deutlich besser beraten.
Wie sich das Giant Trance Advanced in einem ausführlichen Test schlägt, sowie alles zum Live-Valve-Fahrwerk von Fox, lesen Sie demnächst in BIKE 2/2021 – ab 4. Januar im Handel.