Max Fuchs
· 24.05.2023
Das Trek Top Fuel ist ein alter Bekannter in den Trailbike-Tests von BIKE – bisher allerdings nur mit Alu-Rahmen. Auf Wunsch der Leser stellen wir nun erstmals auch das Carbon-Modell auf die Probe.
“Wir fahren Rennen, um bessere Bikes zu bauen”, lautet die Devise im Hause Trek. Das Top-Fuel gehört zu den Modellen, die die Nähe zum Rennsport am eigenen Leib erfahren durften. Blickt man im Produktzyklus um zwei Evolutionsstufen zurück, findet man das Top Fuel als reinrassiges Racefully auf den Strecken der Cross-Country-Weltcups wieder.
Seither hat sich aber viel getan. Das Trek Supercaliber – ein Racefully mit nur 60 Millimeter Federweg – ersetzte 2019 das Top Fuel im Rennzirkus. Derweil schneiderten die Ingenieure das einstige Racebike - das Trek Top Fuel - den Ansprüchen der noch jungen Down-Country-Kategorie auf den Leib: Diese Bike-Gattung soll die Brücke zwischen den immer abfahrtslastigeren Trailbikes und ausgezehrten Racefullys schlagen. Damit sollen tretfreudige Touren-Fahrer endlich wieder in den Genuss spaßiger Abfahrten kommen, ohne übergewichtige Trailbikes gen Gipfel schleppen zu müssen. Die meisten Hersteller vertrauen dabei einer Rezeptur aus rund 120 Millimeter Federweg an Heck und Front, einer Teleskopstütze, griffigen Reifen und Trailbike-ähnlichen Geometriedaten. So viel zur Theorie.
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In der Praxis ging das Konzept zumindest beim Alu-Top-Fuel leider nicht auf. Denn durch den fast 3,5 Kilo schweren Alu-Rahmen landete das Top Fuel 8 trotz seiner Race-Gene bei 14,4 Kilo. Hinzu kommt die radikale Preispolitik von Trek: Für 4099 Euro muss man sich bei der prestigeträchtigen US-Marke immer noch mit schweren, zweitklassigen Komponenten zufriedengeben. Das drückt zusätzlich auf die Waage und macht den entscheidenden Mehrwert gegenüber klassischen Trailbikes zunichte. Aber nun heißt es: neues Modell, neues Glück. Gelingt das Down-Country-Projekt mit einem Carbon-Chassis und knapp 4000 Euro mehr Budget?
Auch das Trek Top Fuel 9.8 GX AXS ist mit seinen 13 Kilo freilich kein Leichtgewicht in dieser Kategorie. Seinen trägen Charakter hat der Kandidat aber abgelegt. Ein Großteil der Gewichtsersparnis verbucht der 1185 Gramm leichtere Carbon-Rahmen. Die übrigen 300 Gramm hat das Bike seiner teureren Ausstattung zu verdanken. Dennoch: Dass die US-Amerikaner einem Bike für 8000 Euro nur die Rockshox SID-Gabel in der günstigeren Select+-Ausführung spendieren, grenzt an Wucher. Die Gabel trübt aber nicht nur das Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern fällt auch im Gelände negativ auf. Denn im Vergleich zum teureren Ultimate-Pendant muss unser Testbike in Sachen Ansprechverhalten deutliche Abstriche machen. Auch der Federweg fällt mit 116 Millimetern kürzer aus als angegeben.
Darüber hinaus hat das Trek aber einiges zu bieten: Laufräder und Lenker aus Carbon, eine funkgesteuerte Sram-GX-Schaltung sowie lebenslange Garantie auf den Rahmen – das passt. Der Hinterbau mit Deluxe-Ultimate-Dämpfer leistet ebenfalls ganze Arbeit. Ansprechverhalten und Schluckvermögen konnten unsere Testfahrer ebenso überzeugen.
Auch mit den Fahreigenschaften landen die Entwickler einen Treffer. Mit dem 66 Grad flachen Lenkwinkel und dem langen Reach brettert das Bike zielstrebig durchs Gelände. Dank der sehr kurzen 433er-Kettenstreben und dem gegenüber der Alu-Variante geringeren Gewicht gehen mit dem Top Fuel 9.8 auch schnelle Kurvenwechsel leicht von der Hand. Das Heck bietet zudem genügend Gegenhalt zum Abdrücken an Sprüngen oder Pushen durch Anlieger. Die voluminösen Bontrager-Reifen lassen niedrige Luftdrücke zu und erhöhen so den Komfort. Bergauf positioniert der steile Sitzwinkel den Fahrer weit vorne im Bike, was Druck aufs Vorderrad bringt. Die Sitzposition des Top Fuel fällt sehr kompakt aus. Im Wiegetritt pumpt der Hinterbau bei offenem Dämpfer spürbar. Legt man den Plattformhebel um, kehrt schnell Ruhe im Heck ein. Angesichts der Rennsport-Vergangenheit des Top-Fuels hätten wir uns für knackige Zwischenanstiege aber zumindest ein Lockout am Lenker gewünscht.
Das Trek Top Fuel zeigt sich im Carbon-Gewand als stimmiges Down-Country-Bike mit Reserven für die Abfahrt. Details wie das Staufach im Unterrohr und die Geometrie-Verstellung runden das Gesamtpaket stilvoll ab. Traum-Bike-Potenzial bieten allerdings nur die noch teureren Modelle mit durchweg hochwertigen Komponenten.
Ihren Ursprung hat die größte US-Fahrradmarke 1975 in einem Schuppen im Norden von Wisconsin. Genauer gesagt in Waterloo. Dort begannen die beiden Gründer Richard Burke und Bevel Hogg mit der Herstellung von Stahlrahmen für Touren-Bikes. Heute sind hochentwickelte Performance-Bikes für den Straßen- und Gelände-Radsport die Spezialität von Trek. In den Anfangsjahren wurden die Bikes noch am Firmensitz in Wisconsin hergestellt. Heute findet die Produktion ausschließlich in Taiwan und China statt.
GESAMT BERGAUF: 72,5 VON 105
GESAMT BERGAB:: 88,5 VON 115
*Das BIKE-Urteil gibt die Labormesswerte und den subjektiven Eindruck der Testfahrer wieder. Das BIKE-Urteil ist preisunabhängig.
BIKE-Urteile: super (250–205 P.), sehr gut (204,75–170 P.), gut (169,75–140 P.), befriedigend (139,75–100 P.), mit Schwächen, ungenügend.