Bundeswaldgesetz 2024NaBu will Mountainbiker von Trails verbannen

Laurin Lehner

 · 17.02.2023

Bundeswaldgesetz 2024: NaBu will Mountainbiker von Trails verbannenFoto: Max Fuchs
Der Bund Naturschutz will mit dem neuen Bundeswaldgesetz erreichen, dass Mountainbiker nur auf gekennzeichneten Wegen fahren dürfen. Konkret würde das Trail-Verbote bedeuten.

In einem Jahr wird das neue Bundeswaldgesetz verabschiedet. Aktuell bringen sich Verbände mit Vorschlägen ein. Dabei schießt der Naturschutzbund (NaBu) gegen Mountainbiker. Die Forderung: Mountainbiken soll nur noch auf speziell gekennzeichneten Wegen erlaubt sein.

Freie Fahrt im Wald: Noch sind Trail-Fahrten für Mountainbiker in den meisten Bundesländern grundsätzlich erlaubt. Im Frühjahr 2024 soll das neue Bundeswaldgesetzt vom Bundestag verabschiedet werden. Das Besondere: Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik soll es in allen 16 Bundesländern einheitlich gelten.

Das betrifft auch Betretungsrecht für Radfahrer. Ade 2-Meter-Regel wie in Baden-Württemberg? Aktuell bleibt alles offen. „Im Worst-Case wird Mountainbiken auf Wegen verboten, wie in Österreich. Im Best-Case bleibt Mountainbiken auch auf Pfaden legal“, sagt DIMB-Fachberater Heiko Mittelstädt.

Das fordert der Naturschutzbund (NaBu)

Nun haben Verbände von Waldbesitzern, Naturschutzorganisationen und Co. ihre Vorschläge eingeschickt. Diese gelten als Grundlage für mögliche Gesetzesentwürfe. Im Positionspapier der NaBu macht der Naturschutzbund seine Position deutlich.
Darin fordert der NaBu, dass Mountainbiken nur noch auf speziell ausgewiesenen Wegen erlaubt sein soll. Zudem sollen: “Wanderer und Skifahrer die Wege nicht verlassen, da dies eine zusätzliche Stressbelastung für Waldtiere darstellt” Heißt: Hiermit wäre das Betretungsrecht auch z. B. für Pilzsammler deutlich eingeschränkt.
In Bezug auf Mountainbiker schreibt der NaBu:

“Das Naturerlebnis und das Wertschätzen des Waldes als Ökosystem sollten die leitenden Gedanken bei einem Waldbesuch sein. Daher müssen sich Sportler*innen diesem Ziel unterordnen und den Wald nicht als ‘Sportarena’ für Freizeitaktivitäten betrachten. Wanderer und Skifahrer sollten die Wege daher nicht verlassen, da dies eine zusätzliche Stressbelastung für Waldtiere darstellt. Sportliche Aktivitäten wie beispielsweise Mountainbiking oder Reitsport dürfen nur auf speziell gekennzeichneten Wegen praktiziert werden. Ebenfalls ist im Wald die E-Mobilität (ausgenommen Krankenfahrstühle) zu Gunsten der Natur einzuschränken.” (Auszug aus NaBu-Grundsatzprogramm S.64)

Wie bei Forderungen in Positionspapieren üblich, werden Quellen angeben. Sie sollen die Forderung mit Fakten und Argumenten untermauern. Hier wurde aber keine deutsche angegeben, sondern eine Studie aus der Schweiz angegeben, die während des Covid-Lockdowns durchgeführt wurde.

Die Schlagkraft dieser Studie darf man in Frage stellen, zudem ist sie durchaus positiv interpretierbar. So ist darin u. a. zu lesen: „Man fühlte sich weniger häufig beim Waldbesuch gestört als sonst, nicht einmal durch das Biken, das sonst viele Erholungssuchende stört – ein Zeichen des gegenseitigen Verständnisses und Zusammenhalts in Krisenzeiten?”

Die anderen Verbände halten sich in Sachen Betretungsrecht für Mountainbiker zurück. Lediglich der Verband der "Jagdverpächter fordert ein Nacht-Fahrverbot”.

Der Naturschutzbund Deutschland e. V. fordert: Mountainbiken soll nur noch auf ausgewiesenen Strecken erlaubt sein.Foto: NaBu
Der Naturschutzbund Deutschland e. V. fordert: Mountainbiken soll nur noch auf ausgewiesenen Strecken erlaubt sein.

Begründung der NaBu-Forderung fehlt, sagt die Deutsche Initiative Mountainbike e. V. (DIMB)

“Mich wundert, dass die Forderungen des NaBu auf einer Schweizer Studie basieren. Dabei gibt es gute Studien aus Deutschland”, sagt DIMB-Fachberater Heiko Mittelstädt. Hier meint Mittelstädt zum Beispiel eine Studie aus Freiburg im Breisgau.

Die Erholungssuchenden im Freiburger Stadtwald haben nicht generell mehr Störungen bei ihren Waldaufenthalten wahrgenommen als sonst. Begegnungen mit anderen Personen bei ihrem letzten Waldbesuch bewerteten
60 % der Befragten ausschließlich oder überwiegend positiv, ein Drittel "neutral" und nicht einmal 5 % negativ. (Auszug Studie während des
Corona Lockdowns)
Die Toleranz gegenüber anderen Menschen im Wald ist insgesamt sehr hoch. Entscheidend für den Verlauf von Begegnungen ist vor allem wie man einander begegnet. Aus Sicht der Befragten gibt am häufigsten Rücksichtslosigkeit Anlass, sich voneinander gestört zu fühlen. Entsprechend scheinen Ansätze erfolgsversprechend, die darauf setzen, das gegenseitige Verständnis weiter zu fördern. Die großen Gemeinsamkeiten zwischen Menschen, die zu Fuß bzw. mit dem Fahrrad unterwegs sind, liefern für entsprechende Dialogprozesse und Aufklärungskampagnen einen konkreten Anknüpfungspunkt. (Auszug Studie FVA)

Wer ist der Naturschutzbund (NaBu)?

Der Naturschutzbund Deutschland e. V. (NaBu) ist eine deutsche nichtstaatliche Organisation mit dem Ziel, Natur und Umwelt zu schützen. Der NaBu setzt konkreten Naturschutz im In- und Ausland um. Dazu gehören der Erhalt von Flüssen, Meeren, Wäldern und vieler weiterer Ökosysteme sowie der Schutz einzelner Tier- und Pflanzengruppen und Arten. Der eingetragene Verein besteht seit 1899 und besitzt über 700.000 Mitglieder. (Quelle: Wikipedia)

Stellungnahme NaBu auf BIKE-Anfrage:

Wir kontaktierten den Naturschutzbund und wollten wissen: Warum will der NaBu Mountainbiker von Trails und Pfaden verbannen – trotz fehlender Studien und Argumente? Frau Birte Cordts vom NaBu äußerte sich folgendermaßen auf unsere Anfrage:

“Wir begrüßen es, dass viele Menschen den Wald und seine Natur auch auf dem Rad entdecken. Dabei sehen wir, dass viele Radfahrerinnen und Radfahrer sehr rücksichtsvoll und verantwortungsbewusst im Wald unterwegs sind. Unsere Kritik richtet sich in erster Linie an illegale Trails, die den Waldnaturhaushalt stören. Wir fordern daher eigens für den Radsport ausgewiesene Wege, damit das Ökosystem Wald geschützt bleibt und sich erholen kann. So werden etwa Spurrillen, die Bodenerosionen begünstigen, verhindert. Junge Bäume am Boden, die eine bedeutende Rolle für die Naturverjüngung spielen, werden nicht zerstört, ebenso wie Kleinstlebewesen am Boden, etwa Insekten und kleinere Wirbeltiere. Auch für das im Wald lebende Wild werden Rückzugsräume ermöglicht, in dem es sich ungestört bewegen kann. Das Grundsatzprogramm Wald zeigt also auf: Damit der Waldbesuch auch in Zukunft ein Erholungs- und Naturerlebnis bleiben kann, braucht es einen wertschätzenden und rücksichtsvollen Umgang mit diesem sensiblen Ökosystem.”

Birte Cordts, Referentin für Waldnaturschutz und nachhaltige Waldnutzung, NaBu

Das sagt BIKE zur Stellungnahme des NaBu:

In seiner ersten Stellungnahme auf BIKE-Anfrage erklärt der Naturschutzbund Deutschland e. V., dass sich seine Kritik "in erster Linie an illegale Trails richtet". Wir als BIKE meinen jedoch, das hätte der NaBu dann auch so formulieren müssen. Denn die im Grundsatzprogramm gewählte Formulierung zählt und diese legt nahe, dass das bisherige vorhandene Wegenetz laut NaBu nicht mehr gemeinsam genutzt werden darf.

Das sagt die DIMB

“Für die von uns (Deutsche Initiative Mountainbike e. V., d. Red) vertretene Untergruppe der Mountainbikerinnen und Mountainbiker zeigen aktuelle Umfragen, dass Mountainbiken in Deutschland von 3,8 Millionen Menschen häufig und von 12,2 Millionen gelegentlich ausgeübt wird. Damit ist Mountainbiken in der Gesellschaft ein fest verankerter Breitensport und Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen.

Dabei ist festzustellen, dass das Mountainbiken in Bezug auf die Natur- und Landschaftsverträglichkeit vergleichbare Auswirkungen hat wie das Wandern. Unser Kernanliegen ist daher, die bisherige Formulierung … auf Straßen und Wegen gestattet beizubehalten. Diese ist kurz und griffig, sorgt für Rechtsklarheit und entspricht der gelebten Praxis. Der Begriff des Weges ist zudem juristisch hinreichend geklärt.”

DIMB-Fachberater Heiko MittelstädtFoto: Privat
DIMB-Fachberater Heiko Mittelstädt

Kommentar

“Die verschiedenen Naturschutzverbände vertreten wichtige Interessen für alle Naturfreunde. Das ist wichtig, denn auch wir Mountainbiker bewegen uns gerne in einer intakten Natur. Bislang war unser Eindruck aber, dass die Naturschutzverbände das allgemeine Betretungsrecht der Bevölkerung respektieren. Mit ihrer Forderung, Mountainbiker nur noch auf ausgewiesene Strecken zu verbannen, schießt der Verband NaBu jedoch über das Ziel hinaus.

Studien, dass Mountainbiker der Natur auf Wegen schaden, führt die NaBu nicht auf. Kein Wunder, denn diese zeigen, dass Radfahrer und Wanderer eine vergleichbare Störwirkung haben. Selbst der wohl bekannteste Förster Deutschlands, Peter Wohlleben sagt im BIKE-Interview: “Bleiben MTB-Fahrer auf den bestehenden Trails, ist alles in Ordnung. Das betrifft nicht nur die Bäume, auch die Wildtiere.”

Neben der Forderung im Bezug auf Mountainbiker will der NaBu Menschen das Betreten des Waldes abseits von Wegen untersagen. Das würde bedeuten: Pilze sammeln und spielende Kinder im Wald sind Geschichte. Ob der NaBu den Interessen des Naturschutzes so zu mehr Akzeptanz verhilft, würde ich bezweifeln. Ich hätte mir da eine bessere Abstimmung mit den Erholungsverbänden gewünscht.”

Heiko Mittelstädt, DIMB Fachberater

Ich bin Mountainbiker und NaBu-Mitglied. Was tun?

Nabu-Mitglieder, die mit den genannten Forderungen des Naturschutzbunds nicht übereinstimmen, können an nabu@nabu.de schreiben und ihre Meinung kundtun.

Wie geht es weiter?

Ende März haben alle Verbände ihre Vorschläge eingeschickt. Es gibt zum neuen Bundeswaldgesetz vier Themenbereiche. Darunter: Forstwirtschaft und Jagd, Umwelt und Naturschutz, Holzwirtschaft, Erholung, Sport und Gesundheit – das Betretungsrecht fällt unter Letzteren. Hierzu äußern sich die Interessensverbände wie B.U.N.D, Deutscher Naturschutzring, Bund Deutscher Radfahrer, DOSB, DIMB. Im Ministerium werden die Vorschläge zusammengetragen und geprüft. Danach werden Gesetzes-Entwürfe zum Bundeswaldgesetz angefertigt. Im Frühjahr 2024 soll der Deutsche Bundestag das Gesetz verabschieden.

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