Der Trail-KniggeSo verhalten sie sich richtig auf dem Trail!

Jan Timmermann

 · 03.10.2022

Der Trail-Knigge: So verhalten sie sich richtig auf dem Trail!Foto: Christian Penning

Wie jetzt? Ein Benimmbuch fürs Biken? Nicht ganz. Doch auch in Trailcentern und Bikeparks gibt es Verhaltensregeln. Trailbau-Experte Tomáš Kvasnička verrät, warum es neben Rücksicht oft auch auf das Stück Kuchen im Dorf ankommt.

1. Trails nicht zerstören

Wer Kurven mutwillig kaputtdriftet, die andere mühsam gebaut haben, ist nach dem Trail-Knigge unten durch. Generell schont eine gekonnte Bremstechnik den Trail. Blockierte Hinterradbremsen haben weder in Trailcentern noch in Bikeparks etwas zu
suchen. Trail-Bau ist ein Knochenjob, und die Trail-Bauer inves­tieren viel Zeit, Schweiß und Nerven in den perfekten Streckenverlauf. Um die Natur und den Trail zu schonen, darf letzterer nicht verlassen oder abgekürzt werden. Das heißt: Kurven nicht schneiden und an die festgelegten Linien halten! Schäden an der Strecke unbedingt melden. Tatkräftige Mithilfe beim Trail-Bau ist immer gerne gesehen, solange sie abgesprochen ist.

2. Regelkunde

Auf offiziellen Trails gelten offizielle Regeln. Noch vor der ersten Abfahrt sollte man sich mit diesen vertraut machen. Auch die Bedeutung der Schilder und das Rettungssystem sollten Biker kennen. Auf Info-Tafeln und Flyern sind diese Hinweise nicht zu übersehen.

3. Auf eigenes Risiko

Auf dem Trail kann immer etwas passieren – ein Helm, eine Karte, ein aufgeladenes Handy und ein Reparatur-Set gehören auf jedem Trail zur Pflichtausstattung. In Bikeparks und Trailcentern ist oft weitere Schutzausrüstung Pflicht. Im Falle eines Unfalls ist die Notrufnummer am bes­ten im Telefon gespeichert. Damit es gar nicht so weit kommt, sollte die Geschwindigkeit immer vom eigenen Fahrkönnen, dem Zustand des Bikes sowie von der Strecke und den Wetterbedingungen abhängig gemacht werden.

4. Beziehungen nicht zerstören

Trail-Systeme, wie in Pod Smrkem, entstehen in einem sen­siblen Gleichgewicht zwischen Naturerlebnis und Naturschutz. Außerdem hängt deren Existenz von der Akzeptanz der Trail-Anwohner ab. Es gelten die Regeln des lokalen Waldgesetzes. Vorbildliches Verhalten und ein netter Gruß an Fußgänger sollten deshalb selbstverständlich sein. Damit Trail-Systeme lange bestehen bleiben, sollten mindestens zehn Euro in deren Umfeld ausgegeben werden. Möglichkeiten dazu gibt es bei den touristischen Angeboten rund um Trailcenter und Bikeparks viele.

5. Zusammen biken

Wer auf dem Trail eine Pause braucht, fährt an einer geeigneten Stelle an den Rand. Mittig stehen bleiben ist ein No-Go! Der Großteil der Strecken in Trailcentern und Bikeparks ist richtungsgebunden. Diese Regeln sind meist freiwillige Vereinbarungen zwischen allen Trail-Nutzern. Damit es nicht zu Unfällen und Konflikten kommt, sollte man sich unbedingt daran halten. Wenn der Trail gefällt: weitersagen! So lassen sich möglichst viele Menschen für das Erlebnis Mountainbiken begeistern.

Nachhaltigkeit bei  Bike-Gebieten in Tschechien: Tomáš Kvasnička lernte während des Studiums in England die Trailbau-Kultur kennen. Heute plant der Tscheche große Trail-Systeme wie den ältesten Trailpark Europas: das Singletrail-Paradies Nové Mĕsto Pod Smrkem.Foto: Christian Penning
Nachhaltigkeit bei Bike-Gebieten in Tschechien: Tomáš Kvasnička lernte während des Studiums in England die Trailbau-Kultur kennen. Heute plant der Tscheche große Trail-Systeme wie den ältesten Trailpark Europas: das Singletrail-Paradies Nové Mĕsto Pod Smrkem.

Der Kommentar von Jan Timmermann, BIKE-Volontär

Puuuh! Dafür, dass ein Trail eigentlich ein Abenteuerspielplatz ist, herrschen dort ganz schön viele Regeln. Bikeparks und Trailcenter – das sind doch die letzten Reservate des Bike-Spaßes! Dort geschieht, was im Wald vor der Haustüre zu Recht verboten ist: Wellen, Sprünge und Anliegerkurven werden in den Berg gegraben, und täglich fliegen teils Tausende Biker über präparierte Pisten. Beim Trail-Ballern, Shredden und Camping will ich mir doch nicht ständig Gedanken machen, ob mein Verhalten nun richtig oder falsch ist! Ja bin ich denn im Trailcenter oder bei der Führerscheinprüfung?

Jan Timmermann, BIKE-VolontärFoto: Henri Lesewitz
Jan Timmermann, BIKE-Volontär

Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Trailcenter-Besuch: ballern, bis die Arme glühten. Genauso gut erinnere ich mich aber an den ersten Arbeitseinsatz im lokalen Bikepark: schippen, bis die Hände Blasen warfen. Dass Trail-Bau nichts für Faulenzer ist, kann sich jeder vorstellen, der irgendwann mal im Garten ein Loch gebuddelt hat. Klar: Professionelles Trail-Bauen hat nichts mit Omas Gemüsebeet zu tun. Da sind Bagger und Kipplaster im Einsatz. Da wummern Rüttelplatten und kreischen Motorsägen. Doch bei der Essenz jeder guten Bike-Strecke helfen keine Maschinen. Der perfekte Kurvenradius ist eine Kunst. In einen Hang die ideale Linie für maximalen Fahrspaß zu zeichnen, erfordert jahrelange Erfahrung.

Im Lebenslauf des idealen Trailbuilders stehen aber auch kritische Softskills. Geduld, Hingabe und ein gewisses Maß an Leidensfähigkeit sind nötig, um zähe Genehmigungsverfahren und Rückschläge zu verdauen. Ich kann jedem Liebhaber gebauter Bike-Strecken nur raten, sich im nächsten Bikepark oder Trailcenter zu engagieren und zusammen mit den Profis zur Schaufel zu greifen.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt fährt der Respekt vor deren Leistung immer mit. Vielleicht sollte man ja doch über einen Trail-Führerschein nachdenken?