Ludwig Döhl
, Stefan Loibl
· 25.06.2022
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Ein platter Reifen ist auch eine Chance: Immer mehr Mountainbiker verzichten auf den Schlauch im MTB-Laufrad. Wir zeigen, wie Sie in 5 einfachen Schritten auf tubeless Reifen umrüsten und die Fahreigenschaften verbessern. Und wie Sie schnell den Fahrradschlauch wechseln.
Neuer Schlauch rein, aufpumpen und fertig. Klar, um einen Platten zu beheben ist der Schlauchwechsel schnell gemacht. Aber wie wäre eine Welt, in der es viel seltener dazu kommt, der Reifen leichter ist und seine Rolleigenschaften deutlich besser sind? Die gibt es: Reifen auf Tubeless umrüsten!
Keine besonders ruhmvolle und komplizierte Arbeit, dafür umso wichtiger im Biker-Alltag, ist die schlauchlose Montage von Reifen. Die Gründe, sein Mountainbike tubeless zu fahren, liegen auf der Hand: Trotz geringeren Luftdrucks erhöht sich die Pannensicherheit, zudem spart man Gewicht und verbessert den Grip der Reifen. Fast alle hochwertigen Mountainbike-Reifen lassen sich mit unseren Tipps und der passenden Tubeless-Dichtmilch einfach umrüsten.
Und wenn Sie doch lieber bei Butylwürsten bleiben wollen, haben wir weiter unten noch ein paar Tipps zum Wechseln des Fahrradschlauchs.
Bevor Sie Ihr Bike auf Tubeless umrüsten, gilt es, zwei Dinge zu beachten:
1. Sind meine MTB-Reifen Tubeless-fähig? Eignen Sie sich überhaupt dafür, dass man sie ohne Schlauch fährt? Die Frage zu den Reifen lässt sich mit einem Blick auf die Seitenflanken schnell klären. Alle großen Hersteller wie Schwalbe, Maxxis, Kenda oder Specialized bedrucken ihre Tubeless-fähigen Reifen mit einem entsprechenden Logo. Begriffe wie Tubeless-Easy, Tubeless-Ready oder Tubeless-Race (oft auch nur das Kürzel TR) deuten darauf hin, dass man diesen Reifen in Verbindung mit einer Dichtmilch ohne Schlauch fahren kann.
2. Können die Felgen meiner Laufräder auf Tubeless umgerüstet werden? Bei den Felgen ist die Frage meist nicht ganz so leicht zu klären. Tubeless-fähige Felgen haben immer ein schmales, tiefes Felgenbett. Zwischen den Felgenflanken und dem tiefen Felgenbett muss das Felgenhorn deutlich erhöht sein, um einen straffen und vor allem dichten Sitz des Reifens auf der Felge zu gewährleisten. Alle hochwertigen Laufräder an aktuellen Mountainbikes sind in der Regel für den Schlauchlosbetrieb geeignet. Bei älteren Modellen lohnt sich allerdings ein kurzer Blick auf die Website des Herstellers, um zu checken, ob mein Felgenmodell auf Tubeless umgerüstet werden kann.
Haltbarkeit, Abdichtung von Löchern oder Umweltverträglichkeit: Milch ist nicht gleich Milch. Deshalb haben wir 9 Tubeless-Dichtmittel getestet. Den ausführlichen Test gibt's hier.
Für das Umrüsten von Reifen auf Tubeless braucht es ein spezielles, gedichtetes Felgenband. Die gute Nachricht: Viele Hersteller verbauen solche Felgenbänder schon ab Werk. Sie sind entsprechend gekennzeichnet ("tubeless ready"). Falls nicht vorhanden, nachrüsten!
Ventil einsetzen und mit der Rändelmutter fest mit der Felge verschrauben. Für den optimalen Sitz, das Ventil beim Festziehen zusätzlich von innen ins Felgenbett drücken. Achtung: Tubeless-Ventile können runde oder rechteckige Köpfe haben. Bei rechteckigem Kopf darauf achten, dass die lange Seite parallel zur Laufrichtung der Felge ausgerichtet ist, damit der Gummikopf des Ventils möglichst plan im Felgenbett liegt.
Nun den Reifen unter Beachtung der Laufrichtung aufziehen (siehe Pfeil auf Reifenflanke), Ventileinsatz mit einem Ventildreher (siehe unten) herausschrauben und die Milch mit einer Spritze oder einer kleinen Portionierungsflasche (häufig im Lieferumfang enthalten) durch das Ventil einfüllen. 60 Milliliter sollten es bei aktuellen Reifen für (E-)Mountainbike mindestens sein. Wer auf der sicheren Seite sein will, nimmt lieber 90 Milliliter. Den Ventileinsatz nicht sofort einschrauben! Der Reifen muss erst so prall aufgepumpt werden, dass er sich ins Felgenbett setzt.
Am besten funktionieren beim Umrüsten auf tubeless Reifen spezielle Pumpen mit Druckluftreservoir oder Tubeless-Booster. Zuerst das Reservoir auf 8 bis 11 bar auf-pumpen, dann den Pumpkopf an das Tubeless-Ventil anschließen. Mit dem Umlegen eines Hebels entweicht die Luft schlagartig in den neuen Reifen und drückt die Flanken in das Felgenbett. Ein leichtes Ploppen oder Knallen ist ein gutes Zeichen und signalisiert, dass der Reifen sicher im Felgenbett sitzt. Pumpkopf noch auf dem Ventil steckenlassen!
Keine Tubeless-Pumpe zur Hand? Alternativ kann zum Aufpumpen auch mit einem Kompressor gearbeitet werden. Dabei darauf achten, dass der zulässige Maximaldruck für Reifen und Felgen nicht überschritten wird. Vom Aufpumpen mit einer normalen Standpumpe oder einer CO2-Kartusche raten wir eher ab. Beide Methoden funktionieren nur unzuverlässig und sorgen ansonsten für viel Frust und eine Sauerei in der Werkstatt. Übrigens: Druckluftreservoire gibt es auch zum Nachrüsten für normale Standpumpen; etwa von Schwalbe, Topeak oder Milkit (ab ca. 40 Euro).
Um den Reifen mit dem endgültigen Druck aufzupumpen, muss man erst wieder den Ventileinsatz einschrauben. Dafür den Ventileinsatz bereitlegen, den Pumpkopf vom Ventil abziehen und zügig mit dem Finger das Austreten der Luft aus dem Reifen blockieren. Dann den Finger vom Ventil nehmen und den Einsatz zügig einschrauben. Zuletzt mit der Standpumpe den Reifen bis zum gewünschten Druck wieder aufpumpen.
Für eine einwandfreie Funktion zuletzt noch den korrekten Sitz des Reifens kontrollieren. Dazu dient die Hilfslinie, die jeder Tubeless-Reifen auf der Flanke trägt. Sie sollte überall denselben Abstand zur Felge aufweisen. Dann achtert der Reifen nicht und sitzt korrekt im Felgenhorn. Gegebenenfalls kann man nachhelfen, indem man den Luftdruck erhöht bis der Reifen überall gleichmäßig sitzt. Achtung: Auch hier auf den Maximaldruck von Reifen und Felge achten und nicht überschreiten. Bei Carbon-Felgen drohen irreparable Schäden.
Okay, wir konnten Sie noch nicht vom Umrüsten auf tubeless Reifen überzeugen? Dann kommt hier unsere Anleitung für die alte Menschheitsfrage: Wie wechselt man einen Fahrradschlauch am MTB? Vielleicht wäre ja zumindest ein Hightech-Schlauch eine Idee zum Umrüsten: Wir hatten 14 Fahrradschläuche im Labor- und Praxistest, darunter welche aus sogenanntem Aerothan, TPU und klassiche Butyl-Schläuche.
1. Nach einem Plattfuß müssen Sie den Fahrradreifen zunächst komplett lösen und auf einer Seite ins Felgenbett drücken. Erst dadurch lässt er sich im nächsten Schritt auch nach außen über das Felgenhorn hebeln.
2. Um den Fahrradschlauch zu wechseln, reicht es den Reifen nur auf einer Seite aus der Felge zu hebeln. Beginnen Sie am Ventil und arbeiten Sie sich entweder durch Schieben (Bild) oder Ziehen weiter vor, bis sich der Reifenwulst aus der Felge löst.
3. Entfernen Sie den defekten Fahrradschlauch und suchen Sie den Reifen innen (durch Tasten mit der Hand) und außen auf Fremdkörper ab. Dornen, Steinchen oder ähnliches müssen entfernt werden, bevor Sie den neuen Schlauch einlegen.
4. Pumpen Sie den neuen Fahrradschlauch leicht auf, damit er sich nicht verknotet oder verdreht, und drehen Sie das Ventil wieder zu. Er sollte nur so weit aufgepumpt werden, dass er keine Knicke mehr aufweist, sich aber noch gut einlegen lässt.
5. Beginnen Sie wieder am Ventil und stecken Sie dieses als erstes in das Ventilloch der Felge. Damit das Ventil nicht wieder herausrutscht, können Sie es zusätzlich mit der beiliegenden Rändelmutter sichern.
6. Legen Sie den angepumpten Fahrradschlauch als nächstes, ohne zu verdrehen, sorgfältig in den Reifen. Achten Sie im Gelände darauf, dass Sie keinen Schmutz oder kleine Steinchen mit einbauen, die den Schlauch direkt beschädigen könnten.
7. Jetzt kommt der alles entscheidende Schritt beim Reifenaufziehen: Beginnen Sie gegenüber dem Ventil, und drücken Sie den Reifenwulst tief ins Felgenbett. Arbeiten Sie sich beidseitig weiter vor in Richtung Ventil.
8. Wenn Sie den Reifen tief ins Felgenbett drücken und ihn beim Vorarbeiten zum Ventil immer auf Spannung halten, ploppt auch das letzte Stück anschließend ganz leicht und ohne Reifenheber in die Felge.
9. Damit sich der Reifen richtig ins Felgenhorn setzt und einwandfrei gerade läuft, müssen Sie ihn gegebenenfalls stärker aufpumpen. Auch hier gilt dasselbe wie beim Umrüsten auf Tubeless: Beachten Sie dabei unbedingt den zulässigen Maximaldruck von Reifen und Felge. Vor allem bei Carbon-Felgen kann zu hoher Druck zu schweren Schäden führen.
Tipp für die Notfallreparatur: Wer weder Ersatzschlauch noch Flickzeug dabeihat, kann im Notfall den Fahrradschlauch einfach verknoten. Dazu genau am Loch durchtrennen und möglichst knapp einen Doppelknoten machen. Den Knoten dann sehr festziehen.