Sandra Schuberth
· 27.10.2023
Gustav Gullholm, besser bekannt als Dangerholm, ist ein Biketuner, der Design mit viel Liebe zum Detail und Technik zusammenbringt. Seine Bike-Aufbauten suchen Seinesgleichen. Mit seinem neuesten Projekt verwirklicht er seine Version eines Super Gravelbikes. Aber was macht es so “super”?
Hier soll ein Zitat für sich sprechen.
Es kursiert der Witz, dass einige moderne Gravelbikes so leistungsfähig werden, dass sie den Mountainbikes der 90er Jahre ähneln, vor allem, wenn sie mit Flatbar ausgestattet sind. Aber ist das wirklich so schlimm? Definitiv nicht, wenn Sie mich fragen, zumindest solange wir alle modernen Funktionen und Technologien beibehalten können. - Dangerholm
Schotterwege fahren wir nicht erst seit es Gravelbikes gibt. Mountainbikerinnen und Mountainbiker haben ihre Bikes schon lange bevor es moderne Dropbar-Gravelbikes gab, unzählige Kilometer auf Gravel verbracht. An dieser Stelle sei angemerkt, dass auch im Rennradbereich kein Halt vor Schotter gemacht wurde. Frühere Langdistanzrennen wie beispielsweise die Distanzradfahrt Wien-Berlin 1893 verlief nicht nur auf befestigten Straßen, gerade in Österreich waren die Straßen häufig unbefestigt. Und befestigt von damals ist nicht vergleichbar mit heutigen asphaltierten Straßen.
Zurück zum Super Gravel - ein Gravel-orientiertes Mountainbike, wie Dangerholm die Gravel-Kategorie, die es bisher noch nicht gibt, beschreibt. Die wohl offensichtlichsten Vorteile eines Super Gravelbikes seien erstens der Komfort dank breiter Reifen und zweitens die bessere Kontrolle auf anspruchsvollem Untergrund dank der Geometrie und der Lenkerform.
Auch Wiebke Lühmann, eine Bikepackerin, die zahllose Menschen über ihren Instagram-Kanal inspiriert, hat sich für ihr aktuelles Abenteuer eine Art Super Gravelbike aufgebaut - okay, hier ist es ein Gravelbike mit Flatbar und kein MTB mit Gravelaufbau. Seit Anfang Oktober ist Wiebke auf dem Weg ans Kap der Guten Hoffnung. Sie ist in Freiburg gestartet und hat mittlerweile Spanien erreicht. Ihr Wilier Adlar konnte sie sich individuell zusammenstellen und hat sich zugunsten von Komfort und auch, weil mehr Gepäck in die Lenkerrolle passt, für einen Flatbar entschieden.
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Gerade für Leute, die aus dem Offroad-Bereich kommen und sich auf Mountainbikes zu Hause fühlen, ist die Position und Lenkerform eines Gravelbikes... gewöhnungsbedürftig. Hier setzt Dangerholm an. Denn: Warum nicht ein Mountainbike mit den passenden Reifen, Schaltung, Lenkerbreite so aufbauen, dass es nicht viel langsamer ist als seine Dropbar-Geschwister?
So toll die modernen Gravel-Bikes auch sind - ich fahre zum Beispiel sehr gerne mein eigenes Scott Addict Gravel -, ich glaube, es gibt noch Platz für eine weitere Gravel-Kategorie. - Dangerholm
Wer sich regelmäßig über neue Mountainbikes informiert, wird die Einführung der Modelle Scott Spark ST und Genius ST mitbekommen haben. ST steht kurz für Super Trail. Diese Bikes wurden für mehr Leistung und Spaß mit mehr Federweg und mehr Gummi ausgestattet. Dangerholm hat sich nun das Scott Scale RC geschnappt - nebenbei das aktuell teuerste Serien-Hardtail am Markt - und gedacht, warum nicht ein SG - Super Gravel - daraus machen, der Name passt zu seinen Trail-Geschwistern.
Detail, Details, Details. Einige erläutern wir etwas genauer, wer alle Details zum Scott Scale RC Super Gravel wissen will, findet sie am Ende dieses Textes.
Dangerholms Super Gravel ist um einen Scott Scale RC World Cup-Rahmen herum aufgebaut. Abgesehen vom Look und der Steuersatz-Zugführung, biete das 2023er Scale zwei wirklich gute und interessante neue Details, so Dangerholm. Zum einen die Serviceöffnung im Unterrohr direkt vor dem Tretlager. Diese ermöglicht eine einfache Montage von Dropper-Sattelstützenzügen oder für neue Ideen wie die Lichtintegration. Das zweite sind die Flaschenhalter-Einsätze anstelle der traditionellen Nieten, die ein individuelles Setup mit sauberen, bündigen Abdeckungen für die nicht benötigten Löcher ermöglichen. Die waren auch entscheidend für die Installation des Scheinwerfers.
Den Rahmen kombiniert Dangerholm mit der Scott Scale Rigid Gabel. Sie gibt die Möglichkeit, entweder in die Gravel-Richtung zu gehen, wie Dangerholm es vormacht. Die funktioniert aber auch, wenn ein Hardtail in eine Bikepacking-Maschine verwandelt werden soll. Das Gewicht der Gabel liegt bei etwas über 600 Gramm. Die Gabel erlaubt sowohl außenverlegte als auch komplett innenverlegte Züge.
Einige Komponenten des Bikes, die man schnell übersehen kann, sind aus Titan: beispielsweise die Steckachsen und das Schaltauge.
Dangerholm kombiniert Tannengrün metallic mit goldenen Akzenten und schreibt, er habe sich von Porsche inspirieren lassen.
Titan und 3D-Druck ziehen sich weiter durch. Ebenfalls von Sturdy Cycles kommt nämlich die Kurbel. Das Kettenblatt, wieder Titan, hat 42 Zähne. Sein Name DangerDward lässt richtig vermuten: es entstand in einer Zusammenarbeit von Dangerholm und Dward Design, einem Hersteller von Titan-Komponenten aus Großbritannien.
Bei Instagram heißt es, das Design ist von ikonischen Autofelgen und vintage 5-Arm Kettenblättern inspiriert. Ziel war es, einen zeitlosen und eleganten Look zu erreichen.
Eine Anmerkung gibt’s zum Kettenblatt noch zu machen. Oder eher zum Rahmen als zum Kettenblatt. Der ist nämlich eigentlich nicht gemacht für so große Kettenblätter, sondern nur für maximal 38 Zähne. Diese Kombination ist also explizit nicht zum nachmachen gedacht. Wer es nachbauen will, sollte maximal 38T wählen.
Geschaltet wird auf einer e*thirteen Helix Race-Kassette mit einer Bandbreite von 9 bis 45 Ritzeln. Auch der Rest des Antriebs ist bis ins Detail durchdacht.
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Bei den Bremsen hat sich Dangerholm - wieder einmal - für die Piccola Carbon von Trickstuff entschieden, die leicht sind und ihn auch mit der Bremsleistung überzeugt haben. An den Bremsen verbaut der Tuning-Profi ein kleines aber feines Detail: Die Lockringe der Bremsscheiben kommen von Sturdy Cycles und sind aus 3D-gedrucktem Titan gefertigt.
Spannend ist auch das Frontlicht, das Dangerholm dem Scott Super Gravel spendiert, um auch in Dämmerung und Dunkelheit sicher unterwegs zu sein. Scheinwerfer der Wahl ist der Moonlight Mountaingear Bright As Day 4000. Der Lampenkopf ist aus Aluminium gefräst, die Kabelführung am Steuersatz ermöglicht, das Kabel zum Akku fast komplett innen zu verlegen. Wer sich jetzt fragt: Wo ist der Akku? Der wurde gut versteckt in der passend zum Fahrraddesign lackierten Trinkflasche versteckt, die in einem der Titan-Flaschenhalter von Sturdy Cycles sitzt.