Kathi ist in Bruckmühl im oberbayerischen Alpenvorland aufgewachsen und lebt jetzt in Bad Aibling. Sie ist eine feste Größe auf den bedeutenden Freestyle-Mountainbike-Events wie 26 Trix, Swatch Rocket Air, Audi Nines und Crankworx Slopestyle. Als eine der Wegbereiterinnen des Slopestyle hat sie die Szene, auch international, maßgeblich beeinflusst. Wenn sie nicht gerade an neuen Tricks arbeitet, erkundet sie die Berge, stets auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer. Hier erzählt sie, was sie über sich, ihren Körper und all den Verletzungen gelernt hat.
Ich weiß nicht mehr genau, wie viele Gehirnerschütterungen ich inzwischen hatte. Irgendwann hört man auf zu zählen – oder man kann es einfach nicht mehr so gut. Früher war das egal: Sturz, kurz schwarz, ein bisschen wacklig – Helm abklopfen, wieder aufs Bike. „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, hieß es. Und ich habe es geglaubt.
Erst durch mein Osteopathiestudium habe ich gelernt, dass das nicht der klügste Umgang mit dem eigenen Körper ist. Heute spüre ich viel genauer, was mein Kopf mir sagt, was meine Muskeln melden und welche alten Verletzungen wieder auftauchen. Früher war mein Körper nur das Werkzeug, um schneller, härter, weiter zu fahren.
Ich habe Osteopathie studiert, um den Sport sicherer zu machen und der nächsten Generation mehr Bewusstsein für ihren Körper mitzugeben. Ich habe das Gefühl, dass ich ein bisschen Aufklärungsarbeit leisten muss – die ich selbst gerne gehabt hätte.
Ein Sturz auf den Kopf ist mehr als ein kurzer Schwarzblick: Gehirn und Schädel bekommen einiges ab. Vor allem Rotations- und Scherkräfte können die Nervenzellen durcheinanderbringen, und das gesamte craniale System – Schädel, Hirnhäute und Liquorfluss – fühlt sich angespannt an. Kurz gesagt: Dein Kopf ist im Stress.
Hier kommt die Craniosacraltherapie ins Spiel. Mit sanften Handgriffen versucht sie, diese Spannungen zu spüren und auszugleichen. Faszien, Blutfluss und Liquor werden wieder harmonisiert, das Nervensystem beruhigt – und der Körper kann sich besser selbst reparieren.
Wichtig: Das ersetzt keinen Arztbesuch! Akute Gehirnerschütterungen brauchen Diagnose und Beobachtung. Danach kann die Therapie jedoch helfen, anhaltende Kopfschmerzen, Schwindel oder Schlafprobleme zu lindern.
Ein überdrehter Backflip – und plötzlich ist alles anders: erst auf den Hintern, dann auf den Rücken, dann der Hinterkopf. Mein Nacken hat ordentlich abbekommen. Ergebnis: zwei Bänder zwischen Atlas und Dens überdehnt und angerissen (1. und 2. Halswirbel) und inzwischen komplett vernarbt. Kurz gesagt: Meinen Kopf konnte ich zunächst gar nicht halten, eine Halskrause war nötig.
Erst ein aufrechtes MRT (700 Euro aus eigener Tasche – danke, Krankenkasse) zeigte, was wirklich los war. Der Nacken spielt seitdem sein eigenes Spiel, manchmal fühlt sich sogar die Zunge komisch an – wahrscheinlich, weil dort ein wichtiger Nerv (Vagus) vorbeiläuft. Passend dazu ließ ich mir ein Tattoo im Nacken stechen: „No Drama“. Man kann nicht alles kontrollieren, man muss loslassen, dem Körper vertrauen – und manchmal einfach weitermachen.
2013: Mein erstes Kreuzband (rechts) gerissen beim Versuch, Barspins zu lernen. Hätte ich es richtig angehen sollen? Nein – zack, bumm, kaputt. Neue OP.
Ein paar Jahre später das linke Knie: Ich überschoss einen Jump und landete mit gestrecktem Bein auf dem Boden. Beim zweiten Knie 2017 dasselbe Spiel: Kreuzband und Meniskus abgerissen – wieder OP. Und noch einmal OP, weil die erste schiefgelaufen war.
Insgesamt: vier Knie-Operationen. Das linke Knie brauchte zwei Jahre, bis Vertrauen und Gefühl zurückkamen. Währenddessen war E-Bike fahren meine Rettung – die Rezeptoren spielten nicht mit, der Kopf wollte, das Knie nicht.
Leogang, Bikepark – bumms: volle Nase voraus. Ergebnis: rechter Supraspinatusmuskel angerissen. Normalerweise OP, aber meine Ärztin, Dr. Bachmann, meinte nur: „Vergiss’s, wir machen das anders.“
Eigenblutinfusionen – quasi Doping vom eigenen Körper: Wo der Muskel fehlt, baut der Körper Ersatzgewebe auf. Keine OP, kein Skalpell, nur Körperpower.
Ein paar Jahre später dasselbe Spiel: derselbe Muskel wieder fast komplett abgerissen. Wieder Eigenbluttherapie – Glück gehabt, keine OP. Meine Schulter lebt also auf Pump, funktioniert aber noch, ich kann wieder aufs Bike.
Beim Crankworx in Cairns lief der erste Run super – beim zweiten wollte ich noch eins draufsetzen. Dann kam der vorletzte Sprung, Gegenwind und zack: zu kurz, im Nose Manual die Landung runter, Lenker trifft Brustkorb. Ergebnis: zwei Rippen gebrochen, direkt über der Milz. Lunge und Milz hatten Glück, die Rippen waren jedoch disloziert. Eine falsche Bewegung, und es hätte richtig gefährlich werden können.
Als wäre das nicht genug, hat es gleichzeitig das Kahnbein in der rechten Hand erwischt. Erst nach sechs Wochen wurde das richtig klar. Glück gehabt: keine OP nötig, die Blutzufuhr war noch da, das Handgelenk heilt ohne Probleme. Die Heimreise? 26 Stunden Mimimimi.
Beim Versuch, 360er auf dem Airbag zu lernen, erwischte es mein linkes Sprunggelenk: Trabekelbruch. Die Knochenhaut war noch heil, innen war der Knochen jedoch zersplittert. Auf dem Röntgenbild sieht man zunächst nichts, aber außen war der Knöchel so blau und geschwollen, dass man keinen Zweifel hatte.
Beim Backflip ins Foampit habe ich zu krass angedreht, Rad weg, Knie direkt in die Nase. Im Krankenhaus haben sie die Nase mit zwei Stäbchen wieder gerade gerichtet.