Gitta Beimfohr
· 05.07.2022
Von Lienz zum Gardasee – die Route der 24. BIKE Transalp schlägt überraschend neue Wege ein. In unserer Serie stellen wir die sieben Etappen zum Nachfahren vor. Los geht's von Lienz nach Sillian.
Wer etwas Neues erschaffen will, muss ungewöhnliche Wege einschlagen. Und damit ist die wohl meistgestellte Frage „Warum Lienz?“ auch schon beantwortet. Streckenchef Marc Schneider wählte den Startort in Osttirol, um den Rennteams der Maxxis BIKE Transalp mal eine völlig neue Kulisse zu präsentieren. Aber auch, weil sich aus dieser Richtung kommend Trails einflechten lassen, die man bisher links liegen lassen musste.
Eine dieser neuen Abfahrten ist der Alban-Lakata-Trail in Lienz zum Beispiel. Oder die kehrenreichen Abfahrten am Kronplatz, kurz vor St. Vigil. Apropos Kurven: Insgesamt schnitzt die BIKE Transalp-Route 2022 ein großes, erlebnisreiches S in die Ostalpen. Von den Lienzer Dolomiten und dem Karnischen Hauptkamm dreht die Strecke an den Sextener Dolomiten vorbei Richtung St. Vigil. Dann wechselt die Königsetappe mit fast 110 Kilometern und 3090 Höhenmetern auf die westliche Seite der Brennerautobahn bis zum Kalterer See hinüber und von dort am nächsten Tag wieder zurück in die Dolomiten. Das umwerfend schöne Val Venegia und der Lago di Calaita samt seines Supertrails sind diese Strapazen wert. Nach dem Val Sugana und dem Bikepark Lavarone geht’s am letzten Tag über den Dosso del Sommo und am Ende ein Stück des Naranch-Trails hinunter ins Ziel Riva del Garda.
Mehr Landschaft und Fahrspaß geht fast nicht. Aber ist eine Transalp ohne Hauptkammüberquerung überhaupt eine Transalp? Auch darauf hat Streckenchef Marc Schneider eine Antwort: „Nach diesen sieben Etappen mit satten 566 Kilometern und 18378 Höhenmetern wird den Hauptkamm niemand vermissen. Versprochen!“
Die erste Etappe der BIKE Transalp 2022 startet mit einem Bikepark-Besuch in Lienz. Das ist eine sehr gute Nachricht für Trail-Liebhaber und eine noch bessere für alle, die diese Route außerhalb des Rennens entspannt nachfahren wollen. Letztere könnten nämlich einfach in den Lift zur Sternalm steigen und diese Etappe gleich mal um stramm ansteigende 825 Höhenmeter entschärfen. Warm wird es anschließend trotzdem, denn die Abfahrtskombination aus Peter-Sagan-Trail und der deutlich ruppigeren Alban-Lakata-Line fordert beherzten Körpereinsatz. Vor allem, wenn man die schwarze Jungle-Variante mit sportlichen Kickern und Northshore-Elementen wählt.
Unten angekommen folgt die Route nun einem wurzeligen Waldweg nach Leisach, wo sich das Pustertal bald zuzieht und an der engsten Stelle die Ruine der Lienzer Klause wartet. Die Strecke führt mitten durch diese alte Verteidigungsanlage aus dem 13. Jahrhundert und verlässt damit das Lienzer Einzugsgebiet. Jetzt dreht der Streckenverlauf mit der Sonne gen Südwesten, klettert 400 Höhenmeter den Berghang hinauf und folgt dann dem Sägezahnprofil der Pustertaler Höhenstraße. Das Auf und Ab im ständigen Wechsel zehrt an den Kräften, aber die Aussicht in die Lienzer Dolomiten und die spaßig eingebauten Trail-Abzweige lenken von den Schmerzen ab. Auf diesem Aussichtsbalkon hoch über der Drau geht es 14 Kilometer dahin bis Andras. Hier nimmt man den Schwung der Abfahrt nach Abfaltersbach am besten mit, denn vom Ufer der Drau zieht sich anschließend der längste Anstieg des Tages hinauf. Erst recht knackig für 400 Höhenmeter auf asphaltierter Talstraße am urigen Fronstadl vorbei, dann auf angenehm ansteigender Schotterstraße im Zickzack zum Hochplateau der Fronstadler Alm hinauf. Auf 2033 Metern Höhe ist der letzte Anstiegsmeter für heute in den Beinen, und die Aussicht von hier oben ist umwerfend. Während die Rennteilnehmer die nun folgenden 1000 Tiefenmeter auf rasanten Schotterkehren direkt durch den Tacho rasseln lassen, rollen Genuss-Biker für eine ausgiebige Rast besser noch um die Bergflanke herum zur bewirtschafteten Tessenberger Alm. Hier öffnet sich zum Tiroler Jausenbrettl ein Panorama, das über den Karnischen Hauptkamm bis weit ins Gailtal und gen Süden in die Sextener Dolomiten mit den berühmten Drei Zinnen reicht. Am Ende der Abfahrt rollt man durch die Dorfgassen von Tessenberg und Heinfels und folgt dem Schotterweg entlang der Drau nach Sillian, dem zweiten Etappenort der diesjährigen Transalp-Route.
„2015 verlief die BIKE Transalp schon mal durch Lienz. Aber als Startort hatten wir die Stadt noch nie. Inzwischen hat sich hier auch in Sachen Singletrails einiges getan. Deshalb ist diese erste reine Osttirol-Etappe für mich ein echtes Highlight.“ Marc Schneider, Streckenchef der BIKE Transalp
Die 24. BIKE Transalp findet vom 3.–9.7.2022 statt und kostet im Basispaket inkl. Rennleitung, Gepäck- und Bikeservice, Etappenverpflegung, medizinischer Versorgung u. v. m. 999 Euro pro Person (U23-Fahrer 749 Euro). Für eine isotonische Erfrischung sorgt der Getränkesponsor Bitburger mit einem leckeren 0,0%. Infos und Anmeldung: www.bike-transalp.de
Das Revier
Dort wo Isel-, Drau- und Pustertal zusammentreffen, liegt die Stadt Lienz in einem weiten Talkessel. Und zwar auf 673 Metern Höhe im Osten der Tiroler Exklave Osttirol. Ans Stadtgebiet angrenzend ragen die steilen Flanken der Villgratner Berge auf. Die gehören zwar zu den Zentralalpen, doch Lienz selbst befindet sich bereits auf der Alpensüdseite. Für Alpenüberquerer gibt es von hier aus zwei sinnvolle Möglichkeiten gen Süden: entweder über die Hohen Tauern mit beschwerlichen Tragepassagen durchs Hochgebirge oder deutlich einfacher die Bergflanken entlang durchs Pustertal.
Anreise
Schnellste Route mit dem Auto von München: über die A8 bis Kufstein und weiter auf der Landstraße (B108) nach Lienz (216 km, Fahrzeit: 3 Std.). Mit dem Zug: Es gibt 11 Verbindungen täglich, darunter auch Nachtzüge. Schnellste Verbindung (1 x umsteigen): 5:15 Std. Ticketpreis ab 18,90 Euro. Infos: www.thetrainline.com und www.oebb.at (Buchung fürs Bike per App möglich!)
Bikepark Lienz
Der Bikepark am Moosberg, direkt über der Stadt, wurde in den letzten Jahren beherzt ausgebaut. Neben dem Alban-Lakata-Trail und dem neuen Peter-Sagan -Trail wartet nun eine Spielwiese von insgesamt 11,6 Kilometern. Auch für die Teilnehmer der BIKE Transalp lohnt es sich, eventuell ein paar Tage früher anzureisen, um sich hier die erste Rennabfahrt schon mal einzuprägen. Infos: www.lienzer-bergbahnen.at
Einkehrtipps
Die erste Etappe führt durchs Pustertal und passiert dabei mehrere Orte und Dörfer mit netten Cafés und Restaurants. Die schönste Einkehr aber wartet nach dem letzten Anstieg auf der urigen Tessenberger Alm. Tipp: Von der Fronstadler Alm sind es keine 100 Höhenmeter mehr bis zum idyllischen Tessenberger See am Glinzzipf. Danach frisch gebadet zur Einkehr in die Tessenberger Alm mit Superpanorama in die Sextener Dolomiten.
Infos allgemein www.osttirol.com
Im nächsten Teil: Etappe 2 – von Sillian nach Bruneck. Die GPS-Daten der gesamten Transalp-Route gibt’s am 4. Juli 2022 hier zum Downloaden.