Der Graveltrend ist schon längst zu einem ordentlichen Boom herangewachsen und wird bereitwillig vom Innovationsgeist der Industrie befeuert. Es gibt nahezu kein Lenkerband, kein Kleidungsstück, keine Tasche, die es nicht speziell für den Gravel-Einsatz zu kaufen gäbe. Auch im Bezug auf die Gravelbikes selbst und die Komponenten geben sich die Hersteller erfinderisch.
Unter dem übergeordneten Thema "Komfort" sprießt geradezu eine Fülle an Anbauteilen, welche die Gelände-Rennräder noch besser für den Einsatz abseits der Straße wappnen sollen. Spezielle Federgabeln, gefederte Vorbauten, Breitreifen, Teleskop-Sattelstützen oder flexible Carbonfelgen sollen die immer kleiner werdende Lücke zum Mountainbike-Hardtail schließen.

Max Fuchs Neben den Testfahrten im Gelände mussten sich die Federelemente im direkten Vergleich auf dem Rüttelbrett beweisen.
Um das zu überprüfen, was am Mountainbike seit Jahrzehnten funktioniert oder bereits wieder in der Versenkung verschwunden ist (z. B. Girvin Flexstem), haben wir vier komfortversprechende Produkte von der Federgabel bis zu flexenden Carbonfelgen im Praxistest gegeneinander gefahren. Zusätzlich haben wir getestet, wie sich breitere Gravelbike-Reifen auf den Fahrkomfort auswirken. Im Reifen-Duell haben wir identische Laufräder (Cadex AR 35) einmal mit 40-mm-Reifen und einmal mit 50-mm-Pneus (jeweils Schwalbe G-One Bite) bestückt. Unsere Duelle geben dabei nicht nur Aufschluss über die Funktion, sondern auch die Sinnhaftigkeit an einem Gravelbike.
Federgabel gegen gefederten Vorbau

Max Fuchs Links die Rockshox Rudy XPLR Gravel-Federgabel mit 30 Millimeter Federweg, rechts der Vecnum Freeqence-Vorbau mit ebenfalls drei Zentimetern Federweg.
Auf den ersten Blick scheint das Ergebnis dieses Gravelbike-Komfort-Duells eine klare Sache: Was kann schon ein gefederter Vorbau gegen eine richtige Federgabel ausrichten? Bereits in den Anfangsjahren des Mountainbikes hatten die filigranen gefederten Vorbauten keine Chance gegen die langhubigeren Federgabeln.
Mit dem parallel geführten Freeqence-Vorbau gehen die Tüftler aus dem Allgäu das Thema aber komplett neu an und kitzeln mit maximal 30 Millimetern Hub sogar den gleichen Federweg heraus wie die Gravel-Federgabel von Rockshox – die Rockshox Rudy gibt es allerdings auch in einer 40-Millimeter-Variante.

Max Fuchs Die Rockshox Rudy XPLR wiegt 1279 Gramm und kostet 917 Euro >> hier erhältlich *.

Max Fuchs Über den Drehknopf am rechten Gabelholm lässt sich die Rockshox-Gabel für Asphaltpassagen blockieren.

Max Fuchs In unserem Testbike, einem Salsa Warbird, stellt die Rockshox-Gabel drei Zentimeter Federweg zur Verfügung. Auch Canyon verbaut im Grizl die Rudy-Federgabel mit 30 Millimeter Hub.

Max Fuchs Die Zugstufen-Einstellung an der Rockshox-Federgabel ist etwas fummelig, man benötigt einen 2,5er-Inbusschlüssel.
Bei der Kompatibilität geht der Punkt an den in drei Längen (90, 105, 120 Millimeter) erhältlichen Vorbau mit einer Schaftklemmung von 1-1/8 Zoll. Denn: Durch die größere Einbaulänge von 425 Millimetern kollidiert die Federgabel (Schaftmaß 1,5 auf 1-1/8 Zoll) aktuell mit den allermeisten Rahmengeometrien von Gravelbikes.
Abseits der Straße können beide Konzepte überzeugen und vermitteln im Vergleich zum ungefederten Gravelbike ein Aha-Erlebnis. Unebenheiten und Schläge werden viel besser kompensiert und von den Händen des Fahrers ferngehalten. Dadurch steigt nicht nur der Komfort, sondern ganz entscheidend auch die Bike-Kontrolle.
Da beide Systeme über den gleichen Federweg verfügen und auch die luftgefederte Rockshox-Gabel ab der Hälfte des Federwegs zusätzlich einen Elastomer komprimiert, fühlen sie sich im direkten Vergleich sehr ähnlich an. Auf kleine Vibrationen spricht der Vecnum-Vorbau sogar noch feinfühliger an als die Federgabel. Dafür filtert die Gabel in grobem Gelände – wo man eigentlich auf einem Mountainbike besser aufgehoben wäre – Wurzeln und große Schläge besser heraus.

Max Fuchs Der gefederte Vecnum Freeqence-Vorbau wiegt 291 Gramm und kostet 299 Euro. Ein weiterer Vertreter von Federvorbauten fürs Gravelbike ist der Redshift Shockstop , der allerdings weniger Federweg bietet.
FAZIT: Sowohl die Rockshox-Rudy-Federgabel als auch der Vecnum-Vorbau erhöhen den Fahrkomfort spürbar und sorgen so für mehr Sicherheit und weniger Ermüdung auf rauen Pisten. Preis, Gewicht und Kompatibilität sprechen aber klar für den Vecnum-Vorbau, der somit die smartere Lösung am Gravelbike ist.
Duell 2: Breitreifen gegen Komfortlaufrad
Der amerikanische Laufrad- und Komponentenhersteller Zipp zählt im Rennradbereich zu einer festen Größe. Mit den innovativen Moto-Felgen hat Zipp seit 2019 sein Engagement auch auf den MTB-Markt ausgedehnt. Mit den 101-XPLR-Laufrädern dehnt Zipp seine neue Technologie auf den Gravelbereich aus.
Um eine besonders flexible Felge zu realisieren, die Schlägen ausweichen und Vibrationen aufnehmen kann, verzichtet Zipp bei der speziellen Carbonfelge auf eine Hohlkammer. Dadurch soll sich die einwandige Felge nicht nur komfortabler fahren, sondern auch die Gefahr von Durchschlägen und damit Reifen- wie Felgendefekten reduzieren.
Mit einer Innenweite von 28 Millimetern sind die Laufräder sehr breit, kosten im Satz knapp unter 2000 Euro und wiegen 1688 Gramm. Für unseren Vergleich fuhren wir die Laufräder mit Schwalbes G-One Bite in 40 Millimetern Breite. Als Konkurrent trat ein G-One Bite in 50 Millimeter Breite auf einem Cadex-AR-35-Carbonlaufrad an.
Um dem größeren Volumen des Breitreifens gerecht zu werden, reduzierten wir den Reifendruck um 0,4 auf insgesamt 2,1 Bar. In diesem Set-up fiel der Unterschied zwischen Breitreifen und Zipp-Laufrädern sehr gering aus. Erst mit dem Ausreizen des Minimaldrucks (0,7 Bar weniger) konnte sich der breite Reifen im Gelände von den Zipp-Laufrädern mit schmalen Reifen und mehr Druck absetzen. Traktion und das Dämpfen von Kraftspitzen gelangen dann besser.
FAZIT: Im direkten Vergleich macht sich der um zehn Millimeter breitere Reifen mit entsprechend niedrigerem Reifendruck stärker bemerkbar als die flexible Felge der Zipp-Laufräder. Mehr Traktion und Komfort generieren die Breitreifen. Das Optimum wäre sicherlich die Kombination aus beidem.
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