Pünktlich zum Start des Cross-Country-Rennen der Herren frischte der Wind auf und eine dunkle Wolkenfront schob sich das Tal herein. Doch entgegen der düsteren Vorhersagen sollte auch das letzte XC-Rennen der UCI Mountainbike-Weltmeisterschaft in Leogang trocken über die Bühne gehen.
Los ging's mit einem starken Start von Milan Vader (NED), der sich direkt an die Spitze setzte und durch sein Tempo das Feld bereits in der Startrunde weit auseinanderzog. Die drei Franzosen Jordan Sarrou, Titouan Carod und Victor Koretzky nahmen die Verfolgung auf. Dann drückte Sarrou aufs Tempo, holte Vader ein und setzte sich im Alleingang direkt vorne ab. Hinter Vader formierte sich derweil eine Verfolgergruppe aus Mathias Flückiger (SUI), Luca Braidot (ITA), Carod und dem Brasilianer Henrique Avancini. Als der 24-jährige Vader dann zwei Mal in technischen Abfahrten stürzte, wurde er vom Verfolgerquartett eingeholt. Doch der Vorsprung von Sarrou betrug zu diesem Zeitpunkt bereits über eine Minute.

Moritz Ablinger Milan Vader sprintete auf der Startrunde vorneweg, die Franzosen Jordan Sarrou und Viktor Koretzky nahmen sofort die Verfolgung auf.

Stefan Voitl Auf der aufgeweichten Strecke war ein sensibles Popometer gefragt. Für Jordan Sarrou waren die aufgeweichten, tiefen Passagen allerdings kein Problem.
Flückiger mit Weste und Hardtail stark am Berg
Vierte Runde: Flückiger, der mit Weste und auf einem Hardtail fährt, und bekanntlich einer der besten Kletterer im Worldcup ist, ließ die anderen drei in den Anstiegen leiden. Mit dem Ergebnis, dass Carod fast aus der Gruppe fiel und Maxime Marotte, ein weiterer Franzose, nicht näher kam. Ende der vierten Runde riss Flückiger dann in der Abfahrt eine Lücke von sieben Sekunden, doch Avancini, Braidot und Carod schlossen sie bis zur Feedzone in Runde fünf wieder. Nächster Anstieg, dasselbe Spiel: Doch diesmal platzten seine Kontrahenten ab. Während Braidot und Carod sich noch in Schlagweite hielten, fiel Avancini deutlicher zurück. Da Avancini einen Platten hatte, schloss von hinten sein Cannondale-Teamkollege Maxime Marotte (FRA) langsam auf und zog vorbei.

Moritz Ablinger Ein Platten kostete den frischgebackenen Worldcup-Sieger Henrique Avancini die Chance, um eine Medaille zu kämpfen. Am Ende landete der Brasilianer auf Rang zehn.

Armin M. Küstenbrück,EGO-Promotion Zwei spannende Material-Facts: Alle Fahrer in den Top 10 – wie hier Mathias Flückiger – fuhren mit einer Variostütze. Außerdem griffen mit Schurter, Colledani, Colombo und Flückiger vier der schnellsten zehn Herren zum Hardtail.
Im zweiten Anstieg der fünften Runde löste sich Carod – Teamkollege von Sarrou bei Absolute Absalon – vom Italiener Luca Braidot und fuhr wieder hin zu Flückiger. Rein in die sechste und letzte Runde: Jordan Sarrou konnte mit mehr als einer Minute Vorsprung sein eigenes Rennen konzentriert zu Ende fahren. Dahinter duellierten sich Flückiger und Carod um Silber. Am Ende behielt der kletterstarke und risikofreudige Schweizer die Oberhand und sicherte sich den Vize-Weltmeistertitel. Titouan Carod musste sich zwar mit dem dritten Platz zufriedengeben, doch für sein Team Absolute Absalon kann das Ganze nur als voller Erfolg gewertet werden: Bronze und Gold im Herrenrennen. Eine Bilanz, die der Rennsport-Legende Absalon wahrlich würdig ist. Frankreich holt damit nach dem
U23-Titel bei den Damen
und dem
Cross-Country-Sieg bei den Damen
bereits die dritte Goldmedaille an diesem WM-Tag.

Moritz Ablinger Mathias Flückiger fuhr auf dem Hardtail und mit Weste. Beides ungewöhnlich, aber der Erfolg mit Silber gibt ihm recht.

Merlin Muth,EGO-Promotion Tritt in die Fußstapfen seines Team-Managers Julien Absalon: Jordan Sarrou ist der erste französische XC-Weltmeister seit 2014.

Stefan Voitl Jordan Sarrou kann sein Glück kaum fassen, auch wenig später auf der Pressekonferenz sagte er nur: „Ich kann es nicht fassen. Es fühlt sich an wie in einem Traum, mir fehlen die Worte.“

Moritz Ablinger Ein neues Gesicht im Regenbogen-Trikot: Jordan Sarrou mit Mathias Flückiger (links) und Titouan Carod bei der Siegerehrung.
Max Brandl auf Rang 12

Moritz Ablinger Bei Nino Schurter lief wie bereits die ganze WM-Woche über nicht alles nach Plan. Doch der achtfache Weltmeister sieht es positiv: „Auch nicht verkehrt, nicht als Weltmeister in die Olympia-Saison zu gehen. So kann ich mich ohne Druck und in Ruhe auf das Highlight vorbereiten.“

Moritz Ablinger Der zweite Schützling von Julien Absalon, der die WM prägte: Bronzemedaillen-Gewinner Titouan Carod.
Die Ränge vier und fünf gingen an den Italiener Luca Braidot und den Tschechen Ondrej Cink, der sich in der zweiten Rennhälfte noch nach vorne gekämpft hatte. Als stärkster Deutscher bewies Elite-Neuling Max Brandl mit Platz zwölf, dass seine gute Form von Nove Mesto keine Eintagsfliege war. Auffällig: Neben einigen etablierten Fahrern gab es auch viele neue Gesichter in der Top 20 zu bestaunen. Filippo Colombo aus der Schweiz und Nadir Colledani (ITA) holten die Ränge sieben und acht und lagen damit vor Rekord-Weltmeister und Top-Favorit Nino Schurter (SUI), der sich nicht recht mit der Strecke anfreunden wollte. Der rumänische U23-Weltmeister von 2019 Vlad Dascalu oder Mirko Tabacchi (ITA) auf den Rängen elf und 15 sind ebenfalls Namen, die man im Worldcup bisher nicht sehr häufig gehört hat. Nachwuchs-Favorit Simon Andreassen (DEN), der Sieger von Nove Mesto, landete übrigens nur auf Rang 32.

Niklas Hartmann,EGO-Promotion Brandl kann das Tempo in der erweiterten Weltspitze mitfahren und belohnt sich nach Nove Mesto mit dem nächsten Top-Ergebnis. Nächste Woche bei der MTB-Europameisterschaft in Monte Tamaro will der Deutsche Meister daran anknüpfen.

Moritz Ablinger Brasiliens MTB-Star Henrique Avancini wurde nicht nur von einem Platten ausgebremst, sondern tat sich auch mit den einstelligen Temperaturen während des Rennens schwer.
WM-Special: SalzburgerLand 2020