Max Fuchs
· 20.02.2023
MTB-Fahrspaß muss nicht teuer sein. Das will Marin mit seinem brandneuen Marin Rift Zone XR demonstrieren. Wir haben dem 3499 Euro günstigen Trailbike im Labor- und Praxistest auf den Zahn gefühlt.
Sind Mountainbikes inzwischen Luxusgüter? Durchforstet man die Kataloge mancher Fahrradhersteller, scheint die Frage durchaus berechtigt. Denn Preise auf Neuwagenniveau, jenseits der 10.000-Euro-Grenze, sind im Jahr 2023 längst keine Ausnahme mehr. Die Zahl der erschwinglichen MTB-Modelle mit guter Funktion nimmt dagegen immer weiter ab. Auch unsere Tests zeigen: Vernünftige, gute Mountainbike-Fullys, die nicht zu schwer sind, bekommt man erst ab 3000 Euro. Der große Fahrspaß kostet bei vielen Bike-Herstellern aber deutlich mehr. Nicht so bei Marin, denn die Preisspanne für das brandneue Aluminium-Trailbike Marin Rift Zone deckelt die kalifornische Kultmarke bei 3499 Euro. Ob dieses Budget für ergiebigen Trail-Spaß ausreicht, zeigt unser Test.
Der Alu-Rahmen steht an unserem Test-Bike auf 29-Zoll-Laufrädern und gibt am Heck 134 Millimeter Federweg frei. Im Steuerrohr steckt eine 140-mm-Federgabel von Marzocchi. Um einen möglichst großen Kundenkreis um das Marin Rift Zone zu scharen, sind die drei Modellvarianten ab 1999 Euro aber auch mit 27,5-Zoll-Laufrädern erhältlich. Doch damit nicht genug: Marin geht einen Schritt weiter und optimiert die Rahmenplattform auch für 24- und 26-Zoll-Laufräder. Marin Rift Zone Jr heißen die Modelle, die Nachwuchs-Mountainbikern einen attraktiven Einstieg ins Trailbike-Segment bieten sollen. So viel zu den Eckdaten der MTB-Neuheit für 2023.
Mit einem Lenkwinkel von superflachen 64,2 Grad spielt unser Testkandidat mit ausgewachsenen Enduros in einer Liga. Auch der 482er-Reach in Größe L ist für diese Federwegsklasse untypisch lang. Gepaart mit dem steilen Sitzwinkel identifiziert sich das neue Rift Zone eindeutig mit der aggressiven Sorte von Trailbikes. In der Praxis bewirken die Maße der Rahmenkonstruktion eine sehr aufrechte Sitzposition. Durch den flachen Lenkwinkel kippt die Lenkung bei langsamer Fahrt leicht ab. Ein längerer Vorbau würde die Klettereigenschaften verbessern.
Aber halb so wild. Denn mit 15,4 Kilo in Rahmengröße L (ohne Pedale) erklimmt man Anstiege auf dem Rift Zone XR ohnehin eher gemütlich. Auch das lebendige Heck hält den Vorwärtsdrang bergauf in Grenzen. In längeren Uphills ist die gut zu erreichende Dämpferplattform daher Pflicht. Lob gibt’s dafür für das sensible Ansprechverhalten. Das Heck generiert viel Traktion und bietet Komfort. In steilem Terrain fehlt aber der Gegenhalt im mittleren Federweg, Was den Druck vom Vorderrad nimmt und die Kontrolle in technischen Schlüsselstellen erschwert.
Ist man endlich oben angekommen, darf sich Marins jüngster Wurf dann endlich von seiner besten Seite zeigen. Denn wer sich erinnert: Die Geometrie des Rift Zone verspricht eher das Abfahrtstalent eines Enduros als die Kletterkompetenzen eines klassischen Trailbikes. Schon die ersten Meter auf den zerklüfteten Trails um den Gardasee bestätigen das. Flacher Lenkwinkel, tiefes Tretlager und eine hohe Front – Geschwindigkeit verträgt das Bike jede Menge. Unhandlich wirkt der Kandidat dabei aber nicht. Denn die kompakte Fahrposition und das Heck mit sehr kurzen Kettenstreben machen auf verwinkelten Trails eine ebenso gute Figur. Auch Manuals gehen locker von der Hand. Für Abfahrtshungrige verkörpert das Rift Zone so die perfekte Mischung aus Laufruhe und Wendigkeit. Das Fahrwerk harmoniert gut und federt sowohl harte Landungen als auch feine Schläge zuverlässig ab. Einziger Kritikpunkt: Beim Pushen in Anliegern oder beim Abdrücken an Sprüngen verpufft viel Energie im Heck. Hier haben wir auch im Downhill Gegenhalt im mittleren Federweg vermisst.
Bei der Wahl der Komponenten bleibt noch etwas Luft nach oben. Vor allem die Bremsen könnten bissiger sein und die Tele-Stütze hochwertiger. Doch gemessen am Preis geht die Ausstattung voll in Ordnung. Ohnehin will Marin mit dem Rift Zone keinen Luxusartikel anbieten, sondern großen Fahrspaß zum kleinen Preis. Und genau das ist den Entwicklern gelungen – vor allem bergab.
Das Marin Rift Zone ist kein Trailbike im klassischen Sinne. Wer einen sportlichen Allrounder sucht, ist hier fehl am Platz. Steht jedoch der Fahrspaß bergab und der Preis an oberster Stelle, trifft das neue Rift Zone ins Schwarze. Zudem bietet der Rahmen mit seiner speziellen Geometrie eine super Basis für individuelle Aufbauten.
Herstellerangaben
Messwerte
Ausstattung
Bewertung
GESAMT BERGAUF 60,75 VON 105
GESAMT BERGAB 93,25 VON 115
*Das BIKE-Urteil gibt die Labormesswerte und den subjektiven Eindruck der Testfahrer wieder. Das BIKE-Urteil ist preisunabhängig. BIKE-Urteile: super (250–205 P.), sehr gut (204,75–170 P.), gut (169,75–140 P.), befriedigend (139,75–100 P.), mit Schwächen, ungenügend.