Je mehr Federweg, desto schwerer das Bike. Die Alternative: moderne E-Enduros. Mit diesen Bikes ist der Spaß bergab wie bergauf garantiert.
Kein Tag in Finale Ligure ohne Shuttle, kein Tag im Bikepark ohne Lift. Wer den Fokus aufs Mountainbiken mit Schwerkraftunterstützung legt, kommt um ein Enduro kaum herum – um Aufstiegshilfen aber ebenso wenig. Denn wie auch der aktuellste Test zeigt: Klettern ist nicht gerade die Paradedisziplin klassischer Enduros. Dank schwerer, griffiger Reifen und massiver Federwege ist der Downhill-Spaß zwar garantiert, doch der Uphill wird zur schweißtreibenden Maloche.
Das begrenzt den Aktionsradius vieler Enduros auf Trails mit Lift- und Shuttle-Anschluss. Die Alternative: ein Motor im Bike. So spart man im Anstieg Energie für die anschließende Abfahrt, kann Trails jenseits von Parks und Shuttle-Revieren erreichen und hat sogar auf der Bergauffahrt Trail-Spaß.
Doch lange konnten E-MTBs ihren unmotorisierten Verwandten in Sachen Handling nicht das Wasser reichen. Zu sperrig waren die Geometrien, zu lang vor allem die Kettenstreben. Und auch die hohen Gesamtgewichte trafen nicht jedermanns Geschmack. Zwar hat sich längst herausgestellt, dass das Gewicht in Kombination mit dem tiefen Schwerpunkt durchaus auch Vorteile bringt. Doch spätestens seit es die Light-E-MTB-Klasse gibt, hat man auch als E-Mountainbiker die Möglichkeit, ein leichtes Bike zu fahren.
Zum Vergleich: Ein Kenevo SL, Specializeds Enduro mit Leicht-Motor, wiegt kaum vier Kilo mehr als der unmotorisierte Kamerad. Bergauf liefert der Mahle-Motor im SL bis zu 240 Watt zusätzlich zur Fahrerleistung. Das ist nur halb so viel wie bei einem klassischen E-Mountainbike, reicht gegenüber Bikes ohne Motor aber immer noch für die doppelte Geschwindigkeit bergauf. Beim Fahrverhalten bergab und bei der Geometrie sind sich das Specialized Enduro und das Kenevo SL übrigens zum Verwechseln ähnlich.
Was auch die klassischen E-Mountainbikes mit Power-Motoren von Bosch und Co. mittlerweile können, zeigt beispielhaft das Scor 4060 Z ST. Das Trailbike aus der Schweiz ist ein typischer Vertreter moderner, sportlicher E-MTB-Geometrien. 437 Millimeter kurze Kettenstreben halten das Handling lebendig, das Gewicht liegt trotz großem Akku unter 23 Kilo, und selbst auf den EWS-Tracks in Finale Ligure war das quirlige 140-Millimeter-Bike kaum aus der Ruhe zu bringen. Fakt ist: ob konsequentes Light-E-MTB oder klassisches E-Mountainbike mit Spaßgeometrie – für Enduro-Fans ist der Markt mittlerweile großzügig bestückt.
Klassischen E-MTB-Antrieben gelingt ein eindrucksvoller Spagat aus Leistung und Gewicht. Sie sind zwar spürbar schwerer als spezielle Leicht-Antriebe wie Specializeds SL1.1 (unten), liefern dafür aber auch eine enorme Spitzenleistung. Wer auch mit geringem Einsatz steile Rampen hinaufschießen und den Flow im Uphill suchen möchte, ist hier richtig. Nachteile: die höheren Gesamtgewichte; zudem saugt der Stromverbrauch im Turbo-Modus auch große Akkus zügig leer.
Fazit: Für viele Biker der beste Kompromiss aus Leistung und Gewicht. Viel Power, wenn man sie braucht, viel Reichweite, wenn man die Power drosselt.
Von Leicht-Antrieben wie Fazuas neuem Ride 60 bis hin zu gedrosselten Klassikern wie Shimanos EP8 RS: Für die Light-E-MTB-Klasse gibt es bereits eine große Bandbreite an Motoren mit unterschiedlichsten Leistungen. Zielsetzung ist nicht nur ein geringes Motorgewicht, sondern auch ein geringer Stromverbrauch. Erst dann lassen sich auch kleine – und damit leichte – Akkus einsetzen. Der Nachteil: gedrosselte Geschwindigkeit bergauf. Uphillflow gibt es eher in der Power-Klasse.
Fazit: Leicht-Antriebe überzeugen mit geringem Gewicht. Dank geringerer Spitzenleistungen können die Akkus kleiner und leichter sein. Der Fahrer muss aber kräftiger mittreten.
Fazit von Josh Welz | Chefredakteur EMTB: Mit dem Powerplay darf’s gerne etwas kerniger zur Sache gehen. Ultraflacher Lenkwinkel, langer Reach, dazu massive Bereifung mit Cushcore-Pannenschutz – da kommt pures Freeride-Feeling auf.
Allerdings fordert das Vollblut-Enduro vom Piloten eine beherzte Fahrweise: Durch die hohe Front muss man aktiv Druck aufs Vorderrad bringen. Das Powerplay belohnt das Engagement mit maximaler Kontrolle auf schnellen Kursen. Dank der kurzen Kettenstreben und des erstklassigen Handlings macht es aber auch auf winkligen Strecken Laune. Wesentlich zum USP des Kanadiers trägt der eigenwillige Dyname-Antrieb bei. Im Vergleich zum Vorgänger ist das Kraftpaket leichter und lässt sich individuell einstellen, das Display sitzt elegant im Oberrohr, und den 720-Wh-Akku kann man herausnehmen. Die Preise starten mit dem Alu-Modell A50 bei 6900 Euro.
Fazit von Christian Schleker | EMTB-Tester: Rotwilds R.G 375 ist der Downhiller unter den Light-E-MTBs. 29 Zoll, 180 Millimeter Federweg, lange Geometrie, ultraflacher Lenkwinkel: Dieses Bike schreckt vor keiner noch so brutalen Abfahrt zurück. Ganz im Gegenteil. Erst, wenn es schnell und ruppig wird, blüht das Rotwild auf und fühlt sich dann trotz Gewicht und Geometrie leichtfüßig an – wie ein Light-E-MTB eben. Das Fahrwerk ist allererste Sahne und kann mit der Verbindung aus Popp und Schluckfreudigkeit in meinen Augen sogar das Kenevo SL in den Schatten stellen.
Außerdem ist das Rotwild fantastisch verarbeitet und bergab, vom leichten Motorklappern abgesehen, sehr leise. Alles andere als selbstverständlich für ein E-MTB. Kritik gibt’s neben dem hohen Preis für die viel zu pannenanfälligen Reifen, das lange Sitzrohr in Kombination mit dem hohen Aufbau der Crankbrothers-Stütze, zu wenig Platz für die Trinkflasche bei kleinen Rahmen und das schwerfällige Handling bei geringen Geschwindigkeiten. Für flache Trails ist das Bike einfach nicht gemacht. Trotzdem ist das R.G 375 mit voller Motor-Power auf Wunsch eine Rakete für Hausrunden mit Downhill-Ambitionen. Oder auch mit zweitem Akku der ideale Partner für Bikepark-Tage ohne Lift.
Fazit von Max Fuchs, EMTB-Tester: Das 4060 Z ST hat mich total überrascht. Trotz großem Akku und robuster Ausstattung wiegt das Bike keine 23 Kilogramm. Dank einer Geometrie und kurzen Kettenstreben wie beim Bio-Bike ist das Handling überragend. Und das Fahrwerk mit nominell nur 140 Millimetern weist sogar auf amtlichen Enduro-Pisten manches 160-Millimeter-Bike in die Schranken. Obwohl es bei Details wie Verarbeitung und Zugführung noch Potenzial gibt: Fahrspaß-Fans, die auf volle Motor-Power stehen, können kaum ein besseres Bike finden.
Fazit von Adrian Kaether | EMTB-Tester: Auch wenn 5200 Euro keinesfalls wenig Geld sind – für ein E-Enduro ist das neue Radon Deft ein echter Preis-Leistungs-Kracher. Mit 170 Millimetern Federweg und 29-Zoll-Laufrädern dürfte es auch in extremem Gelände kaum ein Limit kennen. Carbon-Hauptrahmen, Fox-Performance-Fahrwerk und Bosch-Smart-System sind zu diesem Preis top. Der einzige Nachteil: Die Geometrie ist mit dem moderaten Lenkwinkel zwar nicht ultraflach, doch der lange Hinterbau (459 mm) und das etwas höhere Gewicht von rund 25 Kilogramm dürften Handlingfans nicht schmecken.
Fazit von Florentin Vesenbeckh, Testleiter EMTB: Ihr sucht ein Bike für harte Enduro-Trails und anspruchsvolle Abfahrten? Dann ist das Kenevo SL einer der kompetentesten Partner, den Ihr finden könnt. Ein schluckfreudiges Fahrwerk, Traktion satt und enorme Laufruhe machen das Bike zur sicheren Bank. Der SL-Antrieb schiebt nur mäßig kräftig an, selbst für Light-Verhältnisse. Deutlicher Rückenwind, ja. Entspanntes Shuttle-Feeling, nein. Mit engagiertem Fahrer-Input spult man Forstweganstiege dennoch mit doppeltem Tempo ab. Mehr Trails in kurzer Zeit! Extreme Uphill-Trails gehören aber nicht zum Repertoire. Mit rund 19 Kilo bleibt das Kenevo SL deutlich handlicher als ein klassisches E-MTB. Ein quirliger Trail-Flitzer für flaches Gelände ist es aber nicht. Es schreit nach verblockten Passagen und richtig wilden Abfahrten.
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