Vor allem Biker/innen mit Rennambitionen setzen nach wie vor zum Großteil auf Klickpedale. Damit bringen sie die Kraft aus den Beinen optimal aufs Pedal, stehen immer ergonomisch richtig und haben in technischen Sektionen volle Kontrolle über ihr Bike.
Doch Klickies haben auch Nachteile und immer mehr Biker verzichten auf die feste Verbindung. Aus guten Gründen: Plattformpedale erfordern keinen Lernprozess für das Ausklicken, in kniffligen Situation kann man leichter mal einen Fuß absetzen, bevor man Gefahr läuft, ins Gemüse zu kullern. Außerdem schult das Fahren mit Flat-Pedalen die Fahrtechnik, die Schuhe sind häufig bequemer – vor allem, wenn man auch mal ein längeres Stück schieben oder tragen muss. Und mit der Motorunterstützung des E-Bikes entfällt meist auch die Notwendigkeit, die maximale Bein-Power aufs Pedal zu bringen.
Es gibt also genügend Gründe, für den Wechsel auf Plattformpedale. Die zahlreichen Modelle unterscheiden sich allerdings in drei wichtigen Variablen: Größe, Form und Pins. Nur wenn man die richtige Kombi aus diesen drei Faktoren wählt, tritt man am Ende auch in das optimale Flat-Pedal. Wir erklären euch die wichtigsten Unterschiede.
Die Größe ist im Prinzip die einfachste Variable und hängt – ihr könnt es euch natürlich denken – mit der Größe eurer Füße zusammen. Bei allen Flat-Pedalen ist es wichtig, dass die Größe der Plattform zur Schuhgröße passt, denn nur dann bietet das Pedal eine ausreichende Aufstandsfläche und die Pins bohren sich an der richtigen Stelle in die Schuhe.
Hersteller wie OneUp Components oder Crankbrothers bieten ihre Plattformpedale in unterschiedlichen Größen an. So gibt es das Composite Pedal von One Up in normal oder small, die Crankbrothers Stamp-Modelle sind ebenfalls in small oder large verfügbar. Auch Airtime hat mit den Decade Pedalen ein Modell in zwei Größen im Sortiment. Andere Hersteller bietet verschiedene Modell, die sich in der Größe der Plattform unterscheiden.
Ein Pedal, zwei Größen: Crankbrothers bietet seine Stamp-Pedale in groß (>> hier erhältlich) und klein (>> hier erhältlich) an.
Ein weiterer Faktor bei der Wahl des passenden Flat-Pedals ist die Geometrie des Pedalkörpers. Hier kann man grob zwei Arten unterscheiden.
Damit kommen wir zum letzten Faktor, den Pins, die bei der Wahl der passenden Plattformpedale eine entscheidende Rolle spielen. Grip, Fahrgefühl und Sicherheit – je nach Form der Pins lassen sich diese Punkte stark beeinflussen. Es gibt verschiedene Pin-Designs, die sich je nach Einsatzzweck und Vorlieben unterscheiden:
Die Länge der Pins beeinflusst maßgeblich, wie tief sie in die Schuhsohle eindringen können und damit, wieviel Grip sie bieten.
Die Wahl der richtigen Pin-Länge hängt stark von der Pedalkörper-Geometrie und der Sohlentiefe ab. - Armin Hofreiter, Geschäftsführer TATZE bike-components GmbH
In diesem Zusammenhang sollte man auch immer die Profiltiefe der Sohle beachten, weil sie in direktem Zusammenhang mit der Pin-Länge steht. Sind die Pins zu kurz, zum Beispiel 3 mm bei einer 5 mm tiefen und zerklüfteten Sohle, greifen sie ins Leere und bieten wenig Halt. Zudem hilft es, bei grob profilierten Sohlen die Zahl der Pins am Pedal möglichst zu erhöhen, denn einige Pins werden in der groben Sohle keinen Halt finden.
Längere Pins sorgen in der Regel zwar für besseren Grip, erhöhen aber auch das Verletzungsrisiko, wenn man etwa vom Pedal rutscht und mit den Schienbeinen über die Pins schrammt.
Die Länge der Pins kann von Hersteller zu Hersteller stark variieren. Doch selbst die einzelnen Plattformpedale eines Herstellers können durchaus unterschiedliche Pin-Längen aufweisen. Bei Tatze beispielsweise reichen die Pin-Längen von 2,5 mm bei den Kids-Pedalen, über 4,5 mm bei den Two-Face-Pedalen bis zu 6,3 mm bei den Link-Pedalen.
Gute Flatpedale mit viel Grip gibt es viele. Die Spreu trennt sich erst vom Weizen nach langem Einsatz und viel Missbrauch. Dann fallen die Zähne raus, dann knacken die Lager, dann nervt das Geklackere. Alles natürlich ne Preisfrage. Die ultimativen Flats sind die Syntace NumberNine2. - Dimitri Lehner, BIKE-Redakteur
Auch bei der Form der Pins gibt es deutliche Unterschiede, die einen immensen Einfluss auf den Grip der Plattformpedale haben. Hier ein Überblick:
Hier handelt es sich um die Standardform mit geradem Schaft, welche die häufigste Form darstellt. Die Hersteller setzen hier auch oft Standardschrauben wie z. B. Gewindestifte ein. Die Pins sind meist aus Stahl gefertigt, bieten passablen Grip, sind aber weniger aggressiv als spitze Pins. In der Regel ist diese Art schonender für die Schuhsohlen und bietet etwas mehr Bewegungsfreiheit auf dem Pedal.
Sie verjüngen sich nach oben hin, um einerseits eine stabile Basis beim Pin-Gewinde zu erzielen und andererseits an der Spitze etwas dünner und aggressiver zu sein. A-förmige Pins sorgen für bessere Haftung, weil sie sich besser in die Sohle „krallen“ können und sind gut geeignet für aggressivere Einsätze wie Enduro oder Downhill. Die Schuhe können sich mit dieser Art Pins jedoch schneller abnutzen und auch bei Stürzen ist die Verletzungsgefahr größer.
Diese Bauweise ist eher selten und z. B. beim Specialized Boomslang zu finden. Die Pins verjüngen sich nach unten und bieten sehr guten Grip, da die Kante an der Spitze einen Winkel über 90° hat. Der Nachteil ist, dass sind am Sockel am dünnsten sind und dadurch oft weniger stabil.
Auch die Spitze der Pins macht einen Unterschied. Flache Spitzen verursachen in der Regel einen geringeren Verschleiß an der Sohle, aber auch geringeren Grip der Plattformpedale. Eingekerbte Spitzen erzeugen dagegen besseren Halt, weil sie sich stärker ins Material bohren können. Dadurch erhöht sich allerdings auch der Verschleiß an der Sohle. Pins, deren Gewinde bis zum Ende hoch reicht, haben zudem einen Grip-Vorteil, weil sich die Gewindeenden zusätzlich ins Material krallen können
3 Millimeter dünne Pins sorgen für aggressiven Grip, weil sie tiefer in die Sohle eindringen können. Allerdings erhöhen sie auch den Verschleiß, besonders bei weichen Gummimischungen. Zudem sind dünne Pins anfälliger für Verbiegen und müssen häufiger ausgetauscht werden. Dünne Pins finden sich oft an Kunststoffpedalen, weil sie Muttern zum Befestigen benötigen.
4 Millimeter dicke Pins sind zwar etwas weniger aggressiv, dafür auch langlebiger und stabiler. Somit sind sie auch widerstandsfähiger gegen Verbiegen. Üblicherweise kommen diese Pins bei Alu-Pedalen besonders in hochwertiger Materialgüte wie Schraubstahl 10.9 zum Einsatz. An Schuhen mit weicher Sohle finden sie besseren Halt als an härteren Sohlen.
Flat-Pedale haben es nicht leicht: Sie müssen griffig sein, nicht zu schwer, gut aussehen und vor allem lange halten. Letzteres stellt sich meist erst nach ein oder zwei Jahren heraus. Nichts ist nerviger als ein knackendes Pedal! - Laurin Lehner, BIKE-Redakteur
Zuletzt ist es natürlich auch kein Geheimnis, dass unterschiedliche Gummimischungen und Sohlenprofile ganz unterschiedlich hohen Grip bieten. So kann es sein, dass ein Schuh mit dem einen Pin eine griffige Kombination darstellt, mit einem anderen Pin aber weniger gut funktioniert. Hier hilft in vielen Fällen nur Experimentieren und vielleicht auch mal ein Pedal-Tausch mit der Bike-Clique. Je gröber und tiefer das Profil ist, desto mehr und längere Pins sollten die Plattformpedale haben.
Es gibt nicht die eine perfekte Kombination aus Plattform und Pin. Die Wahl hängt von mehreren Faktoren ab. Flache Pedalkörper benötigen meist längere Pins, konkave Pedale eher kürzere. Je flacher und weniger Profiliert die Schuhe, desto besser der Grip. Bei grobem Schuhprofil braucht es längere Pins in größerer Anzahl. Dickere Pins sind stabiler, dünnere dafür aggressiver.
Am Ende ist die Wahl der Plattformpedale auch immer abhängig vom individuellen Setup und Fahrstil – und davon, wieviel Grip und Haltbarkeit man bevorzugt. In manchen Fällen kann der Grip auch zu viel werden. Vor allem bei einem agilen Fahrstil mit viel Bewegung des Schuhs am Pedal.
Flat Pedals aus Kunststoff sind gerade schwer in Mode. Die Plattform-Pedale aus Nylon oder Faserverbundmaterial sehen schick aus, sind leicht und günstig. Doch können sie auch mit klassischen MTB-Pedalen aus Alu mithalten? Wir klären die Vor- und Nachteile von Flat Pedals aus den verschiedenen Materialien.
Test MTB-Pedale 2022: Zehn Flatpedals aus Kunststoff im Vergleich