Adrian Kaether
· 12.07.2022
Bosch stellt das neue E-Bike-ABS vor. Erstmals ist das ABS auch speziell für’s Gelände gedacht und kommt damit auch an sportlichen E-Mountainbikes zum Einsatz.
Zu stark gebremst, Vorderrad weggerutscht oder über den Lenker gegangen? Viele Biker kennen das – dank Boschs neuem ABS soll das nun Geschichte sein. Das ABS, kurz für Antiblockiersystem, verhindert bei einer Vollbremsung, dass das Vorderrad blockiert und damit zu stark rutscht oder den Fahrer über den Lenker wirft.
Es ist bereits die zweite ABS-Generation für E-Bikes, die der schwäbische Elektronik-Riese zur Eurobike 2022 vorstellt. Im Vergleich zur ersten Generation ist das neue Bosch ABS System deutlich leichter und kompakter und soll auch bezahlbarer sein als bisher. Neben den City- und Trekkingbike-Modi, „Touring“ und „Allroad“, gibt es erstmals den „Trail“-Modus, der für sportliches Fahren im Gelände konzipiert wurde und das System damit für E-Mountainbikes interessant macht. Mehr noch: Bosch sieht den Einsatz auch bei extremen Trail-Fahrten und verspricht auch für sehr versierte Piloten echte Vorteile.
Wie in der ersten Generation regelt das Bosch ABS nur am Vorderrad, das Hinterrad lässt sich weiter wie gewohnt blockieren. Das E-Bike ABS-System wird es ausschließlich an neuen Kompletträdern mit Bosch Smart-System geben. Eine Einführung auf dem Nachrüstmarkt ist nicht geplant. Wir konnten uns bereits einen ersten Eindruck vom neuen ABS verschaffen. Mehr dazu unten und ausführlich, inklusive Praxis- und Labortest, in EMTB 4/2022 – ab 16. August im Handel, als Digital-Ausgabe oder in der DK Kiosk App.
Neue Elektronik-Generation im Zusammenspiel mit Boschs Smart-System
Die Basisbremse für das neue Bosch ABS kommt von Magura. Der Bremsen-Hersteller ist schon vor einiger Zeit eine Partnerschaft mit Bosch eingegangen. Am neuen ABS-System kommt der bekannte Vierkolben-Sattel der MT5 zum Einsatz, den Magura mit einem neuen MTC-Bremshebel kombiniert. Vorerst wird es nur Zwei- und Dreifinger-Hebel geben.
Der neue Bremshebel basiert auf dem Hebel, den Magura beispielsweise bei der Trekking-Bremse MT C5 einsetzt. Der Kolben läuft hier axial, das heißt in etwa parallel zum Lenker, statt radial, also senkrecht dazu, wie bei den klassischen Mountainbike-Bremsen. Diese Konstruktion ermöglicht es, einen größeren Kolben im Hebel einzusetzen, ohne dass die Handkraft dafür deutlich steigt. So wird beim Bremsen mehr Öl bewegt - das ABS-System ist für den Regelvorgang auf diesen höheren Ölfluss angewiesen.
Die Herausforderung für das ABS im Gelände ist groß. Denn würde das ABS-System überhaupt keinen Schlupf am Vorderrad mehr zulassen – würden die Bremswege mit ABS selbst auf Asphalt deutlich länger ausfallen, als ohne. Auf losen Untergründen, wie etwa Schotter, verschärft sich das Problem noch. Der kürzeste Bremsweg wird hier erst bei deutlichem Schlupf – etwa 30 bis 40 Prozent – erreicht. Außerdem erschweren dynamische Fahrmanöver, Sprünge oder extreme Geländesituationen die Berechnungen des Systems. Bisherige Bike-ABS stießen hier meist an Grenzen.
Doch mit dem Schlupf steigt auch das Risiko des Kontrollverlusts. 100 Prozent Schlupf und das Rad blockiert. Unkontrolliertes Rutschen kann die Folge sein und zu einem Sturz führen. Das ABS System von Bosch versucht, einen Kompromiss zu finden. Maximale Sicherheit bei trotzdem sehr hoher Bremskraft sei das Ziel. Das Hinterrad soll durch das Bremsen kaum, beziehungsweise im Trail-Modus nur leicht abheben. Hinterradversetzer und andere Trial-Techniken im Gelände sollen aber dennoch möglich bleiben.
Mit zwei unterschiedlichen Testbikes und Testfahrern verschiedener Könnerstufen konnten wir uns bereits einen umfangreichen Eindruck vom neuen Bosch-ABS verschaffen. Das System regelt dabei unauffällig und mit eindrucksvoller Souveränität, auch auf wechselnden Untergründen. Der erste Eindruck ist extrem beeindruckend. Das System übernimmt die Aufgabe eines sensiblen Bremsfingers extrem zuverlässig und gibt dem Fahrer einen echten Sicherheits-Boost. Egal ob Steilstufen, Schotter, Wurzeln, Sprünge oder Drops: Das ABS tat immer, was man von ihm erwartete. Und das ohne nerviges Bremsstottern.
Selbst sportliche Fahrer profitierten von einem zusätzlichen Sicherheitsgefühl. Man muss sich weniger auf’s Bremsen konzentrieren und traut sich auch in steilen Passagen ganz bewusst noch mehr Druck auf das Vorderrad zu geben. Traktion und Lenkbarkeit profitieren.
Den ausführlichen Test inklusive Bremswegvergleich und Labormessung lesen Sie in EMTB 4/2022 - ab 16. August im Fachhandel und als Digital-Ausgabe.