Sebastian Brust
· 21.06.2022
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Rund um das Thema Scheibenbremsen am Mountainbike kreisen zahlreiche Mythen. Wir haben die 6 populärsten Bremsen-Weisheiten auf ihren Wahrheitsgehalt hin untersucht. Außerdem schaffen 4 Fakten Klarheit unter anderem in puncto Bremsflüssigkeit.
Falsch! Wer mit neuen Bremsbelägen* (oder auch Scheiben) auf eine Mountainbike-Tour startet, riskiert, das System zu früh zu überhitzen. Verzogene Scheiben, verglaste Beläge und stark erhöhter Verschleiß sind mögliche Begleiterscheinungen. Nur eine sorgfältig eingebremste Bremse erreicht volle Bremskraft, höchste Temperaturfestigkeit und Lebensdauer.
Oder andersherum: Ein schlecht eingebremstes System hat im schlechtesten Fall 50 Prozent weniger Bremskraft, als es haben sollte. Wie es richtig geht? In kurz: 15 Minuten lang von schnell auf langsam runterbremsen, aber nicht bis zum Stillstand. Eine ausführlichere Anleitung gibt es hier: MTB-Scheibenbremsen richtig einbremsen.
Auch falsch. Der letzte MTB-Scheibenbremsen-Test aus BIKE 5/2019 beweist: Es kommt nicht auf die Kolbenzahl an. Bei sonst gleichen Bedingungen entscheidet nicht die Kolbenzahl, sondern die Kolbenfläche, wie hoch die Bremskraft theoretisch ausfällt. Diese Fläche kann bei vier Kolben größer sein, muss sie aber nicht, abhängig vom Bremsenmodell. Am wichtigsten ist am Ende der Reibwert, den die Bremsbelagsmischung liefert.
Stimmt! Bei hydraulischen MTB-Scheibenbremsen schwappt in manchen Leitungen Mineralöl als Medium (z. B. Shimano, Magura), in anderen die sogenannte DOT-Bremsflüssigkeit (z. B. Sram, Hope) auf Basis von Ethylenoxid und Alkohol. Die unterschiedlichen chemischen Eigenschaften beider Flüssigkeitstypen erfordern spezielle Dichtungen, die sich auf Dauer nicht mit der jeweils anderen vertragen. Bei der Verwendung der falschen Flüssigkeit droht die Schädigung der gesamten Bremse durch die Zerstörung der Dichtungen.
Nein, im Gegenteil: Sie bremsen sogar in der Regel dann besser. Die meisten organischen und sogar manche gesinterten Bremsbeläge sondern bei den ersten rasanten Abfahrten einen stechenden Geruch ab, häufig verknüpft mit einem Rückgang der Bremswirkung. Dieser Prozess, das sogenannte "Initial fading" ist aber Teil des Einbremsens. Der Geruch stammt von Bindemitteln, die bei unterschiedlichen Temperaturen aus dem Belag verdampfen. Ist der Belag eingebremst, bleibt die Bremswirkung konstant, und es stinkt nicht mehr.
Und auch später bedeutet eine heiße Bremse noch lange kein Problem. Ein guter Indikator ist die Verfärbung der Bremsscheibe:
Orange-braune Verfärbung: Alles OK!
Lila bis regenbogenfarben: Bremse wurde zu heiß.
Es kommt drauf an. Der letzte Test von MTB-Bremsbelägen (BIKE 5/2017) zeigte: Im Schnitt waren organische Beläge in der getesteten Shimano-XT-Bremse stärker, in der Sram Guide ungefähr gleich stark und in der Magura MT4 schwächer als gesinterte. Der Vorteil von organischen Belägen: Sie bremsen meist leiser. Bei Nässe oder langen Abfahrten sind sie aber oft nicht so standfest und haltbar.
Nein. Zwar gewann nach 1000 trockenen Prüfstandbremsungen ein Sinter-Belag den letzten Beläge-Verschleißtest in BIKE 5/2017. Dahinter sammelten vier organische Bremsbeläge ebenfalls die volle Punktzahl. Im direkten Vergleich fielen drei von vier Sinter-Belägen um ein paar Prozentpunkte hinter die jeweiligen organischen Modelle desselben Herstellers zurück.
Bei einem Wechsel der Bremsbeläge kann es passieren, dass die Bremskraft nicht optimal ist. Die Oberflächen der neuen Beläge und der Bremsscheibe müssen sich erst angleichen, sich sozusagen aneinander "gewöhnen". Nach einem Wechsel der Bremsbeläge sollten MTB-Scheibenbremsen wieder eingebremst werden, s. auch Mythos Nummer 1.
Bei einem Wechsel von organischen zu gesinterten Bremsbelägen (oder umgekehrt), sollte auch die Bremsscheibe gewechselt werden, um die optimale Bremswirkung zu erzielen.
An den meisten Bikes sind natürlich schon Bremssysteme verbaut. Aber oft kommt es genau deshalb zu Setup-Problemen. Bei der Auswahl der Bremse geht es nicht allein um Gewicht oder Scheibengröße. Einen entscheidenden Einfluss sollten 3 grundsätzliche Faktoren haben:
Als Beispiel: Eine 50 Kilo schwere Downhill-Riderin braucht möglicherweise die gleichen Bremsen, wie ein 100 Kilo schwerer Wochenend-Hobby-Pilot. Am Ende geht es um die Sicherheit auf dem Bike.
Wenn die Mountainbike-Bremse nicht die gewünschte Leistung bringt, ist der erste Impuls: Ich brauche größere Bremsscheiben! Einfluss auf die Bremskraft haben folgende 5 Faktoren:
Der Bremsvorgang ist ein Zusammenspiel von Reibung und Hitze. In einem bestimmten Temperaturbereich wird die höchste Bremswirkung erreicht. Wenn durch die Kombination der Faktoren oben dieser Bereich über- oder unterschritten wird, entfaltet das Bremssystem nicht seine optimale Leistung. Kurz: Wenn die 200-Millimeter-Scheibe nicht heiß genug wird, bremst sie auch nicht besser als eine 160er.
Egal ob DOT* oder Mineralöl*, beide der verwendeten Bremsflüssigkeiten sind - anders als Kettenfett oder Lagerfett - Stoffe, die beim Umgang ein wenig Aufmerksamkeit benötigen.
In Mythos #3 haben wir geklärt, dass die falsche Bremsflüssigkeit die Bremsanlage zerstören kann. Wie der Hersteller Sram in diesem Video zeigt, verhalten sich DOT und Mineralöl grundsätzlich anders. Während bekanntermaßen Öl und Wasser sich nicht verbinden, ist das bei DOT (auf Alkohol-Basis) anders. Über die Zeit nimmt ein Bremssystem mit DOT-Füllung Wasser auf (Luftfeuchtigkeit, Regenfahrten etc.). Die Bremsleistung nimmt langsam ab, weil sich Wasser und DOT-Flüssigkeit bei hohen Temperaturen anders verhalten. Folglich sollte die Bremsflüssigkeit regelmäßig ausgetauscht werden.
Bei Mineralöl ist das anders. Daher sind solche Bremsanlagen wartungsärmer und eignen sich für Bikes, die nicht ständig gefahren und gewartet werden, also für den Wochenend-Biker oder die Fahrerin mit einem kleinen Fuhrpark.