Bei diesem Duell waren wir uns erst nicht ganz einig in der Redaktion: Ist das nun ein Duell zwischen leichten, gemäßigten Touren-Fullys oder zwischen schnellen Down-Country-Bikes? Der Federweg deutet klar in Richtung Tour: 140 Millimeter finden sich üblicherweise nicht an Vertretern der noch jungen, sehr sportlichen Kategorie Down Country. Das Scott Lumen und das Rotwild R.X275 sind die prominentesten Vertreter dieser noch jungen Kategorie. Sie haben 130 bzw. 120 Millimeter
Federweg hinten, sind straff abgestimmt und wollen maximalen Vortrieb mit geringstem Gewicht kombinieren. Die sehr teuren Spezialisten knacken in den Highend-Versionen auch noch die 16-Kilo-Marke.
Ganz so leicht sind KTM und Fantic zwar nicht, aber sie kosten auch nicht 15.999 Euro wie das leichte Lumen-Top-Modell von Scott. Doch das KTM will optisch so gar nicht an ein Touren-Bike oder gar All Mountain erinnern: Der abwärts geneigte Vorbau, die minimalistisch benoppten Reifen, die Tele-Stütze mit wenig Hub – das alles ist typisch für ein Racebike. Eher untypisch dagegen der Federweg: 140 Millimeter vorne und hinten, dazu noch eine hochwertige Grip2-Kartusche in der Fox-Gabel des Macina Scarp SX. Ein Hybrid aus Race-Feile und Touren-Bike? Eigentlich clever, denn dank Motor braucht es kein straffes Effizienzfahrwerk.
Beim Fantic ist es obendrein der Name, der irritiert: Rampage? Das ist doch dieser Wettkampf in Utah, wo todesmutige Freerider von Klippen stürzen? Da wäre das 140-Millimeter-Fully ganz klar fehl am Platz. Mit seinem steilen Lenkwinkel, dem sehr flachen Sitzwinkel und dem kurzen Heck ist es schwer zu greifen. In welche Kategorie will das Bike? Wenn wir auch hier auf Reifen und Tele-Stütze schauen, dann wohl ins CC-Genre. Der Mini-Hub der Dropper ist klar aus dem Rennsport inspiriert.
Wir haben uns für dieses Duell letztlich doch auf den Begriff „Down Country“ verständigt. Leichte E-Bikes also, die mit ihren schnell rollenden Reifen, ihren kleinen Motoren und Akkus in gemäßigtem Gelände mit natürlichem, leichtem Handling überzeugen und so die Brücke zum klassischen, sportlichen Mountainbike schlagen. In diesem Punkt haben die beiden Kandidaten durchaus Ähnlichkeit. An anderer Stelle haben wir hingegen drastische Unterschiede aufgespürt.
Den auffälligsten Unterschied machen Motor und Akku. Während KTM mit dem spritzigen Bosch Performance SX (zum Test des Light-Motors Bosch SX) auf einen der kräftigsten Light-Motoren setzt, baut Fantic auf den leisesten, kleinsten und unauffälligsten Schub vom TQ HPR 50 (zum Test des Light-Motors TQ HPR 50). Das unterscheidet die beiden Bikes in ihrer grundsätzlichen Auslegung. Mit dem KTM werden auch Biker glücklich, die sich durchaus etwas Uphill-Flow und kräftigen E-Bike-Punch wünschen. Dafür erinnert die Optik auch etwas mehr an klassische E-MTBs. Fantic hat mint dem super kompakten HPR 50 nicht nur optisch ein Bike für alle parat, die eher eine Alternative zum klassischem Bike, denn zum Power-E-Bike suchen.
In die gleiche Kerbe schlägt das Akku-Konzept. Bei Fantic kann die kleine 360er-Batterie nur mühselig entnommen werden, während der Compact Tube 400 in Sekunden aus dem KTM gezogen werden kann. Das Rampage setzt also auf Minimalismus, während beim Macina Scarp auch das Alltagshandling und die Option auf einen Zweit-Akku im Fokus stand. Wer möchte, kann mit einer zweiten Batterie das KTM auf 800 Wattstunden pimpen und so Reichweiten-Dimensionen eines echten Power-E-MTBs erreichen.
Die Option auf einen Range Extender bieten beide: 250 Wh für den Bosch SX im KTM, 160 für den HPR 50 im Fantic. Mit dem Serien-Akku alleine fällt der Reichweitenunterschied in unserem standardisierten Reichhöhentest deutlich zu Gunsten des Bosch-Pakets im KTM aus. Hier stehen im höchsten Unterstützungsmodus 1121 Höhenmeter bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 11,7 km/h auf der Uhr. Das Fantic mit TQ kommt 878 Höhenmeter bei 9,9 km/h, plus 73 Höhenmeter bei deutlich gedrosselter Power bei geringem Akkustand.
Der Unterschied der beiden Motoren ist auch ein prägendes Merkmal, wenn man sich in den Sattel der beiden Duellanten schwingt. Die unterschiedliche Charakteristik, dezent bei Fantic mit TQ und spritzig bei KTM mit Bosch, ist sofort spürbar. Ähnlich ist die sehr sportliche Ausrichtung. Im Vergleich zu klassischen E-MTBs der 140-mm-Klasse sitzt man gestreckter auf beiden Bikes. Die Front ist tiefer, die Lenker sind schmaler, der Vorbau reicht weit nach vorne. So lastet bergauf wie bergab mehr Druck auf der Front. Wer vom unmotorisierten Marathon-Bike kommt, wird sich hier zu Hause fühlen.
Gänzlich unterschiedlich ist aber das Fahrwerk. Von der Race-Optik des Macina Scarp SX sollte man sich nicht täuschen lassen. Denn der Hinterbau arbeitet sehr sensibel und erstaunlich komfortabel. Dagegen wirkt das Heck des Fantic harsch. Es ist auf Vortrieb optimiert und erinnert tatsächlich eher an ein straffes Renngefährt eines Marathon- oder XC-Profis. Auf glattem Untergrund greift man beim Dämpfer des KTM hingegen gerne mal zum Plattformhebel, um ungewolltes Wippen einzudämmen.
Was sich bergauf und in der Ebene bereits andeutet, bestätigt sich in der Abfahrt. Wer vom Forstweg oder Flowtrail auf wurzelige Wege abbiegt, ist mit dem KTM deutlich sicherer unterwegs. Allen voran das schluckfreudigere Fahrwerk erleichtert dem Fahrer hier die Arbeit. Sowohl Gabel als auch Hinterbau arbeiten deutlich souveräner, als am Fantic. Dem Italiener muss man allerdings den günstigeren Preis zu Gute halten. Rund 1700 Euro ist es günstiger als das KTM, was sich natürlich auch in der Ausstattung bemerkbar macht. Allerdings gehen wir nicht davon aus, dass sich in der teureren Ausbaustufe des DC 1.4 der Charakter des Suntour-Fahrwerks grundsätzlich ändert. Für beide Kandidaten gilt: Mit der Fahrsicherheit klassischer 140-mm-E-Fullys, wie einem Cube Stereo Hybrid 140 (zum Test des Cube Stereo Hybrid 140 SLX) oder Canyon Neuron:On CF (zum Test des Neuron:On CF 7), können die racig ausgelegten DC-Bikes nicht mithalten. Dafür sind sie in der Ebene spritziger unterwegs und deutlich leichter.
Light-E-Bikes unter 18 Kilo sind immer noch eine Seltenheit. Beide Duellanten knacken die Marke locker. Gemessen am Preis überrascht das Fantic, denn es kostet deutlich weniger als das KTM. Bei den Fahrleistungen ist dafür das KTM ganz klar Favorit: fluffiges Fahrwerk und geringes Gewicht, gepaart mit sportlicher Geo. Das macht Laune! Das Fantic hat uns im Gelände nicht wirklich überzeugt. Vom 140er-Federweg darf man sich bei beiden nicht täuschen lassen: Für hartes Gelände sind die Bikes nicht gebaut. - Christian Schleker, Redakteur EMTB
¹ Die Reichhöhe wurde bei standardisierten Messfahrten an einem Asphaltanstieg mit 12,2 Prozent Steigung ermittelt. Höchste Unterstützungsstufe, 150 Watt Tretleistung des Fahrers, Fahrergewicht inkl. Ausrüstung 89 kg. In Klammern die Höhenmeter im deutlich gedrosselten Notlauf-Modus. Die Durchschnittsgeschwindigkeit bezieht sich auf die Fahrt bei voller Unterstützung.