Chris Schleker
· 29.11.2023
6690 Euro, unter 18 Kilo – für ein Carbon-E-Fully mit TQ-Motor ist das Fantic DC 1.4 Rampage Race günstig und recht leicht. Dass da bei der Ausstattung der Rotstift angesetzt werden musste, ist klar: Suntour-Federelemente sind deutlich günstiger als Fox oder Rockshox. Auch die Magura-MT30-Bremse liegt weiter unten im Preisregal. Das muss nichts heißen – alle Parts taten ihren Dienst beim Test ordentlich. Ausnahme: die Reifen. Die Vittoria Syerra haben eine recht harte Gummimischung, die bei Kälte zusätzlich zäh wird. Der Grip ist schwach. Ach, und die zu kurze Tele-Stütze war ein Ärgernis. Dazu später mehr.
Das DC 1.4 Rampage Race punktet als Light-E-MTB vor allem mit seinem schicken Carbon-Rahmen mit Flexpivot-Hinterbau, seinem geringen Gewicht und dem spritzigen Antritt. Das Minimal-Assist-Bike ist bereit für schnelle E-Bike-Touren. Im Hauptrahmen finden dafür zwei Trinkflaschen Platz. Leider ist der Sitzwinkel recht flach ausgefallen, und die Hinterbaukinematik ist sehr stark progressiv übersetzt. Der kurzhubige Suntour-Dämpfer kommt so schnell ins Schwitzen und liefert eine eher straffe und unsensible Performance ab. Mit dem nur sanften TQ-Schub, den rutschigen Reifen, dem kurzen Heck und der recht hochgetürmten Front kein kletterfreundliches Setup. Der Akku ist entnehmbar, allerdings mit Aufwand.
Der TQ HPR50 ist der leiseste Motor auf dem Markt – hoch wie runter. Er summt nur leise unter Last und klappert nicht. Dafür gibt er eher wenig Schub, der Pilot muss kräftig mittreten, wenn es steiler wird. Aus dem 360-Wh-Akku zieht er außerdem viel Saft. Hier wird glücklich, wer viel selbst treten möchte. Der Akku-Wechsel ist umständlich- aber möglich.
In unserem standardisierten Reichweitentest erkletterte das Fantic 878 Höhenmeter bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 9,9 km/h, hinzu kamen 73 Höhenmeter im gedrosselten Notlauf-Modus bei geringer Akku-Kapazität. Im Vergleich zu Light-E-MTBs mit dem potenten Fazua Ride 60 (430 Wh) fällt das TQ-Bike damit deutlich ab. Fazua-Bikes erklettern im identischen Szenario im Schnitt knapp 1300 Höhenmeter bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 12 km/h. Der Vergleich zu einem Bosch Performance CX mit Powertube 750 fällt natürlich noch drastischer aus: knapp 2000 Höhenmeter bei rund 14 km/h. Dennoch sind auch mit dem Fantic lange Touren drin, wenn man die Motorleistung drosselt und selbst fleißig mittritt. Wer sich faul den Berg hinaufschieben lassen will, ist hier aber definitiv falsch!
Die Geometrie des Fantic ist ein recht wilder Mix. Der Hinterbau ist sehr kurz, der Sitzwinkel sehr flach. Bei weiterem Sattelauszug sitzt man hecklastig auf dem Bike und tritt von hinten in die Pedale. Dazu kommen ein kurzer Reach und eine eher hohe Front. Damit empfiehlt sich das Fantic also nicht gerade als Bergziege. Die hohe Front wird dazu mit einem Riservorbau aufgebockt, unter dem ein vorgeformter Spacer sitzt. Das Setup für mehr Druck auf dem Lenker umzudrehen, klappt damit leider nicht.
Optisch hat das Fantic einen großen Auftritt: Knallerfarbe, organische Formen. Das Bike wirkt hochwertig. Auch wenn die Sitzposition durch die hohe Front eher aufrecht ist, fühlt sich das Fantic stark nach CC-Fully an. Denn der Hinterbau ist sehr straff und gibt gefühlt viel weniger Federweg frei als die angegebenen 140 Millimeter. Ein krasser Kontrast zum komfortablen KTM Macina Scarp SX, das wir gemeinsam mit dem Rampage testen konnten. Deutlich ist auch der Unterscheid bei den Motoren: Gegen den Bosch SX wirkt der TQ-Motor sehr zahm. Er unterstützt immer eher sanft und natürlich. An Steilstufen muss der Fahrer deutlich mehr Arbeit leisten.
Weil der Sitzwinkel so flach und der Reifen so traktionsarm ist, kommt man mit dem Fantic bergauf früh an Grenzen. Weniger fitte Piloten könnten auch mit der straffen Übersetzung hadern. Bergab nerven die zu kurze Tele-Stütze mit nur 120 Millimetern Hub und das unkomfortable Heck, was die Abfahrt schnell unsicher macht. In flowigem Terrain arbeitet das Bike gut. Wer seine Touren eher auf Schotter plant und im Gelände langsam unterwegs ist, wird mit dem Fantic glücklich. Auf Flachstücken kann der gute Vortrieb überzeugen. Wer aber schwereres Gelände will, wird mit dem Fantic DC1.4 Rampage Race schnell ans Limit kommen. Auch die Reifen können nur wenig Grip und damit Fahrsicherheit generieren.
Stärken
Schwächen
Das Fantic ist für ein Carbon-E-Fully mit TQ-Motor günstig und recht leicht. Als Tourer für nicht zu anspruchsvolle Runden passt das Setup. In steilen Anstiegen schwächelt das Bike, und in ruppigen Abfahrten ist das Heck zu straff. Dafür leise und mit spritziger Beschleunigung. - Christian Schleker, Redakteur EMTB
Neben dem Fantic DC 1.4 Rampage Race drängt mit dem KTM Machina Scarp SX Prime ein zweiter neuer Herausforderer in die Nische der leichten Flitzer für (sehr) schnelle Trail-Runden. Gemeinsam machen sie dort den sehr teuren Spezialisten Scott Lumen und Rotwild R.X275 Konkurrenz. Zum Vergleich: Beide Bikes, KTM und Fantic, kosten zusammen weniger als das Lumen-Topmodell von Scott.
¹ Die Reichhöhe wurde bei standardisierten Messfahrten an einem Asphaltanstieg mit 12,2 Prozent Steigung ermittelt. Höchste Unterstützungsstufe, 150 Watt Tretleistung des Fahrers, Fahrergewicht inkl. Ausrüstung 89 kg. In Klammern die Höhenmeter im deutlich gedrosselten Notlauf-Modus. Die Durchschnittsgeschwindigkeit bezieht sich auf die Fahrt bei voller Unterstützung.
² Ermittelt auf den Prüfständen im EMTB-Testlabor, Gewicht ohne Pedale.
³ Die Bewertung gibt den subjektiven Eindruck der Tester und die Ergebnisse der Reichhöhenmessung und der Labortests wieder. Das EMTB-Urteil ist preisunabhängig. EMTB-Urteile: super (ab 9,0), sehr gut (ab 8,0), gut (ab 7,0), befriedigend (ab 6,0), mit Schwächen (ab 5,0), darunter ungenügend.