Allein von der Optik darf man sich nicht täuschen lassen. Das Scarp im Namen ist der entscheidende Hinweis, was für ein Charakter im neuen KTM E-Bike mit Boschs leichtem SX-Antrieb steckt. Denn auch mit 140 Millimetern Federweg hat das Macina Scarp SX die DNA von KTMs Scarp-Racebikes ohne Motor.
Dazu passt nicht nur die sehr sportliche Sitzposition mit tiefer Front sondern auch die schnellen Reifen und die Lenker-Vorbaueinheit aus Carbon am Topmodell. Auch der edle Vollcarbonrahmen legt den Fokus auf ein geringes Gewicht und schnelle Touren. Damit trotzdem die Alltagstauglichkeit nicht leidet, setzt KTM auf einen entnehmbaren Akku, der per Schlüssel gegen Diebstahl gesichert ist. Trotzdem soll das Topmodell des Macina Scarp nur 16,5 Kilogramm wieen.
Racing und Leichtbau wird bei den unmotorisierten Bikes von KTM schon länger großgeschrieben. Bei E-Bikes dominierten bislang schwere und federwegstarke Bikes wie das Macina Prowler. Mit dem Scarp SX füllt KTM nun eine Lücke und dringt auch bei E-Bikes mit weniger Federweg ins Performance-Segment vor. Der Schlüssel dafür: der neue Light-Motor Bosch Performance Line SX mit dem kompakten und leichten 400er Akku, den die Österreicher gleich in eine ganze Palette von Mountainbikes einbauen.
Wie bei den bisherigen E-Bikes lässt sich KTM dafür im unmotorisierten Bereich inspirieren. Das Racefully Scarp steht Pate für das neue E-Fully mit leichtem Bosch Antrieb. Entsprechend erbt das KTM Macina Scarp SX eine sportliche Auslegung und Sitzposition. Mehr ein Racer mit Federwegreserven als ein klassisches Trailbike, auch wenn 140 Millimeter Hub vorhanden sind. 29er Laufräder vorne und hinten sichern dem Macina Scarp E-Bike einen effizienten Vortrieb.
Mit einer gemäßigten Geometrie legt KTM das Macina Scarp SX für schnelle Touren aus. Der Reach von 472 Millimetern in Größe L und ein Sitzwinkel von 76,5 Grad sind zwar modern, der Lenkwinkel mit 66 Grad fällt aber steil und die Kettenstreben mit 451 Millimetern lang aus. Das dürfte sich in der Praxis in ausgewogenen Fahreigenschaften niederschlagen, solange die Trails nicht zu wild werden. Der steile Lenkwinkel lässt in Kombination mit nur 1231 Millimetern Radstand auf ein neutralen Einlenkverhalten schließen, ein hyperagiles Light-E-MTB wollte KTM aber offenbar nicht schaffen.
Etwas verwunderlich: Bei der Ausstattung greift KTM zumindest beim Topmodell in etwas unterschiedliche Regale. So sind XC-Pneus von Schwalbe in der härtesten Gummimischung maximal auf Geschwindigkeit und Leichtbau getrimmt, das Fahrwerk bietet dafür mit 140 Millimetern Hub aber relativ viel Komfort und in der Gabel steckt sogar die umfangreich einstellbare Enduro-Kartusche Grip2 von Fox. Das bietet etwas Angriffsfläche: Trailbikern passen Sitzposition und Reifen nicht richtig, Racer hätten sicher gern die leichtere Fox 34 Factory Fit4 mit Lockout. Apropos Lockout: Eine Fernbedienung für die Federung, mit der das Fahrwerk auf Knopfdruck gestrafft werden kann, gibt es beim KTM Macina Scarp SX nicht.
Das Topmodell Exonic kostet 11.099 Euro - soll aber auch nur 16,5 Kilo wiegen. Und das bei leicht entnehmbarem Bosch CompactTube 400 Akku. Wie von anderen KTM E-MTBs bekannt, liegt die Batterie unter einem Cover im Unterrohr. So kann sie bequem nach oben herausgehoben werden. Auch für die Verwendung des Bosch Zusatz-Akkus PowerMore 250 ist das KTM Macina Scarp SX vorbereitet. Die dafür passende Halterung muss aber noch beim Fachhändler nachgerüstet werden.
Neben dem exklusiven Topmodell gibt es aber auch zwei günstigere Varianten. Das KTM Macina Scarp SX Master kostet 6299 Euro soll bei immer noch guten 18,1 Kilo landen. Außerdem ist die Ausstattung ziemlich fair: Fox-Performance-Fahrwerk, XT-Schaltung mit SLX-Kassette, Magura-Bremsen und Laufräder, die DT-Swiss in Lizenz für KTM produziert, da kann man nicht meckern. Das Scarp SX Prime für 8399 Euro bietet dasselbe Fox-Factory-Fahrwerk wie das Topmodell und kommt mit XTR-Schaltung, XT-Bremsen und Carbon-Laufrädern. Es soll 17,3 Kilogramm wiegen. Beide günstigeren Macina Scarp-SX-Modelle kommen mit Rekon-Reifen von Maxxis, die etwas besser zum Federweg passen als die Schwalbe Leichtbau-Pneus am Topmodell.
Da waren wir ganz schön baff: Während die meisten Hersteller den neuen Bosch Performance Line SX-Motor nur in sportlichen Mountainbikes einsetzen, schießt KTM gleich aus allen Rohren und stellte auf der Eurobike 2023 eine ganze Flotte von Bikes mit dem neuen Antrieb vor. Vom Kids-Modell Macina Minime über das MTB-Hardtail Macina Race, von dem es auch eine trekkingmäßige Variante mit Vollausstattung gibt, bis hin zu den sportlichen Modellen Revelator und Gravelator mit Rennlenker für den Einsatz auf der Straße und auf Schotter. Das Fitness-Bike Macina Cross sortiert sich zwischen den Kategorien ein. Damit hat KTM seine ganze Produktfamilie auf das Light-Konzept eingestellt. Klassische Power-Bikes mit Boschs CX-Antrieb wird es bei KTM aber natürlich weiterhin geben.