EMTB Redaktion
· 19.08.2023
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Light-E-MTB ist nicht gleich Light-E-MTB. Wie bei klassischen Bikes gibt es die E-Minimalisten auch mit unterschiedlichem Feder weg und Einsatzbereich. Welche Kategorie passt für Sie?
Federweg bis 130 mm | Gewicht ab ca. 15,5 Kilo
In dieser Kategorie wird alles dem Leichtbau untergeordnet. Statt wildem Gelände steht hier maximale Effizienz und massig Vortrieb auf der Agenda. Minimalistischer geht E-Bike kaum.
Wer nach dem allerleichtesten E-MTB sucht, kommt an dieser Kategorie kaum vorbei. Denn durch den gemäßigten Einsatzbereich machen an Light-E-Bikes der Down-Country-Kategorie auch abgespeckte Komponenten Sinn. Reifen, Bremsen, Federelemente, Anbauteile – überall steht Leichtbau vor Robustheit und Komfort. Besonders glänzen diese Flitzer auf sportlichen, flachen Ausfahrten, die teilweise auch ohne Motor-Power und über der 25-km/h-Grenze gefahren werden. Hier spielen die spritzigen Bikes ihre Stärke aus. In diesem Modus sind dann auch richtig lange Touren drin – trotz kleiner Akkus. Zielgruppe sind sportliche und fitte Piloten, die auch mit E-Unterstützung noch kräftig in die Pedale treten wollen. Extremes Gelände und Fahrkomfort treten in den Hintergrund.
Kein Dämpfer, kein Motor – auf den ersten Blick sieht das Scott Lumen eRide dem unmotorisierten Scott Genius zum Verwechseln ähnlich. Denn dank des superkompakten TQ HPR 50 können die Schweizer ihr prägendes Konzept mit integriertem Dämpfer fast eins zu eins aufs E-MTB übertragen. Doch nicht nur die Optik sticht heraus. Scott hat mit dem Lumen die Kategorie der leichten Down-Country-
E-MTBs neu definiert. Das natürliche Fahrgefühl begeistert, das Handling ist spaßig, die Geräuschkulisse richtig angenehm.
Maximale Reduktion ist das Konzept des R.X 275. Wie kein zweites Bike ist dieses E-MTB darauf ausgerichtet, über weite Strecken ohne Motorschub gefahren zu werden. Besonderheit des Leichtgewichts ist ein Boost-Knopf, über den kurzfristig die maximale Leistung freigeschaltet wird. Dieser situative Schub soll der Fahrt eine besondere Dynamik verleihen. Zum Beispiel beim Beschleunigen aus Kurven oder Wegdrücken kurzer Rampen. Einen klassischen Hebel für die U-Stufen gibt es nicht, stattdessen soll sich der Fahrer eher eine sehr dezente Grundunterstützung einstellen. So sollen selbst mit dem kleinen 250er-Akku lange Ausfahrten möglich sein. Die Option auf einen Range-Extender gibt es obendrein.
Die Schweizer Marke Thömus hat ein besonders leichtes E-MTB im Programm. Das Lightrider E Ultimate soll in Top-Ausstattung nur 14,6 Kilo wiegen. Die Komponenten und die Ausrichtung des Bikes können Kunden im Online-Konfigurator selbst auf persönliche Vorlieben tunen. 120 bis 140 Millimeter liefert die Plattform. Im schlanken Vollcarbonrahmen steckt wahlweise ein Akku mit 250 oder 350 Wattstunden – in beiden Fällen fest verbaut. Für Schub sorgt der Schweizer Antrieb Bikedrive Air von Maxxon. Dieser geht sehr dezent und natürlich zu Werke – ein sportliches Tool für motivierte Biker. Das Thömus spricht besonders Fans von sportlichen Marathonund CC-Bikes an.
Mit 140 Millimetern schießt das neue Macina Scarp SX von KTM strenggenommen über die Down-Country-Kategorie hinaus. Doch eine racige Sitzposition, leichte CC-Reifen und Race-Ausstattung zeigen ihre Stärken ganz klar in diesem Segment. Das Top-Modell Exonic kostet 11099 Euro – soll aber auch nur 16,5 Kilo wiegen. Und das bei leicht entnehmbarem Bosch-CompactTube-400-Akku. Wie von anderen KTM-E-MTBs bekannt, kann die Batterie bequem nach oben aus dem Unterrohr herausgehoben werden. Auch für die Verwendung des Bosch-Zusatz-Akkus (250 Wh) ist das KTM Macina Scarp SX vorbereitet. Der SX-Motor von Bosch macht das Scarp zum kraftvollsten Light-Bike der DC-Kategorie.
Federweg 140 –160 mm | Gewicht ab 17,5 Kilo
Das Beste aus allen Welten: Light-E-Bikes der Trail- und AM-Kategorie sind echte Alleskönner. Trails? Ja. Lange Touren? Gerne. Können und Einsatzbereich der Bikes sind breit.
Die allermeisten E-Mountainbikes fahren in der Trail- und All-Mountain-Klasse. Zu Recht, denn diese Bikes sprechen mit ihrem Einsatzbereich eine sehr breite Zielgruppe an. Ob längere Touren im Gelände oder spritzige Trail-Runden: Hier trumpfen die Kandidaten dieser Kategorie auf. Mit guten Gewichten und gemäßigten Geometrien wird die Minimal-Diät auf dem Trail besonders gut spürbar. Im Vergleich zu derben Light-Enduros sind diese Bikes leichtfüßiger unterwegs. Trotzdem bieten sie Reserven für ernste Trail-Ausflüge. Mit gemäßigter Ausstattung lassen sich diese Bikes auch noch gut ohne Motor-Power treten. Die Klasse ist, je nach Auslegung und Motorsystem, sehr breit: Vom Minimalisten bis zum leichten Power-E-Bike sind verschiedene Ansätze vertreten.
Schon das erste Levo SL krempelte die Bike-Welt komplett um. Die Konkurrenz hat seitdem aber mächtig aufgeholt. Das neue Bike kommt also genau zum richtigen Zeitpunkt und räumt mit einigen entscheidenden Schwächen des Vorgängers auf. In der neuen Ausbaustufe ist das Levo SL extremer, aber auch in fast allem noch besser geworden. Kein Bike für jedermann, dafür das poppigste, leichtfüßigste und verspielteste Trail-E-MTB am Markt.
Das Lyke von Haibike war das erste E-MTB mit Fazuas neuem Ride 60 und gleich ein echter Treffer: Das Handling ist mit eher längeren Kettenstreben (450 mm) zwar nicht ultimativ verspielt, aber sehr ausgewogen und vorhersehbar. Das geringe Gewicht macht das Bike spritzig, der gelungene Hinterbau schluckt auch grobe Schläge souverän. Da kann man ruhig mal einen Abstecher auf harsche Trails wagen. Mit entnehmbarem Akku und angenehmer Geräuschkulisse einer unserer Favoriten im Light-Segment, gerade, wenn es etwas ausgewogener und touren-tauglicher sein soll. Leider hat das auch Haibike gemerkt und die Preise für das Lyke Anfang 2023 kräftig angezogen.
Edel und sportlich soll es sein, so wenig wie möglich nach E-Bike aussehen und sich auch so anfühlen? Das Fuel EXe ist dafür der perfekte Kandidat. Der TQ-Motor ist extrem klein und meistens gar nicht zu hören, das Bike kann man kaum vom klassischen Fuel EX unterscheiden. Die Fahreigenschaften sind ebenfalls top. Das Fuel EXe hat ein sehr definiertes Fahrwerk, das Handling ist betont präzise und liegt sehr nah an einem Bike ohne Motor. Zwar macht das Trek auch auf Touren Spaß, aber nur schnelle Piloten mit guter Fahrtechnik können das ganze Potenzial des Bikes ausschöpfen. Gibt‘s mittlerweile auch mit Alu-Rahmen (20,5 kg), für das Carbon-Modell muss man ab 6999 Euro anlegen.
Schon bei den reinen Fakten sammelt das Focus viele Pluspunkte. Günstiger Einstiegspreis für ein Bike mit Vollcarbonrahmen, geringes Gewicht und dazu der bewährte Fazua-Antrieb. Der Akku klappt klassisch nach vorne aus dem Unterrohr. Das ist benutzerfreundlich und eine Seltenheit unter Light-E-MTBs. Durch die umfangreiche Geometrieverstellung kann man das Focus in zwei Richtungen trimmen: entweder als handliches Trailbike oder als laufruhiges Mini-Enduro. Bei zweiterem Einsatz begrenzt allerdings der eher straffe Hinterbau den Speed-Rausch. Dennoch: sehr vielseitig und spaßig bei fast unschlagbarem Preis-Leistungs-Verhältnis.
Spritzig-schnelle Trail-Touren und ab und zu auch mal richtig viel Motorleistung? Dafür ist das Bulls der richtige Kandidat. Der Bosch-Motor liefert im Sprint kurzzeitig volle E-Power, das Bike verbindet ein noch relativ geringes Gewicht mit einer unkomplizierten Akku-Entnahme zur Seite hin. Für schweres Gelände ist das AM SX vielleicht nicht der beste Kandidat, mit eher steilem 65,5er-Lenkwinkel, kompaktem Radstand und supertiefem Tretlager bietet es sich eher als wendige Kurvenfräse an. Pendler freuen sich über Alltags-Features wie die Monkey-Link-Schnittstelle, integrierte Rückleuchten und den per Schlüssel gesicherten Akku. Für Vollcarbon ist der Preis fair.
Das bislang vielleicht meistverkaufte Light-Bike ist immer noch ein heißer Tipp. Gerade wenn es sehr leicht oder günstig sein soll. Seit diesem Jahr verbaut Orbea die neuesten Motoren von Shimano, außerdem hat man nun immer die Wahl zwischen dem großen und dem kleinen Akku. Upgrades bei den Parts kann man in Orbeas Konfigurator auch dazubuchen. Die Fahreigenschaften sind bewährt: Das Rise ist souverän, handlich und unkompliziert, wenn auch keine Enduro-Maschine. Mit Leichtbauausstattung kratzt das Rise an der 16-Kilo-Marke. Aber auch mit Trail-Parts gibt es das Rise noch unter 18 Kilo (360er-Akku). Die Alu-Bikes mit großem Akku kommen auf gut 20 Kilogramm.
Als Grenzgänger zwischen All Mountain und Enduro präsentiert sich das neue Neat von Mondraker. Die lange Geometrie mit 495er-Reach in Größe L und eher langen Kettenstreben ist typisch für die Spanier. Das wirkt ausgewogen und gibt dem Neat viel Sicherheit bergab. Ein echtes Sahnestück ist der neu designte Hinterbau: super sensibel und trotzdem mit viel Gegenhalt bergab. Der leise und kompakte Motor hält sich angenehm im Hintergrund, für lange Touren passen auch beim M-Rahmen Range-Extender und Flasche ins Bike. Trotz komplexem Hinterbau und entnehmbarem Akku ist das Mondraker recht leicht, ein günstiges Einstiegsmodell gibt es aber nicht.
Federweg ab 160 mm | Gewicht ab 18,5 Kilo
Extreme Abfahrtsstärke ohne das Ubergewicht klassischer E-Enduros: So wollen Light-Enduros Gravity-Biker überzeugen. Der E-Motor bietet entspannte Anstiege und ein Plus an Tiefenmetern.
Moderne Enduro-Mountainbikes wiegen locker über 15 Kilo. Mit pannensicheren Reifen und Klebegummi sind diese Bikes auf langen Ausfahrten eine Qual. Wer nicht extrem fit ist und keinen Lift hinterm Haus hat, muss die Feierabendrunde viel zu früh beenden – sonst droht Sauerstoffmangel. Und genau hier trumpfen Light-Enduros auf. Die minimalistischen Motoren gleichen das Übergewicht und fette Reifen locker aus. So fährt man bergauf wie auf einem Cross-Country-Racebike und genießt bergab die Reserven eines echten Super-Enduros. Die Trails machen nicht nur mehr Spaß – es sind auch mehr Trails pro Ausfahrt drin. Kardiotraining mit vollem Fokus auf spaßigen und anspruchsvollen Abfahrten, sieht so nicht der Traum jedes Enduro-Piloten aus?
Die kleine Marke Forestal hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Mit ihren Light-E-
MTBs – und nichts anders baut die Brand aus Andorra – wollen sie der Tesla unter den E-Mountainbikes sein. Und etwas Besonderes sind die Carbon-Flitzer mit der auffälligen Hinterbauschwinge auf jeden Fall: top Fahrwerk, top Handling, gute Power. Motor-Performance, Effizienz und Software sind allerdings eher Mittelmaß. Bergab super leise!
Die Silhouette des Rapcon Pmax TQ ist rekordverdächtig schlank. Ist das wirklich ein E-Enduro? Und genauso unauffällig wie es aussieht, fährt das Bike auch. Möglich macht das der flüsterleise Motor von TQ mit seinem sehr natürlichen Schub. Besonders begeistern wird das Enduro-Piloten, die kein Vollgas-Shuttle, sondern eher leichten Rückenwind für die Uphills suchen. Im Downhill kann das Rapcon mit richtig fluffigem und traktionsstarkem Fahrwerk punkten. Obendrauf kommt eine super moderne Enduro-Geometrie. Und das alles in einem edlen Vollcarbon-Chassis und ab Werk mit richtig soliden Gravity-Reifen. Achtung: fest verbauter Akku, dafür gibt es optional einen Range-Extender.
Mit 140 Millimetern Federweg im Heck hat das Ghost Path Riot nominell in der Enduro-Kategorie nichts zu suchen. Doch die Waldsassener haben ihren Carbon-Boliden mit Fazua-Antrieb dermaßen auf Krawall gebürstet, dass er definitiv actionhungrige Enduristen anspricht. Eine Fox 38 mit 160 mm sorgt für Schluckvermögen, und die top-moderne Geometrie mit sehr flachem 63,5er-Lenkwinkel und tiefem Tretlager schreit ebenfalls nach Stunts und schweren Abfahrten. Vorne wie hinten sitzen Maxxis-Reifen mit klebrigem MaxxGrip-Gummi auf den Felgen. Wer mit diesem Geschoss nicht voll auf Abfahrt aus ist, der hat zum falschen Bike gegriffen. Der Ride 60 hat für Light-Verhältnisse viel Power.
Das Ryvon ist das erste Light-E-MTB von Conway. Für spritzigen Schub sorgt Boschs SX-Motor, damit gehört das Bike zu den kräftigeren Kandidaten der Light-Kategorie. Der Vollcarbonrahmen hat einen auf Knopfdruck entnehmbaren 400er-Akku, perfekt um die Trail-Session mit Zweit-Akku auszudehnen. Um Gewicht zu sparen, verzichtet das Ryvon dafür auf einen Ladeport. So soll das leichteste LT-Modell nur 19,2 Kilo wiegen. Mit im Paket stecken 170 Millimeter Federweg, eine solide Ausstattung und sportliche Geometrie. Zwei Modelle für 7000 bzw. 10300 Euro stehen zur Auswahl. Darüber hinaus gibt es das Bike auch in einer leichteren Short-Travel-Variante (ST) ab 17,6 Kilo und ab 6500 Euro.
Darf’s vielleicht etwas Besonderes sein? Drei leichte E-Mountainbikes mit dem etwas anderen Ansatz – garantiert nicht gewöhnlich!
Bosch-Performance-SX-Motor, nach unten aus dem Unterrohr herausnehmbarer Compact Tube 400 – so weit reiht sich das Nicolai Saturn 14 Swift unauffällig in die Riege der neuen Bosch-Bikes ein. Der Alu-Rahmen mit den charakteristischen Schweißnähten ist hingegen ein echter Hingucker. Geschweißt und lackiert in Deutschland. Es gibt zwei Varianten. Das Saturn 11 hat schlanke 105 Millimeter Hub im Heck, das 14er 130 bis 140 Millimeter. Die Ausstattung nach Kundenwunsch ist auch alles andere als üblich.
Drei Schweizer Manufakturen arbeiten für dieses Projekt zusammen. Der minimalistische Bikedrive-Air-Motor kommt von Maxon, der leichte Vollcarbonrahmen von Transalpes, und Stoll kümmert sich um das Feintuning an der Ausstattung. Ab 14 Kilo soll das Bike erhältlich sein. Dafür müssen aber alle Register gezogen werden, was nicht nur den Geldbeutel, sonder auch die Nehmerqualitäten auf dem Trail empfindlich ankratzen dürfte. Ein Hingucker ist das ausgezehrte Schweizer Prachtstück aber definitiv.
Die Marke Giant ist nicht gerade exotisch. Doch der Ansatz des Light-E-MTBs der Taiwanesen ist besonders. Der Syncdrive-Motor gibt nämlich volle E-Bike-Power mit 85 Newtonmetern frei. Und das bei einem Bike-Gewicht von unter 20 Kilo. Damit der fest verbaute 400-Wh-Akku nicht zu schnell leergesaugt wird, können die Unterstützungsstufen via App in diversen Parametern justiert werden. Das Fahrgefühl des Bikes ist spritzig-sportlich. Kurvenwillig, sprungfreudig und präzise macht es auf dem Trail richtig Spaß. Mit vollem Motorschub sind auch echte E-Bike-Uphills möglich.
Abends noch ’ne schnelle Tour und trotzdem ein paar Höhenmeter machen, das Bike aber auch mal unkompliziert über einen Zaun oder auf den Heckträger heben können? Da ist ein möglichst leichtes E-MTB wie das Lumen einfach ideal. Es tritt sich auch gut ohne Motor, der Federweg reicht völlig für moderate Trails und Mittelgebirge. Am Reschen oder in Finale setz’ ich dann auf ein klassisches Enduro.
All Mountains werden oft belächelt. Kann alles, aber nichts richtig, heißt es dann. Ich find’ das verfehlt. Gerade mit leichtem Antrieb wie beim Fuel EXe sind diese Bikes die perfekten Abenteurer und machen überall Spaß. Auf flachen Strecken genauso wie auf echten Enduro-Trails, die nötige Fahrtechnik vorausgesetzt. Für viele Biker die beste Option.
Für meine Lieblings-Trails ist ein modernes Enduro mit ordentlich Federweg die richtige Wahl. Das Problem: Mit hohem Gewicht und schlecht rollenden Reifen machen diese Bikes nur bergab Spaß. Full-Power-E-Bikes waren für mich aber nie eine Alternative. Sie sind für einen verspielten Fahrstil bergab einfach zu träge. Das Light-Enduro ist da der ideale Kompromiss und das beste aus beiden Welten.