Guido Tschugg: „Ich hatte viele zweite und dritte Plätze, schloss die Overall-Wertung 2008 auf dem zweiten Platz ab und stand in diesem Jahr bei jedem Rennen auf dem Podium – das war mein bestes Jahr. Mein größter Moment war aber definitiv der Worldcup-Sieg 2004 in Schottland. Das Gefühl, einen Worldcup zu gewinnen, ist unbezahlbar und unschlagbar. Die Goldmedaille von Schottland liegt in einer Arztvitrine. Vor Jahren kaufte ich alte Metall-Vitrinen vom Onkel Doktor. Statt Formaldehyd, Knochensäge und Wundsalbe liegen da jetzt meine Fourcross-Medaillen hinter Glas. 2011 warf die UCI die Disziplin Fourcross aus dem Programm. Für mich total unverständlich, denn kein Format ist packender, zuschauerfreundlicher und telegener als Fourcross. Vier Typen, eine Strecke voller Jumps und Kurven und ein Sieger – geht’s noch spannender? Dagegen ist der Enduro-Worldcup ein medialer Albtraum – das Publikum kriegt nicht mit, was wo passiert. Anders im Fourcross. Doch die UCI argumentierte damals, dass es zu teuer sei, die Strecken herzurichten – in meinen Augen war das ein schwaches Argument, denn die Fourcross-Strecken gab es an den Worldcup-Orten ja bereits. Da musste wenig neu gebaut werden, sondern brauchte lediglich ein leichtes Reshape. An den Kurs in Andorra erinnere ich mich besonders. Er war spektakulär mit richtig fetten Jumps, die nur vier oder fünf Rider im ganzen Worldcup-Fahrerfeld gesprungen sind. Zehn Jahre lang war ich Top 10 in der Weltrangliste. Das macht mich zum erfolgreichsten deutschen Fourcrosser. Meinen Red-Bull-Helm trage ich aber schon seit 1998. Damals sponserte Red Bull das NPJ-Team. Darin: Namensgeber Nils-Peter Jensen, André Wagenknecht, Ralf Schupp und ich. Wir alle bekamen den Helm, doch nach einem Jahr löste sich das Team wieder auf. Zu dem Zeitpunkt fuhr ich bereits Worldcup Dualslalom, wurde 1998 Zweiter und Vize-Europameister – ich durfte meinen Helm behalten.
Eine Zeit lang fuhr ich sogar beides: Downhill und Fourcross. In einem Downhill-Worldcup wurde ich Achter – das war mein bestes Ergebnis. Doch erst meine Teilnahmen an der Red Bull Rampage (2004, 2008) machten mich auch außerhalb der Racing-Szene bekannt und gaben meiner Profi-Karriere einen extra Boost. Als Rampage-Organisator Todd Barber gemeinsam mit Red Bull in Livigno einen Monster-Cross auf die Beine stellen wollte, war ich Feuer und Flamme. Sechs Fahrer sollten über einen Kurs aus Sprüngen im Motocross-Format racen. Das wäre klasse gewesen und total mein Ding. Leider kam dieses Super-Rennen nie zustande. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, den Monstercross in Eigenregie aufzuziehen. Gestartet würde mit Downhill-Bikes. Die Strecke könnte ich selbst bauen, denn die nötigen Skills als Trail-Bauer hab ich. Mal sehen, vielleicht passiert’s noch.“
Fourcross, Downhill, Freeride, Slopestyle, Urban: Tschugg hat alles ausprobiert, brilliert in allen Disziplinen und konnte Erfolge feiern. Der Allgäuer ist noch immer der einzige deutsche Rampage-Teilnehmer (!). Guido nahm 2004 und 2008 an dem Superwettkampf teil, bekam in dem amerikanischen Wettkampf allerdings nie die Punkte, die er eigentlich verdient hätte. Früh erkannte Tschugg das Potenzial der E-Bikes und wurde Ambassador. Heute lebt Guido mit Frau und Kindern am Chiemsee, betreibt Produktentwicklung, baut Mountainbike-Strecken und fährt nebenbei so leidenschaftlich Motocross, dass er ein vertrauter Besucher in Notaufnahmen ist.
2011 warf die UCI die Disziplin Fourcross aus dem Programm. Für mich total unverständlich, denn kein Format ist packender als Fourcross. - Guido Tschugg