Josh Welz
· 30.01.2024
Sie ist die Mutter aller Etappenrennen. Schmutzig, ekstatisch, episch – so lockt die BIKE Transalp seit 1998 Profi- und Hobby-Racer aus aller Welt durch die spektakulärsten Regionen der Alpen. Am 14. Juli startet die 26. Ausgabe des Traditionsrennens, und es wartet ein echtes Trail- und Panorama-Spektakel. Und schon jetzt ist klar: Die Strecke von der Zugspitze an den Gardasee wird wieder eine Arie aus Supertrails und bombastischen Panoramen. Insgesamt werden die Teilnehmer auf sieben Teilabschnitten über 500 Kilometer und 16.000 Höhenmeter einsammeln. Die Top-News aber heißt: 2024 dürfen erstmals auch E-Mountainbiker die einzigartige Transalp-Atmosphäre inhalieren.
Die Resonanz auf diese Premiere ist auch in der Rennszene positiv. Marathon-Legende Karl Platt zum Beispiel bezog schon früh Position pro E-Mountainbike auf der Transalp: „Ich fahre selbst gerne E-MTB, und die Transalp ist ein Wahnsinnserlebnis – das sollte man niemandem verwehren. Und man kann es definitiv so organisieren, dass sich Muskelbiker und E-Biker nicht in die Quere kommen.“
Und genau das haben die Verantwortlichen um Streckenchef Marc Schneider natürlich im Blick gehabt: Die friedliche Co-Existenz von Mountainbikern mit und ohne E-Unterstützung auf der Transalp. Zwar werden beide Gruppen dieselbe Strecke bewältigen, damit man sich aber nicht ins Gehege kommt, werden die E-Biker mit ausreichend Abstand hinter dem Feld der Muskelbiker starten.
Wichtige Botschaft für alle E-Mountainbiker: Auf den Etappen gibt es keine Zeitnahme vom Start bis ins Ziel. Jeder E-Mountainbiker soll Trails, Landschaft und Atmosphäre vor allem genießen können. Trotzdem wird freilich der Sportsgeist gefordert sein: Mit teilweise über 3000 Höhenmetern pro Etappe, knackigen Abfahrten und technisch anspruchsvollen Uphills kommt es auf Fahrtechnik, Kondition und nicht zuletzt das Akku-Management der Teilnehmer an. Und etwas Wettkampf-Würze wird es bei der EMTB Transalp dann natürlich auch geben: Denn auf jeder Etappe warten spezielle Challenges mit Zeitnahme, die die fahrtechnischen und konditionellen Skills der E-Biker fordern.
Da jeder E-Biker weiß, dass es auf langen Touren extrem aufs Batteriemanagement ankommt, werden Teilnehmer und Event-Organisation diesem Aspekt ganz besonderes Augenmerk widmen. Denn bei teilweise über 3000 Höhenmetern pro Etappe wird man auch bei ressourcenschonender Fahrweise mit einem Akku nicht auskommen. Deswegen muss jeder Starter bei der EMTB Transalp über einen Zweit-Akku und insgesamt über mindestens 1200 Wattstunden Batteriekapazität verfügen. An jedem Etappenort wird es Lademöglichkeiten für die E-Bike-Akkus geben. Und auf jeder Etappe wird dann etwa auf der Hälfte der Strecke eine Station zum Wechseln der Akkus eingerichtet. Das Transalp-Orga-Team wird für den Transport der Ersatz-Akkus zu den Wechsel-Stationen sorgen, der Austausch des Akkus während der Etappe ist ausschließlich in diesen Wechselzonen erlaubt. Pro Etappe ist somit nur ein Akkutausch möglich.
Zugelassen zur EMTB Transalp sind freilich nur handelsübliche Pedelecs mit einer Motorunterstützung bis maximal 25 km/h. Systeme, die sich während der Etappe auf Speed Pedelec (Motorunterstützung über 25 km/h) umstellen lassen, sind nicht erlaubt.
Die Transalp wird für E-Mountainbiker zum ganz besonderen Erlebnis werden, denn die Chance eine Premiere mitzuerleben, gibt es eben nur einmal. Deshalb aufgepasst: Wer bei diesem einzigartigen Erlebnis dabei sein möchte, muss sich ranhalten, denn die Anzahl der Startplätze ist auf 75 Teilnehmer begrenzt!
Er gehört zu den Größten, die der Marathon-Sport je gesehen hat: Ausdauerlegende Karl Platt hat insgesamt fünfmal das Cape Epic in Südafrika und siebenmal die BIKE Transalp gewonnen. Das macht dem Pfälzer so leicht keiner nach. Im Interview sprechen wir mit dem Bulls-Athleten über das neue EMTB Format und seine Affinität zu motorisierten Mountainbikes.
Karl, du hast dich als einer der ersten Profis mit für eine EMTB-Variante der Transalp eingesetzt. Wie kam es dazu?
Die Transalp für E-Mountainbiker war sogar mit meine Idee. Für die klassische Transalp muss man wirklich hart trainieren. Mindestens zwei Monate sind Pflicht, auch für fitte Biker. Erst dann macht’s wirklich Spaß. Ich wollte einfach, dass auch Biker die Faszination dieses Events erleben können, die diese Möglichkeiten nicht haben.
Du warst schon vor Jahren dem E-Mountainbike recht aufgeschlossen. Sicher als einer der Ersten unter den Cross-Country- und Marathon-Profis. Wie kam es dazu?
Ganz am Anfang, als die ersten E-Mountainbikes überhaupt aufkamen, war ich auch skeptisch. Brauchen wir das wirklich? Aber je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto klarer wurde mir, was für ein Potential das E-Bike eigentlich bietet.
Fährst du heutzutage auch mal mit dem E-Mountainbike?
Ich selbst eher selten. Aber wenn wir mal ne Runde mit Kumpels fahren, dann nehm‘ ich auch das E-Bike, denn dann sind wir alle auf einem Niveau. Und wenn auf einem Trainingscamp mal einer ne Runde mit mir mitfahren will, dann sag ich auch, nimm doch ein E-Bike. Dann haben wir beide Spaß. Noch viel wichtiger ist das E-Mountainbike aber für Leute, die wenig Möglichkeiten haben, zu trainieren. Wer 40 oder 45 Stunden arbeitet und auch noch Familie hat, der kann das Mountainbiken so trotzdem in vollen Zügen genießen.
Bei der Transalp wird es sicher auch Biker geben, die nur die klassische Variante akzeptieren. Wie gehst du damit um?
Natürlich akzeptiere ich auch die Hardcore-Biker. Die die sagen ich brauche die Transalp mit Muskelkraft. Ich fahre ja dieses Jahr auch wieder ganz klassisch in der Masters-Klasse mit. Aber ich finde, man sollte leben und leben lassen. Es geht darum, die eigenen Erlebnisse auch anderen zu gönnen und das schließt E-Mountainbiker mit ein.
E-Mountainbiker und Muskel-Biker werden bei der Transalp 2024 getrennt voneinander starten. Der richtige Ansatz?
Ich finde es super, dass beide Gruppen erstmal getrennt werden. Die Profis und die ambitionierten Amateure fahren knallhart auf Platzierung und sind wahnsinnig schnell. Das würde sich nicht gut vertragen. Ich bin mal beim Swiss Epic als Kamera-Bike mit dem E-MTB gefahren und musste da trotz drei Akku-Wechseln pro Etappe wahnsinnig Gas geben um überhaupt dranzubleiben. Hinten im Feld wird etwas mehr Rücksicht aufeinander genommen und Fahrer können sich besser begegnen, ohne das gleich Unmut aufkommt.
Apropos Unmut: Ist der vorprogrammiert, wenn doch mal ein E-Mountainbiker ein paar konventionelle Starter bergauf überholt?
Vorkommen kann das natürlich, aber ich glaube, das werden Einzelfälle sein. Es ist ja völlig klar, dass der E-Mountainbiker außerhalb der Wertung fährt. Und man muss da auch ehrlich zu sich sein: Um die Platzierung geht es im letzten Drittel des normalen Starterfeldes ja ohnehin nicht mehr so sehr. Jetzt ist die EMTB Transalp noch ein Pilotprojekt, aber ich bin sicher, die gegenseitige Akzeptanz wird in den nächsten Jahren nochmal deutlich steigen.
Wie geht’s weiter mit der EMTB Transalp?
Ich denke, das Thema wird voll abheben. Vielleicht gibt’s in ein paar Jahren sogar zwei Tage pro Etappe. Einen mit, einen ohne E. Dann wären die Starterfelder komplett getrennt. Auch ein paar coole Profis mit einzuspannen, die das E-Mountainbiker-Feld in verschiedenen Geschwindigkeitsgruppen anführen, fände ich spannend. Mir würden die passenden Leute schon einfallen. Guido Tschugg, Stefan Sahm, Mike Kluge, das würde sicher auch die Teilnehmer begeistern. Nicht zuletzt auf die Industrie wird es dabei ankommen. Wenn die das Thema aufgreift und entsprechend fördert, wird das ein sehr erfolgreiches Format.