Marc Schneider
· 17.05.2023
Nur das Beste zum 25. Jubiläum: Auch die 5. Etappe der BIKE Transalp 2023 brennt ein Feuerwerk an Panoramen ab. Die Zündschnur mittendrin ist ein legendärer Trail in den Brenta-Dolomiten.
Zwischen dem Bollwerk der Presanella-Gruppe mit ihren Eisvorräten auf über 3500 Metern Höhe und den ebenso hohen, senkrechten Dolomiten-Wänden der Brenta geht’s heute schnurstracks gen Süden. Vom Boden der Meledrio-Talkerbe aus glaubt man nicht, dass man diese Felsenfestungen rechts und links mit dem Bike überhaupt einnehmen kann. Doch es geht – wenn man nur möchte und entsprechend Körner investiert …
Fünf Kilometer gewährt das Val di Sole noch zum Warmfahren, dann zweigt das wilde Meledrio-Tal Richtung Süden ab. Eine recht hochprozentige Schotterstraße nimmt Kurs auf den Passo Campo Carlo (1680 m), der 1000 Höhenmeter weiter oben stoisch wartet. Unterwegs dorthin spendet dichter Wald Schatten, aber auch ein paar Wurzelrampen mit kurzem Schiebe-Intermezzo. Wobei das bei einem so langen Anstieg auch mal ganz entspannend sein kann.
Mit dem Erreichen der Passhöhe fühlt man sich den Brenta-Wänden schon ganz nah. Doch die Route kippt jetzt ins Tal hinunter, windet sich durch die Straßen des mondänen Skiorts Madonna di Campiglio und verliert dabei bis kurz hinter Plazza 500 Höhenmeter. Die muss man anschließend im Val d’Agola wieder mühsam aufsammeln. Im Zickzack einer Schotterstraße kämpft man sich hier den grünen Sockel der Brenta hoch. Kurze Flachpassage am See, dann weiter auf Trail. Allerdings hält sich der Spaß zunächst in Grenzen: 300 Höhenmeter schieben und tragen – bis zum Passo Bregn de l’Ors (Bärenpass) hinauf, wo das Stimmungsbarometer wieder explodiert.
Direkt hinter den Almwiesen der Malga Movlina staffeln sich die höchsten Brenta-Türme ins Bild. Ohne Startnummer am Lenker lässt man sich hier oben ins Gras plumpsen und sieht beim Picknick vielleicht sogar ein wieder heimisches Steinadlerpärchen am Himmel kreisen.
Nur die Racer müssen sich beeilen, wenn sie zu den fahrtechnisch Versierten gehören, denn 18 Kilometer lang geht’s nun mehrheitlich bergab. Erst auf breiteren Almwegen, wo das Überholen noch gut möglich ist, dann auf steilem Waldweg das Val d’Algone hinunter und am Ende 600 wurzelige Tiefenmeter auf Zickzack-Trail von Casarole bis ans Ufer der Sarca. Genau! Der Fluss, der einen völlig anstiegsfreien Weg bis zum Gardasee kennt – man bräuchte also nur ein kleines Boot …
Aber hey, die 300 Höhenmeter bis zum Etappenziel Roncone im Valle del Chiese machen das Kraut heute auch nicht mehr fett.
Das Val d’Algone musste in die Jubiläumsroute einfach rein. Seine ruppigen, erdigen Waldwege waren schon zwei Mal Teil der Transalp, aber jeweils in schlammigem Zustand. Diesmal hoffen wir auf gutes Wetter und entsprechend griffigen Abfahrtsspaß. – Marc Schneider, Streckenchef der BIKE Transalp
Die fünfte Etappe bahnt sich den direkten Weg vom Val di Sole durch den Naturpark Adamello-Brenta. Beide 3000er-Massive bieten nur wenige Zugangsmöglichkeiten für Mountainbiker. Deshalb sieht es hier mit Abkürzungen für Nachfahrer eher schlecht aus. Theoretisch könnte man den Schlenker über den Passo Bregn de l’Ors (1836 m) weglassen und ab Madonna di Campiglio einfach weiter auf dem Talradweg bis ins Etappenziel Roncone rollen. Das würde knapp 1000 Höhenmeter einsparen, aber gleichzeitig auch das landschaftliche Gesamterlebnis dieser Etappe ruinieren. Daher können wir nur raten: Beißen Sie sich die 300 Höhenmeter-Tragepassage hinauf, es lohnt sich! Außer, es regnet. Wenn die Brenta-Türme in der Wolkendecke feststecken und die Trails im Val d’Algone zu Schlammrutschen mutieren, nutzt man die Zeit tatsächlich besser in einer gemütlichen Trattoria im Valle del Chiese.
An der Malga Mondifrà, kurz vor dem Passo Campo Carlo, zweigt links die etwas grobe Schotterauffahrt zum Rifugio Graffer ab – eine Transalp-Klassikerroute, die 700 weitere Höhenmeter, aber dafür bis in die spektakuläre Felsenregion der Brenta hinaufklettert. Hier oben könnte man übernachten und sich am nächsten Morgen übers Vallesinella (anspruchsvoller Trail) und an Wasserfällen vorbei zum Passo Bregn de l’Ors aufmachen.
In der Malga Mondifrà lohnt es sich, noch mal einzukehren, bevor man sich an die Brenta-Anstiege macht.
Die Region liegt in den versteckteren Winkeln des Trentino, dabei entpuppt sie sich zusammen mit den Valli Giudicarie als ein lohnendes, ausgesprochen trail-haltiges Bike-Revier. Die besten Touren-Runden stellt Transalp-Papst Uli Stanciu auf seinem Portal bike-gps.com vor.
Wer die Etappe abkürzen will, oder muss, fährt von Madonna di Campiglio auf der alten Straße links von der Staatsstraße bergab nach Pinzolo, dann auf dem Radweg durch das Val Rendena bis Tione, wo die Abkürzung wieder auf die Strecke trifft. Das Etappenerlebnis im Antlitz der Brenta geht dabei verloren, bei schlechtem Wetter ist diese Abkürzung aber ratsam.
Für einen Tagestrip bietet sich an, die Etappe etwas abzukürzen. Nach der Abfahrt ins Val Rendena bei Tione geht’s dann nicht weiter ins Chiesetal, sondern im Val Rendena auf dem Radweg nach Pinzolo/Carisolo. Von hier fährt der Bicibus über Madonna di Campiglio zurück ins Val di Sole nach Dimaro, das nur wenige Kilometer auf dem Radweg von Malé entfernt liegt.
Wer von Roncone zurück ins Val Rendena bei Tione rollt, kommt zurück auf die Strecken von Dolomiti Brenta Bike und kann diese gegen den Uhrzeigersinn weiterfahren. Eine Runde um den massiven Block der Brenta ist ein mehrtägiges Erlebnis voller landschaftlicher Überraschungen.
Die Malga Movlina nach dem Passo Bregn da l’Ors bewirbt sich mit guten Aussichten auf den Titel “Schönster Platz der ganzen Transalp”. Wer eine Rast einplant, sollte sie hier einlegen. Die Alm ist nicht bewirtschaftet. In Madonna di Campiglio könnte man sich aber eine Brotzeit kaufen. Im Osten kratzen die Wände der Brenta zum Greifen nah am Himmel. Im Westen baut sich das Adamello-Massiv über dem Val Rendena auf, mit dem 3463 Meter hohen Carè Alto, dem höchsten Gipfel. Das ist ein Kraftplatz zum Innehalten.
Am 24. Juni 2023 startet in Pinzolo der 9. Dolomitica Brenta Bike Marathon. Bereits am 4. Juni dürfen Rennradfahrer beim Top Dolomites Granfondo die Pass-Straßen der Region in Angriff nehmen. Start ist in Madonna di Campiglio.
Überlegen Sie noch, vom Touri- in den Race-Modus umzuschalten? Die 25. BIKE Transalp findet vom 9.– 15. Juli 2023 statt und kostet im Basispaket inkl. Rennleitung, Gepäck- und Bikeservice, Etappenverpflegung, medizinischer Versorgung u. v. m. ab 1299 Euro pro Person (U23-Fahrer 1099 Euro). Alle Details zum Rennen, Infos und Anmeldung: bike-transalp.de
Wir wissen, es ist hart, doch noch brauchen Sie etwas Geduld: Die GPS-Daten der gesamten Tour gibt’s ab 9. Juli 2023 zum Downloaden.