Gitta Beimfohr
, Marc Schneider
· 08.04.2023
Zum 25. Jubiläum hat sich der Streckenchef der BIKE Transalp, Marc Schneider, richtig viel einfallen lassen. Wir stellen die sieben Etappen von Nauders nach Riva zum Nachfahren vor! Heute Etappe 3: von Livigno nach Bormio.
Diese Etappe quer durch das Obere Veltlin wird niemand so schnell vergessen. Egal, ob Rennteilnehmer oder Transalp-Genießer, denn: Ab dem Start in Livigno verlaufen die ersten 56 Kilometer über der 1800-Meter-Marke. Das bedeutet natürlich zum einen, dass die Luft dünner und das Kurbeln anstrengender wird. Dafür aber stehen im Hochgebirge kaum Bäume im Sichtfeld und die Wege werden schmaler. 36 Prozent der dritten Etappe verlaufen über feinste Panorama-Trails!
Allerdings wird sich auch so mancher Anstieg ins Gedächtnis und in die Oberschenkel einbrennen. Gleich zum Start geht’s unterhalb der Carosello-3000-Seilbahn mit einer strammen 500-Höhenmeter-Rampe los. Auf der Panorama-Hochebene kurz nach Sauerstoff geschnappt, dann geleitet der „Hairy Cattle“ in den Kurvenspaß des „Rollercoaster“-Trails hinüber. Am Ufer des Lago di Livigno angekommen, fädelt der Trail wieder ins Val Torto ein. Der Trail, der auf der vorigen Etappe bergab viel Freude gemacht hat, funktioniert dank flacher Steigungsprozente nämlich auch in anderer Richtung ganz hervorragend. Erst ab Trepalle, wo der Kurs den Passo di Foscagno (2291 m) ins Visier nimmt, gerät der Kurbel-Rhythmus wegen ein paar Kurzrampen doch mal ins Stocken. Doch auch diese Mühe soll nicht unbelohnt bleiben: Mit dem erkämpften Panorama-Blick biegt man bald in den nächsten Supertrail ab, der sich auf der Ostflanke des Passes hinunterzieht.
Auf Zivilisation trifft man schließlich wieder im Bergort Arnoga, wo ein Waldweg ins Val Viola führt. Hier wechselt die Route auf die andere Talseite und legt sich wie eine Girlande auf halber und sehr aussichtsreicher Höhe um die Bergflanken der 3439 Meter hohen Cima de Piazzi. Für die Beine bedeutet das ein ständiges Auf und Ab auf wechselnden Untergründen. Auch eine nicht zu unterschätzende Tragepassage hilft dabei, auf den nächsten 15 Kilometern Wegstrecke noch mal 1000 Höhenmeter einzusammeln. Kurz nach der Alpe Pone ist das Bergauf für heute aber so gut wie geschafft. Dahinter warten 900 Tiefenmeter Abfahrt nach Bormio hinunter, mit nur noch kleinen Gegenanstiegen, die nicht mehr allzu sehr wehtun. Gekrönt wird das Ganze nochmal mit einem sensationellen Singletrail, der sich ganz zum Schluss vom Forte di Oga mit Blick auf den Hauptort des Veltlins hinunterwickelt.
Das gemeinste Stück dieser Etappe türmt sich gleich zu Beginn über Livigno. Wer sich den Kaltstart auf dieser 500-Höhenmeter-Rampe ersparen will, löst sich ein Ticket für die Carosello- 3000-Bahn und startet die Etappe von ganz oben. Hier gibt es anschließend mehrere Optionen, um wieder in die Original-Transalp-Strecke einzufädeln: Man kann die Schotterserpentinen bergab rollen bis zum Linksabzweig des Hairy-Cattle-Trails.
Viel spannender aber sind die verschiedenen Trail-Varianten von der Gipfelstation. Die landschaftlich schönste ist die ins Federia-Tal hinunter. Am Ende der Abfahrt treffen alle Optionen am Ufer des Lago di Livigno wieder zusammen und weiter geht‘s Richtung Passo di Foscagno. Eine weitere Abkürzungsmöglichkeit gibt es auf der anderen Seite des Passes: Dort, wo der geniale Abfahrts-Trail in die Schotterstraße einmündet, könnte man auch direkt die Talstraße nach Bormio entlang rollen (ca. 10 km). Allerdings bringt man sich damit um den Trail-Spaß, den die letzten 35 Kilometer und 1000 Höhenmeter der Originalstrecke noch in petto haben.
Den ersten Teil im Bikepark Carossello 3000 kann man auslassen oder mit Lift erweitern, je nach Lust und Laune. Von Livigno nach Bormio gibt es viele Varianten. Das erste Zwischenziel ist die „Decauville“ ein über mehrere Kilometer ebene Schottertrasse einer alten Werksbahn. Sie führt zwischen Arnoga an der Straße von Livigno nach Bormio zu den Torri di Fraele an der kleinen Straße, die von Bormio über Premadio hinauf zu den Stauseen (Lago di Cancano und Lago San Giacomo di Fraele) führt. Die Decauville ist ein Verteiler in beide Richtungen – direkt und ohne Umweg nach Bormio oder zunächst von Bormio weg ins Val Viola auf eine Schleife. Von Trepalle kommt man auch über den Passo Trela, die Alpe Trela und die Bocchetta di Trela zur Decauville. Das ist etwas anstrengender aber sehr reizvoll. Ein anderer Weg führt von der Alpe Trela hinab zum Lago San Giacomo di Fraele und weiter über den Lago di Cancano und die Torri di Fraele zum Abzweig Decauville. Wer diese alte Bahntrasse erreicht hat, kann über die Straße nach Premadio, dem Nachbarort von Bormio abkürzen.
Von Bormio verkehrt ein Linienbus nach Livigno, der auf Anfrage Fahrräder transportiert Der Fahrplan steht auf livigno.eu. Taxi-Adressen sind auf der Seite der Associazione Promozione Turistica Bormio Marketing aufgelistet
Die Region bietet viele Möglichkeiten, sich mehrere Tage auszutoben. Hier ist einmal eine Idee für einen 2-Tagestrip, in zwei Varianten. Tag 2 sieht dann so aus: Von Bormio über Premadio und die Torri di Fraele zu den Stauseen (Lago di Cancano und Lago San Giacomo di Fraele) nun über den Passo Alpisella nach Livigno und mit einem Liftticket die Trails im Bikepark genießen. Oder von den Stauseen über den Passo Trela (Strecke der ersten Etappe) nach Trepalle, jetzt aber nicht direkt nach Livigno, sondern von Trepalle zum Passo d’Eira. Dort die Pass-Straße links liegen lassen und an der Bergstation des Mottolino-Bikepark vorbei den Hang queren zum epischen Pfad ins Seitental, das Valle delle Mine. Wenn der Schotterweg nach dem Trail erreicht ist, lohnt sich der kurze Abstecher zur Alpe Mine etwas weiter drinnen im Tal. Jetzt den Schotterweg hinab nach Livigno oder auch die Pfad-Variante auf der anderen Talseite, die man von der Terrasse der Alpe Mine gut sehen kann.
Livigno: Carosello 3000, geöffnet ab Ende Juni bis Mitte September. Auch in den Flanken der Cima de Piazzi gibt es einen Quereinstieg in die Original-Route zurück: mit der Gondel kurz hinter Isolaccia.
Am Passo di Foscagno gibt es ein Restaurant, genauso wie in Arnoga. Uriger aber sind die Hütten auf der anderen Talseite des Valdidentro. Die Route passiert hier die Baita di Cardone, die Alpe Boron (kurz vor der Tragepassage) und das Rifugio Conca Bianca.
Der Hauptort des Oberen Veltlins war bereits drei Mal Etappenort der BIKE Transalp. Hier gibt es Unterkünfte aller Kategorien, Bikeshops, Thermen zur Erholung und alle Möglichkeiten, um die Energiespeicher wieder aufzufüllen. An der Straße zum Stilfserjoch liegen die Bagni Vecchi und die Bagni Nuovi, die Alten und die Neuen Bäder. Warum also nicht den Aufenthalt in Bormio etwas exklusiver mit vollem Wellness-Programm planen.
Bormio ist eine Sportstadt mit prall gefülltem Eventkalender. Am 29. Juli 2023 startet der Alta Valtellina Bike Marathon und führt dabei auch über Teilstrecken der 3. Transalp-Etappe. Rund um Bormio gibt es einige der berühmtesten Pass-Straßen im Radsport und eine ganze Serie autofreier Tage im Sommer 2023, an denen diese Straßen für Radfahrer reserviert sind. Am 9. Juli findet zum 38. Mal das Re Stelvio Mapei statt, bei dem man das Stilfserjoch auch gegen die Uhr erklimmen darf. Am 4. Juni startet der Granfondo Stelvio Santini, ein Straßenradrennen über Pässe der Ehrenkategorie. Am 1. Juli findet das Gravel Event Unpaved Roads Bormio statt.
Wer es sich doch noch überlegt vom Touri- in den Race-Modus umzuschalten, findet alle Details zum Rennen unter bike-transalp.de
36 Prozent! Diese Etappe wird schon wegen ihres Trail-Gehalts in die Geschichte der BIKE Transalp eingehen. Auch landschaftlich lässt sich das Obere Veltlin natürlich nicht lumpen. Am Ende folgen wir der ausgefeilten Strecke des Alta Valtellina Bike Marathons.
Überlegen Sie noch, vom Touri- in den Race-Modus umzuschalten? Die 25. BIKE Transalp findet vom 9.– 15. Juli 2023 statt und kostet im Basispaket inkl. Rennleitung, Gepäck- und Bikeservice, Etappenverpflegung, medizinischer Versorgung u. v. m. ab 1299 Euro pro Person (U23-Fahrer 1099 Euro). Alle Details zum Rennen, Infos und Anmeldung: bike-transalp.de
Wir wissen, es ist hart, doch noch brauchen Sie etwas Geduld: Die GPS-Daten der gesamten Tour gibt’s ab 9. Juli 2023 zum Downloaden.