Das richtige Werkzeug für die MTB-Werkstatt

Stefan Frey

 · 24.08.2016

Das richtige Werkzeug für die MTB-WerkstattFoto: Daniel Simon
Das richtige Werkzeug für die MTB-Werkstatt

Für gutes Werkzeug greift man tief in die Tasche. Zum Start reicht aber schon eine kleine Ausrüstung.


So sind sie gerüstet

Rund 400 Euro, so viel sollten Sie für die Ausrüstung einer einfachen Werkstatt einplanen. Davon entfallen allerdings bereits etwa 100 Euro für einen Drehmomentschlüssel, auf den auch Gelegenheitsschrauber nicht verzichten sollten und weitere 100 Euro für einen Montageständer. Ein günstiges Schrauber-Set kann die Grundlage mit den wichtigsten Fahrradwerkzeugen bilden. Allerdings enthalten diese Tool-Boxen meist auch Teile, die Sie nicht brauchen, oder die nur wenig taugen (z. B. Vierkantkurbelabzieher oder Reifenheber). Eine gute Anlaufstelle ist der Versandhändler Rose, hier bekommen Sie sämtliche Spezialwerkzeuge auch einzeln. Allgemeine Tools, wie Gummihammer oder Schraubendreher, besorgen Sie sich am besten im Baumarkt. Achten Sie aber auch hier immer auf gute Qualität. Wer exakt arbeiten möchte, kommt um Feinwaage, Speichenspannungsprüfer und einen Zentrierständer nicht herum. Mit Bearbeitungswerkzeugen für Rahmen, Gabel und Lager landen Sie schnell bei 2000 Euro. Solche Arbeiten empfehlen wir jedoch nur sehr geübten Schraubern.


DREI EMPFEHLENSWERTE STARTER-SETS


Pedro’s Apprentice Tool Kit


Preis 259 Euro
Info www.cosmicsports.de
Gewicht / Ausstattung 3,71 Kilo / 22 Tools
Fehlende Tools 10er-Inbus, Kurbelkappenwerkzeug, Kettenblattschraubenhalter

Der hochwertige Pedro’s-Koffer ist penibelst aufgeräumt, wirkt dadurch etwas leer. Dennoch finden sich nahezu alle wichtigen Werkzeuge in gewohnt überzeugender Qualität und toller Haptik. Etwas kurz fällt der Hebel des Innenlagerschlüssels aus. Der spezielle Pedro’s-Kassettenabzieher lässt sich nur äußerst umständlich handhaben.


Handhabung: 7 von 10 Punkten
Ausstattung: 8 von 10 Punkten
Qualität: 10 von 10 Punkten

  Pedro's Apprentice Tool KitFoto: Hersteller
Pedro's Apprentice Tool Kit


PRO TOOL BOX


Preis 189,95 Euro
Info www.paul-lange.de
Gewicht / Ausstattung 4,13 Kilo / 26 Tools
Fehlende Tools 1,5er-Inbus, Schraubendreher Kreuz/Schlitz

Im stabilen Pro-Koffer ruht eine nahezu komplette Basisausstattung, lediglich die Schraubendreher fehlen im Sortiment. Die Werkzeugqualität überzeugt auch bei häufiger Anwendung. Die gummierten Griffe liegen gut in der Hand und bieten ausreichend große Hebel. Besonders gut funktionieren der Stern-Torx und der Kassettenabzieher mit Kettenpeitsche.


Handhabung: 9 von 10 Punkten
Ausstattung: 9 von 10 Punkten
Qualität: 8 von 10 Punkten

  Pro Tool BoxFoto: Hersteller
Pro Tool Box


ROSE ALL2GETHER II


Preis 49,95 Euro
Info www.roseversand.de
Gewicht / Ausstattung 2,4 Kilo / 25 Tools
Fehlende Tools 1,5er/10er-Inbus, Kabelschneider

Der günstige Koffer vom Versender Rose verfügt über nahezu alle Basiswerkzeuge. Die Qualität kann zwar nicht immer überzeugen, speziell bei Schraubendrehern und Inbus-Schlüsseln, für Gelegenheitsschrauber oder auf Reisen erfüllt der Rose-Koffer aber definitiv seinen Zweck. Die Werkzeuge sind teilweise recht kantig, die Beschichtung gibt aber ordentlichen Grip.


Handhabung: 8 von 10 Punkten
Ausstattung: 8 von 10 Punkten
Qualität: 6 von 10 Punkten

  Rose All2gether IIFoto: Hersteller
Rose All2gether II


WERKZEUG FÜR PROFIS


Komplettpaket

Mit dieser Profi-Ausrüstung ziehen Sie sich garantiert den Neid Ihrer Bike-Kollegen zu und dürfen ab sofort die Wartung sämtlicher Räder übernehmen. Park Tool ist bekannt für seine hochwertigen Werkzeuge in Shop-Qualität. Im praktischen Koffer steckt eine komplette Grundausstattung für die gängigsten Reparaturen. Darüber hinaus enthält das Set noch Tools, die vor allem für den Bike-Selbstaufbau hilfreich sind. Steuersätze und Gabelkonen montieren, Gabelschaft kürzen, Schaltauge ausrichten oder Gewinde für Anlötteile schneiden – diese teuren Spezialwerkzeuge rechtfertigen den Preis von 1299 für den PK-66 Euro. www.grofa.com

  Park Tool Profi-Werkzeugkoffer von GrofaFoto: Hersteller
Park Tool Profi-Werkzeugkoffer von Grofa


Einpacken bitte: Werkzeug für unterwegs

Was nutzt die beste Ausrüstung, wenn das Werkzeug während des Bike-Urlaubs zu Hause an der Wand hängt. Schon ab etwa 30 Euro bekommt man im Baumarkt stabile Werkzeugkoffer, mit geräumigem Hauptfach, einer herausnehmbaren Trage und Organizer-Fächern für Kleinteile. Wir haben uns für die Werkzeugbox Basic von Stanley entschieden. Sie ist hochwertig gefertigt und bietet auch Platz für Ersatzschläuche und weiteres Zubehör und lässt sich bei Bedarf mit einem Zylinderschloss abschließen. www.hagebau.de

  Stanley Werkzeug Box BasicFoto: Hersteller
Stanley Werkzeug Box Basic


Billiges Werkzeug zahlt man dreimal! - Interview mit Dirk Zedler, Fahrrad-Sachverständiger


Es heißt, für billiges Material zahlt man zweimal: zuerst beim Kauf und nach dem Verschleiß dann noch einmal beim Ersatzkauf eines wirklich funktionierenden Produkts …
Bei Werkzeug bezahlt man dreimal! Das dritte Mal kann es richtig teuer werden, denn da geht es um vermurkste Fahrradteile. Die auffälligste Folge sind rundgedrehte Innensechskantköpfe, die dann auch hässlich rosten. Gutes Werkzeug schont das Material. Davon abgesehen kann man mit unpräzisem Werkzeug auch nicht präzise arbeiten.

Woran erkennt der Laie gutes Werkzeug?
Zunächst mal daran, dass es bestimmte Präzisionsnormen erfüllt. Bei Innensechskantschlüsseln wären das zum Beispiel die DIN 911 oder ISO-Normen. Bei Mini-Tools wird man solche Angaben aber kaum finden. Da geht es mehr um Augenschein, Erfahrung und gegebenenfalls die Überprüfung mittels Messschieber, damit wenigstens die Werkzeugdurchmesser stimmen. Generell empfehle ich, fahrradunspezifisches Werkzeug im Eisenwarenhandel zu kaufen. Die klassischen deutschen Markenhersteller sind hier immer eine gute Wahl.


Ist es nicht sinnvoller, ein hochwertiges Komplett-Set zu kaufen? Da ist doch alles drin?
Ich will nicht abstreiten, dass es gute Sets gibt. Aber es ist auch immer viel Überflüssiges drin, das man mitbezahlt: Wer keine richtig alten Räder warten muss, braucht zum Beispiel keinen Vierkantkurbelabzieher. Der ist aber auch im Set. Im Grunde ist es viel billiger geworden, selbst zu schrauben: 95 Prozent aller Arbeiten kann ich mit einem Satz Innensechskantschlüssel von 2 bis 8 Millimetern oder Torx-Schlüsseln durchführen. Wenn ich die in guter Qualität habe, fehlt noch ein Drehmomentschlüssel mit zum Beispiel 3 bis 20 Newtonmetern, etwas Fett und ein Topf Carbon-Montagepaste. Den Drehmomentschlüssel sollte man sich auf jeden Fall leisten: Extrem viele der Fälle von Materialversagen, die wir in Gutachten erleben, sind eine Folge falscher Drehmomente. Mit dem Innensechskant vormontieren, mit dem Drehmomentschlüssel festdrehen – so geht das – richtig und sicher.

Früher ging es doch auch ohne Drehmomentschlüssel?
Ja, meist ging das gut. Aber die Räder haben sich dramatisch weiterentwickelt, das ist mittlerweile Hightech. Im Auto- und Motorradbau werden keine tragenden Carbon-Teile verwendet, an denen ein Laie rumschrauben kann – beim Rad ist das anders. Dazu kommt die Minimierung der Schrauben. Vorbauten, die früher mit 6er- oder sogar 8er-Schrauben geklemmt wurden, haben heute manchmal Titanschrauben mit 4 Millimetern Durchmesser und 3 bis 4 Newtonmetern Anzugsmoment. Das Material ist einfach sensibel geworden.

  Dirk Zedler, Fahrrad-Sachverständiger und BIKE-TechnikexperteFoto: Privatfoto
Dirk Zedler, Fahrrad-Sachverständiger und BIKE-Technikexperte


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