Wer hobbymäßig Mountainbike fährt, tut dies zu einem (großen) Teil, um fit zu bleiben oder zu werden, um den Kopf durchzulüften und Spaß zu haben. Damit ist es aber recht schnell vorbei, wenn sich etwas einstellt, das im Englischen “saddle sores” heißt.
Hinter diesem Begriff verbergen sich verschiedene Beschwerden im Sitzbereich wie Scheuerstellen, kleine Wunden oder auch Furunkel. In einer Umfrage unter Profi-Radsportlerinnen aus dem Jahr 2021 nannten diese Furunkel sogar als Beschwerde Nummer eins, wenn es um den Körperbereich mit Sattelkontakt geht.
Ein Furunkel ist eine eitrige Hautentzündung, die durch Bakterien hervorgerufen wird. Auch wenn es wie ein großer Eiterpickel aussieht, liegt ein Furunkel im Gegensatz zu einem Pickel in den tieferen Hautschichten und ist viel schmerzhafter.
Während bei einem Pickel die Talgdrüsen verstopft sind, entzünden sich bei einem Furunkel der Haarbalg und das umgebende Bindegewebe. Im Haarbalg stecken je ein Haar, eine Haarwurzel, eine Talgdrüsenöffnung und ein kleiner Muskel, um das Haar aufzurichten. Der Haarbalg heißt auch Haarfollikel; deswegen bezeichnen Fachleute die Entzündung bei einem Furunkel auch als tiefe Follikulitis und Perifollikulitis.
Diese Entzündung lässt das Hautgewebe im Inneren des Furunkels absterben, wodurch ein mit Eiter gefüllter Hohlraum entsteht. Verbinden sich mehrere Furunkel werden sie zu einem Karbunkel. Klingt unangenehm, aber: “Furunkel sind grundsätzlich erstmal harmlos”, sagt Dr. Ursula Manunzio, Leiterin des Bereichs Leistungs- und Freizeitsport am Uniklinikum Bonn.
Dass die eitrigen Abszesse häufig bei Radsportlern auftreten, wundert sie nicht: “Kommt an Stellen mit starker Behaarung wie dem Intimbereich oder auch dem Gesäß noch die Reibung der Radhose am Sattel bei der Tretbewegung hinzu, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Furunkel entsteht. Im Prinzip kann das jeden treffen”, erklärt die Sportärztin. “Das hat nicht immer mit mangelnder Hygiene zu tun.” Weil diese Annahme aber noch immer weit verbreitet ist, schämen sich viele, damit zum Arzt zu gehen. Genau das wäre aber wichtig.
Manchmal heilt ein Furunkel von selbst problemlos ab. Oft ist aber eine ärztliche Behandlung sinnvoll. Sie kann die Heilung beschleunigen, Schmerzen lindern und vor Komplikationen schützen. Wer also eine solche kirschkerngroße, gerötete und schmerzhafte Schwellung an seinem Allerwertesten feststellt sollte spätestens dann in der Praxis vorstellig werden, wenn das Furunkel nach drei Tagen nicht von allein verschwunden.
“Man kommt nicht sehr gut selbst hin an die typischen Furunkelstellen. Daran herumdrücken sollte man sowieso nicht”, warnt die Sportärztin. Tut man es doch oder ignoriert das Problem, besteht die Gefahr, dass sich die Erreger ausbreiten – und mit ihnen die Entzündung.
Ursula Manunzio erinnert sich noch heute an eine handtellergroße Eiteransammlung aufgrund eines zu lange ignorierten Furunkels, die sie zu Beginn ihrer Karriere als Sportärztin am Po eines Radsportlers aufschneiden musste. “So eine Folge eines Furunkels ist nicht so trivial, so weit sollte man es nicht kommen lassen”, warnt sie.
Besser: Den Eiterabszess beim Arzt mit einem kleinen Schnitt öffnen und die Wunde desinfizieren lassen. Solange ein Furunkel noch wächst, ist der Abszess nicht voll ausgebildet. In dieser Phase ist es unter Umständen noch möglich, dem Furunkel mit feucht-warmen Umschlägen oder sogenannter Zugsalbe beizukommen.
Da Laien aber nicht die Erfahrung haben zu ertasten, wie weit der Reifungsprozess ist, ist auch hier ein Arztbesuch empfehlenswert. Antibiotika sind nur nötig, wenn Komplikationen wahrscheinlich oder schon aufgetreten sind – zum Beispiel, wenn sich aus mehreren Furunkeln ein Karbunkel entwickelt hat.
Eine wasserdichte Methode, um Furunkel gar nicht erst entstehen zu lassen, gibt es nicht, weiß Ursula Manunzio. Wohl aber ein paar Kleinigkeiten, die seine Entstehung wahrscheinlicher machen, wie “zu enge, reibende Radkleidung”, sagt die Sportärztin.
Rasieren ist dagegen kein Schutz, nach dem Motto: Wo keine Haare, da kein Furunkel. Vielmehr, so Ursula Manunzio, können gekappte Haare im Intimbereich leicht einwachsen – und das kann die Entstehung von Furunkeln begünstigen.