Schon als Kinder lernen wir, dass Süßigkeiten nicht gesund sind. Doch dass sich einige davon durchaus als Sportnahrung eignen, wissen möglicherweise nicht viele: Gummibärchen beispielsweise – vorausgesetzt, sie werden gezielt und richtig verwendet.
Peter Sagan tut es und Tadej Pogacar auch: Der dreimalige Straßenweltmeister und der mehrmalige Tour-de-France-Sieger greifen nach einem Rennen gerne mal zu Gummibärchen. Das World-Tour-Team Red Bull-Bora-Hansgrohe führt die Süßigkeit in einem Blogtext sogar als “Immediate post-race snack” auf, als Snack direkt nach der Zieleinfahrt. Rad-Stars, die profane Gummibärchen futtern statt Hightech-Sportnahrung?
Sporternährung: Gummibärchen sind pure Glukose
Warum nicht, meint Uwe Schröder, Vorstandsmitglied des Deutschen Instituts für Sporternährung e.V.: “Nach dem Training oder einem Rennen brauchen die entleerten Muskelglykogenspeicher Glukose. Da Gummibärchen einen hohen Glukose-Anteil haben, sind sie für diesen Zweck durchaus vorteilhaft”, erklärt er. Fette und Ballaststoffe finden sich dagegen nicht in der Süßigkeit, und auch nur wenig Proteine. Deshalb eignen sich Gummibärchen ebenfalls als Energielieferant vor und während der Belastung, denn “sie verursachen kaum Verdauungsprobleme”, weiß der Ernährungswissenschaftler.
Er empfiehlt, die Gummibärchen etwa 10 bis 15 Minuten vor dem Beginn der Belastung zu sich zu nehmen. Ob nur ein paar oder eine Handvoll, das muss jeder individuell ausprobieren, wie bei jeder anderen Wettkampfernährung auch. Zur Orientierung: Fünf Stück wiegen etwa zwölf Gramm – und die liefern rund sieben bis zehn Gramm Kohlenhydrate. Der kurzkettige Zucker, der in den Gummibärchen steckt, geht flott ins Blut und ist eine schnelle Energiequelle. Manche Athletinnen und Athleten schwören sogar fürs Carboloading auf Gummibärchen, essen sie also schon rund zwei Tage vor einem Wettkampf, um die körpereigenen Kohlenhydratspeicher zu füllen, ohne den Magen-Darm-Trakt zu belasten.
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... und geben vor allem schnell Power
Abgesehen davon, dass die Verpackung handelsüblicher Gummibärchen nicht für die Trikottasche und das Öffnen während der Fahrt gemacht ist, stellt die Süßigkeit eine praktische Energiequelle während Belastungen dar, urteilt Uwe Schröder. Zumindest für solche, bei denen nicht mehr als 60 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde verzehrt werden sollen. Handelsübliche Gummibärchen liefern nämlich im Schnitt 70 Gramm Kohlenhydrate pro 100 Gramm – und zwar größtenteils in Form von Einfachzuckern, hauptsächlich Glukosesirup und Dextrose, beides Traubenzucker (-mischungen). Die muss der Körper nicht erst aufspalten, sondern kann sie direkt verwerten.
Von einer einzelnen Kohlenhydratquelle, wie eben diesen Traubenzuckern, kann der Körper bis zu 60 Gramm pro Stunde verarbeiten. Das bestätigt unter anderem eine Studie des niederländischen Sporternährungswissenschaftlers Asker Jeukendrup, die 2014 im Fachjournal “Sports Medicine” veröffentlicht wurde. An Grenzen stoßen klassische Gummibärchen als Energiequelle, wenn es an Belastungen von mehr als drei Stunden geht, beziehungsweise der Bedarf auf mehr als 60 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde steigt. “Um diese Menge verarbeiten zu können, ist ein hoher Fruktoseanteil notwendig, und den weisen handelsübliche Gummibärchen nicht auf”, erklärt Ernährungsexperte Schröder.
Was können Sport-Gummis besser?
Fruktose ist Fruchtzucker und ebenfalls ein Einfachzucker, den der menschliche Dünndarm aber anders verarbeitet als Glukose. Für beide Zucker gibt es unterschiedliche Transportwege. Die Verdauungslast verteilt sich somit auf unterschiedliche Systeme, die deshalb mit einer insgesamt höheren Kohlenhydratmenge zurechtkommen. Ein Prinzip, das sich nicht nur die Energiegels zunutze machen, sondern auch die immer zahlreicher werdenden Sport-Gummibärchen. Die sind mitunter zudem mit Kalium und Natrium angereichert – zwei Mineralstoffen, die für die Muskelfunktion wichtig sind und über den Schweiß verloren gehen.
Solche Produkte sind, ebenso wie herkömmliche Gummibärchen, eine gute Option, um (zu einem gewissen Grad) Energie mit anderer Konsistenz zuzuführen, vor der Belastung schnell Energie aufzunehmen und nachher die Glykogenspeicher flott wieder aufzufüllen. Aber, mahnt Ernährungsexperte Uwe Schröder: “Bei herkömmlichen Gummibärchen sollte man immer auch genug dazu trinken, da sie selbst nur einen geringen Feuchteanteil haben.”