Laurin Lehner
· 16.11.2023
Krafttraining ist auch für uns wichtig, die keine professionelle Rennen fahren oder unser Geld damit verdienen. Auch Mountainbikerinnen und Mountainbiker sollten Athletiktraining machen, und zwar nicht nur für die Beine. Es fängt damit an, dass wir ungelenk auf dem Sattel sitzen, Schmerzen bekommen oder im Ernstfall bei einem Sturz mit schwereren Verletzungen davonkommen als der gut trainierte Profi. Wir haben mit Lorenz Westner, Trainer an der Sportschule Puch, unter anderem darüber gesprochen, was im ambitionierten Freizeitsport an “Stabi-Übungen” sein muss - und was nicht.
BIKE: Für Profis ist Krafttraining selbstverständlich. Für mich als Hobby-Biker auch?
Lorenz Westner: Ja, denn was die wenigsten wissen: Die sportliche Leistung basiert auch auf Krafttraining. Insgesamt spricht man von fünf Säulen: Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Schnelligkeit. Wer leistungsfähig sein will, und das möglichst auch im fortschreitenden Alter, muss alle Säulen trainieren. Natürlich ist für Radsportler die Ausdauer wichtiger als das Krafttraining – aber der Winter eignet sich ideal dafür, auch mit Krafttraining einen positiven Effekt zu erzielen.
Mountainbiker sind nicht für ihre dicken Muskeln bekannt, im Gegenteil, sie machen uns eher langsam.
Stimmt, Masse macht schwer. Trotzdem ist Athletiktraining auch für Mountainbiker sinnvoll. Und zwar nicht nur für die Beine.
Du missionierst mehr Beweglichkeit für Radsportler. Warum ist das in deinen Augen so wichtig?
Sehr viele Radsportler haben ein Beweglichkeitsdefizit. Sie sind verkürzt. Die fehlende Geschmeidigkeit macht sie langsamer auf dem Mountainbike und lässt sie bei Stürzen ungünstiger reagieren. Dazu lohnt sich Dehnen als Beschwerde-Prophylaxe. Kurzum: Wer darauf verzichtet, läuft Gefahr, Probleme zu bekommen, die sich dann nicht mehr so einfach lösen lassen. Je älter der Radfahrer, umso wichtiger werden Übungen, die seine Flexibilität verbessern.
Welche Defizite beobachtest du?
Eine Verkürzung des Hüftbeugers, der hinteren Oberschenkelmuskulatur und des äußeren Teils des vorderen Oberschenkels ebenso wie Rumpf-, und Oberkörperpartien. Das führt zu Knie-, Nacken- und Wirbelsäulenproblemen. Hier helfen auch Kräftigungsübungen sehr gut. Wenn wir uns vor Augen führen, dass die Beine beim Pedalieren im Sitzen nie ganz durchgestreckt werden. Wird deutlich, warum es zu Verkürzungen kommt. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Radfahrer auch beruflich viel sitzen. Übrigens: Wer unzureichend beweglich ist, kann viele Kraftübungen nicht richtig ausführen.
Es gibt Studien, die den positiven Effekt des Dehnens anzweifeln.
Ja, die gibt es. Und ich halte sie für Quatsch! Bei vielen Studien ist das Studiendesign fragwürdig. Die Ergebnisse dürfen zurecht angezweifelt werden. In der Praxis sehe ich, dass Menschen die Beweglichkeitstraining betreiben, beweglicher sind!
Wie viel Zeit muss ich investieren?
Grundsätzlich gilt: Alles ist besser als nix. Sehr gut wären zwei Mal die Woche, 60 bis 90 Minuten. Wichtig ist die Regelmäßigkeit. 8 bis 15 Wiederholungen, drei bis vier Sätze. Nach dem Krafttraining würde ich die Geschmeidigkeit (Dehnen) trainieren.
Viele haben keine Zeit für Fitness-Studio, wollen lieber im Hobbykeller trainieren. Nenne mir drei Übungen, die nicht fehlen dürfen.
Dabei macht ein individueller Plan viel mehr Sinn. Mountainbiker haben oft Bikes für mehrere Tausend Euro im Keller stehen, wollen aber kein Geld für einen professionellen Trainingsplan ausgeben. Meine Top-3-Übungen sind:
Idealerweise trainierst du Muskeldysbalancen auflösend: Also verkürzte Muskeln sollen beweglicher werden und abgeschwächte Muskeln stärker.
Kreuzheben mit Langhantel ist eine klassische Übung für Biker. Denn sie fordert Beine, Schultern und Rücken. Fitness-Einsteiger sollten mit wenig Gewicht beginnen. Klassisches Bankdrücken ist für Biker weniger sinnvoll, sagt unser Experte Lorenz Westner. Preis: ab 59 Euro >> hier erhältlich.
Was aussieht wie ein Zurrgurt zur Ladebefestigung beim LKW, ist ein echter Alleskönner. Denn mit einem Schlingentrainer kannst du dutzende Übungen für unterschiedliche Muskelgruppen trainieren. Netter Nebeneffekt: Die Balance wird dabei auch geschult. Gibt´s oft bereits ab 40 Euro, das Original ab 130 Euro >> hier erhältlich.
Mit dem Core Weel lässt sich Bauch und Rumpfmuskulatur trainieren. Wichtig: Langsam anfangen und richtig ausführen. Youtube-Videos zeigen wie es geht. Unser Experte Lorenz Westner sieht das Trainingsgerät kritisch. „Das Risiko von Verletzungen bei falscher Bedienung ist mir zu hoch“. Preis: 59 Euro >> hier erhältlich.
Die Kanonenkugel ist ideal für Ganzkörper-Übungen. Downhill-Racerin Nina Hoffmann schwört darauf. Ihre Top-3-Übungen: Kettlebell-Swing, Bauch Twist, Rudern mit Kettlebell. Super: Damit lässt sich auch die Griffstärke verbessern. Anleitungen gibt es in Netz. Wir raten zur 12-Kilo-Kettlebell. Preis: 55 Euro >> hier erhältlich.
Mehr Griffkraft hilft nicht nur Kletterern, auch Mountainbiker sollen davon profitieren und müssen bei ruppigen Abfahrten so weniger Pausen einlegen. Der Trgger von Praep soll die Lenker-Bremshebel-Einheit simulieren. Die verschiedenen Seiten erlauben das Trainieren von 4, 3, 2 oder nur einem Finger. Preis: 25 Euro.
Klimmzüge zählen zu den Top-Übungen überhaupt. Auch für Biker. Der Klassiker: Breit im außenrist fassen. So trainiert man nahezu alle Muskelpartien im Oberkörper. Wir raten zu einer Klimmzugstange, die man an der Wand befestigen kann. Zum Beispiel die von Pullup&Dip. Preis. 90 Euro >> hier erhältlich.
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