David Voll
, Stefan Frey
· 06.05.2023
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Leser Albert soll 3000 Höhenmeter am Stück erklettern. Fitness. Fahrtechnik. Mentale Stärke. All das braucht es für so einen Ritt. Unsere Ausdauer-Serie zeigt, wie jeder eine solche Mammutaufgabe bewältigen kann, und wie der Spaß dabei nicht auf der Strecke bleibt.
Vorbereitung ist die halbe Miete! Damit Leser Albert die Mission 3000 erfolgreich
durchziehen und mit dem Eisjöchl einen der längsten Anstiege der Alpen bewältigen kann, gilt es, Ausdauer, Kraft und Ernährung in Einklang zu bringen.
Bevor Albert richtig mit dem Training durchstarten durfte, galt es, den Status quo zu bestimmen: In der letzten Ausgabe hat Ergonomieexperte Kim Tofaute Alberts Körper komplett vermessen und sein Bike optimal an ihn angepasst. Mensch und Maschine sollten eine perfekte Einheit bilden. Danach hieß es Vollgas! Mit Hilfe eines Zeitfahrens über zehn Kilometer im Gelände auf einer zuvor festgelegten Strecke wurde Alberts höchstmögliche Durchschnittsherzfrequenz erfasst. Zudem haben wir den Alltag des zweifachen Familienvaters durchleuchtet und einen für ihn optimal angepassten Trainingsplan entwickelt – dabei aber immer sein persönliches Zeitbudget im Auge behalten. Die größte Herausforderung: Familie, Job sowie seine Hobbys Bogenschießen und die freiwillige Feuerwehr mit dem Training unter einen Hut zu bekommen, ohne dass der Spaß auf der Strecke bleibt.
Auf Basis individueller Trainingsbereiche, spezieller Fitness- und Fahrtechnikübungen feilt Albert nun an seiner Form – immer das große Ziel, die 3000-Höhenmeter-Tour, im Blick.
Die Herzfrequenz bietet eine einfache und praktikable Möglichkeit für Hobbysportler wie Albert, die körperliche Beanspruchung zu messen und die Belastung im Training zu steuern. Dank der Datenaufzeichnung lässt sich die Tour beziehungsweise das Training im Nachgang auswerten und anpassen. Eine gezielte Trainingssteuerung ist aber nur möglich, wenn man die Intensitätsbereiche kennt, welche die eigene Fitness verbessern. Der Feldtest im Gelände ist hier das ideale Mittel zum Zweck und für jeden einfach durchführbar. Für Albert galt es, eine zehn Kilometer lange Runde so schnell wie möglich zu absolvieren. Der Test dauerte gerade mal 20 Minuten. Dabei wurde die Herzfrequenz kontinuierlich aufgezeichnet. Die Auswertung ergab eine durchschnittliche Herzfrequenz (HF) von 181 Schlägen pro Minute (S/min) und eine maximale Herzfrequenz von 189 Schlägen pro Minute. Aus diesen Werten lassen sich nun die wichtigsten Trainingsbereiche ableiten.
Als „Schwelle“ bezeichnet man die Leistung, die maximal über eine Stunde Belastung abrufbar ist. Maßgeblich hierfür ist die Laktatkonzentration im Blut. Liegt die Intensität über der Schwelle, ist die Laktatbildung höher als der Laktatabbau, und die Muskulatur quittiert – je nach Trainingszustand – früher oder später ihren Dienst. Da der Feldtest nur über 20 Minuten lief, muss die durchschnittliche Herzfrequenz durch den Faktor 1,02 geteilt werden, um die Herzfrequenz an der individuellen Schwelle über die Dauer von einer Stunde zu ermitteln.
Auf Grundlage der errechneten Schwellenherzfrequenz erhält Albert maßgeschneiderte Trainingsempfehlungen zur Vorbereitung auf die Mission 3000. Die wichtigsten Bereiche sind die Grundlagenausdauer 1 und Kraftausdauer. Letztere wird im Grundlagenausdauerbereich 2 mit geringer Trittfrequenz um die 60–70 Umdrehungen pro Minute trainiert. Auch am großen Tag selbst dient die Herzfrequenz als Drehzahlmesser: Damit Albert bis zum Ende durchhält, sollte er seine Schwelle nur selten über einen längeren Zeitraum überschreiten.
Bei unserer Mission 3000 gibt es keinen Wettstreit. Alberts Ziel ist es, das Eisjöchl zu
bezwingen und die Tour erfolgreich zu beenden. Für ihn, wie für jeden anderen Ausdaueraspiranten auch, sind vor allem die Trainingsbereiche unterhalb der Schwelle wichtig.
1) Die Grundlagenausdauer 1 ist wie das Fundament eines Bauwerks: je stabiler und größer, desto höher kann das Gebäude sein, ohne einzustürzen. Bei einer guten Grundlagenausdauer nutzt der Körper zudem die Fettspeicher als Energiequelle, und die sind nahezu unerschöpflich.
So geht’s: Um “in Tritt“ zu kommen, fährt Albert die ersten beiden Trainingswochen Touren von zwei bis drei Stunden mit wenigen Höhenmetern. Im weiteren Verlauf stehen dann Ausfahrten von mehr als drei Stunden sowie Tages-Touren auf dem Plan – vor allem an den Wochenenden. Auch der Arbeitsweg von 60 Kilometern wird eingeplant.
2) Die Kraftausdauer verbessert die Leistungsfähigkeit bei hohem Widerstand, wie es beim Bergauffahren nötig ist. Die Intensität entspricht der Grundlagenausdauer 2. Als Trainingsform dienen Intervalle mit geringer Trittfrequenz zwischen 60 und 70 Umdrehungen pro Minute.
So geht’s: Zu Beginn der Vorbereitungsperiode fährt Albert vier bis fünf Intervalle über fünf Minuten. Je näher der Tag X rückt, desto länger werden die Intervalle – bis zu 15 Minuten bei vier Wiederholungen bereiten ihn optimal auf den langen Anstieg vor.
3) Fahrtspiel: Bei dieser Sonderform des Trainings gibt es keine definierten Zeitintervalle oder Intensitätsvorgaben. Wie der Name vermuten lässt, wird mit dem Gelände gespielt. Es ist Albert selbst überlassen, wann und wie lange er welche Intensität fährt. Belastungen an und über der Schwelle sind dabei erlaubt.
So geht’s: Damit Albert nicht gleich die Lichter ausgehen, wenn er hinauf zum Eisjöchl doch mal die Schwelle überschreitet, trainiert er einmal pro Woche höhere Intensitäten. Spontane Zwischen-Sprints, steile Zwischenanstiege wegdrücken – diese Art des Trainings kann richtig Spaß machen.
Für Hobbysportler besteht die größte Herausforderung darin, Job, Familie und Freizeit unter einen Hut zu bekommen. Auch bei Albert läuft nur selten alles nach Plan.
Bikefitting, Fitnesstest und die ersten Trainingseinheiten. Dazu der ganz normale “Wahnsinn“ – am Anfang musste sich Albert erst einmal wortwörtlich auf die neue Situation einstellen. “Die ersten Bike-Touren waren ungewohnt, weil ich mich zunächst an die Trainingsbereiche gewöhnen musste. Vor allem beim Grundlagentraining bin ich oft zu schnell gefahren, sodass meine Herzfrequenz zu hoch war“ resümiert Albert. “Aber grundsätzlich passt der Plan super. Das Schwierigste ist, die Lücke im Alltag zu finden, in der ich das Training unterkriege.“ Die Kraftausdauer-Einheiten stellten für Albert keine ernste Herausforderung dar: hochmotiviert spulte er die ersten Intervalle in seiner Garage ab, “weil draußen oft Hundswetter war“, so der 39-Jährige. Nach drei Wochen dann aber der erste kleine Rückschlag: Ein Magen-Darm-Virus bremste Albert ein paar Tage aus. “Bei zwei kleinen Kindern schleppt immer einer was aus dem Kindergarten oder der Schule mit nach Hause.“ Nach einer leichten Anpassung des Trainingsplans ist Albert aber nun wieder voll auf Kurs bei unserer Mission 3000.
Problem 1: Familie und Beruf mit dem Training zu vereinen, ist eine der größten Herausforderungen. Alberts Job erfordert regelmäßig auch seine Anwesenheit im 60 Kilometer entfernten Büro. Und nach der Arbeit warten Frau und Kinder sowie familiäre Verpflichtungen auf ihn.
Lösung: Im Alltag überlässt Albert wenig dem Zufall, jede Aufgabe ist penibel im Tagesablauf eingetaktet. Deshalb gibt der Trainingsplan nur die Inhalte vor, die nötig sind. An welchem Tag in der Woche Albert Intervalle fährt und wann Grundlage, entscheidet er anhand seines Zeitbudgets selbst. Das hält flexibel.
Problem 2: Stabi-Training ist ein wichtiger Bestandteil der Vorbereitung. Jedes Watt, das Albert nicht in Vortrieb umwandelt, ist vergeudet. Daher zählt nicht nur die Power in den Beinen, sondern auch der Rumpf als Widerlager. Die Zeit für ein Training im Fitness-Studio hat Albert aber nicht.
Lösung: Effizienz ist das Zauberwort! Die fünf speziell auf Alberts Bedürfnisse ausgerichteten Übungen verbessern nicht nur seine Beinkraft und Rumpfstabilität, sondern fördern zugleich seine Beweglichkeit und Koordination. Hierzu genügt zwei- bis dreimal pro Woche die Länge der Tagesschau als Zeitfenster.
Problem 3: Die Ernährung gestaltet sich schwierig: Das Frühstück fällt bei Albert oft flach, und mittags gibt’s einen Fertig-Salat. Meist wird abends warm gekocht, wenn die ganze Familie beisammen ist. Wegen diverser Unverträglichkeiten gibt es oftmals nur Nudeln in verschiedenen Variationen.
Lösung: Training auf nüchternen Magen kann zu muskelabbauenden Prozessen führen. Albert trinkt daher ein kohlenhydratreiches Getränk während der Belastung. Grundsätzlich gilt: regelmäßig und bedarfsgerecht ernähren. Vor Intervallen leicht verdauliche Kohlenhydrate, nach dem Training kohlenhydrat- und eiweißreich zur schnellen Regeneration und Unterstützung des Immunsystems.
Selbst, wenn man körperlich fit für einen Anstieg wie das Eisjöchl ist, können einen auch kleine Stolpersteine aus dem Takt bringen. Motivation, Wetter, Verpflegung – über diese Punkte sollte man sich schon vor der Tour Gedanken machen.
1. Motivation: Trotz aller Euphorie – knapp 2500 Höhenmeter am Stück sind ein Brett! Sollte die Motivation mal schwinden, hilft es, die Kehren hinauf zum Gipfel zu zählen. Auch Musik schafft Ablenkung vom Treten und hält einen im Rhythmus.
2. Pausen: Eine Alpen-Tour ist kein Wettkampf gegen die Uhr. Pausen sind erlaubt und auch gewünscht. Sie dienen als kleine Inseln zum Krafttanken und zum Genießen des Ausblicks. Denn der Spaß darf nicht auf der Strecke bleiben.
3. Krafteinteilung: Der Gipfel ist “nur“ ein Teilziel. Bis zum Ausgangspunkt zurück sind es insgesamt knapp 90 Kilometer. Deshalb: mit “angezogener Handbremse“ starten und eine hohe Trittfrequenz wählen. Dicke Gänge treten ist tabu.
4. Schmerzen: Der Tag wird hart! Regelmäßig aus dem Sattel gehen entlastet das Sitzfleisch und mobilisiert die Wirbelsäule. In den Pausen hilft es zudem, Nacken- und Schultermuskulatur zu dehnen.
5. Essen: Albert benötigt viel Energie für die Mission 3000. Unterzucker würde das Aus bedeuten. Regelmäßiges Essen und Trinken hält den Blutzuckerspiegel konstant und schont die Energiespeicher.
6. Bekleidung: Verschwitzt am Gipfel stehen oder mit nassem Shirt in die Abfahrt? Besser nicht. Wechselkleidung oder zumindest eine wärmende Jacke ist Pflicht. Das schützt vor Auskühlung und hält damit die Leistungsfähigkeit aufrecht.
Alberts zweite Leidenschaft, das Bogenschießen, erfordert maximale Konzentration. Ideal für eine mental anspruchsvolle Herausforderung. Mit diesen fünf Übungen trainiert er zusätzlich Kraft, Koordination und Beweglichkeit – und das sogar gleichzeitig.
Übung 1: Bogenschießen
Übung 2:
Übung 3:
Übung 4:
Übung 5:
Nur mit dem richtigen Treibstoff im Tank läuft der Motor rund. Was in der Technik zählt, lässt sich auch auf die Ernährung übertragen. Mit etwas Nahrungstuning zündet auch Albert den Turbo.
Grundsätzlich isst Albert alles, was auf den Tisch kommt. Punkt. Dabei muss er sich aber an den Speiseplan der Familie anpassen: “Da wir nicht jeden Abend drei verschiedene Gerichte kochen wollen und aus Zeitgründen auch nicht können, gibt es eben oft verschiedenste Nudelgerichte. Als Beilage aber auch hin und wieder mal Fisch oder Fleisch“, so Albert. Nudeln liefern viele Kohlenhydrate und sind daher gut für Ausdauerbelastungen und in Phasen erhöhten Trainings. Doch neben den Kohlenhydraten sind auch andere Nährstoffe wie Proteine zur besseren Regeneration von Bedeutung.
Bei allem spielt zudem das Timing eine wichtige Rolle. Eine bedarfsgerechte und hochwertige Ernährung verbessert Alberts Leistungsfähigkeit sowohl im Alltag als auch bei sportlicher Belastung. Um nicht bereits am Vormittag auf die körpereigenen Energiereserven zurückgreifen zu müssen, startet er nun mit einem kleinen, leicht verdaulichen Frühstück: Brötchen mit Marmelade, Hartkäse oder fettarmem Schinken gehen genauso wie ein Porridge mit Obst und Nüssen. Das schafft eine solide Basis und gewöhnt zudem den Körper an das wichtige Frühstück am Tag der Challenge. Für die Mittagspause gilt ein ähnliches Prinzip: Leicht verdauliche Kost hält die Konzentration aufrecht und liefert Energie für den Nachmittag sowie das bevorstehende Training. Zum Salat isst Albert daher – je nach Bedarf – noch eine Butterbreze oder ein belegtes Brötchen. Im Homeoffice ist auch eine warme kohlenhydratreiche Mahlzeit möglich. Nach dem Training helfen Kohlenhydrate in Verbindung mit Proteinen – Kakao oder Müsli – bei der Regeneration. Auch die “Nudelparty“ am Abend lässt sich gut in den Ernährungsplan integrieren.
An trainingsfreien Tagen ergänzt Albert jedoch einmal mehr eine Proteinquelle wie Fisch oder mageres Fleisch. Alternativ eignen sich Kohlenhydrate mit vielen sättigenden Ballaststoffen wie Gemüse sowie Hülsenfrüchte ideal als pflanzliche Eiweißquelle. Ein positiver Nebeneffekt hat sich bereits eingestellt: Alberts Gewicht ist von 74 auf 72 Kilogramm gesunken, allein durch das regelmäßige Training in Verbindung mit der richtigen Ernährungsweise. Davon wird er auch auf dem Weg zum Eisjöchl profitieren. Im Anstieg macht sich jedes Kilo, das Albert weniger auf den Rippen hat, positiv bemerkbar.
Der richtige Treibstoff zur richtigen Zeit trägt entscheidend zum Erfolg der Mission 3000 bei. Mit diesen Tipps – vom Frühstück bis zum Pausen-Snack am Tourentag – sind auch Sie für lange Kletterpartien bestens gerüstet.
Frühstück: Optimal ist eine Mischung aus leicht verdaulichen und lang anhaltenden Kohlenhydraten. Ein kleines Porridge mit frischem Obst und Nüssen bildet eine gute Basis für den Tag. Ein bis zwei Brötchen mit Marmelade oder Honig geben Energie für die erste Stunde.
Im Anstieg: Unter hoher Belastung nimmt der Körper am besten flüssige Kohlenhydrate auf. Entsprechende isotonische Getränke liefern Albert schnelle Energie und belasten seine Verdauung wenig. Eine Prise Salz beugt zudem Krämpfen vor.
Pausen: In den Pausen ist genügend Zeit, um in Ruhe leicht verdauliche Energie in konzentrierter Form zu essen. Fruchtriegel sind meist leichter, Müsliriegel dagegen eher schwerer verdaulich. Da Albert kein Rennen fährt, ist beides möglich. Und nicht vergessen: ausreichend trinken!
Am Gipfel: Vorsicht vor zu vielem und schwerem Essen. Die Verdauung frisst Energie, und die Konzentration leidet! Butterbreze, Käsebrötchen, trockener Kuchen oder Trockenobst sind Energiequellen, die auch etwas länger anhalten und den Magen vom Leeregefühl befreien.
Abfahrt: Bergab sollten die Snacks kompakt, leicht bekömmlich und gut kaubar sein, damit die Konzentration nicht leidet. Wichtig: kleine Portionen, die sofort in den Mund passen, damit die Hände direkt wieder den Lenker im Griff haben.
Ebene zurück zum Start: Ein Stück Kuchen (eher Linzer Torte oder Apfelstrudel statt Sahnetorte) und ein Kaffee dürfen bei einer Pause schon sein. Bei Lust nach etwas Herzhaftem bietet sich ein Panini mit Käse oder fettarmem Schinken an.
Hände, Füße, Hintern – das sind die Kontaktpunkte zwischen Körper und Bike. Mit den passenden Komponenten verschmelzen beide zu einer anatomischen Einheit. Das beugt Schmerzen vor und steigert die Leistungsfähigkeit.
Der Sattel ist vermutlich das am häufigsten getauschte Bauteil an einem Neu-Bike. Zu unterschiedlich sind die körperlichen Voraussetzungen, zu individuell die Geschmäcker, als dass man EIN Modell als das Nonplusultra für alle empfehlen könnte. Doch es gibt ein paar wenige Kriterien, die jeder Sattel erfüllen muss, damit man auch nach Stunden noch entspannt und schmerzfrei auf ihm sitzt. Die Breite muss zum Abstand der Sitzknochen passen – das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse überhaupt. Bei der Polsterhärte gilt: Weich bedeutet nicht gleich bequem. Je weicher der Schaum, desto tiefer sinken die Sitzknochen während der Fahrt ein. In der Folge steigt der Druck auf die Nervenbahnen im Genitalbereich. Was zu Punkt drei führt: Nur, wenn der Dammbereich optimal entlastet wird, lassen sich Taubheitsgefühle dauerhaft verhindern.
Trotz der individuellen Unterschiede können wir mit den Erfahrungen aus den vergangenen Tests ein paar Empfehlungen aussprechen, mit denen viele Biker zurechtkommen werden.
So ist Specializeds straff gepolsterter Power Arc ein Top-Sattel für sportliche und eingesessene Fahrer. Eine passende Position ist schnell gefunden, die Sitzknochen finden gut Platz, das Heck stützt beim Treten ab. Der Dammbereich wird sauber entlastet, ohne dass dabei Druckstellen entstehen. Drei Breiten decken die unterschiedlichsten Sitzknochenabstände ab, drei Ausführungen von 150 bis 320 Euro unterschiedliche Budgets.
Specialized Power Arc Expert | 247 g |Breiten: 143, 155, 168 mm | Preis: 150 Euro >> hier erhältlich*
Das Stufenkonzept von SQlab kann der Heilsbringer bei Taubheitsgefühlen sein. Kein Sattel entlastet im Test den Damm effektiver. Der spezielle Infinergy-Schaum des 6OX dämpft Stöße besonders gut, zusätzlich entlastet das seitlich flexible Sattelgestell den Rücken. Gerade Touren-Biker finden an der hinteren Stufe viel Halt auf langen Alpen-Anstiegen. Vier Breiten sowie drei Elastomer-Härten für die Active-Funktion bieten eine optimale Auswahl für eine Vielzahl an Bikern.
SQlab 6OX Infinergy Active 2.1 | ab 284 g | Breiten: 13, 14, 15, 16 cm | Preis: 199,95 Euro >> hier erhältlich*
Einen preiswerten, aber komfortablen und gut dämpfenden Langstreckensattel hat Terry im Programm. Das breite, flache Heck bietet viel Fläche, um auch mal die Position zu wechseln. Auch beim Fly Arteria Gel lastet der Druck nahezu optimal auf den Sitzknochen. Die klassische Form gibt guten Halt und eine klare Sitzposition.
Terry Fly Arteria Gel | 297 g | Breiten: Standard, Max | Preis: 79,95 Euro >> hier erhältlich*
Mit dem SMC Core 3D hat Ergon das absolute Sofa für Komfortsuchende entwickelt – im positiven Sinne. Auch die Koblenzer setzen auf BASFs Infinergy-Schaum und erzielen damit hervorragende Dämpfungswerte. Lastspitzen filtert der SMC effektiv heraus, der Damm wird durch den tiefen Kanal perfekt entlastet. Die Form stützt gut nach hinten ab und bietet viel Platz für die Sitzknochen. Für die Langstrecke ist der Sattel aber zu schwer und zudem zu weich. Außerdem baut er recht hoch.
Ergon SMC Core 3D | 349 g | Breiten: S/M, M/L | Preis: 159,95 Euro >> hier erhältlich*
Sattel und Radhose gehen im besten Fall eine Symbiose ein und ergänzen einander ideal. Wie auch der Sattel selbst, können sich dicke, weiche Hosenpolster auf Dauer durchsitzen oder noch schlimmer, sich wie ein Gebirge am Gesäß in Falten legen. Gonso arbeitet daher das extrem dünne und druckstabile Polster von SQlab in seine Go Bib ein. Auch bei Passform und Tragekomfort überzeugt der Preisknaller des deutschen Klamotten-Labels.
Gonso SQlab Go bib | vier Farben | Polsterdicke: Männer 6 mm, Frauen 8 mm| Preis: 129,95 Euro >> hier erhältlich*
Ein ganz eigenes Konzept verfolgt Everve. Der Hersteller von der Schwäbischen Alb verbannt mit Ezero das Sitzpolster komplett aus der Hose, indem er das richtige Maß an Polsterung im Sattel platziert. Das soll zum einen für ein besseres Hautklima, aber auch für weniger Reibung im Sitzbereich sorgen. Besonders auf langen Ausfahrten kann das Hautreizungen verhindern. Den passenden Sattel konfiguriert man sich auf der Webseite anhand von Einsatzbereich, Gewicht und Sitzposition. Praktisch: Die Sattelschale lässt sich im Fall eines Defekts einfach austauschen. Beide Produkte werden komplett in Deutschland und Italien gefertigt.
Everve Ezero | 4 Sattelbreiten, 4 Schalen-, 4 Polsterhärten | Gewicht Sattel: ab 167 Gramm | Preis: 295 Euro
Während beim Cockpit und beim Sitzbereich eine Vielzahl an Variablen den Komfort und die Leistungsfähigkeit verbessern können, sind die Möglichkeiten an den Füßen überschaubar. Taube Zehen oder brennende Fußsohlen entstehen meist, wenn der Fuß durch die Tretbewegung ermüdet und seine natürliche, gewölbte Form verliert. Billige Einlegesohlen ohne Stütze für das Fußgewölbe verstärken diesen Effekt. Ergonomische Einlagen verfügen meist über eine sogenannte Pelotte, die das Quergewölbe stützt, und wirken so der Muskelermüdung entgegen. Zudem können spezielle Einlagen die seitliche Kniebewegung reduzieren und helfen, die Kraft besser aufs Pedal zu übertragen. Ergo-Spezialisten wie Ergon und SQlab bieten Einlegesohlen für verschiedene Fußtypen.
Die Fitting-Experten von Gebiomized gehen einen Schritt weiter und versprechen mit der Push Semi-Custom mehr Komfort, Stabilität und Leistung. Je nach Fußform wählt man aus drei Stärken das passende Modell. Nach einer kurzen Erwärmung im Ofen lassen sich die Einlagen zusätzlich an die individuelle Anatomie anpassen.
Gebiomized Push Semi-Custom | 3 Unterstützungsstufen | thermo-verformbar | Preis: 149 Euro
Ein ähnliches Konzept verfolgt Solestar mit der Kontrol-Einlegesohle. Die Glasfasersohle soll nicht nur das Fußgewölbe unterstützen, sondern durch ihre hohe Spannkraft die Muskelleistung des Beins effektiver aufs Pedal übertragen. Die Idee dahinter: Je weniger Kraft beim Treten durch den Flex von Fuß und Schuh verloren geht, desto mehr Leistung wird letztlich in Vortrieb umgesetzt.
Solestar Kontrol | 2 Fußgeometrien, 3 Härtegrade| Preis: 99 Euro >> hier erhältlich*
Das Cockpit bildet die dritte Kontaktstelle zum Bike – und auch die komplexeste. Kribbelnde Hände. Taube Finger. Verspannte Schultern. Hier gibt es viele Stellschrauben, an denen Sie bei Schmerzen drehen können.
Der Lenker wird als ergonomisches Bauteil häufig unterschätzt. Lange zeit galt: je breiter, desto besser. Doch 800 Millimeter sind für die meisten Biker nicht nur schlicht zu viel, zu breite Lenker schaffen auch Probleme, weil die Handgelenke stärker abknicken. Die Lenkerbreite sollte sich daher an der Schulterbreite des Fahrers orientieren. Zusätzlich gilt: je ausladender der Lenker, desto mehr Backsweep (die Biegung der Lenkerenden nach hinten) sollte er aufweisen.
SQlab führt eine große Auswahl an Carbon- und Alu-Lenkern im Sortiment. Der 3OX Carbon wiegt 235 Gramm bei 780 Millimetern Breite. Er weist einen Backsweep von wahlweise 12 oder 16 Grad auf. Damit werden die Handgelenke optimal entlastet. Der geringe Upsweep von 4 Grad entspannt die Schultern an langen Anstiegen. Für eine perfekte Position auf dem Bike gibt es den 3OX mit 15, 30 oder 45 Millimetern Rise.
SQlab 3OX | Gewicht: ab 235 g | Breite: 740 mm | Backsweep / Upsweep: 12°, 16°/ 4° | Preis: 279,95 Euro
Auch Ergotec bietet mittlerweile ergonomisch geformte Lenker für den MTB-Einsatz. Der Riserbar 30/31,8 weist bei einer Breite von 780 Millimetern einen Backsweep von 12 Grad auf. Damit sollten die Handgelenke großer Fahrer ausreichend entlastet werden. Beim Upsweep setzt Ergotec auf das Standardmaß 5 Grad.
Ergotec Low Riser Bar 31,8 | Gewicht: 382 g | Breite: 780 mm | Backsweep / Upsweep: 12° / 5°| Preis: 112,90 Euro
Einen etwas anderen Weg schlägt Newmen mit dem Aluminium-MTB-Lenker ein. Während der Backsweep bei moderaten 8 Grad liegt, zeigen die Lenkerenden mit 8 Grad Upsweep deutlich weiter nach oben. Das rückt die Ellbogen in eine aktivere Haltung und gibt Trail- und Enduro-Bikern mehr Kontrolle in der Abfahrt. Auf langen Uphills kann diese Position aber anstrengen und zu Verspannungen führen. Achtung: Preisknaller!
Newmen Aluminium-MTB-Lenker | Gewicht: 285 g | Breite: 760 / 800 mm | Backsweep / Upsweep: 8° / 8°| Preis: 60 Euro
Statement von Tobi Hild, Gründer SQlab:
Nach unseren Erfahrungen braucht beinahe jeder Biker mehr Backsweep. Denn die Lenker sind breiter geworden, was einen dazu zwingt, die Handgelenke stärker seitlich abzuknicken. Das kann vor allem den Medianusnerv reizen. Passt die Handstellung, sollte die Kraftlinie von der Seite aus gesehen durch den Lenker führen.
Lenkerhörnchen waren keine doofe Erfindung. Sie gaben dem Fahrer die Möglichkeit, die Griffposition zu verändern und somit die Hände zu entlasten. Die moderne und unauffälligere Variante heißt Innerbarends und wird, wie der Name schon sagt, auf der Innenseite des Griffs montiert. SQlab hat die preiswerte Variante 411 2.0 aus
Faserverbundstoff noch mal besser auf die Ergonomie der Hände angepasst und das Gewicht auf 56 Gramm reduziert. Unsere Messungen im Windkanal haben gezeigt, dass die kleinen Hörnchen nicht nur den Komfort erhöhen, sondern auch Kraft sparen. Je nach Situation steigt die Geschwindigkeit um 2 bis 5 km/h bei gleicher Anstrengung.
SQlab Innerbarends 411 2.0 | 56 g | kompatibel mit Griffen 711 2.0 und 7OX | Preis: 39,95 Euro >> hier erhältlich*
Vor allem Lenker und Griffe bieten Optimierungspotenzial. Weil runde Griffe nur über eine sehr kleine Auflagefläche verfügen, versuchen die Ergo-Experten diese zu vergrößern. Damit sollen die Handnerven entlastet und Taubheitsgefühle verhindert werden. Ein großer Flügel ist dabei in technischem Gelände eher kontraproduktiv, weil er einen sicheren Griff erschwert.
SQlabs 7OX gilt als das Nonplusultra für Trail- und Enduro-Biker, weil er den Karpaltunnel zuverlässig entlastet und den Druck über den leicht abgeflachten Außenbereich auf den Ballen verteilt. Das sehr griffige Gummi dämpft Vibrationen spürbar, die eckige Form gibt den Fingern zusätzlichen Halt.
SQlab 7OX | Gewicht: 118 g (97 mm) | Umfang: 97, 101 mm | Preis: 29,95 Euro >> hier erhältlich*
Auch Ergon lenkt über eine leicht konische Form den Druck Richtung
Außenballen und korrigiert zudem die Handstellung. Die Finger finden an der Textur des GE1 Evo guten Halt im Gelände. Der Ergon-Griff dämpft etwas weniger, fährt sich dafür aber angenehm direkt.
Ergon GE1 Evo | Gewicht: 109 g (32 mm) | Größen: 30, 32 mm | Preis: 34,95 Euro >> hier erhältlich*
Der brandneue Tatze-Griff vergrößert durch einen Mini-Flügel die Auflagefläche und verhindert mit seinen Lamellen zusätzlich Kraftspitzen. An der Unterseite wurde eine leichte Kante mit einer Griffzone für die Finger eingearbeitet. Diese soll in der Abfahrt Halt bieten und Kraft sparen. Der Sport Grip ist spürbar gut gedämpft und verringert so den Druck auf die sensiblen Nervenbahnen.
Tatze Sport Grip | Gewicht: 106 g |Größen: 32–34 mm | Preis: 29,50 Euro >> hier erhältlich*
Statement von Janina Haas, Ergonomie-Expertin bei Ergon:
Griffe sollen den Druck homogen auf die vorhandene Fläche verteilen. Je größer sie ist, um so leichter geht das, denn Druck ist Kraft pro Fläche. Zu große Auflageflächen sind jedoch hinderlich fürs sportliche Mountainbiken.
Enge Singletrail-Kehren, hochalpines Gelände, endlose Abfahrten. Alpenpässe wie das Eisjöchl stellen echte Herausforderungen für Touren-Biker dar. Peter Brodschelm von Fahrtwind verrät die wichtigsten Tipps, um diese zu meistern.
Der “Gorilla“ bringt die Arme in die ideale Ausgangshaltung: Ellbogen leicht nach außen gedreht und umso mehr gebeugt, je höher das Tempo ist. Dabei wandert der Oberkörper in Richtung Cockpit. Bei langsamer Fahrt lastet dagegen nur wenig Druck auf dem Lenker, der Oberkörper ist aufrecht. Wichtig beim Fahren in der Grundposition: Der Körperschwerpunkt liegt zentral über dem Bike. Um möglichst dynamisch auf das Gelände reagieren zu können, fährt man bergab grundsätzlich besser und sicherer im Stehen. Dabei sind die Beine nahezu gestreckt und wirken als zusätzliche Stoßdämpfer. Wer zu stark in der Hocke hängt, vergeudet viel Haltekraft und schränkt die Beweglichkeit ein. Die Fersen drücken bei stehender Fahrt leicht nach unten und halten so das Hinterrad bei ruppigem Untergrund und Wellen am Boden. Das Bike-Handling verbessert sich damit spürbar.
“Man lenkt immer dorthin, wo man hinschaut“, lautet hier die Regel. Das heißt: Der Blick sollte nicht direkt vor das Vorderrad gerichtet sein, sondern weiter voraus und den Wegverlauf auf kommende Hindernisse scannen. Wichtig: Der Blick wandert – parallel zur Fahrt – stets weiter! Das lässt sich gut mit einem alten, in Kurven gelegten Schlauch oder einer Schnur üben. Mit dieser vorausschauenden Fahrweise ist man nicht nur schneller auf den Trails unterwegs, sondern auch deutlich geschmeidiger. Denn, so eine weitere Regel: “Geschwindigkeit bringt Sicherheit.“ Die rotierende Masse der Räder stabilisiert die Fahrt zusätzlich.
“Die Basis der Fahrtechnik besteht aus zwei Säulen: das Fahren in der Grundposition und die Blickrichtung. Damit lassen sich 90 Prozent der Trails bewältigen.“ - Peter Brodschelm, Fahrtechniktrainer und Touren-Guide
Beim Kurvenfahren entscheidet zu 85 Prozent der Blick über Erfolg und Misserfolg. Bei langsamen Kurven (Bild 1) lastet wenig Druck auf dem Lenker, der Blick geht über die Schulter zum Kurvenausgang. Das Bike folgt dem Blick, der ab dem Scheitelpunkt der Kurve weiter dem Trail folgt. In schnellen Kurven (Bild 2) wird das Bike dagegen so weit gekippt, dass vor allem die Seitenstollen die Traktion übernehmen. Das Becken wandert nach außen und dreht leicht ein. Das kurvenäußere Pedal ist unten, der kurveninnere Arm drückt den Lenker dabei aktiv in die Kurve.
Bei Stufen oder größeren Absätzen und langsamer Fahrt besteht die Gefahr, sich zu überschlagen oder mit dem Tretlager aufzusetzen. Peter demonstriert (Bild 3) hier folgende Technik: Kurz vor der Kante tritt man im Stehen explosiv in die Pedale – halbe Kurbelumdrehung – die Arme dabei strecken, der Körperschwerpunkt wandert nach hinten oben. Ähnlich, als würde man einen Wheelie fahren. Das Vorderrad steigt, während das Hinterrad langsam über die Kante rollt (Bild 4). Bei richtigem Timing landen beide Räder gleichzeitig auf dem Boden. Bei zügiger Fahrt wird das Bike direkt an der Kante durch Strecken der Arme unter dem Körper nach vorn geschoben. Der Körperschwerpunkt wandert dabei etwas nach hinten, sodass beide Räder gleichzeitig bei der Landung auf dem Boden aufsetzen.
“Such’ immer nach Lösungen, nicht nach Problemen!“ Diese Aussage von Fahrtechnik-Coach Peter Brodschelm brennt sich in Alberts Gehirn. Die Blickrichtung sollte immer auf die optimale Fahrlinie zielen, nicht auf mögliche Unwegsamkeiten. Vor allem im ersten Drittel der Abfahrt vom Eisjöchl ist das Gelände hochalpin und verblockt. Alberts Blick gilt hier nur der Ideallinie! Hinzu kommt das steile Gefälle: Der Körperschwerpunkt sollte von hinter dem Sattel durch die Pedale in den Boden führen. Das nimmt in langsamen Kurven Druck von der Front und erleichtert das Manövrieren.
Auch beim Anfahren in steilen Passagen (unten) wird so die Gefahr, nach vorne über den Lenker zu gehen, minimiert.
Albert hat die grundlegendsten Bewegungen auf dem Bike schon verinnerlicht. Seine Fahrtechnik ist allerdings eher oldschool und basiert auf den Bike-Geometrien der 90er- und 2000er-Jahre. Ziel ist es nun, seine Fertigkeiten auf die Geometrie seines modernen Bikes umzuformen.
Der Trainingsplan steht, die Fahrtechnik sitzt. Nun geht es für Albert auf die Zielgerade. Bis zur finalen Challenge am Eisjöchl sind es nur noch wenige Wochen. Wie sich Albert auf den 3000 Höhenmetern geschlagen hat, lesen Sie in BIKE 8/2023 (ab 4. Juli am Kiosk).