Wir Outdoor-Sportlerinnen und -Sportler sind in der Natur unterwegs, oft an einsamen Orten, manchmal an Orten, wo es weder andere Menschen noch Handynetz gibt. Was mache ich dann bei einem Unfall mit dem Mountainbike? Klar, es gibt mittlerweile diverse Hilfsmittel, wie der Tocsen Sturzhelmsensor, Unfallbenachrichtigungen über Navigationsgeräte, Handy oder sogar Satellitenkommunikationsgeräte. Was aber bleibt, ist die Problematik, dass Verletzte im dichten Wald oder in alpinem Gelände von Rettungskräften - im schlimmsten Fall erst einmal von jemand anderem - gefunden werden müssen.
Bei einem Notfall in unwegsamem Gelände erfolgt die Rettung dann oft mit Hubschraubereinsatz. Der ist zwar schnell zur Stelle, aber bis die Person gefunden wird, dauert es lange, manchmal zu lange. Die Fläche die abgesucht werden muss ist oft groß und ein Mensch an einer Bergflanke ist winzig klein. Hier kommt das junge Schweizer Unternehmen Airmarker ins Spiel.
Die Idee des Mitgründers Rico Dürst ist so einfach wie noch nicht im Handel: Beim Auto markiert ein Warndreieck die Unfallstelle - beim Bike-Unfall lässt man einen Ballon steigen. Rico ist selbst Rettungsflieger und bei der Suche nach vermissten Tieren dachte er sich spaßeshalber: Warum bindet man nicht der Kuh einen Ballon um den Bauch? Viele Jahre später wurde sozusagen aus Spaß jetzt Ernst: Das Start-Up bringt den Signalballon Airmarker auf den Markt. “Das fliegende Pannendreieck für den Bergsport”, wie Rico es nennt.
Das Rettungstool ähnelt im weitesten Sinne einem Lawinen-Airbag, nur viel kleiner. So groß wie eine 750-ml-Thermokanne besteht es auch aus Gaskartuschen (Auslöseeinheit), einem Ballon, einer Bedieneinheit - und beim Airmarker einer 45 Meter langen Schnur, die den Heliumballon mit über 40 cm Durchmesser fixiert.
Wenn eine Person gerettet werden muss, löst sie den Ballon aus, lässt ihn über die Baumgipfel oder einfach 45 Meter steigen und signalisiert so ihren Unfall- bzw. Standort. Sollte Telefonnetz verfügbar sein, ruft die Person selbstverständlich auch eine Rettungsstelle an. Der Ballon markiert “nur” die Stelle - aber das recht auffällig, nachts sogar mit einem kleinen LED.
Das Smartphone gaukelt eine Sicherheit vor, die zum einen wegen der fehlenden Netzabdeckung nicht überall in Europa gewährleistet ist. Zum anderen können verschiedene Faktoren beeinflussen, warum eine verletzte Person ihren Standort nicht übermitteln kann:
Dann ist es für die Retter ein echter Zeitvorteil, wenn man schon von Weitem sehen kann, wo ein Mensch Hilfe braucht.
Gerade im Ski-Bereich sind Recco-Reflektoren verbreitet - sie stecken in Jacken, Hosen, Helmen etc. Aber auch sie helfen nur bedingt beim Auffinden von Verletzten, weil auch sie klein sind, und das Recco-Suchgerät am Hubschrauber nur einen kleinen Radius sichten kann. Auch hier kann sich die Rettung aufgrund der Suche stark verzögern.
A und O ist für die Macher des Airmarkers die einfache Anwendung: Drehen, warten, ziehen. Auf dem Airmarker selbst ist eine Anleitung in drei Bildern zu finden. Als erstes wird der orangene Boden um drei Klicks - oder bis es nicht weiter geht - in Pfeilrichtung gedreht. Die andere Seite sollte vom Körper weggehalten werden. Das Gas strömt aus, der Ballon füllt sich in Sekunden mit Helium und kommt aus der Hülle. Zuletzt muss man an einer Lasche ziehen, die den Ballon entkoppelt. Er steigt in die Luft, maximal 45 Meter hoch. Wenn eine geringere Flughöhe ausreichend ist, kann die Schnur auch um die Hülle gewickelt und in der kleinen Kerbe am Karabiner fixiert werden.
Der Signalballon hat noch einen anderen Vorteil. Ich kann nicht nur meine eigene Position markieren. Finde ich eine verletzte Person, kann ich die Stelle für Rettungskräfte später markieren und selbst aber trotzdem Hilfe holen gehen. Denkbar ist sogar - vorausgesetzt man macht an seinem Rucksack oder der Tasche kenntlich, dass ein Airmarker darin ist - dass andere Personen für mich diesen auslösen, wenn ich nicht mehr in der Lage dazu bin. Ganz ohne Handy-Passwort oder technische Fähigkeiten.
Grundsätzlich kann der Airmarker überall eingesetzt werden - auf dem Wasser noch nicht, aber eine Wassersport-Version ist bereits in Planung. Es sei aber auch gesagt, dass das Rettungsgerät mit einem Gewicht von 780 Gramm nicht unbedingt die Lösung für Trail- oder Mountainrunner noch für das Gassigehen im heimischen Wäldchen ist. Dafür ist er zu schwer und wohl auch zu groß. Der Preis von 199 Euro ist - verglichen mit Airbag-Rucksäcken - fair. Die beste Versicherung ist ja auch die, die man nie braucht - die aber zahlt, wenn es doch darauf ankommt. Dass das Schweizer Device funktioniert, hat - so erklärt Rico Dürst - schon in vielen Praxistests mit Suchtrupp und Hubschrauber bewiesen.
Rico beschreibt einen Testdurchlauf. In Sölden sollten er sich mit dem Airmarker 500 Höhenmeter unter dem Gipfel des Giggijochs “verstecken”. Der inszenierte Notfall wurde den Rettungskräften übermittelt, der Heli startet. Aber anstelle die komplette Bergflanke abzusuchen, meldet der Pilot belustigt schon im Anflug, dass er den Ballon gesichtet habe und jetzt abdrehe. Nach dem Anflug in die Unfallregion hat es 4 Minuten gedauert, bis der in diesem Fall Nicht-Verunfallte gefunden war. Nach Ricos eigener Erfahrung als Flughelfer in solchen Einsätzen kann es auch eine oder anderthalb Stunden dauern bis der Mensch wieder in Sicherheit ist.
Der Hersteller bietet, so wie es auch bei Lawinenairbags üblich ist, ein Replacement an. Der Unterschied sei, erklärt Rico Dürst, dass außer der grau-orangen Hülle alles getauscht werden müsse. Daher kann Airmarker 25 Prozent auf den Kaufpreis geben, wenn ein Gerät ersetzt werden muss nach einem Einsatz - also kostet es dann etwa 175 Euro. Alle 5 Jahre sollte der Airmarker ebenfalls auf diesem Weg ausgetauscht werden.
Der Airmarker R.One ist bereits online erhältlich - in Deutschland kommen 12 Euro Versand auf den Preis. Der Signalballon soll aber im Herbst bei den ersten Händlern bei uns stehen. Denkbar wäre auch, dass zum Beispiel Bike-Verleihe das Gerät als zusätzliche Option für eine Leihgebühr anbieten oder auch der Deutsche Alpenverein.
Mehr Informationen zu Hilfe bei Unfällen gibt es hier: