Kürzlich wurde in Deutschland wieder eine Art MTB-Trailcenter eröffnet. Ein legales Trail-Netz mitten in Baden-Württemberg, im Land der Zwei-Meter-Regelung – das passiert nicht so häufig. Deshalb hätten wir den Eröffnungstermin gern feierlich angekündigt. Doch wir wurden explizit gebeten, es nicht zu tun. Warum?
Jahrelang haben hier Vereinsmitglieder für dieses Projekt ehrenamtlich gekämpft, Gegner überzeugt und Gelder beantragt, bis sie schließlich mit Schaufeln in den Wald ziehen und ihr Projekt umsetzen durften. Und nun diese Zwickmühle: Werden die neu gebauten Mountainbike-Trails zu wenig genutzt, werden die Projektgegner sagen: “Super, so viel Gemeindegeld verbraten, und jetzt fährt da keiner. Der versprochene Nutzen für die Gastronomie gleich null!”
Rührt man dagegen zur Eröffnung bereits die Werbetrommel, müssen die Verantwortlichen einen Ansturm von Bikerinnen und Bikern befürchten. Und dabei dreht sich die Angst nicht um die neuen Trails, die Schaden nehmen könnten – die wären schnell wieder repariert. Nein, gefürchtet ist die Autolawine der Anreisenden, die am Trail-Einstieg sämtliche Anwohnerstraßen zuparken und damit bisher neutrale Menschen gegen das neue Projekt zusätzlich aufbringen könnten. Ein Dilemma, in dem nicht nur deutsche Trail-Bauer stecken.
Selbst im Trail-Mekka Gardasee sucht man inzwischen händeringend nach autofreien Verkehrskonzepten. Die Hotels dort haben Mühe, die immer größer werdenden Autos ihrer Gäste auf zu wenigen Parkplätzen hin und her zu rangieren. Und jeder, der sich am Wochenende schon mal mit dem Auto eine Stunde lang auf der Kurzstrecke von Riva nach Torbole gestaut hat, kann sich vorstellen, dass auch hier die Anwohner mittlerweile auf die Barrikaden gehen. Vor allem, wenn sie ihr Geld nicht mit Touristen verdienen.
Mountainbiker hätten also allen Grund umzudenken, wenn sie nicht nur Umwelt und Klima schonen, sondern außerdem noch ihre Trail-Reviere erhalten wollen. Doch wie sieht es denn mit den Alternativen, also mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, inzwischen aus? Preislich schiebt das 49-Euro-Ticket in Deutschland bereits in die richtige Richtung. Allerdings lässt sich der Bike-Transport in den Regionalzügen noch immer nicht vorab reservieren. Sind die wenigen Stellplätze in den Fahrradabteilen bereits belegt, bleibt man trotz Ticket und Wochenendplanung am Bahnhof zurück. Beim internationalen Fernverkehr der Bahn lassen sich dagegen Stellplätze für Bikes reservieren. Nur: Wie gut erreichbar sind denn Bikespots wie Gardasee und Finale Ligure mit öffentlichen Verkehrsmitteln? Wir haben Ende Mai die Fahrpläne für Juli in fünf Top-Reviere gewälzt. Die Preise ändern sich bei der Bahn zwar täglich und für Superschnäppchen muss man früh buchen. Doch unsere Abfrage zeigt: Bei einigen Destinationen lohnt sich der Umstieg auf Bus und Bahn allein schon finanziell.
München – Riva del Garda: 380 km
Der nördliche Gardasee hat keine Bahnanbindung und ist auch kein direktes Fernbusziel. Doch gerade für Alpenüberquerer mit wenig Gepäck ist die Bus- und Bahnvariante ab/bis Rovereto eine günstige Option. Für das Teilstück Rovereto – Riva kann man den öffentlichen Linienbus nehmen oder auch einen der Touren-Shuttles aus Torbole buchen (mit Bike-Anhänger!).
Tipp für Gruppen: Transalp-Shuttle-Unternehmen fahren oft leer von Deutschland zum Gardasee (zurück) und haben auch Richtung Deutschland noch freie Plätze (ca. 70 Euro, z. B. bei Fahrtwind).
Fahrzeit 4:23 h / Kosten: 94 Euro einfach
Die Kosten beziehen sich pro Auto auf Sprit (45 Euro, gerechnet mit einem Benzinpreis von 1,60 Euro und einem Verbrauch von 7 Litern/100 km), Abnutzung (19 Euro, laut www.finanz-tools.de/fahrtkostenrechner) und Maut in Österreich (10-Tagesvignette), am Brenner und in Italien (inkl. Erhöhung ab Juli um 1,34 Prozent!).
Fahrzeit 4:43 h / Kosten 65,90 Euro einfach
Nächstgelegener Ziel-Bahnhof: Rovereto. Von dort stündlich mit dem Linienbus (4 Plätze für Bikes) weiter nach Riva del Garda (22 km, zusätzl. Zeit: 40 Min., Ticket-Preis inkl. Bike: 5 Euro).
Fahrzeit 5:25 h / Kosten einfach: 50 Euro
Flixbus fährt nur bis Rovereto und hat Platz für 5 Bikes am Heckträger (9 Euro). Sonst: Bike zerlegen und als Sondergepäck im Gepäckraum verstauen. E-Bikes sind bisher (noch?) nicht erlaubt!
München – Wien: 400 km
Wien ist mit Zug und Fernbus natürlich völlig unkompliziert zu erreichen. Aber ist es auch ein lohnendes Mountainbike-Revier? Ja! Erstens lässt sich die Stadt selbst mit dem Rad bestens entdecken, und dann warten da noch sowohl die erlaubten Trails im angrenzenden Wiener Wald, als auch das sensationelle Trailcenter Hohe Wand Wiese im Westen der Stadt. Das erreicht man von Wien aus in Nullkommanichts mit der U-Bahn (Ticketpreis: 2,40 Euro).
Fahrzeit ca. 6 h/ Kosten 74,70 Euro einfach
Sprit: 44,80 Euro (gerechnet mit einem Benzinpreis von 1,60 Euro und einem Verbrauch von 7 Litern/100 km), Mautvignette in Österreich 10 Tage (9,90 Euro), Abnutzung: 20 Euro. Diese Fahrtkosten beziehen sich auf ein Auto. Sitzt man in dem Auto zu zweit, kann man die Kosten natürlich durch zwei teilen.
Fahrzeit ca. 4 h/ Kosten 50 Euro einfach
Die Preise der täglichen Verbindungen variieren. Bei der ÖBB kann man die Bike-Mitnahme bis 6 Monate im Voraus per App online reservieren. Kosten: 12 Euro. Bei der Deutschen Bahn kostet das Ticket fürs Bike 9 Euro.
Fahrzeit 6 h / Kosten 29 Euro einfach
5 Plätze für Bikes am Heckträger (9 Euro). Sonst: Bike zerlegt als Sondergepäck im Gepäckraum. Problem: E-Bikes sind bisher (noch?) nicht erlaubt!
München – Piombino Marittima: 798 km
Lange Mautstrecke durch Italien, Fähre mit Auto – da kann doch der Zug nur günstiger sein, möchte man meinen. Aber: Ab Juni fährt der Nightjet nicht mehr nach Florenz (Bauarbeiten bis September). Das macht die Zugfahrt zu einem Umsteigedebakel. Besser: mit dem Flixbus bis nach Pisa und von dort mit dem Regionalzug weiter nach Piombino Marittima. Die Fährfahrt von Piombino nach Elba dauert eine Stunde und kostet Mitte Juli pro Person mit Bike: ca. 90 Euro. Der Auto-Transport auf der Fähre liegt bei ab 126 Euro einfach.
Fahrzeit 11:40 h / Kosten 336,52 Euro einfach
Sprit ca. 89 Euro (7-l-Verbrauch/1,60 Euro Spritpreis), Maut: 81,24 Euro (Österreich-Vignette 2 Monate: 29 Euro). Fähre im Juli: ca. 126 Euro einfach.
Fahrzeit 13:48 h / Kosten 187,20 Euro einfach
Da der Nightjet diesen Sommer nicht fährt, muss man auf kompliziertere Zugverbindungen zurückgreifen: Die Strecke München–Bologna (Umsteigen in Verona): ab 73 Euro und von Bologna mit Trenitalia weiter nach Piombino Marittima (mind. 1 x umsteigen): 24,20 Euro.
Fahrzeit 12 h / Kosten 175,70 Euro einfach
Am direktesten mit Flixbus bis nach Pisa und dort mit dem Regionalzug weiter nach Piombino (1:24 h, ca. 10 Euro), Fähre pro Person mit Bike: 90 Euro.
München – Davos: 305 km
Die Schweiz ist Bahnland: kein Tal ohne Bahnhof. Dennoch gibt es auch in die höchste Stadt Europas keine Direktverbindung von Deutschland aus. Mit mindestens zwei Mal Umsteigen muss man rechnen. Günstiger ist daher der Flixbus, der nach Chur fährt und von dort aus weiter mit Rhätischer Bahn oder Postauto nach Davos. Am günstigsten aber ist tatsächlich noch immer die Anreise mit dem Auto über Landeck und Flüelapass (304 km/3:25 h/59 Euro), da man hier keine Vignette für die Schweiz, sondern nur 9,90 Euro für die 10-Tage-Vignette in Österreich zahlen muss.
Fahrzeit 3:30 h / Kosten 91,41 Euro einfach
Schnellste Verbindung: über die Autobahn Bregenz (Österreich-Abschnitt ist mautfrei). Schweiz: Jahresvignette 42 Euro, Sprit: 34,16 Euro, Abnutzung: 15,25 Euro.
Fahrzeit 6,5 h / Kosten 103 Euro einfach
Das ist die Verbindung (s. o.) mit nur zwei Mal Umsteigen inkl. Bike-Ticket (9 Euro). Die schnellste und günstigste Route führt über Zürich, kostet 59 Euro und dauert 5 Std., aber: 4 Mal Umsteigen!
Fahrzeit 5:10 h / Kosten 70,50 Euro einfach
Flixbus fährt nur bis Chur (3:40 h/26 Euro inkl. Bike). Von dort geht’s mit der Rhätischen Bahn oder mit dem Postauto weiter nach Davos (jeweils 1:30 h/14,50 Euro + 14 Euro Bike) .
München – Finale Ligure: 670 km
Schade, dass der mit Abstand günstigste Flixbus noch keine E-MTBs transportiert (so wie das Postauto in der Schweiz). Denn in Finale Ligure selbst könnte man damit umwelt- und verkehrsschonend auf Shuttles zu den Trail-Einstiegen verzichten. In Italien ist die Fahrradmitnahme in den Regionalzügen deutlich leichter geworden, weil es inzwischen in vielen Verbindungen Fahrradabteile gibt und der Transport pro Strecke günstig ist (3,50 Euro). Reservierungen fürs Bike sind hier allerdings auch nicht möglich.
Fahrzeit ca. 9 h/ Kosten 172,84 Euro einfach
Über Österreich (10-Tage-Vignette 9,90 Euro) und Brenner (11 Euro) kommen 43,40 Euro Maut in Italien dazu. Sprit: 75 Euro, Kosten für Abnutzung: 33,50 Euro.
Fahrzeit 11 h / Kosten 132 Euro einfach
Die direkteste Verbindung: mit ÖBB und Frecciarossa (zwei Mal umsteigen: Verona und Mailand). Das Bike-Ticket bei der ÖBB kostet 12 Euro (im Preis oben enthalten).
Fahrzeit 10 h / Kosten 90,50 Euro einfach
Mit Flixbus nach Genua (9 h/79 Euro inkl. Bike) und mit Trenitalia weiter nach Finale Ligure (1 h/11,50 Euro inkl. Bike). Achtung: Flixbus nimmt (noch) keine E-MTBs mit.
Völlig kostenlos kommen Biker diesen Sommer auf das Tiroler Hochplateau von Seefeld. Vom 1. Juni bis zum 30. November übernimmt die Mobilitätsoffensive der Region Seefeld die Fahrtkosten von bis zu 150 Euro pro Person, wenn mit Bus oder Bahn angereist wird. Das Angebot gilt für alle Buchungen ab fünf Übernachtungen und bis das Budget von insgesamt 60.000 Euro aufgebraucht ist. Während des Aufenthalts sind die Öffis in der Region für Touristen kostenfrei. Teil dieses Nachhaltigkeitskonzepts sind auch neue Buslinien in die Berge ab Juli 2023. Eine vorbildliche Initiative für umweltfreundlichen Bike-Urlaub in den Alpen! Infos gibt’s beim Tourismusverband Seefeld.
Das Bio & Bike-Hotel Steinegger Hof bietet seinen Gästen ab einem einwöchigen Urlaub einen Gratis-Shuttle ab/bis Bahnhof Bozen an. Dazu gibt es die Guestcard, mit der man innerhalb Südtirols alle öffentlichen Verkehrsmittel gratis nutzen darf. Das erweitert auch den Touren-Radius während des Aufenthalts ungemein, da man zurück zum Hotel jederzeit in Bus und Bahn steigen kann.
Vom 10. Juni bis 9. September fährt der beliebte Nightjet der österreichischen Bundesbahn nicht bis Florenz und Rom. Der Grund sind größere Bauarbeiten. Ersatzweise wird der NJ 40233 von Wien über Bruck/Mur, Klagenfurt, Tarvisio, Bologna, Rimini, Riccione, Cattolica und Pesaro bis nach Ancona angeboten. Der NJ 295 fährt von München über Salzburg und ab Villach gemeinsam mit dem NJ 40233 nach Ancona. Rom und Florenz können ab Bologna mit Trenitalia angefahren werden. Kurios: Bei der ÖBB kann man zwar sehr fortschrittlich über die App das Bike gleich mitreservieren, aber: Der Bike-Transport ist offiziell nur für Räder bis Laufradgröße 28 Zoll erlaubt. Aber wird das am Bahnhof jemand nachmessen?
Zwischen der Schweiz und Südtirol wurde eine sehr komfortable Busverbindung eingeführt. Angepasst an den Schweizer Zugfahrplan fährt dieser Fernbus im Sommer jeden Samstag diverse Südtiroler Ziele an. Mit Fahrradtransport und Gepäck-Service bis vor die gebuchte Hoteltür.
Völlig unabhängig macht man sich in europäischen Zügen und Bussen, wenn man sein Bike als Handgepäck verpackt mitnimmt. Dazu reicht es, Vorder- und Hinterreifen rauszunehmen und das Ganze in einer großen Tüte zu verstauen (eine stabilere Tasche ist aber empfehlenswerter). So ist man nicht auf Züge mit Fahrradabteil angewiesen, das Reservieren entfällt, und das Bike wird kostenlos transportiert.
Auf unseren Social-Media-Kanälen haben wir Leserinnen und Leser nach ihren Erfahrungen mit Bahn und Bike befragt. Ein kleiner Auszug der Antworten:
Wir haben uns sogar einen Alpencross mit Bahnabschnitten gebastelt. Das funktioniert aber nur, wenn die Züge pünktlich fahren und die Bikes zu jeder Tageszeit mitgenommen werden können.
Mit dem 49-Euro-Ticket lässt sich durch Gabelfahrten der Hometrail-Bereich erweitern: Mit dem Zug in die Berge, Trail-Tour zu einem anderen Bahnhof machen und dort in den Zug nach Hause steigen.
Ich wurde sogar mal aus der Regionalbahn wieder rausgebeten, weil zu voll. Danach habe ich meine Bahncard gekündigt.
>> Im Artikel Fahrradmitnahme in der Bahn: Umweltbewusst mit dem E-MTB unterwegs widmen wir uns speziell dem Reisen mit E-Bikes in öffentlichen Verkehrsmitteln. <<