Von den letzten Trail-Metern nach Küblis hinunter dürften Silvan Marfurt und Ralph van den Berg nicht mehr viel wahr genommen haben. Gebeutelt von Krämpfen und schmerzenden Gliedern sprangen die beiden Enduro-Amateure am 21. Juni 2021 erst spät abends von ihren Rädern, blickten dabei aber stolz auf ihre GPS-Uhr: 20845 Tiefenmeter an einem Tag, Weltrekord. Seit morgens um vier Uhr saßen die beiden Schweizer für diesen Rekordversuch im Sattel. Hoch ging es zunächst per Auto-Shuttle, dann mit der frühen Personalgondel von Klosters aus hoch zum Gotschnagrat. Jeder Trail darf nur einmal gefahren werden, besagt das Reglement – und so respektabel die Leistung der beiden Athleten auch ist: Ruhm und Ehre gebührt vor allem dem Revier, das solch einen Rekord überhaupt erst möglich macht.
Davos - mit insgesamt 700 Trail-Kilometern kann die Region um die höchstgelegene Stadt Europas aufwarten – ein derartiges Mountainbike-Streckennetz ist konkurrenzlos im gesamten Alpenraum. Dabei bietet jeder der sechs Hausberge Rinerhorn, Jakobshorn, Pischa, Parsenn, Gotschna und Madrisa für sich alleine bereits Stoff für mehrere Tages-Touren. Ganz abgesehen von den gebauten Freeride-Strecken in den benachbarten Ort Klosters hinunter. Nach dem Vorbild der legendären A-Line in Whistler haben die Trail-Bauer hier die sechs Kilometer lange „Bündner A-Line Gotschna Freeride“-Strecke angelegt – mit über 200 Sprüngen, Northshore-Elementen und Wallrides. Besser also, man nimmt sich nicht einen Tag, sondern eine ganze Woche Zeit für dieses Revier. Und selbst dann wird es schwierig, nur die besten Trails der Region von der Bucket-List zu streichen.
Unsere vier Lieblings-Touren von Davos Klosters haben allesamt Backcountry-Charakter. Zwar starten sie alle mit einem Seilbahn-Lift aus der Stadt, schwingen sich dann aber in dünner werdender Luft weiter die Bergflanken bergauf. Es geht über Grate, Zwischengipfel und Pässe, auch ins Nachbartal Richtung Engadin hinüber. Natürlich darf auch der von der IMBA prämierte Alps Epic Trail vom Jakobshorn übers Rinerhorn bis nach Filisur hinunter nicht fehlen. Auch er enthält einige knackige Gegenanstiege, doch genau die waren mit ein Grund für die Auszeichnung, die sonst im gesamten Alpenraum kein anderer Trail erhalten hat.
Was man nach Davos Klosters also mitbringen sollte: solide Fahrtechnik und Kondition, aber dafür bekommt man: Kilometer langen Enduro-Spaß, spektakuläre Alpenlandschaft und eine entspannte Atmosphäre, in der Mountainbiker zum ganz normalen Stadtbild gehören.
Länge: 36,2 Kilometer
Bergauf: 696 Höhenmeter
Bergab: 2143 Tiefenmeter
Schwierigkeit: mittel bis schwer
Tourenbeschreibung
Mindestens 20 Meilen lang, 80 Prozent Singletrail-Anteil und epische Naturerfahrung – das sind die Voraussetzungen, um von der IMBA (International Mountainbike Association) als „Epic Trail“ geadelt zu werden. Das schaffte in den Alpen bisher nur ein Trail, in ganz Europa bisher nur 5. Schon der Einstieg kurz nach der Jakobshorn-Bergstation macht seinem Namen alle Ehre: Der Pfad kurvt in weiten Schwüngen, mal flowig, mal verblockt, 600 Tiefenmeter ins Sertigtal hinunter. Ab hier zieht man die Windjacke besser aus, denn nun geht’s aus eigener Kraft anspruchsvoll zum Rinerhorn hinauf. Auch auf seiner Rückseite windet sich der Trail technisch und im ständigen Auf und Ab bis nach Monstein – wo das Restaurant Ducan mit leckeren Capuns aufwartet. Energie, die man brauchen wird, denn danach zieht der Trail teils ausgesetzt durch die Waldhänge hoch über der Landwasser und stiert anschließend steil in die Zügenschlucht hinunter. Tief unten im Tal folgt man hier den Trails am Fluss entlang, unterquert das berühmte Landwasserviadukt (über das man später mit der Bahn fährt) und landet schließlich in Filisur. Von hier aus geht’s mit der Rhätischen Bahn zurück nach Davos.
Länge: 13,4 Kilometer
Bergauf: 346 Höhenmeter
Bergab: 1503 Tiefenmeter
Schwierigkeit: mittel
Tourenbeschreibung:
Über den perfekten Trail lässt sich streiten. Aber die 1000 Tiefenmeter von der Chörbschhorn-Hütte hinunter nach Frauenkirch dürften schon nah an das Optimum für echte Feinschmecker kommen. Kurvenradien, Gefälle und Rhythmus des spektakulären Gratwegs passen perfekt. Dabei wirkt der Trail nicht angelegt oder künstlich. Doch bevor man in den Tiefenmeterrausch verfällt, sind trotz Aufstieg mit der Parsennbahn einige Höhenmeter zu bewältigen. Nach ein paar spaßigen Anliegern unterhalb der Weissfluhjoch-Bergstation geht’s über den spektakulären Felsenweg zum Strelapass hinunter und von dort über teils steile Rampen hinauf zur Chörbschhorn-Schutzhütte. Hier startet der oben beschriebene Trail. Kurz vor dem Finale in Frauenkirch, auf 1900 Metern, wartet noch eine der schönsten Einkehrmöglichkeiten der Region: Das Berghaus Stafelalp steht noch fast genauso da, wie die Walser es vor 250 Jahren errichtet haben. Wer nach dem Chörbschhorn-Trail noch nicht genug hat, kann die Runde über das Rinerhorn (Gondel) und den Trail übers Sertigtal nach Davos hinunter erweitern.
Länge: 54,5 Kilometer
Bergauf: 1729 Höhenmeter
Schwierigkeit: schwer (fahrtechnisch und konditionell)
Tourenbeschreibung:
Endlose Singletrails, fantastische Blicke, Hüttenromantik, aber auch zähe Schiebepassagen und anspruchsvolle Abfahrten – wer diese hochalpine Zweitagesrunde zwischen Davos und dem Engadin in Angriff nimmt, braucht gute Kondition und Fahrkönnen. Dann bietet diese Tour ein echtes Trail-Abenteuer jenseits ausgetretener Pfade. Das erste Highlight startet direkt nach dem Aufstieg mit der Jakobshornbahn. Ein spektakulärer Gratweg balanciert hoch über Davos und schlängelt sich später in wilden Kehren hinab ins idyllische Dischmatal. Nach diesem echten Singletrail-Juwel geht es nun gemächlich gen Talschluss. Doch dann türmt er sich auf, der Scalettapass, mit seinen unerbittlich steilen Schotterserpentinen. Die Abfahrt zur Alp Funtauna und der folgende, lange und am Schluss steile Anstieg zur Keschhütte erfolgen dann wieder auf lupenreinen Singletrails. Am nächsten Tag führt ein ausgesetzter Bergpfad (Schiebepassagen) über die Bergseen Lai da Ravais-ch Sur und Lai da Ravais-ch Suot, dann geht’s auf supertechnischen Trails hinunter nach Bergün. Von dort rollt man auf Schotterwegen und Trails bis nach Filisur und fährt mit der Rhätischen Bahn zurück nach Davos.
Davos liegt im Schweizer Kanton Graubünden auf 1560 Metern Höhe und zählt mit rund 11000 Einwohnern bereits als Stadt. Somit ist Davos die höchstgelegene Stadt
Europas. Die Hausberge von Davos Klosters, Rinerhorn, Jakobshorn, Pischa, Parsenn, Gotschna und Madrisa, sind traditionelle Skiberge der Region Davos Klosters. Im Sommer erschließen diverse Skilifte eine Arena für Biker mit einem Trail-Netz von etwa 700 Kilometern. Die meisten dieser Wege teilen sich Biker und Wanderer, wie fast überall in Graubünden.
Insgesamt fünf Seilbahnen in Davos und Klosters sind für den Bike-Transport ausgerüstet. Durchgehender Sommerbetrieb (davor/danach Wochenend-Betrieb):
Jakobshornbahn: Saison vom 24.6.-22.10.23,
Parsenn Davos (Weissfluhjoch): 23.6.- 6.10.23
Parsenn Klosters: 1.7.-15.10.23
Rinerhorn: 17.6.-22.10.23
Madrisa: 17.6.-22.10.23
Bei der Buchung ab bereits einer Übernachtung erhält man die Premium Card, mit der man Postauto und Rhätischer Bahn gratis nutzen und die Seilbahnen zu ermäßigten Preisen nutzen kann.
Tageskarte inkl. Bike für alle fünf Seilbahnen gültig: 60 Schweizer Franken (61,50 Euro) Detaillierte Infos: www.davos.ch
Die Region bietet 13 spezielle Hotels für Biker in unterschiedlichen Preisklassen. Weitere Informationen und Buchung am besten über www.davos.ch/bike-hotels.
Die Keschhütte liegt auf 2625 Metern Höhe und heißt Biker willkommen. Wichtig: frühzeitig reservieren und einen Hüttenschlafsack mitbringen.
Die Saison dauert hier oben vom 17. Juni bis 15.10.23
Achtung E-MTBer: Akkus aufladen geht hier nicht!
Übernachtung mit Halbpension: 81 Schweizer Franken (83 Euro) . Info: www.kesch.ch
Vom 31.8. bis 3. September findet in Davos Klosters erstmalig ein BIKE Women Camp statt. Unser 4-Sterne-Basislager: das Hotel Ameron. Auch die Bike-Aussteller schlagen hier ihre Zelte auf. So sind die Wege zwischen ausgiebigen Trail-Touren, Fahrtechnik-Übungen, Test-Bikes und -Material, Workshops, Yoga, Sauna, Aperol Sprizz-Sundownern und Grill-Abenden auf der Terrasse wunderbar kurz und es bleibt mehr Zeit für den gemeinsamen Spaß. Auch Cross Country-Racerin Sina Frei wird dabei sein!
Preis inkl. Camp-Programm, ÜF im 4-Sterne-Hotel Ameron, Lunchpaketen, ein Abendessen, ein Hüttenabend, 4 Tage Lift-Ticket, Yoga- und Faszien-Training: 599 Euro.
Alle Infos und Buchung: bike-woman.de