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Auch wenn sich die Zeiten ändern, der Sport sich weiterentwickelt und selbst Hobby-Freerider ihr Bike zum Tailwhip und den Lenker zum Barspin kreiseln lassen – das Rezept für einen gelungenen Bikepark bleibt gleich.
Bikeparks sollen Spielplätze für Freizeit-Biker sein, mit hohem Fun-Faktor. Sprich: möglichst viele, lustige Stunts, Sprünge und Gimmicks – je mehr, desto besser. Idealerweise sind die Park-Features nach dem Whistler-Prinzip gebaut. Das heißt: Der Trail gibt die Geschwindigkeit vor und spült den Biker förmlich durch den Trail, über Sprünge und Stunts, ohne viel treten, ohne viel bremsen – so wie das den kanadischen Parade-Trails A-Line und Dirtmerchant gelingt. Erst dann kriegt der Parkbesucher Rockstar -Gefühle und spürt Kompetenzerleben.
Unser Appell an alle Parkbetreiber: Nehmt Euch ein Beispiel an den Kanadiern. Macht es den Besuchern leicht, Spaß zu haben und versucht, das Frustpotenzial zu drücken. Brauche ich als fortgeschrittener Freerider einen halben Tag, um es endlich durch die Jumpline zu schaffen oder den Step-Down zu meistern, ohne zu casen, sollte das ein Indiz sein, den Trail oder Stunt zu überarbeiten. Finde ich die Ideallinie selbst nach der fünften Abfahrt nicht, liegt es vielleicht doch nicht am fehlenden Können. Oder ganz drastisch ausgedrückt: Häufen sich die Helikoptereinsätze an einer bestimmten Stelle im Park, steht der Parkbetreiber in der Pflicht, die Gefahrenstelle zu entschärfen, statt sich mit dem Totschlagargument herauszureden: „So ist Downhillen eben! “ Denn, was für Tinder -Dates gilt, gilt auch für Bikeparks: You never get a second chance for a first impression, was so viel heißt wie: Ist die Gunst des Parkbesuchers erst mal verspielt, kommt er selten wieder. Und das wäre doch schade – für alle Beteiligten.
Ein weiterer Knackpunkt: die Trail-Wartung. Denn ein guter Trail bleibt nicht per se ein guter Trail. Sind die Absprünge rundgefahren, die Sharkfins zu Karpfenflossen zusammengeschrumpft, fehlt der nötige Absprungimpuls, und dem Biker droht ein ewiges Case-o-drama. Dann schafft er es schlichtweg nicht mehr in die Landung, so stark er am Lenker auch zieht. In diesem Fall wünschen wir uns, die Parkbetreiber wären selbst ihre besten Kunden und würden die Trails regelmäßig fahren. Denn dann spürten sie, an welchem Drop das Landungsgefälle fehlt, welcher Absprung partout nicht klappen will oder welcher Booter den Biker immer bedrohlich nahe an der Hangböschung vorbeisegeln lässt. Unser Appell: Kritik nicht als Angriff werten, sondern als hilfreiches Feedback.
Strecken mit Bespaßung Ideal sind mehrere Trails mit unterschiedlichem Charakter. Zum Beispiel: Flowtrail, Jumptrail, DH-Strecke. Erwünscht: spannende Features wie Kurvenwechsel, Anlieger, Wallrides, Stepups, Table-Sprünge, Holzwellen, Steilabfahrten, Wurzelpassagen, Steinfelder, Bonerlogs – also möglichst viel Abwechslung und eine hohe Dichte an Spielereien. Bewährt: Strecken für jede Könnensstufe, wie Skigebiete es mit blauen, roten und schwarzen Pisten vormachen. Wichtig: Blau darf nicht langweilig bedeuten und Schwarz nicht gefährlich! Die Strecken müssen regelmäßig gewartet werden und gut markiert sein.
Maximal 10 Punkte. Die Beurteilung bezieht sich auf den Zeitpunkt der vergangenen Tests (erschienen in FREERIDE 3/11, 4/11, 3/13, 2/14, 2/15, 2/16, 3/19, 3/20, 3/21). Seither erfolgte Umbauten sind nicht berücksichtigt. Die Bewertung bezieht sich nur auf den Park, nicht auf die umliegenden Trails (Bike-Arenen).
Am Rande der österreichischen Hauptstadt gibt es ein Trailcenter mit Liftbetrieb. Ein Vorzeigemodell? Wir sagen: ja!
Der Spot mit dem lustigen Namen nennt sich zwar Trailcenter, in Wirklichkeit ist es aber ein kleiner Bikepark. Denn die Hohe Wand Wiese besitzt einen Schlepplift, der bis auf Ausnahmen allerdings nur von Freitag bis Sonntag läuft. Nur 100 Höhenmeter schleppt der Anker nach oben. Wer die ganzen 190 Höhenmeter ausnutzen will, muss rund zehn Minuten auf einem Uphill -Trail selbst kurbeln. Hier starten vier Trails.
Unser Highlight: die Kenda-Line, eine spaßige, nicht sonderlich schwere Jumpline mit Anliegern, kleinen Tables und Gaps. Super: die hohe Stunt -Dichte; dauernd passiert was. Fans von anspruchsvollen Jumplines wählen die Kenda Airline – sie ist von den Dimensionen deutlich größer, von der Gesamtlänge etwas kürzer. Gut: Hier gibt es ausschließlich Tables. Schon für diese zwei Trails lohnt der Besuch. Eine Kurvenorgie gibt es auf der Drah di Waderl – hier reiht sich ein Anlieger an den nächsten. Die Radien passen und bieten ideales Gelände, um an seiner Kurventechnik zu arbeiten. Stunts gibt es auf diesem Trail nur wenige.
Enduristen und Singletrail -Jäger können an der Hohe Wand Wiese aus dem vollen Schöpfen. Denn für sie hält der Park die meisten Strecken parat. Sehr gut gefallen hat uns die schwarze Hawi d’Ehre: ein Enduro -Track mit Steilabfahrten, Wurzelpassagen, offene Kurven und Off -Cambe r-Passa gen (!). Sehr spaßig, aber nix bei Nässe. Alle Trails führen durch Mischwald – den Wiener Wald!
Wenig Höhenmeter, doch dafür gespickt mit gut gebauten und vielseitigen Trails – und das in Stadtnähe. Ein Vorzeigemodell – definitiv!
2022 eröffnete der Park in Schmallenberg im Sauerland. Beim Strecken-Design hatte Parkbaukoriphäe Tom Pro seine Finger im Spiel. Ist der Park so gut, wie alle behaupten?
Plötzlich war er da! Der Park im Sauerland durchlief die Genehmigungsverfahren im Expresstempo. Was vielerorts mehrere Jahre dauert, schafften Parkchef Felix Saller und sein Team in nur einem Jahr. Für das Strecken-Design flog Saller den Parkbauer Tom Pro aus Whistler ein. Tom beriet beim Design, den Bau übernahm das Greenhill-Team.
Gar nicht leicht, die Streckenzahl zu nennen. Sechs Hauptrouten sind es allemal, die sich den 190-Höhenmeter-Hang hinunterwinden. Dazu kommt auf der rechten Liftseite ein Trail-Geflecht aus fünf Jumptrails. Für den Aufstieg sorgen zwei Schlepplifte mit Easyloop-System (super!). Auf der linken Seite des Lifts cruisen zwei einfache Trails (Save Wimmons und Moon Cruise) nach unten mit Anliegern und Wellen. Fortgeschrittene wollen hier nur einmal runter – zum Aufwärmen.
Es gibt aber noch die Trails Groomer, Mamut und Canadian Tuxedo. Alle sehr ähnlich: steil, im Wald, mit Wurzeln, Off-Camber-Passagen und Geländestufen. Stunts gibt’s nur weit unten: eine 3-Meter-Wing, zwei 2,5-Meter-Drops, einen Table und den markanten Pistenbully-Drop (Foto oben).
Schade, nur so wenig Gimmicks. Wir hatten den meisten Spaß auf der rechten Seite des Lifts. Der rote Trail Time Shift und der blaue Jonas & Pablo (viele Kurven) führen in die Poc Area. Beide Strecken waren bei unserem Besuch durch die vielen Besucher schon runtergenudelt. Sprich: Viele Sprünge waren rundgefahren, was viel Kraft beim Absprung erforderte und nur ein mäßiges Airtime-Gefühl erzeugte. Top dagegen waren die Trails der Poc-Area. Herzstück(e) sind die beiden Jumplines Bounce & Blow (ein mittelschwerer Jumptrail mit vielen Tables, 80 hm) und Jukebox (ein anspruchsvollerer Jumptrail mit Doubles). Wer diesen Parcours easy meistert, kann sich an den schwarzen Gap -Jumptrail Think Bold wagen. Wer’s noch gewagter will, biegt in den Mini-Trail Miles High Club, wo alle Jumps maxi sind.
Greenhill besitzt mit Jukebox, Bounce & Blow und Think Bold Vorzeige-Jumplines. Die restlichen Strecken sind solide, aber nicht einzigartig.
Der Bikepark in der Slowakei liegt zwei Autostunden nordöstlich von Wien und adressiert in erster Linie Experten.
Der 1000-Einwohner-Ort besitzt ein kleinen Hang mit knapp 200 Höhenmetern. Hoch geht’s per Schlepplift. Der gesamte Hügel ist durchzogen mit Trails unterschiedlichster Art: zahme Flow-Strecken, Enduro-Tracks und Jumptrails. Darin stecken mittelgroße Jumps (5 m), große (10 m) und XL-Jumps X (bis zu 20 m) für absolute Könner. An alle Stunts sollte man sich rantasten.
Der Shape der Sprünge ist zwar gelungen, doch die Abfolgen nicht immer rhythmisch. Das ist zum Beispiel bei den Trails Airlines (S, M/L und XL) der Fall. Fette Drops gibt es auch, der größte misst sieben Meter. Jump -Einsteiger wählen lieber die S-Line mit Table-Sprüngen. Ober halb des Lifts starten Einsteiger- und Enduro-Trails mit klassischem Singletrail-Charakter. Kurzum: Der Park ist einen Besuch Wert. Für die Jump-Strecken sollte man unbedingt Zeit mitbringen – und Können. Vom Charakter her ist der Park einzigartig.
Kleiner, sehr exklusiver Park mit etlichen Jump-Strecken für Fortgeschrittene, Könner und Cracks. Doch ein Angebot für Einsteiger gibt es auch.
Die Wexl Trails in Niederösterreich sind für ihre Jumpline bekannt. Ist die Strecke so magic, wie alle behaupten, und lohnen sich auch die anderen Strecken im Park? Wir waren dort.
Die Herzstrecke des Parks ist die Jumpline. Die breite 1,5 Kilometer lange Strecke hält auf 140 Höhenmetern 22 Sprünge bereit, Hip-Jumps und Sharkfins – meist als ein Mix aus Double und Table. Heißt: Zu kurz kommen geht, vorausgesetzt, man hält sich gut fest. Das Streckentempo ist sehr hoch, die Absprünge fallen aber lang und homogen aus, dass der Pilot ohne Hemmung mit viel Tempo draufhalten kann. Wir sagen: Eine Jumpline mit so hoher Stunt-Dichte ist ziemlich einzigartig. Wer allerdings richtig Airtime genießen will, braucht Können und Popp. Alle anderen cannonballen eher in die Landung oder casen womöglich.
Auch die restlichen Strecken müssen sich nicht verstecken. Zum Beispiel der Singletrail von der Almrauschhütte. Hier muss man allerdings das letzte Stück zum Trail-Einstieg selbst pedalieren. Ein Lift für diese Passage ist in Planung, wird aber frühestens nächstes Jahr gebaut. Der Enduro-Track (3,7 km, 400 hm) führt auf weichem Waldboden ins Tal, später wird die Strecke technischer und ist mit Wurzelfeldern und Geländestufen gespickt. Sehr cool! Flow-Fans wählen die Flow-Strecke (4,5 km, 300 hm) vom Speicherteich – eine Kurvenabfahrt mit guten Kurvenradien, aber nur wenigen Absprung- und Double-Möglichkeiten. Die Downhill-Strecke (1,1 km, 180 hm) startet direkt von der Bergstation und verläuft zu Beginn parallel zum Lift, bevor sie in den Wald wechselt. Eine spannende Abfahrt mit einigen Double-Sprüngen zu Beginn, im Wald dann mit weicherem Boden, Off-Camber-Passagen und Steilabfahrten – gelungen!
Für die Elektro-Fraktion gibt’s im Park sogar einen Uphill-Flowtrail (5,3 km, 400 hm), den haben wir allerdings nicht getestet. Weitere Singletrails führen vom Hochwechsel (1743 m) runter. Hier gibt’s allerdings keinen Lift, also: selbst treten.
Übrigens: Wie im Greenhill-Bikepark sind hier die Tickets kontingentiert, um Überfüllung zu vermeiden. Unbedingt online buchen.
Die Jumpline ist ein Aha-Erlebnis und bietet Canada-Feeling, auch wenn A-Line-Vergleiche übertrieben schmeichelhaft sind in unseren Augen. Auch die übrigen Trails sind spaßig. Zornige Downhill-Strecken findet man aber nicht.
Klar muss es Mutproben-Stunts geben. Sie bedienen Experten, und die gibt es reichlich. Natürlich braucht der Park ausreichend Alternativstrecken. Dass sich Verweigerer an XXL-Stunts stören, glaube ich nicht. Im Gegenteil: Die Stunts faszinieren und zeigen die Progression in unserem Sport.
Wenn ein Park Features für jede Könnerstufe hat, darf auch die ein oder andere Mutprobe dabei sein. Ich persönlich fordere mich gerne heraus, solange ich weiß, dass ich es fahrtechnisch draufhabe. Wenn ich es fühle, mache ich den Stunt, sonst lasse ich es bleiben. Mein Ego verkraftet das.
Das mit den Mutproben ist so eine Sache. Diejenigen, die sie bezwingen, berauschen sich daran, weil sie zu der elitären Gruppe der Furchtlosen zählen. Rund die Hälfte bestaunen die Stunts, stören sich aber nicht daran, dass sie selbst verweigern. Und dann gibt es noch die, die sich gerne trauen wollen, es aber nicht tun. Dann frustrieren XXL-Gaps und -Drops. Zur letzteren Gruppe gehöre oft ich.
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