Laurin Lehner
· 13.03.2023
2024 wird im Bundestag über das neue Bundeswaldgesetz entschieden. Der Naturschutzbund (NaBu) fordert in deren Grundsatzprogramm: Mountainbiken soll nur noch auf speziell gekennzeichneten Wegen erlaubt sein. Das monierten wir als BIKE Magazin. Nun reagierte der NaBu. Alles nur ein Missverständnis?
Die Forderung ist klar und hart für alle Waldbesucher. Der Naturschutzbund (NaBu) fordert in seinem Grundsatzprogramm für das neue Bundeswaldgesetz 2024: Mountainbiken und Reiten soll nur noch auf speziell ausgewiesenen Wegen erlaubt sein. Zudem sollen: “... Wanderer und Skifahrer die Wege nicht verlassen, da dies eine zusätzliche Stressbelastung für Waldtiere darstellt”.
Das wäre eine deutliche Einschränkung. Nicht nur für Mountainbiker, sondern auch z.B. für Pilzsammler, die in ihrem Betretungsrecht beträchtlich eingeschränkt wären. Würden die NaBu-Forderungen so im Bundeswaldgesetz umgesetzt werden, hätten wir Verhältnisse für Biker wie in Österreich.
Der NaBu reagierte auf unseren BIKE-Artikel zum Bundeswaldgesetz 2024 und gibt Entwarnung. Anscheinend handelt es sich um eine Formulierungs-Panne. Eine Änderung im Grundsatzprogramm sei aber nicht geplant. Birte Cordts, Referentin für Waldnaturschutz und nachhaltige Waldnutzung vom NaBu stand BIKE für ein Interview Rede und Antwort.
BIKE: Der NaBu formulierte im Grundsatzprogramm scharf gegen Mountainbiker und das Fahren auf Trails, alles nur ein Missverständnis?
Birte Cordts (NaBu): Ja, das kann man so sagen. Wir wollen weder Mountainbiker noch Reiter aus dem Wald vertreiben - auch nicht von den Wegen. Auch das Begehungsrecht von Spaziergängern ist ein hohes Gut, das uns als NABU wichtig ist. Wir wollen Pilzsammler und Co. nicht einschränken, im Gegenteil: Wir begrüßen die Naturverbundenheit vieler Waldbesucher. Uns geht es vielmehr um ein rücksichtsvolles Verhalten gegenüber der Natur und den Waldtieren.
Das sind gute Nachrichten. Doch die Formulierungen scheinen eindeutig. Wie konnte so eine Formulierungspanne passieren?
So ein Grundsatzprogramm geht vor seiner Verabschiedung durch viele Hände und wird entsprechend oft umformuliert. Bei einem 60-seitigen Dokument kommt es durchaus vor, dass einige Sätze missverständlich formuliert sind. Entscheidend ist, aus welcher Perspektive man den Text liest. Uns ging es darum, illegale Trails abseits der Wege zu adressieren. Nochmal: Wir wollen Mountainbiker nicht aus dem Wald verbannen, E-Mountainbiker auch nicht. Wir wollen aber durchaus, dass sie sich, wie jeder Waldbesucher, an Regeln halten.
Im Grundsatzprogramm ist zu lesen: „Sportliche Aktivitäten wie bspw. Mountainbiking oder Reitsport dürfen nur auf speziell gekennzeichneten Wegen praktiziert werden. Das klingt eindeutig. Würde man auf die Forderung eingehen, hätten wir Verhältnisse wie in Österreich.
Hier ist der besagte Fehler bei der Formulierung passiert. Dass er als Verbannung verstanden wird, war nicht unsere Absicht. Wichtig ist uns, dass Wege genutzt werden und es nicht querfeldein geht. Als politisches Papier ist das Grundsatzprogramm dennoch nicht zu sehen. Ist solch ein Grundsatzprogramm nicht immer auch politisch zu verstehen? Der Inhalt kann schließlich nicht von der politischen Stellungnahme zum Bundeswaldgesetz abweichen. Das wird er auch nicht. Im Gegenteil: Wir haben uns beim Bundeslandwirtschaftsministerium aktuell etwa deutlich für das Begehungsrecht stark gemacht. Das Grundsatzprogramm legt hingegen die Perspektive für die nächsten zehn Jahre fest, also bis 2032. Für das Bundeswaldgesetz 2024 reichen wir gesonderte Papiere ein, die speziell die Politik adressieren. Hier priorisieren wir und gehen konkreter auf unsere Forderung ein. Diese Formulierungen sind weitaus genauer. Und nein, auch darin wollen wir keine Mountainbiker oder Reiter aus dem Wald verweisen.
Wir halten fest: Der NaBu will weder Mountainbiker, E-Biker noch Reiter von Wegen im Wald einschränken. Und der NaBu will sie also nicht auf „ausgewiesene Wege“ verbannen.
Richtig, das ist nicht unsere Intention, das Geschehen soll aber dennoch auf Wegen stattfinden. Es muss aber klar sein, dass auch für Mountainbiker Regeln im Wald gelten. Das ist offenbar nicht allen klar.
BIKE: Kurz zur Definition von Wegen, damit keine Missverständnisse aufkommen. Wege sind Pfade, Trails, Forststraßen – die bereits angelegt sind. Querfeldein ist mitten im Wald, wo keine Wegeanlage erkennbar ist.
Birte Cordts (NaBu): Ich bin Waldexpertin, keine Juristin. Eine wasserdichte Formulierung kann ich Ihnen nicht liefern, aber so wie Sie es beschreiben, verstehe ich es auch. Gleichzeitig brauchen wir aber auch ein klares Verständnis dafür, dass nicht jeder erkennbare Trampelpfad automatisch ein Weg nach dieser Definition ist. Und auch die Forderung für das Betretungsrecht für Wanderer und Pilzsucher soll nicht eingeschränkt werden.
Zitat aus dem NaBu-Grundsatzprogramm: „..Wanderer und Skifahrer sollten die Wege nicht verlassen, da dies eine zusätzliche Stressbelastung für Waldtiere darstellt“.
Nein, auch das ist so nicht so zu verstehen. Es geht um einen rücksichtsvollen Umgang und ein Miteinander. Die Natur und Waldtieren sollen nicht zu Schaden kommen.
Wird das Grundsatzprogramm demnach umgeschrieben?
Es wird nicht umgeschrieben, allerdings sind einzelne Präzisierungen und Korrekturen denkbar. Das Programm wurde zwei Jahre lang entwickelt und innerverbandlich demokratisch abgestimmt. Das lässt sich nicht einfach mal umschreiben. In unseren Augen ist das auch nicht notwendig. Sollten Unklarheiten auftauchen, stehen wir gerne zur Klärung zur Verfügung - so wie hier im Interview.
In dem Fall würden die missverständlichen Formulierungen bis 2032 stehen bleiben. Wäre es der Aufwand einer Änderung nicht doch Wert?
Die entstandene Aufregung hat bei uns zu größerer Sensibilisierung hinsichtlich der konkreten Formulierung geführt. Es ist aus unserer Sicht richtig, da die Intention klarzumachen. Dafür sind wir jederzeit ansprechbar und geben Auskunft. Im vorliegenden Fall sollten alle Mountainbiker nun Bescheid wissen. Das 60-seitige Grundsatzprogramm beschäftigt sich nur zu einem kleinen Teil mit Fragen der Freizeitnutzung. Da stecken auch noch ganze viele andere Aspekte an, die für uns große Bedeutung haben und die sicherstellen sollen, dass der Wald auch in Zukunft natürlicher Lebensraum für die biologische Vielfalt bleibt – und gleichzeitig ein lebendiger Erholungsort für alle Besucher und Sporttreibende.
Wir danken dem Naturschutzbund (NaBu) für das Interview.